Carsharing als Fortbewegungsmodell der Zukunft?

Carsharing verspricht viel!

Der Deutsche fährt im Schnitt 83 Minuten am Tag mit seinem Auto. Die übrigen 22,5 Stunden steht das Auto auf einer Parkfläche und wird nicht benutzt. Genau dort setzt Carsharing an. Ein Auto des Anbieters soll vielen Nutzern zur Verfügung stehen wann immer es benötigt wird und so seltener ungenutzt, als ruhender Verkehr, auf einer Parkfläche stehen. Der Fahrer kann auf ein eigenes Auto verzichten und dadurch Geld sparen. Keine Anschaffungskosten, geteilte Unterhaltskosten, kein Wartungsaufwand, und geringe Umweltbelastung locken immer mehr Autofahrer zum Carsharing. Weniger Kraftfahrzeuge versprechen zudem ein ruhigeres, qualitativ verbessertes Wohnumfeld. Die Abschaffung eines eigenen Kraftfahrzeugs fördert das multimodale Verkehrsverhalten, das Auto wird also auch seltener genutzt und stattdessen steigt der Nutzer häufiger auf das Fahrrad oder den öffentlichen Personennahverkehr um. 2012 haben unter 300.000 Menschen 8.000 Autos in einem Carsharing-Angebot genutzt. 2016 stieg die Zahl der Nutzer auf über 1,7 Millionen und die Zahl der Autos auf 17.200. Der Zulauf scheint groß, zusätzlich soll das neue Carsharing Gesetz Hürden abbauen und die neue Mobilität unterstützen. Doch was steht eigentlich drin? Und wie sinnvoll sind die einzelnen Punkte? Ein kritischer Blick auf die wesentlichen Aspekte.

Aufgrund des CsgGs, des Carsharing Gesetzes, können Kommunen Autos, die „geshared“ werden, nun bevorrechtigen, indem diesen Fahrzeugen Stellplätze zur Verfügung gestellt oder Stellplatzgebühren erlassen werden. Aber welche Kriterien muss ein Auto erfüllen, um von dieser Reglung profitieren zu können? Lediglich Fahrzeuge, die von einem unbestimmten Personenkreis selbstständig gebucht und genutzt werden können, gelten als Carsharing-Fahrzeuge. In einer Grundvereinbarung müssen außerdem Kilometer- und Zeittarif festgelegt sein – damit ist privates Carsharing in den meisten Fällen jedoch völlig ausgeschlossen. Außerdem ausgeschlossen werden Kommunen mit weniger als 20.000 Einwohnern, weshalb der ländliche Raum nicht von dem neuen Gesetz wird profitieren können.

Bisher stehen 97 bis 98% der Fahrzeuge auf privaten Stellflächen. Durch die Bevorrechtigung für Stellplätze möchte die Bundesregierung diesen Umstand ändern. Anbieter sollen ihre Autos vermehrt auf den dafür vorgesehenen, öffentlichen Flächen abstellen. Was impliziert: diese Flächen fallen dann für andere Verkehrsteilnehmer weg. Laut Konzept des Carsharings sollen Parkflächen aber weniger bis gar nicht gebraucht werden, da das Fahrzeug seltener steht und häufiger fährt, als das bei der herkömmlichen (privaten) Nutzung der Fall ist. Denkt man beide Aspekte, die Reservierung von Parkplätzen für Carsharing Autos sowie die stark verkürzte Parkzeit der betreffenden Fahrzeuge, zuende, so sind tagsüber leere Parkplätze, die dem privaten Nutzer nicht zur Verfügung stehen, die logische Folge. Um die Parksituation für Carsharingfahrzeuge, insbesondere in der Nacht, trotzdem zu vereinfachen, wäre der Erlass von Parkgebühren eine sinnvolle Maßnahme, da diese für alle betroffenen Fahrzeuge mit einem geringeren Aufwand und sowohl in städtischen als auch in ländlichen Räumen umsetzbar ist, könnte der bürokratische Aufwand minimiert werden.

Zur Zeit müssen Carsharing-Fahrzeuge, um für die Nutzung der reservierten Plätze überhaupt erst in Frage zu kommen, von der Kommune bestätigt werden und brauchen eine besondere Kennzeichnung, die ebenfalls durch die Kommune ausgegeben werden muss. Bis zur Evaluierung des Gesetzes im Jahr 2021 werden bei den Kommunen und Ländern durch die stark ansteigende Bürokratie erhöhte Verwaltungsausgaben von 6,15 Millionen Euro erwartet. Der Bund hat dafür eine halbe Millionen Euro veranschlagt.

Zusammenfassend ist Carsharing ein Ansatz, der in Städten mit einer hoher Einwohnerzahl und -dichte große Vorteile für das Wohnumfeld und die Umwelt bieten kann. Obgleich das grundsätzliche Konzept also durchaus zu befürworten ist, geht die Maßnahme des CsgGs, wie immer, wenn von staatlicher Seite eine bestimmte Lösung durch Eingriffe in die freie Marktwirtschaft einer anderen vorgezogen werden soll, weit an einer sinnvollen Unterstützung vorbei. Im Zuge des Gesetzes werden nicht nur ein Großteil der Carsharingformen, so beispielsweise die private Organisation, ausgeschlossen, die Parkplatz-Regelung zeugt auch deutlich vom Unverständnis des Gesetzgebers für das grundlegende Konzept dieser Art der Mobilität. Außerdem wird der ländliche Bereich, der eine Mobilitätsrevolution vielleicht sogar nötiger hätte als die Städte, völlig ausgeschlossen.

Die fraglichen Vorteile, die für einige Anbieter aus dem Gesetz resultieren, sind die entstehenden Kosten, den bürokratischen Mehraufwand sowie die Minderung der Nutzbaren Parkfläche schlicht nicht wert.

Anna Hommen ist stellvertretende BAK Leiterin für Umwelt und Verkehr. Sie studiert Geographie mit den Nebenfächern Betriebswirtschaftslehre und Städtebau in Köln. Ihr erreicht sie unter .