Leihmuttertourismus und kommerziellen Leihmutterhandel beenden – Leihmutterschaften legalisieren

Die Jungen Liberalen NRW fordern die Legalisierung der Leihmutterschaft und der damit korrelierenden Eizellspende in Deutschland. Die Leihmutterschaft kann es unfruchtbaren oder homosexuellen Paaren ermöglichen, sich den Wunsch vom eigenen, genetisch verwandten Nachwuchs zu erfüllen. Entgegen der aktuellen Rechtslage zu dieser Thematik sehen wir die Notwendigkeit, rechtssichere Regelungen zu schaffen, welche die Voraussetzungen und die Durchführung der Leihmutterschaft in einem klaren rechtlichen Rahmen erläutern.

Allgemeiner Kontext:

Grundsätzlich gibt es zwei Formen der Leihmutterschaft: Zum einen eine altruistische  und zum anderen eine kommerzielle Form. Bei der kommerziellen Version darf nach Formen der Marktwirtschaft ein Preis für eine Leihmutterschaft gehandelt werden. In zahlreichen europäischen Ländern ist vor allem die altruistische Leihmutterschaft legal. So gilt in den Niederlanden beispielsweise eine Adoptionspflicht für die Wunschmutter nach der Entbindung durch die Leihmutter. Die altruistische Form ist somit als eine positive Restriktion zum Schutz von Leihmüttern zu verstehen. In den Niederlanden wurden im Jahr 2015 zehn solcher Geburten vollzogen, die sonst in Staaten mit weniger Regularien zum Schutz von Kind und Leihmutter hätten erfolgen müssen. In Belgien gelten ähnliche, streng regulierte Gesetzmäßigkeiten, die es jedoch insbesondere auch homosexuellen Paaren erlauben, ein Kind „austragen zu lassen“.

Das kommerzielle Geschäft in dieser Thematik ist zum Beispiel in Thailand, Russland oder Indien möglich. Gerade Indien bietet sogar „Touristenpakete“ an, die neben dem Besuch von Sehenswürdigkeiten das Austragen eines Kindes beinhalten.

In Deutschland wird die Rechtslage durch das Embryonenschutzgesetz (ESchG) bestimmt: Demnach drohen dem Arzt, welcher eine Leihmutterschaft (in jedweder Form) ermöglicht, Freiheitsstrafen von bis zu drei Jahren. Sowohl der Leih- als auch der Wunschmutter drohen hingegen keine Strafen (vgl. §1 Abs. 1 Nr.7 ESchG; §1 Abs. 3).

Eine Legalisierung in Deutschland würde somit Anreize entfernen, eine Leihmutterschaft in Staaten mit geringfügiger rechtlicher Absicherung für Mutter und Kind durchzuführen.

Gesellschaftliches Wertebild:

Die Leihmutterschaft gilt als eines der letzten Tabus der Reproduktionsmedizin. Das Verbot wird von nicht mehr zeitgemäßen Gesetzestexten aufrechterhalten. Gesellschaftlich werden Paare, wie auch Leihmütter, stigmatisiert. Zudem müssen sie sich massiver gesellschaftlicher Kritik aussetzen. Gerade im Kontext von Social Freezing und Samenspende sollte auch das Austragen von Kindern durch Dritte gesellschaftsfähig sein. Als Jungen Liberalen fehlt uns hierbei das Verständnis für eine Differenzierung. Hierzu zählt auch die Debatte um das Thema Eizellspende. Frauen soll es daher ermöglicht werden, nach umfassender psychologischer und medizinischer Beratung, Eizellen personenbezogen zu spenden oder zu empfangen. Aus diesem Grund fordern wir im Falle der Leihmutterschaft eine ethisch verantwortungsbewusste, zukunftsorientierte und liberale Fortpflanzungsmedizin.

Leihmutterschaften nach amerikanischem Vorbild:

Wir Junge Liberale befürworten die Organisation von Leihmutterschaften über darauf spezialisierte Agenturen, die nach amerikanischem Vorbild den gesamten Vorgang einer Leihmutterschaft betreuen. Sie stellen den Kontakt zwischen interessierten Eltern und den jeweiligen Leihmüttern her und tragen Sorge für alle vertraglichen Verpflichtungen. Die Agenturen tragen die Verantwortung, dass die Leihmütter intensiv medizinisch und psychologisch betreut werden. Auch die Möglichkeit, sich mit einer interessierten Leihmutter aus dem eigenen Bekanntheitsgrad an Agenturen zu wenden, soll dabei bestehen, sofern alle Parteien mit einer solchen Variante einverstanden sind.

Neue Gesetzliche Regelung der Leihmutterschaft:

Aus Sicht der Jungen Liberalen gilt es, verschieden rechtliche Aspekte in diesem Kontext neu zu ordnen bzw. zu definieren:

  • Es darf keine Unterscheidung zwischen Leihmutterschaften, bei denen eine genetische Verwandtschaft vorliegt, und solchen, bei denen keine genetische Verwandtschaft vorliegt, geben. Entsprechende gesetzliche Verbote sind aufzuheben.
  • Das Embryonenschutzgesetz muss den Strafbestand gegen unterstützende Ärzte bei Leihmutterschaften sofort aufheben.
  • Eine entsprechende rechtliche Grundlage soll dafür Sorge tragen, dass Leihmütter bestimmte Voraussetzungen erfüllen und somit keine gewerbliche Ausbeutung von Notsituationen stattfindet.
  • Eine besondere Rolle sollte das Familienumfeld spielen, in welches das Kind nach der Geburt hineinadoptiert wird. Bei Adoptionen sollte eine feste Beziehung fernab der Frage der geschlechtlichen Orientierung der Eltern Grundlage einer Leihmutterschaft sein.
  • Strenge Grenzen zwischen einer altruistischen und einer kommerziellen Leihmutterschaft müssen aufrecht erhalten werden. Die Wunscheltern müssen die Leihmutter für alle Aufwendungen entschädigen, eine Zahlung, die darüber hinaus ginge ist unzulässig.
  • Die Schaffung klarer familienrechtlicher Verhältnisse. Um bestehende rechtliche Komplikationen zur Anerkennung der Elternschaft abzubauen, bedarf es zudem der Änderung von §1591 BGB und §1592 BGB. Hier bedarf es der Erweiterung um den Fall der Leihmutterschaft, in der die Auftraggeberin / der Auftraggeber entsprechend als Elternteil bezeichnet werden. Falls die Auftraggeberin / der Auftraggeber nicht genetisch mit dem Kind verwandt ist, soll es der Zustimmung der Frau oder des Mannes bedürfen, von der/dem das Kind genetisch abstammt.
  • Die Möglichkeit ein Abstammungsverhältnis zwischen Wunscheltern und Kind durch Rechtsgeschäft zwischen der Tragemutter und den Wunscheltern zu begründen.
  • Besuchsmöglichkeiten zwischen Kind und der leiblichen Mutter müssen vor der Leihmutterschaft klar vertraglich geregelt werden.
  • Der Handel mit Leihmutterschaft muss verhindert werden.
  • Die Schaffung einer Datenbank mit Registrierung von Frauen, die bereit sind, eine Leihmutterschaft einzugehen, könnte bei der Verhinderung von Schattengeschäften helfen.
  • Deutschland darf nicht als Leihmutter-Tourismusland dienen: Die deutsche Staatbürgerschaft oder eine Mindestaufenthaltsdauer in Deutschland muss vorhanden sein, um eine Leihmutterschaft zu ermöglichen.

Die vormals genannten Kriterien bilden nur einen Bruchteil der zu definierenden Kriterien die im Zuge eines neuen Gesetzes zu definieren sind. Die genannten Kriterien sind dabei die für uns vorrangigsten Aspekte die in der Thematik zu berücksichtigen sind.