“German PMQ” – Feurige Debatten statt abgelesener Phrasen

Die Jungen Liberalen NRW fordern die FDP- Bundestagsfraktion zu einer Veränderung der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages auf. Genauer soll die jetzige Befragung des Bundeskanzlers einem debattenfreudigeren und medienkompatibleren Format weichen, welches an das etablierte „Prime Ministers Questions“ aus Großbritannien angelehnt ist und auf die parlamentarischen Gegebenheiten des deutschen Bundestages angepasst wird.
Konkret soll sechs Mal jährlich (also ca. in jeder dritten Sitzungswoche) der Bundeskanzler in einen Schlagabtausch mit einem Vertreter jeder Fraktion gehen. In einem wechselseitigen System, in dem jeder insgesamt drei Mal zwei Minuten Zeit besitzt, können Rede- und Diskussionsbeiträge platziert werden. Das Thema sucht sich der jeweilige Abgeordnete ohne vorherige Ankündigung selbstständig aus. Insgesamt würde diese Debatte mit maximal 1,5 Stunden die Länge einer leicht überdurchschnittlichen Aussprache im Bundestag nicht überschreiten.
Angelehnt an dieses medial nutzbare Format fordern die Jungen Liberalen NRW eine angemessenere Umsetzung innerhalb der Medien. Bei erfolgreicher Etablierung des Formats der „German PMQ“ wünschen sich die Jungen Liberalen eine Adaption des Konzepts auch auf Landesebene.

Menschenrechte sind nicht verhandelbar – Liberale Rüstungsexportpolitik im 21. Jahrhundert

Mit der Schlussakte der „Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa“ (KSZE) bekannten sich 1975 die europäischen Staaten zur Einhaltung elementarer Prinzipien: Neben der Achtung der Souveränität eines jeden Staates und der Unverletzlichkeit von Grenzen bildete das Bekenntnis zur Achtung von Menschenrechten und Grundfreiheiten das Herzstück der Schlussakte von Helsinki. Für uns Freie Demokraten ist klar, dass die Bundesrepublik Deutschland maßgeblich dafür Verantwortung trägt, dass sich Menschenrechte und Grundfreiheiten weltweit etablieren und geachtet werden.

Die Frage nach Verantwortung kommt insbesondere in den Diskussionen rund um Rüstungsexportlieferungen in Drittländer immer wieder auf. Die Politischen Grundsätze der Bundesregierung aus dem Jahr 2000 in Verbindung mit dem Gemeinsamen Standpunkt der EU aus dem Jahre 2008 bilden ein Kernelement bei der Frage der Genehmigung von Rüstungsexporten. Sowohl in den Grundsätzen von Kriegswaffenexporten auf nationaler Ebene als auch in den Grundsätzen auf EU-Ebene werden hinreichende Kriterien für die Genehmigung von Waffenexporten aufgeführt, die insbesondere

  • die Beachtung von Menschenrechten im Bestimmungs- und Endverbleibsland bei der Entscheidung von Rüstungsexporten besonderes Gewicht bemessen
  • eine Ausfuhrgenehmigung verweigern, wenn eindeutig das Risiko besteht, dass Militärtechnologie oder Militärgüter zur internen Repressionen bestimmt sind
  • die Achtung des humanitären Völkerrechts fordern.

Die Bundesregierung berücksichtigt die vorliegenden Grundsätze für die Genehmigungen der Rüstungsexporte seit etlichen Jahren nur zurückhaltend. An folgenden Beispielen soll dies verdeutlicht werden: Seit 2015 genehmigte die Bundesregierung Rüstungsexportlieferungen im Wert von über 200 Mio. Euro nach Saudi-Arabien. Saudi-Arabien griff 2015 in den Bürgerkrieg im Jemen ein, welcher bis heute andauert und eine der verheerendsten humanitären Krisen der Gegenwart darstellt. Dabei

  • verstößt die Bundesregierung gegen den Grundsatz, in Krisengebiete keine Waffen zu liefern.
  • ist bis jetzt immer noch nicht geklärt, ob Saudi-Arabien im Jemen gegen das humanitäre Völkerrecht verstoßen hat.

Der Mordfall Jamal Khashoggi löste in der Welt entsetzen aus. Aber nicht erst hieraus wird deutlich, dass das saudische Regime sich weder der Demokratie noch den Menschenrechten zuwendet. Die Inhaftierung des regimekritischen Bloggers Raif Badawi ist nur eine von vielen Verstößen gegen den Grundsatz der Meinungs- und Pressefreiheit. Berichte von Menschenrechtsorganisationen wie Human Rights Watch untermauern die These, dass es um Menschen- und Grundrechte in Saudi-Arabien nicht gut gestellt ist.

In dem jetzigen Zustand eines Regimes wie Saudi-Arabien kann nicht sichergestellt werden, dass gelieferte Waffen letzten Endes nicht doch gegen die eigenen Bürgerinnen und Bürger eingesetzt werden.

Die Jungen Liberalen fordern deswegen

  • , dass sich die Bundesregierung nicht nur zu den eigenen Grundsätzen zu Rüstungsexportlieferungen auf nationaler und EU-Ebene zu bekennt, sondern auch ihr Handeln strikt danach auszurichtet. Die Pflicht Leben zu schützen schulden wir nicht den Ländern, sondern den Menschen, die entweder a) in einem Krisengebiet oder b) in einem Unrechtsregime leben.
  • auf europäischer Ebene darauf hinzuwirken, dass sich sämtliche europäische Partner an die von 2008 beschlossenen Grundsätze für Waffenexporte halten. Insbesondere mit der französischen Regierung muss hier ein Austausch stattfinden, der eine gemeinsame Ausrichtung für Rüstungsexporte klärt und sich grundlegend an den von 2008 festgelegten Richtlinien orientiert.
  • auf europäischer Ebene Lösungen für ein Ende des Bürgerkriegs im Jemen zu finden. Anstatt in einem Stellvertreterkrieg bedenkenlos Waffen auszuliefern, muss mit allen Akteuren ein stetiger Austausch stattfinden, Russland und den Iran eingeschlossen.

Digitaler Eiserner Vorhang – Nicht mit uns!

Das Internet hat sich seit seiner Konzeption zu einem Freiraum und Ort des interkulturellen Austauschs entwickelt. Dieser Freiraum ist durch Abschottungsversuche, wie der Russlands in Gefahr geraten. Diese fordert in einem kürzlich beschlossenen Gesetz ein sogenanntes “souveränes” oder auch “autonomes” Internet welches eine Einschränkung der Bürgerrechte zur Folge haben wird. Aufgrund dieses Gesetzes muss sämtlicher Datenverkehr nach und aus Russland zukünftig staatlich kontrollierte Schnittstellen passieren. Jede nicht-russische Website muss eine Lizenz erwerben, um in Russland verfügbar zu sein. Staatlich kontrollierte Lizenzen bedrohen die Zukunft von regierungskritischen Websiten und vereinfachen Propaganda und die gezielte Streuung von Misinformationen. Weiterhin ist das Gesetz klar an die chinesische “Große Firewall” angelehnt, geht allerdings weiter, da regierungskritische Websiten nicht mal mithilfe eines VPN-Providers erreicht werden könnten.

Diese Abschottungsversuche richten sich klar gegen die Pressefreiheit, Meinungsfreiheit, jeden kulturellen Austausch und sind in einer modernen Gesellschaft nicht vertretbar.

Daher fordern die Jungen Liberalen NRW:

  • Eine strikte Ablehnung jeglicher Autonomie-Bestrebungen des Internets auf nationaler Ebene, welche eine solche Abschottung nach sich ziehen würden
  • Eine strikte Ablehnung eines Monopols auf internationale Datenverkehrswege
  • Eine Stellungnahme der Bundesregierung und der Europäischen Union in der diese jegliche Art von Abschottungsversuchen sanktionieren

Strafprozesse nachvollziehbar machen!

Die Jungen Liberalen NRW fordern, die StPO dahingehend anzupassen, dass der Gang der Hauptverhandlung standardmäßig audiovisuell aufgezeichnet wird. Soweit dies nicht in Betracht kommt, ist jedenfalls ein Wortprotokoll zu führen.

Die Revision kann nur darauf gestützt werden, dass Urteilsbegründung und Inhalt der Hauptverhandlung evident voneinander abweichen.

Religionsfrei auf Kaution – Kirchenaustrittsgebühr abschaffen!

In Artikel 4 des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland ist die negative Religionsfreiheit verankert. Sie soll den Menschen, die sich aus den verschiedensten Gründen keiner Religionsgemeinschaft zugehörig fühlen, eine Rechtsgrundlage dafür geben. Dieses Recht beinhaltet sowohl die Freiheit des Eintrittes als auch des Austrittes aus einer Glaubensgemeinschaft.  Trotz der vorhandenen Rechtsgrundlage existiert seit dem Jahres im Bundesland Nordrhein-Westfalen eine Gebührenerhebung in Höhe von 30€ für all diejenigen, die aus der 10 christlichen Kirche austreten wollen. Die Jungen Liberalen NRW sehen durch die Erhebung einer solchen Gebühr den Grundsatz der negativen Religionsfreiheit massiv gefährdet. Deswegen fordern die Jungen Liberalen NRW

  • Die Einstellung der Kirchenaustrittsgebühr im Bundesland Nordrhein-Westfalen.
  • Im Zusammenhang mit der Einstellung der Kirchenaustrittsgebühr eine neue Handhabe bei einem Kirchenaustritt. Dieser sollte zukünftig über die Gemeinde respektive dem Pfarrer vor Ort erfolgen. Gleiche Praxis existiert bereits bei dem Eintritt in eine katholische respektive evangelische Glaubensgemeinschaft.
  • Den Austritt aus einer Religionsgemeinschaft sowohl persönlich als auch schriftlich regeln zu können.
  • Eine Umkehrung der Beweispflicht des Kirchenaustritts. Die Handhabe, dass Finanzämter noch 40 Jahre nach dem Austritt den Kirchenaustritt infrage stellen und bei nicht mehr vorhandenen Papieren eine Kirchensteuernachzahlung für sämtliche Jahre fordern, verurteilen die Jungen Liberalen aufs Schärfste. Auch hier gilt: Wer Steuern kassieren möchte ist in der Beweispflicht und nicht vice versa!

Vision statt Krise – unsere Agenda 2035 für einen politischen Paradigmenwechsel

“Klimakrise”, “Flüchtlingskrise”, “Eurokrise”: Seit mehr als einem Jahrzehnt wird der politische Diskurs durch Krisen bestimmt. Dieser Krisendiskurs hat zu einer Veränderung der Debattenkultur beigetragen, die es populistischen Parteien und Meinungen erleichtert, Gehör zu finden. Wir erleben ein Vorherrschen von Maximalforderungen und schwarz-weiß Denken. Diese Situation lähmt auch die Politik: Sie ist heute auf Bundesebene geprägt vom Mantra “Reagieren statt agieren”. Wir Junge Liberale wollen uns diesem Zustand entgegenstellen und stehen für eine Politik fernab apokalyptischer Rhetorik und einfacher Lösungen ein. Wer aufhören will, von der Krise zu reden, der muss auch ein Konzept anbieten, um diese zu überwinden. Deshalb stellen wir eine Agenda 2035 auf, mit der wir mutige Lösungswege für gegenwärtig bestehende Probleme aufzeigen wollen. Wir wollen Missstände beseitigen und mit Optimismus vorangehen. Die Zukunft bedeutet für uns, dass es den Menschen weltweit besser geht und unsere Ideale von Freiheit, Wohlstand und Frieden zukünftig in weiteren Regionen unserer Erde eine Selbstverständlichkeit sind.

Eine gute und bessere Zukunft ist aber kein Automatismus – im Gegenteil. Momentan erleben wir eine Entwicklung, die unsere liberale Gesellschaft und unsere Zukunftsvorstellungen gefährdet. Verschiedene politische Kräfte streben seit Jahren nach einer Gleichmacherei der Gesellschaft. Dabei wird die Gleichbehandlung aller Menschen und Gruppen unserer Gesellschaft propagiert. Unter verlockenden Begriffen und fehlgeleiteten Vorstellungen wie “Einheitsschule” oder “Umverteilung” versteckt sich aber tatsächlich der Missbrauch des Gleichheitsprinzips, welches in einer liberalen Gesellschaft die Gleichheit vor dem Recht ungeachtet persönlicher Lebensumstände bedeutet; nicht aber eine Gleichheit im Ergebnis ungeachtet persönlicher Anstrengungen, durch eigene Leistung voranzukommen. Es ist sein individueller Lebensweg, seine Einzigartigkeit, die den Menschen als Individuum erst ausmacht. Deswegen wehren wir uns gegen sämtliche Bestrebungen, diese Individualität unter dem Deckmantel der Gleichheit einschränken oder entziehen zu wollen.

Der einzelne Mensch steht im Mittelpunkt liberaler Politik. Jedoch lebt der Einzelne in einer liberalen Gesellschaft nicht losgelöst von seinen Mitmenschen. Freiheit in Verantwortung ist ein nicht wegzudenkendes Leitmotiv liberaler Politik. Wir wollen eine Gesellschaft, in der sich ihre Mitglieder untereinander als frei und gleichberechtigt erachten. Dabei setzen wir Junge Liberale31in einer solchen Gesellschaft auf gemeinsame Werte wie Toleranz, Verantwortung und Solidarität. Insbesondere die Toleranz gerät in der Gegenwart zunehmend unter Beschuss. Dies wird exemplarisch deutlich bei anhaltenden Problemen mit Fremdenfeindlichkeit oder Homophobie. Jedoch hat sich gerade auch der Umgang mit anderen, unbequemen Meinungen verschlechtert und gefährdet so unsere Meinungsfreiheit. Meinungsfreiheit und Pluralität sind das36Fundament einer liberalen Gesellschaft. Wir benötigen deshalb einen neuen Zweiklang im gesellschaftlichen Diskurs, der darin besteht, zum einen andere Meinungen auszuhalten und zum anderen die eigene Meinung mutig, aufrichtig und sachlich in offenen Auseinandersetzungen zu vertreten.

Ebenso ist das Fundament einer liberalen Gesellschaft gefährdet, wenn Akteure in politischer Verantwortung und der Staat die drängendsten Probleme und Krisen nicht lösen können und Zukunftsvisionen in ihrem Handeln vermissen lassen. Seit vielen Jahren sinkt das Vertrauen in Parteien und staatliche Institutionen. Die lange Regierungszeit der Großen Koalition in Deutschland versinnbildlicht diese Problematik. Historisch betrachtet sind immer weniger Menschen Mitglied einer Partei. Gleichzeitig wird der Ruf nach Lösungen durch die Politik aber größer und die Anspruchshaltung nimmt zu. Insbesondere aus liberaler Sicht ist die Zuschreibung der Zuständigkeit aller Problemlösungen an den Staat eine gefährliche Entwicklung und führt zwangsläufig nicht nur dazu, dass der Staat an die Grenzen seiner Leistungsfähigkeit stößt, sondern auch immer mehr Kompetenzen bekommt. Ein sich immer weiter aufblähender Haushalt und immer neue, zusätzliche Staatsausgaben spiegeln dies in aller Deutlichkeit wider. Um dieser Entwicklung entgegenzusteuern und das Individuum wieder ins Zentrum staatlichen und gesellschaftlichen Handelns zu rücken, benötigen wir eine Neuaufteilung der Lasten und Aufgaben zwischen Zivilgesellschaft, Wirtschaft und Staat. Viele Herausforderungen lassen sich nicht durch staatliche Steuerung meistern. Deswegen braucht es ebenfalls eine Neubetrachtung staatlicher Aufgaben und Verantwortung. Politik muss hierbei ehrlich sein und den Menschen klar machen, dass nicht alle Erwartungen eingehalten werden können – besonders nicht, wenn die Erwartungshaltung durch populistische Forderungen verzerrt wird.

Alte und neue Krisen und Bedrohungslagen für eine liberale Gesellschaft erleben wir heute unter ganz neuartigen Rahmenbedingungen. Wir befinden uns seit verhältnismäßig kurzer Zeit im digitalen Zeitalter. Berufe, Kommunikation und das soziale Leben befinden sich in der Folge in einem massiven Umbruch. Die schöpferische Zerstörung der Digitalisierung hält Einzug in alle Bereiche unseres Lebens. Wir Liberale möchten diese Veränderungen als Chancen begreifen. Die Digitalisierung wird die Lebensqualität und die Flexibilität der Menschen auf ein bisher ungeahntes Niveau heben. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf wird zur alltäglichen Realität. Neue Jobs werden entstehen und harte, körperliche Arbeit zukünftig weniger notwendig. In diesem großen Prozess der Veränderung muss ein Augenmerk auf die Einbindung der kompletten Gesellschaft gelegt werden. Die Digitalisierung darf nicht zu einer Spaltung der Gesellschaft führen.

Unter all diesen Umständen steht der politische Liberalismus vor einer großen Herausforderung. Er steht mit seinen rationalen, abgewogenen und oftmals komplexen Ideen und Forderungen im Wettbewerb mit Kräften, die einfache Lösung propagieren, sich für mehr staatliche Kontrolle, mehr Regulierung und in der Folge für weniger Individualismus stark machen. Kurzum: Der Liberalismus konkurriert mit all jenen Kräften, die das Kollektiv dem Individuum vorziehen und für welche die Freiheit des Einzelnen höchstens Mittel zum Zweck ist. Die FDP hat 2017 den Wiedereinzug in den Deutschen Bundestag geschafft und übernimmt in NRW Regierungsverantwortung. Aber auch die Freien Demokraten spüren den medialen und gesellschaftlichen Druck. Die Partei beugt sich mit Zielvereinbarungen und der Tabuisierung von Themen wie Kernkraft oder einem Steuerkonzept Vorurteilen, anstatt mutig liberale Grundpositionen zu verteidigen, zu kommunizieren und auch gegen Widerstände zu vertreten. Im politischen Diskurs fehlen die mutigen Vorstöße der Liberalen. Junge Liberale wollen keine Parteipolitik, die aus strategischen Überlegungen liberale Überzeugungen und bessere Argumente versteckt oder über Bord wirft. Wir wollen den Liberalismus wieder stärker in das Bewusstsein des Handelns und Entscheidens bei Freien Demokraten und Jungen Liberalen rufen. Aus der tiefen Überzeugung, dass nur liberale Ansätze wirkliche Lösungen für die Probleme unserer Zeit bieten und individuelle Lebensweisen und Ansichten schützen können, formulieren wir deswegen als unsere Agenda 2035 folgende Visionen für zentrale politische Bereiche:

 

Von der KiTa bis ins Labor- Freiheit durch modernste Bildung

“Deutschland stürzt in der PISA-Studie ab”, “KiTa-Notstand” und “Trümmer-Infrastruktur bei Schulen”. Immer wieder ist von einer Krise des deutschen Bildungssystems die Rede. Wir Junge Liberale sehen in einem flexibleren, fordernden und fördernden Bildungssystem, welches lebenslang für die Herausforderungen der Berufswelt qualifiziert, große Chancen auf enorme Verbesserungen für unsere Gesellschaft. Chancengerechtigkeit und Aufstiegschancen für jeden stehen dabei über einen gesamten Lebensweg bei uns im Fokus. Daher wollen wir bis 2035 folgende Punkte angehen:

  • Für uns Junge Liberale steht bei der frühkindlichen Bildung Qualität an erster Stelle. Aus diesem Grund sollen Kindergärten zukünftig einen vorschulähnlichen Charakter aufweisen, die vor allem zentrale Themen für den späteren Bildungs-Werdegang (z.B. Sprachförderung, mathematisch-technisches Grundverständnis, gesellschaftliche Themen) auf spielerische Art und Weise vermitteln sollen. Wir setzen uns für eine evidenzbasierte Pädagogik ein.
  • Wettbewerb ist für uns Junge Liberale auch in der Bildung ein zentraler Wert für konstant wachsende Qualität. Dabei ist der Bildungswettbewerb innerhalb der verschiedenen Bundesländern aus der Zeit gefallen. Vielmehr möchten wir innerhalb eines gemeinsamen Zentralabiturs mit einheitlichen Rahmenbedingungen, z.B. bei der Länge des Besuchs einzelner Schulformen oder der Wahlmöglichkeit zwischen G8 und G9, den Wettbewerb zwischen einzelnen Schulen stärken. In einem bundesweit zentralen Abitur sehen wir dabei einen einheitlichen Gradmesser für erbrachte Lehrleistung innerhalb einer Schule. Um diesen Wettbewerb zu forcieren, soll auch der Wechsel zwischen Schulformen erleichtert werden. Bis 2035 wollen wir in NRW ein schulformübergreifend stark erhöhtes Bildungsniveau, sodass die mittlere Reife und in der Folge die duale Ausbildung an Wert und Zuspruch gewinnen. Schulen in freier Trägerschaft sind ein unverzichtbarer Bestandteil einer vielfältigen Schullandschaft. Deswegen sollen staatliche und private Schulen in freier Trägerschaft als kosteneffizienteres und qualitativ hochwertigeres Schulmodell in Zukunft stärker gefördert werden. Eltern sollen künftig frei zwischen allen staatlichen und privaten Ersatzschulen wählen. Die Mittelzuweisungen an die Schulen erfolgen ohne Ansehung des Trägers pro Schüler; den Eigenanteil des Schulträgers wollen wir aber beibehalten. Staatliche Schulen sollen vermehrt in freie Trägerschaft überführt werden. Zur Stärkung der Schulautonomie ist die Errichtung von Schulstiftungen als Träger voranzutreiben.
  • Ein wesentlicher Bestandteil unseres Bildungswesens ist die Vorbereitung junger Menschen auf den späteren Berufswerdegang. Dazu mangelt es unserem aktuellen Schulsystem an Input aus der Praxis. Kooperationen zwischen Schulen und Unternehmen sowie der Betrieb von Schulgebäuden durch Private sollen verstärkt ermöglicht werden. Darüber hinaus fordern wir für alle Schulformen vermehrt die Möglichkeit Gastunterricht von Personal aus Wirtschaft und Wissenschaft einzuführen und so einen praxis- und berufsnahen, sowie vielseitigen Unterricht zu ermöglichen. Die Unterrichtseinheiten können in praktischer Form von Workshops, sowie in theoretischer Form von Vorlesungen bzw. Seminaren stattfinden. Wenn diese überwiegend an die schulischen Lehrpläne angelehnt sind, können sie sogar Unterrichtseinheiten ersetzen. Die Schulen entscheiden dabei zu welchen Themen sie welche Dozenten einladen.
  • Die Teilzeitregelung für Lehrerinnen und Lehrer muss überarbeitet werden.
  • Das Grundschullehramt muss attraktiver gemacht werden. Grundschulen benötigen dringend weiteres (Sonder)Pädagogisches Personal, welches die Lehrer entlastet und ihnen die Möglichkeit gibt, sich wieder auf den Unterricht zu konzentrieren.
  • Neben der Möglichkeit zur Berufung eines Schulmanagers sollen die Schulen auch verstärkt Verwaltungspersonal und Hilfskräfte einstellen können, um eine Fokussierung von Lehrern auf ihre Kerntätigkeiten zu ermöglichen
  • Schnellstmöglich sollen neue Förderschulen für Kinder mit einer emotionalen Störung eröffnet werden.
  •  Die Vorherrschaft von Schulbüchern, Arbeitsmappen und Kreidetafeln müssen bis 2035 unter dem Credo der Digitalen Schule der Vergangenheit angehören. Neben einem deutlich gewachsenen Mindeststandard an Digitalisierung an Schulen sollen zudem zusätzlich zu den Talentschulen mit “Zukunftsschulen” weitere besonders geförderte Schulen in NRW etabliert werden. Genauer sollen sich diese Schulen mit einem besonderen, digital geprägten, innovativen Konzept bewerben. Dazu kann der Einsatz von neuesten Bildungs-Forschungsergebnissen, wie der frewilligen Analyse des Lernverhaltens durch digitale Methoden oder die Verlagerung von Unterrichtsinhalten in digitale Formen gehören. Zielmaßgabe soll eine innovative, individuelle und digitale Form der Bildung sein.
  • Im Zeitalter des digitalen Wandels wird es immer wichtiger, theoretisches Wissen praktisch umzusetzen. Projektorientiertes Arbeiten ist in Zeiten von New Work mehr Standard als Ausnahme, die gängigen Prüfungsleistungen in unseren Schulen sind hingegen weiterhin Klassenarbeiten und Klausuren. Um den Schülerinnen und Schülern praxisnah den Sinn hinter der gelernten Theorie zu zeigen und darüber hinaus noch stärker auf die Aufgaben einer digitalisierten Lebensrealität vorzubereiten müssen auch die Prüfungsleistungen dieser angepasst werden.
  • Berufsschulen sollen deutlich flexibler, berufsorientierter und digitaler gestaltet werden. Die Berufsschule soll durch Umsetzung eines komplett modularen Aufbaus in ihrem Aufbau einer Universität viel näher kommen. Dies soll auch den Ruf der Berufsschulen verbessern.
  • Hochschulbildung muss an Freiheit gewinnen. Diskussionen über Anwesenheitspflichten sind für die Bildung von morgen noch rückschrittlicher als bereits heute. Vielmehr sollen die rechtlichen und tatsächlichen Rahmenbedingungen dafür geschaffen werden, dass Vorlesungen und sonstige Veranstaltungen aufgezeichnet und Studierenden zur Verfügung gestellt werden können. NRW soll bis zum Jahr 2035 vorangehen und eine erste Hochschule eröffnen, welche von der Vorlesung über die Literaturrecherche bis hin zum Klausurtermin komplett ohne Anwesenheit auskommt.
  • Beste Studienbedingungen sind nur mit einer ausreichenden Finanzierung zu verwirklichen. Neben Kooperationen mit der Wirtschaft stellen nachgelagerte Studienbeiträge das Fundament einer stabilen Finanzierung dar. Beste Forschung darf in unseren Augen nicht durch den Staat blockiert werden. Grundsätzlich soll es daher keine staatlichen Forschungsverbote, z.B. im Sektor der Rüstungs- und Militärforschung oder bei Themen wie Gentechnik oder Kernenergie geben. Die Forschungsarbeiten an den Universitäten sollen zukünftig nicht nur dem Fachpublikum, sondern auch der breiten Öffentlichkeit intensiver kommuniziert werden. Neben der entstehenden Transparenz und Aufmerksamkeit soll sich hierdurch ein größeres Verständnis der Gesellschaft gegenüber den Forschungsarbeiten bilden wovon ebenso die Gesellschaft profitieren wird. Zusätzlich werden durch die Hochschul-Kommunikatoren neue Verknüpfungen geschaffen, interdisziplinäre Forschungsarbeit vorangetrieben und durch die Aufmerksamkeit ggf. von staatlicher Seite her zusätzliche Forschungsmittel bewilligt. Aus alledem ergibt sich unsere Vision einer positiv zusammenwirkenden Verzahnung von Politik, Gesellschaft, Wissenschaft und Bildung. Hier sei als Beispiel die Aufklärung im Gesundheitssektor durch medizinische Forschung genannt. Abstrakte und komplexe Zusammenhänge können von den Wissenschafts-Kommunikatoren für die Gesellschaft auf das alltägliche Leben bezogen werden und führen folglich zu einer gesundheitsbewussteren Entwicklung.
  • Lebenslanges Lernen wollen wir durch ein Drei-Säulen-System fördern: Zunächst soll der bisherige Bildungsurlaub in “Bildungszeit” umbenannt werden und es soll in Zukunft möglich sein, in NRW innerhalb eines Zeitraums von zwei Jahren bis zu 15 Tage für Bildung von der Arbeit freigestellt zu werden. Die zweite Säule muss eine stärkere Förderung von Weiterbildungs-Angeboten sein. Offene Universitäten und Volkshochschulen müssen eine höhere gesellschaftliche Akzeptanz sowie weitreichendere und höher qualifizierendere Standards aufweisen. Damit auch für den Arbeitgeber keine zu großen Nachteile aus Fortbildungsmaßnahmen der eigenen Mitarbeiter erwachsen, sollte die Akzeptanz von Weiterbildungsmaßnahmen, beispielsweise durch stärkere steuerliche Absetzbarkeiten, gefördert werden. Als dritte Säule bekennen sich die JuLis zum Konzept des “Midlife-Bafög”.

Vom ÖPNV bis zum digitalen Bürgeramt – beste Infrastruktur als Fundament der Freiheit

Deutschland vor dem “Verkehrsinfarkt”, bezahlbares Wohnen, welches angeblich nur noch durch Enteignung gesichert werden kann. Die Deutsche Bahn fährt nicht. Das Internet funktioniert erst recht nicht. Funklöcher, Warteschlangen im Bürgeramt. Wir Junge Liberale sehen in bester Infrastruktur die Basis für eine starke Wirtschaft und möchten die Herausforderungen endlich konsequent angehen. Wir fordern die Umsetzung folgender Aspekte bis spätestens 2035:

  • Bei Bauprojekten soll in Zukunft Innovation und Umweltschutz als Wettbewerbsfaktor in das Bauvergabeverfahren eingeflochten werden, anstatt ein unrealistisches Preisdumping, wie es aktuell passiert, zu unterstützen.
  • Der Straßenverkehr der Zukunft soll von intelligenten Verkehrsleitsystemen geprägt sein. Vernetzte Ampeln, Kreisverkehre oder elektronische Straßenschilder sollen Staubildungen effektiv verhindern. Tempolimits sollen sich zudem flexibel an dem tatsächlichen Verkehr orientieren, anstatt die Freiheit von Autofahrern künstlich einzuschränken. Ab spätestens 2035 sollen staubildungsrelevante Verkehrsbeschilderungen, wie Temposchilder oder ggf. Vorfahrtsregelungen grundsätzlich nur noch in digitaler Form errichtet werden..
  • Mobilität der Zukunft heißt auch mehr Wettbewerb. Die Deutsche Bahn muss endgültig privatisiert werden, die Schieneninfrastruktur dabei in staatlicher Hand bleiben und ausgebaut werden. Um die Attraktivität der Bahn zu steigern und viel angefahrene Hauptbahnhöfe zu entlasten, sollen die Anstrengungen erhöht werden, bislang stillgelegte Bahnstrecken für den Personen- und Güterverkehr zu reaktivieren. Der ÖPNV soll genau wie der Verkehr der Deutschen Bahn privatisiert und öffentlich ausgeschrieben werden. Der kommerziell genutzte Teil der Bahnhöfe soll in dieser Funktion privatisiert werden. Leitlinie des ÖPNV soll weiterhin die tatsächliche Nutzung sein. Wir setzen auf auf innovative Lösungen auf Basis der Liberalisierung des Personenbeförderungsgesetzes. Einen gebührenfreien ÖPNV lehnen wir ab.
  • Ähnlich belgischen oder niederländischen Vorbildern fordern die Jungen Liberalen ein landesweites Investitionspaket für Fahrrad-Schnellwege in Großstädten. Gerade innovative Modelle wie Fahrradhochspuren sollen Anreize schaffen, sich besser191und staufrei bewegen zu können.
  • Schnellstmöglich müssen Mindeststandards sowie Rechtsrahmen für das autonome Fahren und für kommerziellen und autonomen Drohnenverkehr entwickelt werden. Haftungsfragen sollen von den bereits eingesetzten Kommissionen bis Ende 2020 abschließend beantwortet worden sein. Für die Mobilität der Zukunft ist ein Miteinander aus autonomer und manueller Mobilität zentral. Die Jungen Liberalen sind in diesem Zuge offen für die Etablierung rein autonom befahrener Teilstrecken oder Streckensysteme, lehnen den grundsätzlichen Zwang zum autonomen Fahren allerdings ab.
  • Das Baurecht krankt an überladener Bürokratie. Die Jungen Liberalen müssen sich in den Kommunen dafür einsetzen, dass Kostentreiber wie die Baumschutzverordnung oder Stellplatzregelungen abgeschafft werden. Städte sollen weniger Restriktionen unterliegen, nach denen bestimmte Maximalhöhen für Hochhäuser o.ä. vorgesehen werden.
  • Künstliche Intelligenz soll verstärkt auch in die Regionalentwicklungsplanung eingebunden werden, um auf Basis politischer Leitvorgaben noch schneller, günstiger und effektiver planen zu können. Bis 2035 sollen regionale Entwicklungsplanungen auf die Landesebene verschoben werden, um Bürokratie einsparen zu können. Dabei wollen wir jedoch den betroffenen Akteuren vor Ort ein weitreichendes Mitspracherecht gewähren.
  • Klassische Bürgerämter sollen bis 2035 in NRW auf ein Minimum reduziert werden. Vielmehr sollen alle Verwaltungsprozesse bis zu diesem Zeitpunkt digital erledigt werden können. Kleine Anlaufstellen mit wenigen Mitarbeitern, die vor Ort in die Funktionalität des Digitalen Bürgeramtes einweisen, sollen aus Service-Gründen erhalten bleiben.
  • Im Bereich des Breitband-Ausbaus fordern wir eine Benchmark-Zielsetzung. Die flächendeckend durchschnittliche Übertragungsgeschwindigkeit soll bei 105% des OECD-Durchschnitts liegen. Dazu soll das PPP-Modell auch für den Breitband-Ausbau angewendet werden. Neben dem Ausbau verpflichtet sich das ausbauende Unternehmen zum Betrieb der Leitungen für ca. 30 Jahre. In diesem Zeitraum muss die stetige Erfüllung der Zielsetzung vertraglich geregelt werden.

Von Klimaschutz und Fortschritt – Wettbewerbsfähigkeit + Nachhaltigkeit = Freiheit

Das Thema Klimapolitik beherrscht aktuell die öffentliche Debatte. Krisenstimmung ist angesagt, düstere Prognosen prägen den Diskurs. Gleichzeitig werden Warnungen vor einer kommenden Rezession in Deutschland und NRW laut. Für den Liberalismus ist klar: Beide Krisen können nur gemeinsam gelöst werden. Damit wir Ökonomie und Ökologie 2035 gar nicht mehr getrennt denken können, wollen die Jungen Liberalen NRW folgende Punkte angehen und verwirklicht sehen:

  • Das deutsche Steuersystem muss zwingend neu gedacht werden. Wir wollen eine tiefgreifende Reform, die neben einem einstufigen Einkommensteuertarif auch in der Klima- und Umweltpolitik, beispielsweise durch Wegfall der Stromsteuer und Abschaffung des EEG, ganz neue Impulse setzt. Als Folge dieser Reform muss sich auch die Steuerquote verringern. Um die Steuererklärung für alle Menschen leicht verständlich und in kurzer zeit digital umsetzbar zu gestalten, wollen wir in Deutschland bis 2035 – unter Berücksichtigung höchster Datenschutzstandards – als Opt-Out-Option das estnische Modell umsetzen. In diesem wird die Steuererklärung bereits autonom erstellt und dem Individuum dann zur Kontrolle und gegebenenfalls zur Korrektur vorgelegt.
  • Nicht nur das Steuersystem muss neu strukturiert werden. Bis 2035 wollen wir eine spürbare Senkung der deutschen Staatsschuldenquote verwirklicht sehen. Damit dies auch gelingen kann, muss den Bürgerinnen und Bürgern deutlich mehr Platz zur Entfaltung gegeben werden. Dazu soll die Abgabenquote in Deutschland deutlich gesenkt werden – gerade niedrige Einkommen werden nämlich vorwiegend durch Abgaben, nicht durch Steuern belastet. Darüber hinaus wollen wir auch die Rolle des Staats in der Wirtschaft umdefinieren. Es benötigt eine deutliche Senkung der Staatsquote, insbesondere des Staatskonsums in Deutschland, zugunsten privatwirtschaftlicher Akteure.
  • Den Flugverkehr wollen wir aus anderer Warte behandeln, als dies gegenwärtig geschieht. Für uns ist klar: Fliegen zu verbieten, ist in einer globalisierten Welt keine Lösung. Stattdessen muss der Flugverkehr bis 2035 weitestgehend klimaneutral sein. Durch die Erforschung und Förderung klimaneutraler Treibstoffe machen wir Debatten über Flugverbote in Deutschland obsolet und gehen innovativ voran, anstatt unsere Wirtschaft zu lähmen. Den gleichen Ansatz wollen wir auch im mobilisierten Individualverkehr verfolgen – bis 2035 sollen klimaneutrale Antriebe und Kraftstoffe den Markt beherrschen und individuelle Freiheit dauerhaft mit klimapolitischer Verantwortung versöhnen.
  • Um Klimapolitik mit marktwirtschaftlicher Vernunft umzusetzen, ist für uns JuLis eine globale Anwendung des Emission Trading System (ETS) bis 2035 unumgänglich. Dieses ist die einzige Chance zur globalen Etablierung eines wirksamen Mechanismus zur Filterung von Treibhausgasen aus der Atmosphäre. Freihandelsabkommen, die das ETS nicht enthalten, sollen von der EU zukünftig nicht mehr ratifiziert werden.
  • Es kann in der Klimapolitik nicht nur darum gehen, Treibhausgase einzusparen. Allen voran CO2 muss zusätzlich aus der Atmosphäre gefiltert werden. Der wichtigste Baustein dafür ist in unseren Augen die weltweite Aufforstung von Bäumen. Deshalb wollen wir JuLis, dass ein globales Abkommen zur Aufforstung beschlossen und umgesetzt wird. Neben einem jährlichen Zuwachs an Waldflächen muss dieses vor allem einen marktwirtschaftlich orientierten Mechanismus enthalten, wie Aufforstung effizient gelingen kann. Neben der Aufforstung sehen wir auch in der Forschung an technischen Lösungen zur Bindung von CO2 (Carbon-Capture-Systeme) großes Potential. Ein großes Potential sehen wir auch in der konsequenten Begrünung von Gebäuden mit innovativen Bepflanzungsmethoden, die die Fassade erhalten. Hier fordern wir die Landes- und Bundesregierung auf geeignete Programme zu entwickeln und Hürden abzubauen, um die Begrünungsquote bis 2035 auf mindestens 20% der gesamten Gebäudefläche in Deutschland zu erreichen.
  • Die landwirtschaftliche Nutztierhaltung ist eine zentrale Errungenschaft unserer Zivilisation. Wie jeder Bereich unseres Lebens kann diese sich allerdings dem Fortschritt nicht verschließen. Wir setzen auf Konzepte, die das Potential haben sowohl Tierleid, als auch Umweltverträglichkeit in der Landwirtschaft zu steigern. Die Erforschung und Entwicklung von alternativen Produktionswegen, wie z.B. über in Vitro Fleisch oder gentechnisch veränderte Tiere bietet hier große Chancen, für die wir Hürden aus dem Weg räumen wollen. Tierschutzstandards müssen sich auch künftig an wissenschaftlichen Erkenntnissen und nicht gefühlten Wahrheiten orientieren.
  • Neben CO2 müssen wir auch Plastik mit einem stimmigen Gesamtkonzept begegnen. Wir wollen dafür ein globales Plastikabkommen, welches zum Ziel hat, zeitnah mehr Plastik aus den Gewässern unserer Erde zu filtern, als in diese eingeleitet wird. Inhalte eines parallel verfolgten deutschen und europäischen Konzepts sollten schon kurzfristig die Einführung eines Pfandsystems sowie die Einpreisung der Plastikverbrennung in den ETS sein. Das Marpol-Abkommen gegen Plastikvergehen muss konsequenter angewandt, die möglichen Strafen erhöht werden. Mittelfristig müssen wir die Vermeidung von Mikroplastik in den Blick nehmen, Müllexporte darf es nur noch in Länder geben, deren Recyclingsystem nicht schlechter ist als das deutsche. Die Förderung der Erforschung umweltfreundlicher Plastikalternativen soll unserem Wunsch nach auch langfristig in einem europäischen Rahmen stark und nachhaltig intensiviert werden.
  • Wir wollen den Verbrauch von Flächen reduzieren. Unversiegelte Flächen sind eine endliche und wertvolle Ressource, insbesondere mit Blick auf den Umweltschutz und das Klima. So ist der Boden zum Beispiel der größte terrestrische CO2-Speicher der Welt. Daher fordern wir die Einführung des Handels mit Flächenzertifikaten, welche von Kommunen untereinander gehandelt werden können. Die Zertifikate sollen nur dann erforderlich sein, wenn Außenbereiche in Bauland umgewandelt werden. Ebenfalls sollen durch die Rücknahme bereits bestehender Baurechte sogenannte “weiße Zertifikate” geschaffen werden können, die wiederum handelbar sind.
    So erzielen wir durch die Verknappung von Neuausweisungen eine Preissteigerung für Bestandsflächen und innerörtliche Flächen werden attraktiver. Flächen werden fortan dort verbraucht, wo sie den meisten Nutzen haben. Die Summe der den Kommunen zugeteilten Zertifikate soll sich an dem Zuteilungsmodell orientieren, welches bereits bei dem vom Bundesministerium in Auftrag gegebenen Modellversuch angewandt wurde, sowie an den Flächeneinsparungszielen der Europäischen Kommission.
    Um innerörtliche Flächen besser nutzen zu können, muss das Baurecht darüber hinaus an vielen Stellen vereinfacht werden, so zum Bespiel bei der Dachaufstockung, Abstandsregelung und der Verkürzung von Bauverfahren.
  • Die Binnenschifffahrt wird zukünftig einen stärkeren Anteil am Güterverkehr ausmachen. Schon jetzt leiden nordrhein-westfälische Großstädte wie Köln, Bonn, Düsseldorf oder Duisburg unter den erhöhten Stickstoff- und Feinstaubwerten. Die Bundesregierung soll sich daher für Anreize zur Nachrüstung von Abgasanlagen auf europäischer Ebene und Forschung an neuen Motoren einsetzen.

Vom Kreißsaal bis zur Urne – weil Gesundheit Freiheit bedeutet

“Notfallpatient” Gesundheitswesen, Pflegekrise, oder Angst vor dem Operations-Roboter. Die aktuellen gesundheitspolitischen Debatten zeichnen ein schlimmes Bild des Gesundheitswesens und lassen die gesamte Branche – und vor allem Pflegeberufe – immer unattraktiver wirken. Für uns Junge Liberale ist klar, dass der Gesundheitssektor Stütze einer agilen Gesellschaft ist, die vom demographischen Wandel nicht aus dem Tritt gebracht wird, sondern für die Herausforderungen der Zukunft gewappnet ist. Möglichst individuelle medizinische Behandlung von Patienten, ein Staat der den Bürgern individuell-moralische Fragen überlässt und lediglich Rahmenbedingungen definiert und Flexibilisierung durch Digitalisierung sind Basis unserer Vision für 2035. Konkret möchten wir folgende Punkte umgesetzt sehen:

  • Die medizinische Versorgung der Zukunft muss bis 2035 deutlich individueller ausgelegt sein. Während aktuelle medizinische Behandlungen, Präventionsmaßnahmen und Risikoeinschätzungen gruppenspezifisch ausgelegt sind, sollen molekular-medizinische Vorgehensweisen fester Bestandteil von Leistungskatalogen von Krankenkassen sein. Insbesondere Hürden zur Nutzung von molekularen Markern und auf KI basierender Befundungssystemen sollen abgebaut werden.
  • Die Pflege ist in ihrer Bedeutung für die Gesellschaft der Zukunft nicht hoch genug einzuschätzen. Wir fordern zur Selbstverwaltung der Pflege eine bundesweite Pflegekammer zur Vorgabe von Qualitätsstandards, auch für eine einheitliche Ausbildung. So dient die Pflegekammer langfristig als Organ zur generellen Bearbeitung der Probleme in der Pflege, wie z.B. Attraktivität der Berufe, Rationalisierung, Belastung, Arbeitszeit, Weiterbildung und Dokumentation der Pflegemaßnahmen. Die Ausbildung soll bis 2035 mehr Differenzierung in verschiedene Qualifikationslevel enthalten. Von angelernten Pflegehelfern bis hin zu akademischen Berufsbildern, die in Form eines dualen Studiums parallel zum Beruf erlernt werden sollen. Die Belastung von Auszubildenden in Pflegeberufen ist zu reduzieren, indem Auszubildende, unabhängig vom Lehrjahr, unter keinen Umständen auf den Personalschlüssel der jeweiligen Station angerechnet werden dürfen. Die Qualität der Ausbildung wollen wir jungen Liberalen durch die regelmäßige Überprüfung und Bewertung der Praxisanleitung vor Ort, durch den MDK, realisiert wissen. Die Bewertung erfolgt sowohl anhand der Qualität als auch Quantität der Praxisanleitung. Das Resultat ist öffentlich bekannt zu geben. Durch diese Schritte soll der Wettbewerb unter den Ausbildungsträgern gefördert und Auszubildenden die Möglichkeit gegeben werden, endlich auch in der Pflegeausbildung die weltbeste Bildung zu genießen.Es gilt zu überprüfen, inwiefern eine Ausweitung der Delegation ärztlicher Tätigkeiten an Pflegefachkräfte sinnvoll ist. Um die zukünftigen Herausforderungen in der Gesundheitsversorgung zu bewältigen, soll flächendeckend das Berufsbild der Advanced Practice Nurse (APN), als eines der höchsten Qualifikations-Level, eingeführt werden.
  • Bis 2035 soll ein Anreizsystem für aktivierende Pflege, also die Rückstufung auf eine312niedrigere Pflegestufe aufgrund der Pflegetätigkeiten, installiert werden.
  • Gerade im Bereich der Geburtshilfe gibt es akuten Nachbesserungsbedarf. Die Versorgungssituation von Frauen und Neugeborenen in den Kreißsälen ist unzureichend. Hier sehen wir akuten Nachbesserungsbedarf über die Akademisierung der Hebammenausbildung hinaus. Wir fordern mehr Planstellen und eine bessere Bezahlung für Hebammen. Zudem müssen die Fallpauschalen für spontane, natürliche Geburten erhöht werden. Um die Entbindungskliniken zu entlasten fordern wir die Einführung von geburtshilflich-gynäkologischen Notdiensten, die auch im ländlichen Raum eine adäquate Versorgung gewährleisten. Wir fordern zudem verpflichtende, niedrigschwellige und vor allem vertrauliche Meldemöglichkeiten von Gewalterfahrungen in der Geburtshilfe für Schwangere, Mütter und ihre Familien sowie für in der Geburtshilfe tätigen Personen.
  • Das deutsche Gesundheitswesen krankt an bürokratischen Hürden in der täglichen Arbeit. Bis spätestens 2035 sollen Dokumentationsaufgaben ausschließlich digital ablaufen sowie entschlackt und automatisiert werden.. Dabei soll die Interoperabilität zwischen den einzelnen gesundheitlichen Einrichtungen gewährleistet werden, indem entsprechende digitale Mindeststandards erreicht werden müssen. Zudem sollen mindestens alle Universitätskliniken in Deutschland bis 2035digitale Tools, wie Operationsroboter, Pflegeroboter o.ä. nutzen. Auch in der breiten Masse der Einrichtungen muss die Digitalisierung und der Regelversorgung verankert sein. Unsere stationäre Versorgung ist unserer gesellschaftlichen Entwicklung und aktuellem Forschungsstand nicht mehr angemessen. In den letzten Jahrzehnten ist durch Innovation der Bedarf an Krankenhausbetten zurückgegangen, bedingt durch ambulante Versorgungsmöglichkeiten und Verkürzungen der Krankenhausaufenthalte. Deshalb fordern wir Junge Liberale eine Reform des DRG-systems zur Krankenhausfinanzierung (Paragraph 17b KHG). Die momentane Gesetzeslage setzt falsche Anreize und stellt das Wohl des Patienten hinten an. So kann gleichzeitig dem Pflegekräfte- und Fachärztemangel entgegengewirkt werden. Eine durchgehende Behandlung mit hochwertigeren und fachspezifischer Therapie kann somit gewährleistet werden. Das jeweilige Bundesland soll prüfen , welche Fusionierung angemessen ist.
  • Die Jungen Liberalen befürworten, unter Berücksichtigung datenschutzrechtlicher Aspekte, die digitale Patientenakte.
  • Bei individuell-moralischen Entscheidungen wie den Themen Leihmutterschaft, Sterbehilfe o.ä. schafft der Staat die gesetzlichen Rahmenbedingungen für höchstpersönliche und eigenverantwortliche Entscheidungen des Einzelnen. Pauschalen staatlichen Verboten bei medizinischen Fragen stehen die Jungen Liberalen kritisch gegenüber.
  • Wir sprechen uns für die vollumfassende Legalisierung der kommerziellen Leihmutterschaft aus.
  • Die immer stärker zunehmende Nutzung von Wearables und die damit verbundene Erhebung von Lifestyle und Gesundheitsdaten stellt ein enorm großes Potential für die Gesundheitsforschung dar. Die Daten der Nutzer werden aktuell allerdings nur von den Anbietern für Unternehmenszwecke genutzt. Wir wollen das in Deutschland bis 2025 eine nationale Dateninfrasturktur aufgebaut wird, die Schnittstellen zu allen gängigen Gesundheits- und Lifestyle Apps anbietet und den Nutzer*innen ermöglicht ihre Daten anonymisiert oder pseudonymisiert zu spenden. Diese Daten sollen für öffentliche Forschungseinrichtungen und Unternehmen die mit öffentlichen Einrichtungen kooperieren kostenfrei zugänglich sein. Bis 2035 soll die deutsche Infrastruktur als Vorbild auf die ganze EU ausgeweitet werden.
  • Das Forschungsverbot für genetische Veränderung von Menschen lehnen die Jungen327Liberalen ab. Bei etwaigen Forschungsdurchbrüchen machen wir es uns zur Aufgabe, an328einem liberalen Gesetzesrahmen mitzuwirken. Tendenziell soll auch hier das Individuum329die Freiheit besitzen, eigene moralische Vorstellungen als Basis der Anwendung von330genetischen Veränderungen zu definieren. Das Züchten von Menschen lehnen wir ab.
  • Gemäß dem Embryonenschutzgesetz aus dem Jahre 2002 ist es in Deutschland an strenge Regularien gebunden, Forschung an Embryonen zu betreiben und gänzlich verboten, diese zu züchten. Ein liberaleres Gesetz würde Deutschland im internationalen Vergleich auf dem Gebiet der Forschung an Embryonen wieder konkurrenzfähig machen und dadurch auch eine modernere medizinische Versorgung ermöglichen können.

Vom Datenschutz bis zum Demokratiedefizit – freie Bürger im bescheidenen Staat

Junge Liberale hinterfragen staatliche Eingriffe grundsätzlich. Wir wünschen uns einen Staat, der nur in diejenigen Lebensbereiche eingreift, in denen ein staatliches Handeln unverzichtbar ist. Dies gilt vor allem für das staatliche Gewaltmonopol und den Rechtsstaat. Genau hier benötigen wir uns einen gut funktionierenden, effektiven Staat. Darüber hinaus stehen wir für einen bescheidenen Staat, der seine Bürgerinnen und Bürger nur wenig belastet und dem Individuum so viel Freiheit gibt, dass es sich nach seinen Wünschen entfalten kann und andere in ihrer Entfaltung nicht hindert. Deshalb wollen wir unseren Staat bis 2035 modernisieren:

  • Die Modernisierung unseres Staates fängt bereits bei der Reformierung unserer340Demokratie an. Sie bildet die Grundlage des Zusammenlebens in unserem Staat. Demokratie ist nicht einfach. Wahlen müssen aber deswegen nicht unnötig kompliziert gemacht werden. Wir setzen uns deswegen für die Harmonisierung und Vereinheitlichung von Wahlsystemen auf Kommunal-, Landes- und Bundesebene bis spätestens 2035 ein. Dabei soll das aktive und passive Wahlrecht allgemein ab dem 16. Lebensjahr gelten.
  • Die Kommunal-, Landtags- und Bundestagswahlperiode soll 5 Jahre betragen. Damit nicht ständig Wahlkampfzeit ist, soll es maximal zwei feste Termine pro Jahr für Wahlen geben, die nur in absoluten Notsituationen umgangen werden können. Demokratie ist Herrschaft auf Zeit. Angebliche Effizienzgewinne dürfen dieses Prinzip nicht aushebeln. Längere Legislaturperioden können sich auch kontraproduktiv auf die Arbeitsleistung auswirken. Eine Verlängerung der Wahlperiode des Bundestages lehnen wir daher ab.
  • Die Jungen Liberalen bekennen sich zum Grundsatz, wonach das Bürgermeister- und Landratsamt durch eine Wahl mit absoluter Mehrheit vergeben werden sollen. Wir halten am Bundesrat als Ländervertretung fest. Einen Senat nach US-Vorbild lehnen wir ab.
  • Wir bekennen uns zur repräsentativen Demokratie und sehen nur in den vom Grundgesetz bisher explizit vorgesehenen Fällen Raum für direktdemokratische Möglichkeiten auf Bundesebene. Politische Legitimation wird durch die Wahl der Entscheidungsträger vermittelt. Für verbindliche Entscheidungen von Sachfragen sind die gewählten Vertreter berufen. Damit ist zugleich sichergestellt, dass Angelegenheiten von Minderheiten oder individuelle Rechtspositionen nicht Gegenstand von Referenden oder Volksgesetzgebung sein dürfen. Ein Nebeneinander von parlamentarischer und plebiszitärer Entscheidungsfindung ist abzulehnen. Verbindliche Sachentscheidungen sind daher auf allen Ebenen Sache der Volksvertretung oder der sonstigen Vertretungskörperschaft. Dem Gedanken der Gewaltenteilung und des Parlamentarismus entspricht dabei, dass die primäre Legitimationsquelle staatlicher Machtausübung die Wahl des Parlamentes in freier, gleicher, allgemeiner und geheimer Wahl ist. Gleichzeitig müssen Parlamente aber wieder mehr zum Forum des gesellschaftlichen Diskurses werden. Deswegen sind die Hürden von Initiativverfahren abzusenken, sodass sich Parlamente häufiger konkreten Anliegen und Forderungen von Bürgerinitiativen stellen müssen.
  • Wir setzen uns für die Beibehaltung der Wahl des Bundespräsidenten durch die Bundesversammlung ein. Wählbar ist jeder Deutsche, der das Wahlrecht zum Bundestage besitzt.
  • Die Begrenzung der Amtszeit des Bundespräsidenten ist aus dem Grundgesetz zu streichen.
  • Unser Grundgesetz ist ein Garant für Demokratie, Rechtsstaat und Soziale Marktwirtschaft. Dennoch gibt es durchaus Modernisierungsbedarf. So ist im Grundgesetz beispielsweise keine Rede vom Internet und die Wehrpflicht weiterhin nur ausgesetzt. Deswegen schlagen wir vor, dass die Wehrpflicht endgültig aus dem Grundgesetz verschwindet und Artikel 15, der unnötig Enteignungsphantasien anheitzt, gestrichen wird. Außerdem wollen wir eine maximale Belastungsgrenze von 50 Prozent für direkte Steuern und Sozialabgaben im Grundgesetz festschreiben. Des Weiteren muss der Artikel 3 Absatz 3 um die sexuelle Identität erweitert werden.
  • Die Jungen Liberalen begrüßen den stetigen Rückgang der Jugendkriminalität, der sich auch unter der neuen Landesregierung fortsetzt. Das Jugendstrafrecht hat sich insbesondere auch im Umgang mit Heranwachsenden bewährt. Auch hier sind die tatsächlichen Ressourcen bereitzustellen, um dem Auftrag des § 105 JGG gerecht zu werden. Für die Einwirkung auf jugendliche Intensivstraftäter sind deutlich mehr Ressourcen zur Verfügung zu stellen. Als Teil eines umfassenden Präventionskonzepts sind die beteiligten Stellen (Staatsanwaltschaft, Polizei, Jugendamt, Stadt, Schule) stärker zu vernetzen, beispielsweise durch ein „Haus des Jugendrechts“. Für jugendliche Intensivstraftäter sollen bei Polizei und Staatsanwaltschaft personenbezogene Zuständigkeiten bestehen. Die Betreuung jugendlicher Intensivstraftäter ist zu intensivieren. Hierzu gehören eine verstärkte Nutzung engmaschiger Resozialisierungsprogramme nach dem Vorbild des „RESI“-Projekts. Besonderes Augenmerk liegt auf der Schaffung von Angeboten während des Vollzugs, Vorbereitung auf die Entlassung sowie die Bewährungshilfe und die Unterstützung nach der Entlassung. Das bestehende Jugendstrafrecht muss konsequent ausgeschöpft werden – insbesondere bei jugendlichen Gewalttätern. Deswegen muss allgemein die Verfolgung und Ahndung von “Bagatelldelikten” auch konsequent durchgeführt werden. Die Strafmündigkeit sollte ab dem 12. Lebensjahr greifen. Die erzieherische Wirkung des Jugendstrafrechts erfordert eine schnelle Aburteilung, sodass Strafe und Tat noch vom Täter verknüpft werden. Hierzu sind die nötigen Kapazitäten bereitzustellen. Auch ist das vereinfachte Jugendverfahren verstärkt zu nutzen. Dies gilt auch für vorläufige Anordnungen über die Erziehung (§ 71 JGG).
  • Der Schutz der Privatheit ist wesentlich für persönliche Freiheit. Junge Liberale stehen zu einem modernen, transparenten und effektiven Datenschutzrecht. Wir lehnen die Vorratsdatenspeicherung ab. Da eine digitale Gesellschaft jedoch auch unter einem liberalen Leitbild ihre Sicherheitspolitik anpassen muss, sind Verfahren wie “Quick-Freeze” dringend zu fördern und einzuführen.
  • Die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft hängt in der Zukunft von einer erfolgreichen Migrations- und Integrationspolitik ab. Deswegen ist ein leistungsorientiertes Einwanderungsgesetz überfällig. Wir sprechen uns darüber hinaus für eine gezielte Anwerbung von Fachkräften aus Drittstaaten aus. Dafür sollen dort Ausbildungszentren entstehen, in den Sprachkurse, duale Berufsausbildungen und Qualifizierungsmaßnahmen angeboten werden. Absolventinnen und Absolventen sollen, nach einem kriterienbasierten Punktesystem, ein Arbeitsvisum erhalten können. Ziel einer erfolgreichen Migrationspolitik muss aber auch die Integration sein. Unverzichtbare Voraussetzung sind dabei vor allem das Beherrschen der deutschen Sprache sowie die Bereitschaft zur Integration auf beiden Seiten. Um ausländischen Fachkräften den Start gleichzeitig zu vereinfachen, soll Englisch schnellstmöglich zur zweiten Verwaltungssprache werden.
  • Wir wollen einen Staat, der Religion und Religionsgemeinschaften weder privilegiert noch benachteiligt. Unser Ziel ist der weltanschaulich neutrale Staat. Bis heute genießen Religionsgemeinschaften zahlreiche Privilegien. Die Staatskirchenverträge sind ersatzlos abzuschaffen, Staatsleistungen an Kirchen sind durch eine Bundesratsinitiative abzulösen. Die Sonderrechtsstellung kirchlicher Träger ist ebenso abzuschaffen wie die Möglichkeit der Annerkennung von Religionsgemeinschaften als Körperschaften des öffentlichen Rechtes. In öffentlichen Einrichtungen, die mit öffentlichen Geldern mitfinanziert werden, muss das allgemeine Arbeitsrecht sowie der Grundsatz der Nichtdiskriminierung von Nutzern und Arbeitnehmern gelten. Der Austritt aus einer Religionsgesellschaft kann auch dieser gegenüber persönlich oder schriftlich erklärt werden. Austrittsgebühren fallen nicht an. Die Religionsgesellschaft ist verpflichtet, den Austritt den staatlichen Stellen mitzuteilen.  Der Einzug der Kirchensteuer durch staatliche Finanzbehörden muss beendet werden. Wir fordern die Einrichtung eines weltanschaulich neutrales Faches “Ethik”, der den konfessionellen Religionsunterricht ersetzen soll. Dafür ist eine Grundgesetzänderung notwendig. Solange diese Grundgesetzänderung nicht durchgesetzt ist, fordern wir die Einrichtung eines überkonfessionellen Religionsunterrichts parallel zu einem möglichst weltanschaulich neutralen Fach, angelehnt an das brandenburgische Fach “Lebensgestaltung, Ethik, Religionskunde.

Von Straßburg bis Shanghai – Freiheit in weltweiter Verantwortung

Das Aufkommen und der Vormarsch autoritärer Staatsführer, der wirtschaftliche Erfolg undemokratischer Systeme, globale Handelskriege – all das wird oftmals als “Krise des Liberalismus” tituliert und kann darüber hinwegtäuschen, dass es den Menschen weltweit immer besser geht. Dabei sind steigender Wohlstand und Lebensqualität ein direktes Verdienst des Liberalismus. Um gestärkt aus den momentanen Krisen hervorzugehen, wollen wir Jungen Liberalen NRW folgende Visionen für die internationale Politik bis spätestens 2035 nach vorne bringen:

  • Deutsche und europäische Außenpolitik war lange Zeit geprägt durch die Abhängigkeit von Energie. Wir sehen die Chance, diese Abhängigkeiten dauerhaft zu beseitigen und unserer Außenpolitik so ein stabiles Fundament zu verschaffen. Bis 2035 wollen wir darum die vollständige Verwirklichung des Europäischen Binnenmarktes für Energie und eine weitestgehende Energieautonomität der Europäischen Union durch einen fairen Wettbewerb aller Energieträger unter Berücksichtigung der konsequenten Umsetzung des Emissionszertifikatehandels.
  • Dieses Fundament wollen wir nutzen, um die europäische Außenpolitik endlich auf die nächste Stufe zu heben. Die Ausarbeitung und lückenlose Einhaltung einer europäischen Richtlinie in der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) hat in diesem Sinne bis spätestens 2035 zu erfolgen. Diese Richtlinie soll unter anderem einen Index zur Verletzung von Menschenrechten beinhalten, der sich direkt auf die Beziehungen zu einzelnen Ländern, beispielsweise beim Thema Rüstungsexporte, auswirkt. Vertreten wollen wir die GASP sehen durch eine EU-Außenministerin oder einen EU-Außenminister. Auch im Rahmen einer umfassenden Reform des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen soll die EU dann mit einem ständigen Sitz vertreten sein.
  • Die Rolle unserer Bundeswehr muss neu definiert werden. Bis 2035 wünschen wir JuLis uns eine funktionsfähige, ausfinanzierte und gemäß ihren Aufgaben international aktive Bundeswehr. Wir Jungen Liberalen sprechen uns für eine europäische Armee als langfristiges Ziel aus. Diese soll durch Schaffung von Synergieeffekten gleichzeitig eine Senkung der Gesamtkosten ermöglichen und die gemeinsame Wehrfähigkeit erhöhen. Die Europäische Armee muss eine Parlamentsarmee sein. Kurzfristig soll der personelle Austausch mit den Streitkräften europäischer Partner, Englands und den USA intensiviert werden. Hierfür sollen ausgewählte Unteroffiziere und Offiziere nach Abschluss ihrer militärischen Ausbildung diese auch bei genannten Partnern durchlaufen, bevor eine weitere Fachausbildung bzw. -verwendung erfolgt. Diese sollen als Multiplikatoren internationalen Austausch und Zusammenarbeit stärken sowie die Zusammenführung der Armeen auf europäischer Ebene erleichtern.
  • Als Junge Liberale sprechen wir uns auch in der langen Frist gegen die Schaffung eines europäischen Sozialstaats aus. In der Steuergesetzgebung verfolgen wir den Ansatz einer Harmonisierung: Bis spätestens 2035 sollen über den Weg der gemeinsamen Berechnungsgrundlage der Körperschaftsteuer und einer anschließenden Konsolidierung Steuerschlupflöcher in der EU geschlossen werden. Eine Harmonisierung der Steuergesetzgebung betrachten wir insbesondere aus Arbeitnehmerperspektive, auch durch individuell erhöhte Flexibilität und Zeitersparnis, als Chance. Die zentralisierte Einnahme und Distribution von Steuergeldern über die Europäische Union an die Mitgliedstaaten lehnen wir entschieden ab.
  • Unsere Antwort auf die zunehmend drängendere Frage nach Sensibilität und Sicherheit persönlicher Daten ist Schengen 2.0 als gemeinsamer Raum für höchste Datenschutzstandards, der gleichzeitig eine Alltagstauglichkeit der Vorschriften – bspw.für kleinere Vereine oder Unternehmen – sicherstellt. Dieser Raum soll bis 2035 in der EU verwirklicht sein, sich perspektivisch aber auch über die geographischen Grenzen Europas ausweiten.
  • Die Einhaltung von Menschenrechten und Gemeinschaftswerten durch die Mitgliedstaaten muss stärker kontrolliert und im Zweifel auch sanktioniert werden. Entsprechende Verfahren über Strafzahlungen oder partikularen Stimmrechtsentzug müssen vom Rat der EU an den Europäischen Gerichtshof übergehen. Zudem soll die EU nach der Überarbeitung des Beitrittsvertrages der Europäischen Menschenrechtskonvention beitreten. Maßnahmen nach Art. 7 EUV können künftig auch mit qualifizierter Mehrheit abgeschlossen werden.
  • Die Aufnahme von Staaten, deren Gebiet sich in Gänze außerhalb der geographischen Grenzen Europas befindet, lehnen wir allerdings ab. Hier sind wir offen für andere Arten der vertieften Kooperation.
  • Die westliche Trias aus Demokratie, Menschenrechten und Rechtsstaatlichkeit wird weltweit immer stärker angegriffen. Insbesondere China exportiert global ein System, welches mit unseren Werten nicht vereinbar ist. Die One Belt, One Road Initiative bedroht die Einigkeit und Wertebasis der Europäischen Union. Wir sehen die Europäische Union daher in der Pflicht, mit einer selbst angelegten Konnektivitätsstrategie eine Antwort auf das Infragestellen der liberalen Demokratie zu liefern.
  • Bis 2035 soll Entwicklungszusammenarbeit ausschließlich und gebündelt auf europäischer Ebene erfolgen, ein deutsches Entwicklungshilfeministerium gibt es dann nicht mehr. Staatliches Handeln soll eine von drei Säulen der weltweiten Entwicklungszusammenarbeit sein, nicht aus pauschalen Zahlungen bestehen und an den Kriterien Bedürftigkeit, Ökologie und herrschender Freiheit im Entwicklungsland orientiert sein. Daneben wollen wir den Weltmarkt reformieren, um Handelshemmnisse zugunsten von Entwicklungsländern abzubauen und privaten Akteuren, etwa durch Fair Trade, Mikrokredite oder als Social Businesses, mehr Gestaltungsfreiheit geben. Durch Entwicklungszusammenarbeit wollen wir stetig mehr Menschen weltweit aus der Armut in ein selbstbestimmtes Leben verhelfen.
  • Für Nordrhein-Westfalen wünschen wir uns die Ausrichtung olympischer Spiele als Motor für Infrastruktur, gesellschaftliche Entwicklung und internationale Verständigung und unterstützen jegliche Bestrebungen in diese Richtung.

    Für uns muss mit dieser Bewerbung eine öffenltichkeitswirksame Initiative für einen grundlegenden Reformprozess des IOC einhergehen. Zu diesem Prozess gehört für uns u.a.

    –           Einen verbindlichen Ethikkodex, der die Ausrichtung von Olympischen Spielen in Staaten untersagt, welche sich schwerer Menschenrechtsverletzungen schuldig machen

    –           Unabhängige Institutionen der Korruptionsbekämpfung, und eine umfassende Stärkung von Transparenz und Compliance

    –           Eine faire Beteiligung von Athleten an den Erlösen des IOC

    –           Eine ersatzlose Streichung von Sondergesetzen zugunsten des IOC, insbesondere des sog. Olympia-Gesetzes

    –           Die konsequente Besteuerung des IOC und seiner Aktivitäten nach den für alle geltenden Gesetzen.

    –           Eine Reform der Leitungsgremien des IOC. Insbesondere müssen aktive und ehemalige Athleten einen stärkeren Einfluss erhalten

    –           Eine Stärkung der Eingriffsbefugnisse und der Unabhängigkeit der Anti-Doping-Institutionen. Staaten, welche sich systematischen Dopings schuldig machen, dürfen nicht aus politischer Rücksichtnahme geschont werden können

    –           Eine Rücknahme diskriminierenden Vorschriften zulasten Intersexueller.

  • Des Weiteren setzen sich die Jungen Liberalen für eine bessere Akzeptanz und Sichtbarkeit der LGBTIQ* Community ein.

Unabhängige Justiz: Grundpfeiler des Rechtstaats stärken!

Ein starker Rechtsstaat ist das Fundament der freiheitlichen Demokratie. Zu einem funktionierenden Rechtsstaat gehört die Unabhängigkeit der Justiz. In vielen europäischen Ländern ist die Unabhängigkeit der Justiz durch Elemente der richterlichen Mitbestimmung geschützt. Der Abbau dieser Selbstverwaltung in Polen wurde zurecht als Angriff auf die Gewaltenteilung gewertet. In Zeiten wie diesen ist es sinnvoll, ein Zeichen für eine starke Justiz zu setzen. Die Jungen Liberalen NRW fordern daher eine umfassende Stärkung der richterlichen Unabhängigkeit.Über die Justizverwaltung übt die Politik Einfluss auf die Richterschaft aus. Die Selbstverwaltung der Justiz ist auch dahingehend zu stärken, dass die Justizverwaltung an den Gerichten der Aufsicht durch einen Richterverwaltungsausschuss, nicht mehr dem Justizminister, untersteht.Im besonders sensiblen Bereich der Strafrechtspflege hat die Staatsanwaltschaft entscheidenden Einfluss auf die Einleitung und den Fortgang des Verfahrens. Dabei ist der Saatsanwalt Organ der Rechtspflege, kein politischer Beamter. Gleichwohl untersteht er nicht nur einem behördeninternen, sondern auch einem ministeriellen Weisungsrecht. Dieses steht in einem Widerspruch zu der Ausgestaltung der Staatsanwaltschaft als spezifisch justizielle Behörde. Das ministerielle Weisungsrecht ist daher abzuschaffen, soweit es auf einzelne Verfahren bezogen ist; organisatorisch-technische Fragen bleiben unberührt.

Die Jungen Liberalen sprechen sich für die Abschaffung des politischen Gremiums „Richterwahlausschuss“ auf Bundes- und Länderebene aus und fordern die Einrichtung von politisch weitestgehend unabhängigen Behörden (nach französischem, spanischem, norwegischem dänischem oder niederländischem Vorbild) sowie die Ausschreibung von (Bundes-)Richterstellen. Außerdem sollte in jedem Bundesland die Möglichkeit einer Initiativbewerbung für Personen über 35 Jahre mit der Befähigung zum Richteramt bestehen.

Bis zur Abschaffung des Gremiums sollten durch den Richterwahlausschuss gewählte Kandidaten zukünftig öffentlich machen müssen, ob sie einer politischen Partei zugehören. Im Auswahlverfahren sollte die Empfehlung des Präsidialgerichts zu jedem Bewerber anonymisiert offengelegt werden, sodass insbesondere abgelehnte Kandidaten eine Vergleichsmöglichkeit erhalten. Der Richterwahlausschuss muss seine Auswahl schließlich auch begründen und die Begründung dem jeweiligen Kandidaten zugänglich machen.

Jeder Bundesrichter besitzt eine besondere Eignung. Die Heraushebung einzelner Richter als Senatsvorsitzende wird dem nicht gerecht und fördert politischen Einfluss, aber auch langwierige Konkurrentenklagen, die schon zur zeitweiligen Lähmung oberster Bundesgerichte geführt haben. An den Bundesgerichten wird deshalb der Status des Vorsitzenden Richters abgeschafft; der Senatsvorsitz wechselt in einem festen Rhythmus zwischen den Richtern.Die Richter des Bundesverfassungsgerichts werden bisher zur Hälfte vom Bundestag und zur Hälfte vom Bundesrat, jeweils mit Zweidrittelmehrheit, gewählt. Daran ist festzuhalten. Zur Stärkung der parteipolitischen Unabhängigkeit werden allerdings Karenzzeiten für Politiker eingeführt. Regierungsmitglieder des Bundes und der Länder dürfen erst nach 5 Jahren, politische Beamte nach 3 Jahren und Abgeordnete nach 2 Jahren zum Verfassungsrichter gewählt werden. Eine starke, unabhängige Justiz ist einer der wichtigsten Garanten des freiheitlichen Rechtsstaats. Diese zentrale Institution wird durch die Stärkung richterlicher Mitbestimmung und die Abschwächung direkten politischen Einflusses gestärkt.

Liberal bis in den Tod – Und dann?

Wir Junge Liberale fordern eine weitgehende Liberalisierung des nordrhein-westfälischen Bestattungsrechts. Es soll damit möglich sein, einem testamentarischen bzw. in beglaubigter Form vorliegenden Bestattungswunsch in möglichst genauer Form nachzukommen. In Zeiten des Bestattungstourismus und des offeneren Umgangs mit dem Thema Tod ist ein Bestattungsrecht, welches in Teilen auf über 200 Jahre alten Ideen zur Seuchenbekämpfung sowie auf Betriebs- und Gesundheitsverordnungen und dem Feuerbestattungsgesetz aus der Nazi-Zeit beruht, nicht mehr zeitgemäß. Daher fordern wir eine Aufhebung des Friedhofszwangs für Totenasche sowie die Lockerung der Vorschriften zur Bestattungsart. Eine genaue rechtliche Ausarbeitung hierzu obliegt dem Gesetzgeber unter den oben genannten Eckpunkten.

Kein Glücksspiel bei der Altersfeststellung von Flüchtlingen! – Mit modernen Methoden zu mehr Rechtssicherheit

In Deutschland sind für minderjährige unbegleitete Flüchtlinge die Jugendämter zuständig. Vom Jugendamt in Obhut genommene jugendliche Flüchtlinge werden im Zuge dessen nicht nach dem Asylrecht, sondern nach dem Kinder- und Jugendhilferecht behandelt. Dies ist auf Grundlage der UN Kinderrechtskonvention sowohl sinnvoll als auch richtig, weil Kinder und Jugendliche eines besonderen Schutzes bedürfen, um ihre Entwicklung im Sinne der Chancengerechtigkeit nicht zu gefährden. Gleichzeitig braucht es aber auch eine entsprechende Rechtssicherheit bei der Übertragung dieser besonderen Rechte. Die aktuelle Altersbestimmung gliedert sich dabei in folgende Schritte: Liegen gültige Ausweispapiere vor, so sind diese für eine Altersbestimmung zu beachten. Ist dies nicht der Fall wird durch das Jugendamt eine qualifizierte Inaugenscheinnahme vorgenommen und das Alter geschätzt. Falls das Jugendamt weiterhin Zweifel am angegebenen Alter äußert, so kann bereits jetzt eine medizinische Altersfeststellung beantragt werden. Allerdings ist hierfür eine Zustimmung der betroffenen Person notwendig. Es besteht also keine Verbindlichkeit. Bei einer Ablehnung haben die Jugendämter auch jetzt schon das Recht der Person ihre Leistungen zu verweigern, was aber in den seltensten Fällen stattfindet. Es gibt keine genauen Schätzungen wie hoch der Anteil nicht minderjähriger Flüchtlinge unter denen, die angeben dies zu sein, ist. In Schweden wurden durch Tests 75% als nicht minderjährig eingestuft, im Saarland lediglich rund 30%. Hinzu kommt die Abweichung durch eine mangelhafte Genauigkeit der verwendeten Verfahren. Unsere Forderungen: Die Jungen Liberalen wollen, dass die Ermittlung des Rechtsstatus von minderjährigen unbegleiteten Flüchtlingen verbessert wird. Flächendeckende Tests zur Altersfeststellung, die Menschen unter Generalverdacht stellen und wie sie beispielsweise im Saarland praktiziert werden, lehnen wir dabei allerdings entschieden ab. Wir halten sie auf Grund der fehlenden Genauigkeit zum jetzigen Zeitpunkt auch nicht für Zielführend. Wir fordern im Zuge dessen, dass folgende Maßnahmen von Land und Bund ergriffen werden:

– Asylanträge von Flüchtlingen, die mit Papieren einreisen sollen zukünftig vom BAMF priorisiert behandelt werden. Die Verfahrenszeit gilt es weiter zu beschleunigen.

– Für Flüchtlinge ohne entsprechende Dokumente, die sich als Minderjährige ausgeben und beimdenen das Jugendamt nach Prüfung weiterhin Zweifel am angegebenen Alter hat, schließen wir eine verbindliche, kombinierte Altersfeststellung in Zukunft nicht aus. Die qualifizierte Inaugenscheinnahme soll dann durch geeignete medizinische Methoden ergänzt werden können. Falls die betroffene Person eine solche Untersuchung ablehnt soll sie nach dem Asylrecht und nicht nach dem Jugendhilfegesetz behandelt werden.

– Zur Ermittlung der bestmöglichen und genausten Methode fordern wir die Einrichtung einer Expertenkommission aus sachkundigen Medizinern, Anthropologen und Juristen. Dabei soll auch die Möglichkeit geprüft werden, ob Gentests zur exakten Altersfestellung verwendet werden können, um unserem Anspruch auf eine technologieoffene, präzise Methode gerecht zu werden

Moderner Strafvollzug für NRW

Junge Liberale haben ein vielschichtiges Verständnis von einem modernen Strafvollzug, der nicht auf Schuldausgleich, sondern auf dem Schutz der Bevölkerung und vordergründig Resozialisierung der Täter beruht.  Wir setzen uns für einen menschlichen und konsequenten Strafvollzug ein, der auf der einen Seite gewährleistet, dass die Gesellschaft von Straftätern konsequent geschützt wird, aber auf der anderen Seite auch Insassen die Möglichkeiten gibt, sich zu bessern und in Zukunft auch wieder als Teil der Gesellschaft ein straffreies Leben führen zu können. Täter bloß wegzuschließen, ist für Junge Liberale ein völlig falscher Ansatz. Wir setzen uns für einen aktiven Strafvollzug ein, der sich auf Resozialisierung und Prävention spezialisiert, damit insbesondere die Rückfallquote von entlassenen Häftlingen sinkt. Dies ist ein wirklicher Gewinn für die Sicherheit und stärkt zugleich die individuelle Freiheit.  Die Verbesserung der Situation im Strafvollzug sehen wir deswegen als wichtiges politisches und gesellschaftliches Ziel an. Seit dem Jahr 2006 haben die Bundesländer die Gesetzgebungskompetenz für den Strafvollzug. Wir wollen, dass NRW in den nächsten Jahren den modernsten Strafvollzug in Deutschland bekommt. Um dieses Ziel zu erreichen setzen wir folgende Schwerpunkte:

Ausreichend Haftplätze und mehr Personal

Ganz zentral und notwendig für einen modernen Strafvollzug sind aus Sicht der Jungen Liberalen Investitionen in unsere Strafvollzugsanstalten. Diese müssen nicht nur besser ausgebaut, sondern auch personell gestärkt werden. Wir fordern deswegen:

  • Die Belegungsquote der NRW-Haftanstalten liegt derzeit bereits bei über 92 Prozent. Der Bund der Strafvollzugsbediensteten rät zu einer maximalen Belegungsquote von 90 Prozent. Hinzu kommt die Tatsache, dass die jetzigen Kapazitäten nicht ausreichen, wenn jeder Inhaftierte von seinem Recht auf eine Einzelbelegung seiner Zelle Gebrauch machen würde. Wir fordern die Landesregierung auf, noch in dieser Legislaturperiode eine Quote von unter 90 Prozent zu erreichen.
  • Dringend benötigte Kapazitäten für Strafgefangene dürfen nicht länger durch nicht erforderliche Anordnung von Untersuchungshaft blockiert werden. Untersuchungshaft über eine längere Dauer ist wegen des Fehlens von resozialisierenden Elementen im Vollzug besonders problematisch. Eine weitere Ausdehnung der Haftgründe des §112a StPO oder die Streichung der Bagatellklausel lehnen wir ebenso ab wie die schematische Anordnung von Untersuchungshaft wegen Fluchtgefahr. Stattdessen ist insbesondere das Instrument der Elektronischen Aufenthaltsüberwachung zu nutzen.
  • Die rot-grüne Vorgängerregierung schloss trotz der angespannten Lage einige Justizvollzugsanstalten – ohne dafür neue Anstalten zu eröffnen. Wir begrüßen deswegen die Pläne der Landesregierung, zwei neue Haftanstalten zu errichten. Gleichzeitig fordern wir die Landesregierung aber auch auf, einen konkreten Fahrplan für das kommende Jahrzehnt aufzustellen. NRW ist in Besitz einiger sehr alter Haftanstalten, die in absehbarer Zukunft entweder kernsaniert oder geschlossen werden müssten. Ziel muss sein, für jede Anstalt einen konkreten Plan für die nächsten Jahre zu erarbeiten und in Absprache mit den Kommunen frühzeitig zu entscheiden, ob sich eine Sanierung der jeweiligen Standorte lohnen würde. Insgesamt fordern wir eine offene Haltung gegenüber weiteren Neubauten.
  • Die Errichtung neuer Justizvollzugsanstalten und ihre Unterhaltung sind mit erheblichen Kosten verbunden. Wir sprechen uns auch deswegen für ein Pilotprojekt in Public Private Partnership in NRW aus. Dabei soll die Errichtung, die bauliche Unterhaltung und die Wartung ihrer technischen Einrichtungen ausgeschrieben werden. Weiterhin soll geprüft werden, welche Serviceleistungen ohne hoheitlichen Eingriffscharakter, wie beispielsweise die Nahrungsmittelversorgung, sich qualitativ und finanziell anbieten an externe Anbieter zu vergeben. Der Strafvollzug als solcher bleibt selbstverständlich uneingeschränkter Teil des Gewalt- und Staatsmonopols. Im Anschluss können eine Evaluation und ein direkter Vergleich zwischen dem Bau sowie dem Betrieb über einen angemessenen Zeitraum der beiden Gefängnisse durchs Land und dem Bau eines Gefängnisses als PPP-Projekt erfolgen.
  • In den Gefängnissen in NRW herrscht Personalmangel. Davon zeugt nicht zuletzt auch die massive Anzahl an Überstunden des Personals in den Gefängnissen. Die Landesregierung muss dem Personalmangel ein Ende setzen. Dabei darf es aber nicht zu einer Absetzung der erforderlichen Voraussetzung von Bewerberinnen und Bewerbern kommen. Auch die Erhöhung der Planstellen für das Haushaltsjahr 2019 ist nicht ausreichend. Wir fordern ab 2020 jährlich mindestens 150 neue zusätzliche Stellen für Aufgaben des allgemeinen Vollzugs- und Werkdienstes.

Resozialisierung stärken

Resozialisierung von Straftätern ist das Hauptziel des Strafvollzugs. Häftlinge sollen wieder fit für das “normale” Leben gemacht und Rückfälle vermieden werden. Wir streben ein Leitbild an, nachdem die konsequente soziale Arbeit mit Tätern der beste Opferschutz ist. Jeder Straftäter hat ein Recht auf Resozialisierung. Die Arbeit mit Straftätern darf auch keine Frage der Kosten sein, zumal entlassene Straftäter, die rückfällig werden, unsere Gesellschaft nicht nur finanziell wesentlich stärker belasten. Deswegen fordern wir:

  • Resozialisierungsangebote und die Betreuung nach der Entlassung aus der Haft müssen weiter ausgebaut werden. Ein effektives und funktionierendes Resozialisierungsangebot braucht nicht nur ausreichend und gut geschultes Personal, sondern auch ein abwechslungsreiches und sinnvolles Programm. Dazu wollen wir den Wettbewerb zwischen Haftanstalten erhöhen. Alle zwei Jahre soll statistisch erhoben werden, in welchen Gefängnissen Straftäter einsaßen, die die geringste Rückfallquote vorzuweisen haben. Die erfolgreichsten Gefängnisse sollen als best practice Beispiel dienen.
  • Bewährungsstrafen und Strafrestaussetzungen zur Bewährung stellen in vielen Fällen ein sinnvolles Instrument moderner Kriminalpolitik dar und leisten einen wesentlichen Beitrag zu einer effizienten Resozialisierung. An der Zahl der Bewährungshelfer und der damit verbundenen Qualität der Betreuung lässt sich das allerdings nicht widerspiegeln. In anderen Bundesländern verzeichneten private Träger bei der Bewährungsbetreuung Erfolge. Sowohl für die Bewährungshilfe als auch für die allgemeine Betreuung nach der Haftzeit sollen private Vereine und Initiativen deswegen rechtlich und finanziell gestärkt werden.
  • Nicht nur Straftäter, die auf Bewährung frei sind, benötigen eine Betreuung. Auch Straftäter, die ihre Haftstrafe bis zum letzten Tag abgesessen haben, benötigen in der Regel einen Ansprechpartner und Hilfe im Alltag außerhalb des Gefängnisses. Solche Menschen sollen durch ein neu aufgelegtes und landesweites Mentorenprogramm unterstützt werden. Die Resozialisierung von zu entlassenen Sexualstraftätern ist von besonderer Wichtigkeit. Präventionsprogramme wie „KURS“ sind fortzuführen und mit ausreichenden Ressourcen auszustatten. Die Ausgestaltung im Einzelfall ist regelmäßig wissenschaftlich zu evaluieren und anzupassen.
  • Die Eigenverantwortung und Selbstständigkeit der Häftlinge muss im Vollzug weiter und regelmäßiger gestärkt werden. Projekte wie Theaterkurse oder Training von Hunden sollen weiter realisiert werden. Außerdem sprechen wir uns für mehr Integrations- und Antiaggressionsangebote in Gefängnissen aus, die auch in Kooperation mit Vereinen durchgeführt werden können. Ziel muss es sein, jeden Häftling bestmöglich und individuell auf den Tag der Entlassung vorzubereiten.
  • Auch Häftlinge dürfen den Anschluss an die Digitalisierung nicht verlieren. Deswegen fordern wir die Einführung eines Pilotprojektes, in dem Gefangene an die Nutzung neuer Medien strukturiert und unter den erforderlichen Sicherheitserfordernissen des Justizvollzuges herangeführt werden. Insbesondere solche Inhalte aus dem Internet, die der Resozialisierung dienen, wie Nachrichten-, Wohnungssuch- oder Jobsuchportale sollen den Häftlingen zugänglich gemacht werden. Ebenfalls ist auch Augenmerk auf die Entlassungsvorbereitung und das Übergangsmanagement zu legen.
  • Ersatzfreiheitsstrafen sollen grundsätzlich zu Gunsten gemeinnütziger Arbeit vermieden werden.

Radikalisierung und Extremismus im Gefängnis entgegentreten

Gefängnisse können Weichen für eine bessere und neue Zukunft der Gefangenen stellen. Haftanstalten können allerdings auch wahre Brutstätten für Radikalisierungsprozesse in unterschiedlichsten Ideologien und Formen sein. Viele Straftäter verfestigen ihre Ideologien in der Haft eher als davon abzuweichen. Dieser Zustand und ein solches Potential darf nicht ignoriert werden. Deswegen fordern wir:

  • Zur Verhinderung von Radikalisierung müssen in Gefängnissen sichere und geordnete Verhältnisse herrschen. Dabei muss es eine Selbstverständlichkeit sein, dass die Grundrechte der Gefangenen beachtet werden. Der alltägliche Umgang zwischen Häftlingen und Gefängnismitarbeitern muss von Respekt, Achtung und Professionalität geprägt sein. Es sollte verstärkt auf dynamische Sicherheitsansätze zurückgegriffen werden. Gefängnismitarbeiter, die diesen Standard nicht einhalten oder nicht mehr einhalten können, dürfen in ihrer Arbeit nicht weiter im direkten Kontakt mit Häftlingen stehen.
  • Religionsausübung muss in angemessener Form gewährleistet werden. Dazu muss auch die muslimische Gefängnisseelsorge ausgebaut werden. Das konsequente Vorgehen gegen und der damit verbundene Rückzug des Moscheevereins Ditib sind begrüßenswert, auch wenn er momentan zu einer Unterversorgung an muslimischer Gefängnisseelsorge führt. Am bisherigen Verfahren einer Sicherheitsüberprüfung, bei der Imame auch mitgewirkt haben, ist zwingend festzuhalten.
  • Das Gefängnispersonal muss mindestens über Grundkenntnisse zu Radikalisierung und der Wichtigkeit des alltäglichen Hafterlebens für die Verhinderung von Radikalisierung verfügen. Personen, die direkt mit extremistischen Gefangenen arbeiten, müssen über vertiefte Kenntnisse verfügen. Dieses Wissen muss nicht nur verstärkt in die Ausbildung vermittelt werden, sondern auch in regelmäßigen Schulungen und Fortbildungen aufgefrischt und erweitert werden. Jeder Justizvollzugsbeamte soll dazu alle drei Jahre eine verpflichtende Fortbildung zu aktuellen Informationen zum Thema Radikalisierung und Extremismus in Gefängnissen erhalten.
  • Die Risikoeinschätzung eines (potentiellen) Extremisten darf nicht allein nur auf aktuell verfügbaren statistischen Instrumenten beruhen. Wichtig ist, dass Statistiken häufiger mit genauem, individuellem Wissen über die jeweiligen Personen ergänzt werden. Die Einschätzungen sollten regelmäßig, mindestens einmal im Quartal, aktualisiert und mit laufenden Sicherheits- und Interventionsmaßnahmen an den aktuellen individuellen Stand angepasst werden.
  • Jeder dritte Häftling hat momentan keine deutsche Staatsangehörigkeit. Unabhängig der langfristigen Bleibeperspektive in Deutschland ist es sinnvoll, jedem Häftling ein verpflichtendes Angebot für Deutschunterricht zu machen.

Positiv stehen wir deswegen auch die Maßnahme der Landesregierung an, eine Expertengruppe einzurichten, nachdem es in der Vergangenheit zu einigen Brandfällen gekommen ist. Diese soll in nächster Zeit Verbesserungsvorschläge erarbeiten. Wir erwarten dabei aber Vorschläge und Maßnahmen, die über die allgemeine Erhöhung des Brandschutzes hinausgehen.

Nicht zuletzt ist aber auch Opferschutz ein zentrales Anliegen jungliberaler Politik. Opfer einer Straftat zu werden, durch sie geschädigt oder verletzt zu werden, gehört zu den schlimmsten Erfahrungen im Leben eines Menschen. Der Staat darf Opfer und ihre Angehörigen daher nicht mit den Folgen der Tat allein lassen, sondern soll sie durch konkrete Hilfsangebote unterstützen. Der Anwendungsbereich des Opferentschädigungsgesetzes ist auch auf psychische Gewalt zu erweitern. Wir setzen uns deswegen auch dafür ein, dass gezielte Fortbildungen zu Opferrechten für Polizisten, Staatsanwälte und Richter erfolgen und der Täter-Opfer-Ausgleich in NRW weiter ausgebaut wird.