Reformen für Deutschland: Endlich auch bei der Wehrpflicht

Die Jungen Liberalen Nordrhein-Westfalen lehnen die allgemeine Wehrpflicht
grundsätzlich ab und kämpfen politisch für ihre Abschaffung. Vor diesem Hintergrund
unterstützen wir im derzeitigen Mitgliederentscheidsverfahren der F.D.P. den Antrag
auf Aussetzung der Wehrpflicht als einen konkreten Schritt zu mehr Freiheit für junge
Menschen. Die Jungen Liberalen kritisieren bei diesem Verfahren das
zurückhaltende Marketing der Parteiführung. Wir bedauern, daß das
Mitgliederentscheidsverfahren zur Aussetzung der Wehrpflicht mit deutlich
geringerem Aufwand durchgeführt worden ist, als zum Thema „Großer
Lauschangriff“. Im Falle eines Mehrheitsvotum der Mitglieder für die Aussetzung der Wehrpflicht,
verlangen wir von der F.D.P., dieses Votum als Anlaß zu nehmen, um erneut die
Heranziehung junger Männer zum Wehrdienst auf einem Bundesparteitag zu
thematisieren, mit dem Ziel, dort die Aussetzung der Wehrpflicht in das
Bundestagswahl-Programm aufzunehmen.

Sollte dieses Mehrheitsvotum nicht zustande kommen, verlangen wir trotzdem von
der F.D.P.-Bundestagsfraktion deutliche Aktivitäten in Richtung einer reformierten Ausgestaltung der Wehrpflicht, die dem Anspruch nach mehr Gerechtigkeit und den
gesellschaftlichen Realitäten näher rückt. Das bedeutet für uns konkret:

Endlich mehr Gleichberechtigung von Frauen verwirklichen!
Die Bundeswehr muß sich in allen  Aufgabenbereichen  von Mannschaft und
Offizieren tabulos der Beteiligung von Frauen öffnen. Bei Polizei und
Bundesgrenzschutz haben sich weibliche Beamte in der Ausübung des staatlichen
Gewaltmonopols bereits als absolut gleichbefähigt wie ihre männlichen Kollegen
gezeigt und machen annähernd die Hälfte  der Anwärter auf zu vergebene
Planstellen aus. Eine ähnliche Entwicklung bei der Bundeswehr wäre
wünschenswert.

Endlich mehr Wehrgerechtigkeit schaffen!
Die statistische Wehrgerechtigkeit, die auf der Grundlage der derzeitigen
gesetzlichen Regelungen bestimmt wird, ist zwar relativ hoch. Tatsächlich entgehen
beachtliche Teile der grundsätzlich Wehrpflichtigen Bevölkerung durch verschiedene
Schlupflöcher der Wehrpflicht. Wir fordern daher die Abschaffung folgender
Ausnahmetatbestände und Gruppenprivilegien: § 11 (1) Punkt 1-3 Wehrpflichtgesetz [Vom Wehrdienst sind befreit]“
1. ordinierte Geistliche evangelischen
§ 10 (1) Punkt 1-3 Zivildienstgesetz Bekenntnisses. 2 Geistliche röm.-kath.
Bekenntnisses, die die Diakonatsweihe entsprechend empfangen haben.
3. hauptamtlich tätige Geistliche       anderer
Bekenntnisse, deren Amt dem eines ordinierten Geistlichen
evangelischen oder röm.-kath. Bekenntnisses entspricht.“

§ 12 (2) Wehrpflichtgesetz, §2 (2) „Vom Wehrdienst werden Wehrpflichtige, die
sich auf das geistliche
Zivildienst entsprechend  Amt (§11) vorbereiten, auf Antrag zurückgestellt.“

§11 (2) Punkt 3 Wehrpflichtgesetz [Vom Wehrdienst sind auf Antrag zu
befreien:] „3. Wehrpflichtige,
§ 10 (2) Punkt 3 Zivildienstgesetz deren zwei Brüder Grundwehrdienst von der
Dauer der in § 5 Abs. 1
entsprechend.    bestimmten Dauer, Zivildienst von der in § 24
Abs. 2 des        Zivildienstgesetzes bestimmten
Dauer, oder deren zwei        Geschwister
Wehrdienst von höchstens zwei Jahren Dauer als
Soldaten auf Zeit geleistet haben.“

Reformen für Deutschland! Fünf Schritte zu einer liberalen Partei im Bundestagswahlkampf 1998

Das momentane Bild der F.D.P. scheint lediglich durch zwei Positionen geprägt. Der
Bürger verbindet mit der F.D.P. die Abschaffung des Soli-Zuschlags und die
Beibehaltung der 610-DM-Jobs. Für eine Partei, die sich als liberale versteht, ist das zu wenig. Für den Bürger, der eine Partei und keinen Wirtschaftsverein wählen
möchte, ebenso. Die momentane F.D.P. ist Bestandteil des Bonner Stillstandes.
Der Wiedereinzug in den Bundestag 1998 scheint gesichert und könnte nur durch
katastrophale Ergebnisse bei den Landtagswahlen in Niedersachsen und  Sachsen-
Anhalt gefährdet werden. Aus heutiger Sicht ist jedoch nach der Bundestagswahl in
dieser Koalition keine Besserung der allgemeinen Lage der Partei zu erwarten, weil
nicht erkennbar ist, warum sich die seichte Machterhaltungspolitik der F.D.P.  ändern
sollte.
Möchte die F.D.P. auch noch im nächsten Jahrhundert aktiv an der Politik auf allen
politischen Ebenen beteiligt sein, so muß sie hier und heute ihr Profil verschärfen und
offensiv vertreten.
Deshalb fordern die Jungen Liberalen  von der F.D.P., folgende Maßnahmen noch
vor der Bundestagswahl 1998 zu ergreifen:

* Initiierung eines parteiübergreifenden Antrages zur Integration ausländischer
Bürger.
* Forcierung einer Bildungsoffensive fokussierend die Abschaffung der ZVS, die
Aufstockung des Bildungshaushaltes und die Stärkung der Autonomie der
Hochschulen.
* Einleitung einer Sozialsystemdebatte unter Einbringung der Bürgergeldidee.
* Initiierung eines notfalls parteiübergreifenden Antrags zur teilweisen Umlegung der
Kfz-Steuer auf die Mineralölsteuer als erster Schritt in Richtung ökologische
Marktwirtschaft
* Profilierung beim Schutz der Bürgerrechte im Bereich grundrechtsrelevanter
Gesetze (z. B. Europol-Konventionen).

Bürgergeld als Kernstück liberaler Sozial- und Arbeitsmarktpolitik: Durch intelligente Armutsbekämpfung neue Arbeitsplätze schaffen

I. Die Ausgangslage

1. Arbeitsmarktprobleme bei einfachen Tätigkeiten

Einfache Tätigkeiten für niedrigqualifizierte Arbeitnehmer sind in den vergangenen
Jahren und Jahrzehnten zunehmend wegrationalisiert worden. Mehrere Ursachen
spielen hier zusammen. Die Tarifpartner haben aus sozialen Motiven bei den
Lohnrunden häufige Sockelerhöhungen vereinbart und damit der Verteuerung
einfacher Arbeit gegenüber Investitionen in Technik Vorschub geleistet. Der
weltwirtschaftliche Strukturwandel führt zudem dazu, daß unqualifizierte Arbeitsplätze
in Deutschland zunehmend an Wettbewerbsfähigkeit verlieren. Und schließlich führt
die zunehmende Zahl von Zivildienstleistenden dazu, daß statt gesetzlich geforderter
Arbeitsmarktneutralität einfache Jobs in Jugend-, Sozial- und Bildungseinrichtungen
sowie in der Landschaftspflege verdrängt werden. Die Globalisierung der Wirtschaft beschleunigt den Strukturwandel in den
international tätigen Branchen. Im Zuge dieses Strukturwandels kommt es darauf an,
die Modernisierungsverlierer nicht auszuschließen und sie statt dessen wieder in den
Arbeitsprozeß zu integrieren. Menschen, deren Qualifikation im Strukturwandel nicht mehr anwendbar oder nicht mehr konkurrenzfähig ist, müssen neue Qualifikationen
erwerben. Dies wird aber eine individuelle Begabungsgrenze finden. Die
Arbeitslosigkeit wird in dem Bereich wachsen, in dem wettbewerbs-orientierte Löhne
unter den Sozialhilfesatz fallen würden. Für diese Niedrigqualifizierten müssen durch
Brücken zwischen Transferleistungen und Arbeitsmarkt neue
Beschäftigungsmöglichkeiten geschaffen werden

Aktuell drohen neue Gefahren für Tätigkeiten im Niedriglohnbereich. Sollten CDU
und SPD ihre Pläne für eine drastische Einschränkung der 610-DM-Jobs
durchsetzen, so fielen weitere Stellen weg. Eine Sozialversicherungspflicht für 610-
DM-Jobs entlastet kurzfristig die Rentenkassen und damit die Beiträge für die
Inhaber fester Vollzeitarbeitsplätze,  belastet aber die Schwächsten auf dem
Arbeitsmarkt und baut neue Rentenlasten für kommende Generationen auf. Liberale
sind gegen eine Einschränkung bei den 610-DM-Jobs, weil wir eine besondere
Verantwortung gegenüber denen sehen, die auf diese  Arbeitsplätze angewiesen
sind.

2. Armutsfalle im Niedriglohnbereich Deutschland darf nicht in einer Situation enden, in der ein Teil der Bürger
gutbezahlte, hochqualifizierte und inter-national wettbewerbsfähige Jobs hat,
während der andere Teil der Bürger ohne Perspektive auf Arbeit auf Dauer aus den
Sozialsystemen versorgt wird.
Es gibt genug einfache Arbeit in Deutschland, nicht zuletzt im Bereich
personengebundener Dienstleistungen, die nicht im internationalen Wettbewerb
stehen. Doch diese Arbeit ist heute zu  den heutigen Tariflöhnen nicht bezahlbar.
Niedrige Löhne werden aber durch das heutige Sozialsystem verhindert.

Bei der Sozialhilfe  wird oberhalb von niedrigen Freibeträgen jede selbst verdiente
Mark von der Sozialhilfe abgezogen. Durch die rigide Anrechnung von eigenen
Erwerbseinkommen auf Sozialleistungen hat  etwa ein Sozialhilfeempfänger kaum
einen Anreiz, niedrig bezahlte oder stundenweise Arbeit aufzunehmen. Er hat aber
auch keine Chance, mit solchen Arbeitsverhältnissen seine ökonomische Situation zu
verbessern. Er sitzt in der „Armutsfalle“. Nach Berechnungen des Instituts für
Weltwirtschaft führt z.B. in folgenden Einkommensbereichen eigene Arbeit zu keiner
Verbesserung der Nettoeinkommen:Haushaltsmerkmale  „Armutsfalle“ (Steuer- und Transferentzugssatz 100%)
bei Erwerbseinkommen von …

alleinstehend ohne Kind   1150 – 1700 DM
alleinstehend, 1 Kind   1150 – 2150 DM
verheiratet, 1 Verdiener, 2 Kinder   1150 – 2450 DM
verheiratet, 2 Verdiener, 2 Kinder   2050 – 3220 DM

3.  Altersarmut und Kinderarmut – Versagen des heutigen Systems

Das heutige System  der Sozialtransfers behindert nicht nur die Schaffung neuer
Arbeitsplätze, sondern ist auch nicht geeignet, das Ziel der Armutsbekämpfung
sicherzustellen. Insbesondere Alters-  und Kinderarmut sind Entwicklungen, die politisches Handeln erfordern. Kinder sind arm, weil ihre Eltern arm sind.
Insbesondere Alleinerziehende können in der Regel nicht voll erwerbsfähig sein. Bei
einfacher Arbeit oder Teilzeitarbeit liegt der Verdienst in der Regel in der Armutsfalle.
Eine Verbesserung der ökonomischen Lage der Familie ist den Müttern oder Vätern
nicht möglich. Die kann nur durch die Teilanrechnung von eigenen Einkommen
erreicht werden.

Bereits heute liegen die Renten mancher Rentner, insbesondere mancher alter
Frauen, unter dem Sozialhilfesatz. Viele alte Menschen beantragen aus Scham oder
Rücksicht auf ihre Kinder aber keine Sozialhilfe. Zudem haben diese Rentner trotz
eigener Vorsorge nicht mehr oder unerheblich mehr Geld als die Sozialhilfe. Für sie
haben sich Vorsorgeleistungen nicht gelohnt. Das Problem wird sich in dem Maße
verschärfen, wie das Niveau der gesetzlichen Rente notwendigerweise zurückgeführt
werden muß, um die junge Generation nicht zu überlasten. Um auch in diesen
Einkommensbereichen private Vorsorge lohnend zu machen und Altersarmut durch
eine nicht-entwürdigende Ergänzung der Rente zu verhindern, muß es auch hier zu
einer nur teilweisen Anrechnung eigener Einkommen kommen.

4. Undurchschaubarkeit des heutigen Systems

Das heutige Transfersystem von 155 steuerfinanzierten Einzelleistungen, die über 38
Behörden ausgezahlt werden, ist in hohem Maße intransparent. 90% der Bürger
erhalten irgendeine Form von  Sozialleistungen, hinzu kommen an Sozialkriterien
orientierte Verbilligungen  der Gebühren für staatliche Dienstleistungen. In einem
solchen System ist es schwierig zu erkennen, ob man  nach Steuern und
Sozialleistungen Nettozahler oder Nettoempfänger ist. Der Staat verteilt oft genug mit
teurer Bürokratie beim Bürger von der einen Tasche in die andere um. Ein solches
System befördert das Gießkannensystem und den Einfluß von Interessengruppen bei
der Gesetzgebung.
In einem solchen System ist es aber auch  für die wirklich Bedürftigen schwierig zu
durchschauen, auf welche Leistungen sie Anspruch haben. Dagegen nutzen
gewiefte Sozialleistungsprofis alle Möglichkeiten des Systems aus. Die Schlauen
machen Kasse, viele Bedürftige bleiben auf der Strecke.

II.  Politische Antworten

1. Die Liberalen und das Bürgergeld

Die Jungen Liberalen haben 1991das Bürgergeld-System als großes Reformprojekt
liberaler Sozialpolitik erarbeitet und 1994 in der F.D.P. durchgesetzt. Bürgergeld
bedeutet: 1. Zusammenfassung vieler Sozialleistungen zu einem Bürgergeld, das
von nur einer Behörde ausgezahlt wird,  2. nur teilweise Anrechnung eigener
Einkommen auf die Sozialleistungen, 3. Verzahnung von Steuer- und Sozialsystem.
In den „Wiesbadener Grundsätzen“ von 1997 hat die F.D.P. das Bürgergeld zum
Kernstück des liberalen Sozialstaates erklärt.

2. Schwächen des bisherigen liberalen Bürgergeld-Systems

Die F.D.P. hat 1994 erklärt, was sie für wünschenswert hält. Nach 1994 haben zwei
wissenschaftliche Studien gezeigt, welche fiskalischen Folgen unterschiedliche
Bürgergeld-Modelle haben und wie sie sich durch die Verzahnung mit dem   39
Steuersystem auf Arbeitsanreize in mittleren Einkommensbereichen auswirken.
Insbesondere die Studie des Institut für Weltwirtschaft hat gezeigt, daß das F.D.P.-
Modell in Details geändert werden muß, um realisiert werden zu können. Zum einen
sind die fiskalischen Kosten des bisherigen Vorschlags zu hoch gewesen, zum
anderen bewirkt er durch Verschiebung der Steuerfreibeträge negative
Arbeitsanreize in mittleren Einkommensbereichen. Diese Schwächen sind durch
Variationen der Vergabebedingungen und der Leistungshöhe zu lösen, ohne den
sozialen und wirtschaftlichen Fortschritt des Bürgergeldes gegenüber dem heutigen
Transfersystem zu beseitigen.

III.  Das neue Bürgergeld-System

1. Prinzipien des Bürgergeldes

a) Teilanrechnung von Einkommen
Eigene Einkommen aus Erwerbstätigkeit, Rentenzahlungen etc. werden beim
Bürgergeld nur zu einem Teil auf die  Sozialleistung angerechnet. Durch die
Teilanrechnung von Einkommen gibt es Anreize zu  eigener Arbeit und Vorsorge.
Gleichzeitig werden Löhne unterhalb des  Existenzminimums möglich, die eine
Brücke aus der Niedriglohnarbeitslosigkeit bieten. Im Gegensatz zu
Lohnkostenzuschüssen wird nicht der Arbeitsplatz mit einem gleichen Zuschuß
gefördert. Vielmehr ist das Bürgergeld personenbezogen und richtet sich nach dem
Bedarf des Haushalts, der etwa mit der Kinderzahl variiert.

b) Zusammenfassung von Leistungen / Abstimmung mit dem Steuersystem

Statt des Nebeneinanders  von Steuerzahlung und Empfang von verschiedenen
Sozialleistungen soll  der Bürger entsprechend seinem Einkommen entweder einen
staatlichen Zuschuß bekommen oder Steuern zahlen. Das Bürgergeld ersetzt
idealtypisch alle vorhandenen personenbezogenen Transferleistungen, insbesondere
die Sozialhilfe (nur die Hilfe zum Lebensunterhalt), das Kindergeld und das
Erziehungsgeld. Hinzu kommen sollten z.B. das Wohngeld, das BAföG sowie sozial
motivierte Subventionen für sozialen Wohnungsbau und kommunale Zuschüsse (z.B.
für Kultur und Sport). Die Zusammenfassung von Leistungen kann schrittweise
erfolgen. Nicht integriert werden die Sozialhilfe in besonderen Lebenslagen, ebenso
wenig die Leistungen aus Sozialversicherungen.

2. Ausgestaltung des Bürgergeldes

Um die Reformziele (Vollständig administrativ und tarifär integriertes Steuer- und
Transfer-System, Arbeitsmarktwirkung, Transparenz, Gerechtigkeit,
Armutsbekämpfung) zu erreichen und  die Reform an den Anforderungen der
wissenschaftlichen Studien im Blick auf  die Finanzwirkungen und die Wirkung auf
das Steuersystem zu orientieren, schlagen die JuLis folgende Ausgestaltung des
Bürgergeldes vor:

Der staatliche Mindestsicherungsumfang für Arbeitsfähige wird auf das materielle
Existenzminimum beschränkt. Würde man nur die Sozialhilfe im Bürgergeld-Prinzip
reformieren, so läge dieses bei etwa zwei Dritteln des heutigen Satzes
(soziokulturelles Existenzminimum). Durch geringfügige Beschäftigung kann bei nur   40
50%-iger Einkommensanrechnung das heutige Leistungsniveau erreicht  werden.
Diese Absenkung des Leistungsniveaus für Arbeitsfähige, die nicht arbeiten, ist die
liberale Alternative zur Arbeitspflicht, die CDU und SPD propagieren. Nicht-
Arbeitsfähige (Behinderte und Kranke, Personen über 65 Jahren, Alleinerziehende
mit Kindern bis zu 3 Jahren) erhalten auf Antrag das heutige Leistungsniveau in
Höhe des soziokulturellen Existenzminimums.

* Eigene Einkommen werden zu 50 Prozent auf Transferzahlungen angerechnet.

* Es findet im Transferbereich des Bürgergeldes eine Bedürfnisprüfung statt.
Einkommensähnliche Sachleistungen sowie Vermögen werden oberhalb bestimmter
Freibeträge angerechnet.

* Im integrierten Steuer- und Sozialsystem gilt das Haushaltsprinzip mit
Partnerdegression. Kinder erhöhen das Bürgergeld mit reduzierten Sätzen.

* Unterhaltsverpflichtungen/-leistungen werden angerechnet, bei Ehegatten und
minderjährigen Kindern auch das Vermögen. Regreßmöglichkeiten bleiben erhalten.
Ausgenommen vom Regreß sind Leistungen an Personen über 65 Jahren, sofern
eine Unterhaltspflicht nicht durch vorangegangene Schenkungen begründet ist.

* Die steuerlichen Bemessungsgrundlagen werden verbreitert und dem
Einkommensbegriff des Sozialsystems angenähert, d.h. Bedürftigkeit entspricht
negativer Leistungsfähigkeit.

* Eine EU-rechtliche Koordination zur Vermeidung zusätzlicher
Sozialleistungsexportpflichtigkeit muß erfolgen, z.B. über eine
Freistellungsverordnung von mindestsichernden Transfers in der EU.

* Eine schnellstmögliche Neuordnung der Steueraufkommensverteilung und
Lastentragung zwischen den Gebietskörperschaften ist  für die Einführung des
bundesgesetzlichen Bürgergeldes vorzunehmen.

IV. Forderungen an die F.D.P.

Die Jungen Liberalen fordern die F.D.P. auf, mit einer Offensive für das Bürgergeld
an die Stärken des sozialen Liberalismus  anzuknüpfen: ein soziales Netz für die
Schwachen auf eine Weise sicherzustellen, die wirtschaftlich intelligent ist und den
Leistungsempfängern den Weg in ein unabhängiges Leben ebnet.

Das Bürgergeld schafft Chancen auf neue Arbeitsplätze für Niedrigqualifizierte und
im Teilzeitbereich. Es ist zudem die liberale Anwort auf verfehlte Forderungen aus
CDU und SPD nach erweiterten Arbeitspflichten für Sozialhilfeempfänger und
Sozialdetektiven gegen Leistungsmißbrauch. Mit dem Bürgergeld ersetzen wir
administrativen Zwang durch  finanzielle Anreize. Und mit dem Bürgergeld erübrigt
sich die Diskussion um das Lohnabstandsgebot.

Die F.D.P. ist gefordert, die Schlußfolgerungen aus den wissenschaftlichen Studien
zur Machbarkeit des Bürgergeld-Systems  zu ziehen und ihr Konzept entsprechend
anzupassen. So können die Einwände der Regierungskommission zum Bürgergeld   41
entkräftet werden. Die Pläne Seehofers, die Anrechnungssätze bei der Sozialhilfe auf
90% abzusenken, die Kombi-Lohn-Diskussion der Tarifpartner und die ersten
Überlegungen in der SPD, sich Bürgergeld-Elementen zu öffnen, zeigen: die
Chancen der F.D.P., das Bürgergeld in Stufen in der nächsten Wahlperiode
durchzusetzen, sind besser als 1994. In den anderen Parteien ist man zwar noch von
schlüssigen Konzepten entfernt, aber zumindest wird die Problematik erstmals
anerkannt.

Die Entwicklung des Arbeitsmarktes macht es notwendig, den Schwerpunkt der
Umsetzung des Bürgergeld-Systems auf die Arbeitsmarktanreize zu legen. Die nur
teilweise Anrechnung selbstverdienten Einkommens auf die Sozialtransfers muß im
Mittelpunkt stehen. Dahinter müssen notfalls die Bemühungen zurücktreten, das
System zu vereinfachen. Dies kann in einem zweiten Schritt erfolgen.
Beginnen sollte man mit einer durchgreifenden Sozialhilfereform. Die für das
Bürgergeld als zusammengefasste Leistung gemachten Vorschläge lassen sich hier
entsprechend anwenden.

Prävention von Jugendkriminalität

Die erfaßte Jugendkriminalität hat in den letzten 10 Jahren um fast ein Viertel
zugenommen (24, 81 %).Die tatsächliche Zunahme der Delinquenz von
Jugendlichen (Täter zwischen 14 und 18,  bzw. zwischen 14 und 21 Jahren) dürfte
unter Berücksichtigung des Dunkelfeldes also entsprechend höher liegen. Der Anteil
an der Gesamtzahl der Tatverdächtigen beträgt über 10 %, während der
Bevölkerungsanteil der Jugendlichen bei nur 3-4% liegt. Vor allem bei minderjährigen
Intensivtätern (Mehrfachtäter) ist eine Zunahme zu verzeichnen.

Ursachen für das kriminelle Verhalten von Jugendlichen sind vor allem Frustrations-
und Langeweilefaktoren sowie Zukunftsängste, zunehmende Orientierungslosigkeit
und Perspektivlosigkeit dieser Altersgruppe.
Es ist Aufgabe der Politik, geeignete  Rahmenbedingungen für eine weitgehend
kriminalitätsfreie Jugend zu  schaffen. Präventions- und
Resozialisierungsmaßnahmen sind dringend vonnöten. Die Jungen Liberalen haben die Problematik erkannt und fordern daher:

Rückfälle straffällig gewordener Jugendlicher vermeiden

Da sich nach der Entlassung jugendlicher Straftäter aus der Haftanstalt meist das für
die Delinquenz ausschlaggebende soziale Umfeld nicht verändert hat, müssen
diesen Jugendlichen im Vollzug Konfliktvermeidungs- und Lösungsansätze vermittelt
werden. Hierzu ist es dringend nötig,

* daß die Jugendstrafanstalten finanziell besser ausgestattet und modernisiert
werden,
* daß eine bessere Betreuungsrelation durch Psychologen, Pädagogen und
Sozialarbeiter gewährleistet wird,
* daß das Ausbildungsangebot in den Jugendvollzugsanstalten ausgeweitet wird   42
* daß die Freizeitmöglichkeiten verbessert werden, damit individuelle Fähigkeiten
besser gefördert und die Haftzeit nicht lediglich „abgesessen“ wird
* daß das Konzept der Resozialisierung, also der Wiedereingliederung in die
Gesellschaft, in allen Jugendstrafanstalten  Realität wird. Ein Verwahrvollzug mit
anschließender Stigmatisierung darf nicht Realität sein!
* daß die Therapiemöglichkeiten für Suchtkranke im Vollzug verbessert werden.

Integration ethnischer Minderheiten

Besonders im Bereich ausländischer Jugendlicher hat die Jugendkriminalität
drastisch zugenommen (ethnische Jugendbanden). Die Ursachen hierfür sind vor
allem mangelnde Integration durch gleichaltrige Deutsche und Sehnsucht nach
Entwicklung einer eigenen ethnischen Identität.

Die Jungen Liberalen fordern daher:

* Eine Erlangung der deutschen  Staatsbürgerschaft für hier geborene Kinder von
Ausländern
* Eine Vermeidung der Ghettoisierung ausländischer in Schule und Wohnumfeld
(Stichwort sozialer Wohnungsbau) zur besseren Integration

Freizeit sinnvoll gestalten: Verbesserung der Freizeitangebote für Jugendliche

Die Jungen Liberalen fordern eine breitere Förderung privater und öffentlicher
Freizeiteinrichtungen durch  das Kinder- und Jugendhilfegesetz (KJHG). Die bisher
stattgefundenen und geplanten Kürzungen sind falsch und rückgängig zu machen.

Eine Verbesserung der Ausbildungslage von Jugendlichen: Ausbildungshemmnisse
abbauen!

Die Jungen Liberalen halten eine durch Umlage finanzierte Schaffung zusätzlicher
Ausbildungsstellen für unliberal und lehnen diese daher strikt ab.

Wir fordern eine weitgehende Liberalisierung  der Ausbildervoraussetzungen. Die
Erlangung von Ausbilderscheinen muß dringend vereinfacht werden; anzudenken
wären auch Ausbildungsgemeinschaften mehrerer Betriebe. Dabei übernimmt ein
Ausbilder zentral die Betreuung mehrerer Jugendlicher,  die aber in verschiedenen
Betrieben arbeiten. Der Ausbilder bietet den Betriebsleitern Hilfestellungen
didaktischer und methodischer Art.

Des weiteren fordern die Jungen Liberalen eine Vereinfachung bei der Eröffnung von
Handwerksbetrieben. Neue Betriebe bedeuten auch neue Ausbildungsplätze. Wir
fordern, daß wie ansonsten EU-weit üblich, sich jeder, der über ein ausreichendes
Startkapital verfügt, in die Selbständigkeit begeben kann. Die Meisterbriefes sollte
hierfür keine Voraussetzung mehr sein. Ein Meistertitel sollte lediglich als Prädikat
geführt werden.

43
Für den Bereich der schulischen Bildung

* Eine bessere Sensibilisierung des Lehrkörpers für das Thema Jugendkriminalität.
Hierzu müssen diesbezügliche Seminare  und Vorlesungen fester Bestandteil des
pädagogischen Studiums für alle Sekundarstufen sowie die Primarstufe sein.
* Eine bessere Lehrer-Schüler-Betreuungsrelation: Die Jungen Liberalen NRW
fordern die Landesregierung auf: Weg mit dem „Geld statt Stellen-Programm“ für
junge Lehrer! Die so frei gewordenen Finanzmittel werden dringend zur Schaffung
neuer Lehrerstellen benötigt, um so dem Dilemma überfüllter Klassen entgegen zu
treten. So kann individueller auf die Probleme der Schüler eingegangen werden.
* Medienpädagogik muß fester Bestandteil der Lehrpläne werden. Die Schüler lernen
so, sinnvoll und selektiv mit der Informationsflut umzugehen. Nachahmendes
Verhalten kann durch die kritische Hinterfragung von Medieninhalten eingeschränkt
werden. Medienaufklärung statt Zensur!
* Das Angebot der Ganztagsbetreuung bzw. der Ganztagsschulen muß deutlich
verbessert und ausgebaut werden.

Die Jungen Liberalen fordern die Landesregierung NRW auf, den Ausbildungs- und
Freizeitmöglichkeiten von Jugendlichen, sowie dem Jugendstrafvollzug größere
Haushaltsprioritäten einzuräumen. Dies ist die einzige Möglichkeit, der zunehmenden
Kriminalität von Jugendlichen vorzubeugen. Eine Herabsetzung des
Strafmündigkeitsalters lehnen die Jungen Liberalen jedoch entschieden ab. Für diese
Senkung der Altersgrenze besteht kein Anlaß, denn der Anteil der Kinder (also der
unter 14jährigen) an der Gesamtkriminalität ist gegenüber anderslautender
Medienberichte nicht gestiegen.

Teleheimarbeit

Die modernen Telekommunikationstechniken erhalten immer größere Bedeutung im
Arbeitsalltag. Gerade junge Beschäftigte stehen den neuen  Technologien sehr
aufgeschlossen gegenüber. Junge Liberale begrüßen diese Entwicklung und fordern
den verstärkten Einsatz von Teleheimarbeit auch im öffentlichen Dienst.

Durch die bestehenden Kommunikationssysteme eröffnet sich die Möglichkeit, einen
Großteil der anfallenden Arbeiten zu Hause  zu erledigen. Diese Alternative der
Aufgabenerledigung wird als „Teleheimarbeit“ bezeichnet. Hierbei werden
unterschiedliche Formen angedacht, wie etwa die isolierte Teleheimarbeit (der
Beschäftigte erbringt seine Arbeitsleistung ausschließlich an seiner häuslichen
Arbeitsstätte) oder die alternierende Teleheimarbeit (die Arbeitsleistung wird teilweise
in der Wohnung und teilweise in der Verwaltung erbracht).

Einige Vorteile der Teleheimarbeit liegen z.B.

* im Wegfall längerer Wegezeiten zur Arbeitsstelle,
* in der flexiblen Gestaltung der Arbeit und der Arbeitszeit,
* in der Schonung der Umwelt,
* in den Kostenersparnissen,
* sowie in der Ausnutzung der technologischen Potentiale. Die mit der Einführung von Teleheimarbeit verbundenen Risiken und Nachteile
dürfen jedoch nicht außer Acht gelassen werden. So besteht beispielsweise die
Gefahr der Isolation des Arbeitnehmers von seiner Dienstelle. Dieses Risiko sollte
jedoch nach unserer Ansicht begrenzt werden, da gerade bei Berufsanfängern eine
Identifikation mit dem  Arbeitgeber aufgebaut werden muß. Zudem kann die
Einhaltung von speziell für junge Beschäftigte geltenden Schutzvorschriften (z.B.
Jugendarbeitsschutzgesetz) nicht überwacht werden.
Darüber hinaus ist zu beachten, daß eine  längere Abwesenheit von der Dienststelle
oder dem Dienstbetrieb negative Auswirkungen auf die Beurteilungsmöglichkeit und
die Beurteilung eines Mitarbeiters haben kann. Hierdurch können Nachteile für den
beruflichen Werdegang nicht ausgeschlossen werden. Gerade für junge
Beschäftigte, die sich noch am Anfang ihrer „Karriere“ befinden, müssen berufliche
Nachteile weitest möglich ausgeschlossen werden.

Da absehbar ist, daß zukünftig immer mehr Teleheimarbeitsplätze eingerichtet
werden, müssen die nachfolgenden Forderungen berücksichtigt werden:
Forderungen bei der Einführung von Teleheimarbeit
* Die Auslagerung von Arbeiten aus der Dienstelle in  den häuslichen Bereich darf
nicht gegen den Willen des Beschäftigten erfolgen.
* Teleheimarbeit soll vorrangig in Mischform, d.h. als „alternierende Teleheimarbeit“
organisiert werden, um die  bisherige Anbindung  insbesondere im sozialen Bereich
sicherzustellen.
* Teleheimarbeitsplätze sollen zukunftsorientiert eingerichtet und regelmäßig den
aktuellen Standards angepaßt werden.
* Teleheimarbeitsplätze müssen in Einklang mit Arbeitssicherheit und Arbeitsschutz
des Teleheimarbeiters gestaltet werden. Das bedingt, daß der Beschäftigte
umfassend über mögliche Gesundheitsgefährdungen aufgeklärt werden muß und
daß der Arbeitgeber, der für die Anschaffung der Hard- und Software verantwortlich
ist, dabei die Arbeitssicherheits- und Arbeitsschutzvorschriften berücksichtigt. Ein
Recht des Ordnungsamtes oder des Arbeitgebers auf ständige  Kontrolle des
Teleheimarbeitsplatzes und damit der Wohnung ist abzulehnen.
* Die Arbeitszeitregelungen bzw. tarifvertraglichen Regelungen müssen auch für
Teleheimarbeiter gelten.
* Technische Störungen dürfen nicht zu Lasten der Teleheimarbeiter/innen gehen.
* Teleheimarbeitern muß ein Anspruch  auf Rückkehr an den Arbeitsplatz in der
Dienststelle eingeräumt werden.
* Alle Maßnahmen, die die Einführung von Teleheimarbeitsplätzen betreffen, müssen
der Mitbestimmung der Personal-/Betriebsräte unterliegen.

Einführung Neuer Steuerungsmodelle (NSM)

1.Einführung

In den vergangenen Jahren wurden in den Kommunalverwaltungen unterschiedliche
Steuerungsmodelle eingeführt.
Ausgangspunkt für die Einführung der Neuen Steuerungsmodelle war die Erkenntnis,
daß die finanziellen Ressourcen der Kommunen immer knapper werden und aus
diesem Grunde zielgerechter und wirtschaftlicher eingesetzt werden müssen.
Zudem sollten mit den Umstrukturierungsmaßnahmen mehr Bedarfsorientierung und
mehr Bürgernähe erreicht werden. Zur Umsetzung dieser Ziele wurden Schlagwörter
wie z.B. Schaffung von Transparenz und Delegation von Verantwortung benutzt. Mit
den Instrumentarien der NSM sollte  das „Dienstleistungsunternehmen Stadt“
optimiert werden. Die Jungen Liberalen begrüßen die Erprobung NSM und fordern
für deren erfolgreiche Implementierung die Einhaltung bestimmter Kriterien.

2. Forderungen

2.1 Aus- und Fortbildung
Nachdem in den Jahren  1994 und 1995 die Einstellungszahlen der Kommunen
drastisch zurückgegangen sind, haben sich  die öffentlichen Arbeitgeber von Bund,
Ländern und Gemeinden 1996 tarifvertraglich verpflichtet, ihre
Ausbildungskapazitäten um jeweils mindestens fünf Prozent zu steigern. Dieser
Verpflichtung sind einige  Einstellungskörperschaften nicht oder nur unzureichend
nachgekommen. Die Jungen Liberalen werden sich auch zukünftig dafür einsetzen,
daß die Kommunen den getroffenen Vereinbarungen Folge leisten. Die öffentlichen
Arbeitgeber müssen in Zeiten steigender  (Jugend-) Arbeitslosigkeit in besonderem
Maße eine Vorbildfunktion übernehmen. Schließlich kann man schlecht von der
freien Wirtschaft verlangen, was man selbst nicht bereit ist, zu garantieren.

Mit der Einführung des Modellstudiengangs „Diplomverwaltungsbetriebswirt“ ist den
speziellen theoretischen  Anforderungen der NSM an  junge Nachwuchskräfte
zumindest im gehobenen Dienst Rechnung getragen worden.
Eine adäquate Anpassung der jeweiligen Stoffverteilungspläne in den übrigen
Ausbildungsberufen des Verwaltungsbereiches ist längst überfällig.

Darüber hinaus muß für alle Beschäftigten der Verwaltung der Zugang zu
Fortbildungsveranstaltungen gleichermaßen möglich sein. Ansonsten wäre durch
absehbare Wissensunterschiede eine „Zweiklassengesellschaft“ im Arbeitsleben
vorprogrammiert.

2.2 Übernahme
Aus Sicht der Jungen Liberalen ist es nicht damit getan, lediglich Ausbildungsplätze
zur Verfügung zu stellen, ohne jegliche Zukunftsperspektiven zu schaffen. Zumindest
bei einer Nichtübernahme nach einer abgeschlossenen Verwaltungsausbildung führt
der Weg im Regelfall direkt in die Arbeitslosigkeit. Auch die unterschiedlichen, von
den Kommunen mit viel Phantasie entwickelten Übernahmemodelle, sind im
Regelfall nicht sozialverträglich.
Beachten sollten die Arbeitgeber zudem, daß die NSM zukünftig von den zur Zeit
jungen Nachwuchskräften getragen werden müssen. Andernfalls stellen die
eingeführten Reformen ein aussichtsloses Unterfangen dar.
Die Jungen Liberalen fordern daher eine  qualifizierte Personalplanung, bei der die
vorgenannten Punkte berücksichtigt werden.

2.3 Mitarbeiterbeteiligung
Wie bereits oben erwähnt, wurden die Beschäftigten bei der  Einführung Neuer
Steuerungsmodelle im Regelfall eher informiert als beteiligt. Jedem Verantwortlichen   46
muß jedoch klar sein, daß die Akzeptanz der Beschäftigten, die die NSM schließlich
umsetzen müssen, nur begrenzt vorhanden  sein wird, wenn  keine vernünftige
Beteiligung stattfindet.
Da derzeit in den meisten Kommunen erst in Teilbereichen die NSM in Form von
Pilotprojekten eingeführt wurden, besteht hier die Möglichkeit, es zukünftig besser zu
machen.
Die Jungen Liberalen fordern nach wie vor, daß die Beschäftigten frühzeitig in die
Entscheidungsprozesse eingebunden werden, damit ihr „Know-how“ und ihre
praxisnahen Anregungen einbezogen werden können.

2.4 Delegation von Verantwortung
Zu einer optimalen Bürgerbetreuung gehört u. a. auch die schnelle Entscheidung
einer Behörde. Lange Dienstwege machen dies bislang unmöglich.
Die Jungen Liberalen fordern deshalb die Delegation fachlicher Verantwortung auf
die Sachbearbeiterebene. Bei der Verlagerung „nach unten“ darf es allerdings nicht
zu einer Überforderung der Mitarbeiter kommen. Diese müssen vorab durch
Schulungen auf ihre neuen Aufgaben vorbereitet werden.

2.5 Motivation
Umständliche Arbeitsabläufe, lange Entscheidungswege, gering (verfügte)
Verantwortung und Gestaltungsmöglichkeiten durch mangelnde Einbindung und
Beteiligung der Mitarbeiter wirken auf jeden Arbeitnehmer zunehmend demotivierend
und folglich kontraproduktiv.
Die Jungen Liberalen fordern die kommunalen Arbeitgeber auf, die oben erwähnten
Mißstände zu beseitigen, um somit dem  laut den NSM so wichtigem Aspekt der
Motivation Rechnung zu tragen.

Neue Arbeitszeitmodelle

I. Einführung: Neue Wege der Arbeitszeitpolitik

Das breite Spektrum der Arbeitszeitpolitik hat sich zu einem zentralen Steuerungsinstrument der Arbeitsmarkt- und  Betriebspolitik entwickelt. Die Jungen Liberalen fordern die  öffentlichen Verwaltungen auf, stärker flexible Arbeitszeitmodelle zu nutzen und setzen sich dafür ein den öffentlichen Dienst mit folgenden arbeitszeit-politischen Instrumenten spürbar zu reformieren.

II. Leitsätze für eine neue Arbeitszeitpolitik

1. Gleitarbeitszeit
Die Einführung von Gleitzeit unter gleichzeitiger Änderung der Arbeitsverordnung räumt mehr Gestaltungsfreiheiten und individuelle Freiräume ein; dadurch wird

* die Eigenverantwortlichkeit der Mitarbeiter/innen gestärkt;
* die Motivation der Mitarbeiter/innen gefördert;
* eine höhere Gerechtigkeit ermöglicht.
Die Details für die Einführung von Gleitzeit sind durch Dienst- bzw. Betriebsvereinbarungen zu regeln. Hierbei sind folgende Punkte auszuführen:

==> Festlegung der Kernarbeitszeiten, Gleitzeiten, Ruhezeiten;
==> Berücksichtigung von Rüstzeiten, von Fahrten zu auswärtigen Dienstorten, von
Dienstreisen, Dienstfahrten und Dienstgängen;
==> Berücksichtigung des Datenschutzes.

Wegen den besonderen fachspezifischen Belangen sollten die DBB-Gewerkschaften den Personal- und Betriebsräten Mustervereinbarungen zur Verfügung stellen. Es ist auch auf die Verpflichtung des Dienstherren hinzuweisen, daß er die organisatorischen Voraussetzungen für die Einführung der Gleitzeit schaffen muß.
Bei einer Einführung von Gleitzeit fordern die Jungen Liberalen NRW aus Gründen der Gleichbehandlung und des vereinfachten Verfahrens die elektronische Zeiterfassung.

2. Monatliche Arbeitszeit (Monatsarbeitszeit)
Im Bereich der „Inneren Verwaltung“ wurde in der Vergangenheit die Gleitzeit häufig in Form der Monatsarbeitszeit eingeführt. Bei diesem Arbeitszeitsystem erbringen die Beschäftigten ihre Arbeitszeit im Rahmen eines Monats. Mehr- oder Minderstunden können nur im Rahmen der Regelung in den jeweiligen Betriebs- bzw. Dienstvereinbarungen in den nächsten Monat übertragen werden.

3. Jährliche Arbeitszeit (Jahresarbeitszeit)
Im Gegensatz zur Monatsarbeitszeit bietet die Jahresarbeitszeit ein größt mögliches Maß an Flexibilität, da der Ausgleich von Mehr- oder Minderstunden im Rahmen eines Arbeitsjahres erfolgen kann.  Dieses Arbeitszeitsystem ist für die Arbeitsbereiche vorteilhaft, in denen sich saisonalbedingte  Arbeitsbelastungen ergeben.
Die jährliche Arbeitszeit kann über ein Jahresarbeitszeitkonto abgewickelt werden.
Die nähere Ausgestaltung des Jahresarbeitszeitkontos ist gesetzlich und tarifvertraglich zu regeln.
Dazu gehören insbesondere Regelungen zur Gewährung von Erholungsurlaub, von Freizeitausgleich für Mehrarbeit, sowie  Ausgleich für Mehrarbeit in Form von
finanziellen Leistungen. Des weiteren sind Höchst-  und Mindestarbeitszeiten
festzulegen.
Bestehende Schutzvorschriften sind zwingend zu beachten und Ausnahmen auf ein Minimum zu beschränken.
Die Aufteilung der Jahresarbeitszeit unterliegt der ausdrücklichen Mitbestimmung von
Personal- u. Betriebsräten.

4. Kombination von Arbeitszeitmodellen
Eine Kombination aus verschiedenen Arbeitszeitmodellen, wie es z.B. beim BAWAZ geplant war, sollte in die Gesamtüberlegungen einbezogen werden.

5. Altersteilzeit
Bezüglich der Altersteilzeit sind nach Ansicht der Jungen  Liberalen NRW drei Aspekte zu berücksichtigen:

1. Regelungen des herkömmlichen Vorruhestandes sollen weiter Beachtung finden.
2. Die Altersteilzeit für Voll- und Teilzeitkräfte soll über das Instrumentarium des
Lebensarbeitszeitkontos möglich sein.
3. Die Altersteilzeit soll mit entsprechenden Zusatzvereinbarungen als gleitender Übergang zur Rente realisiert werden.

6. Personalbedarfsermittlung
Flexible Arbeitszeitmodelle dürfen nicht zu einer Arbeitsverdichtung führen. Um diese zu verhindern, sind Mindestpersonalausstattungen (Innere Verwaltung) bzw. Mindestdienststärken (Schichtdienst) durch Personalbedarf zu ermitteln.

7. Mitarbeiterbeteiligung
Die Mitarbeiter/innen sind frühzeitig und umfassend bei  der Einführung von Arbeitszeitmodellen zu beteiligen. Die frühzeitige Beteiligung schafft bzw. verstärkt die Akzeptanz für Wandel und Erneuerungen.
Die praktische Umsetzung neuer Arbeitszeitmodelle soll deshalb in mehreren Phasen
erfolgen:

1.  Information der Mitarbeiter und Abfrage der Wünsche (evtl. Workshop);
2.  Grobabstimmung des neuen Arbeitszeitmodells zwischen Personalvertretung und Dienstherr;
3.  Beteiligung der Mitarbeiter;
4.  Erstellung einer Dienstvereinbarung.

Der Prozeß wird durch ständige Information über den derzeitigen Verfahrensstand begleitet.

III. Teilzeitarbeit

Die derzeitige wirtschaftliche Situation in der Bundesrepublik Deutschland ist durch die höchste Arbeitslosenzahl seit Bestehen der Republik gekennzeichnet. Somit bestimmt die Frage „Wie können durch die verbleibende Arbeit mehr Arbeitsplätze entstehen?“ die derzeitige Arbeitsmarktpolitik und somit auch die Arbeitszeitpolitik. Eine mögliche Antwort könnte sich aus der Teilzeitarbeit ergeben. Jegliche Form von Zwangsteilzeitarbeit lehnen die Jungen Liberalen NRW ab. Die Jungen Liberalen NRW befürworten die Teilzeitarbeit, knüpfen jedoch an die Einführung der Teilzeitarbeit folgende Bedingungen:

* Teilzeitarbeitsplätze sind  nur dann sinnvoll, wenn sie sich zeitlich, inhaltlich und ablauftechnisch in die Organisation integrieren lassen. Insbesondere favorisieren die Jungen Liberalen NRW Teilzeitarbeit in Form von „Job-Sharing“. Hierbei teilen sich zwei oder mehr Personen einen Arbeitsplatz.
* Die Teilzeitarbeit ist flexibel und einvernehmlich zu gestalten, wobei sichergestellt sein muß, daß dies auch ablauftechnisch umsetzbar ist. Der Arbeitgeber soll den Wünschen des Arbeitnehmers möglichst entgegenkommen.
* Es ist darauf zu achten, daß weder Vor- noch Nachteile gegenüber den Vollzeitkräften entstehen.

IV. Qualifikationsmaßnahmen

Teilzeitarbeitskräfte müssen den gleichen Zugang zu Qualifikationsmaßnahmen besitzen, wie Vollzeitkräfte. Bei der Gestaltung der Qualifikationsmaßnahmen ist auf die Bedürfnisse und Möglichkeiten der Teilzeitarbeitskräfte einzugehen. Teilzeitkräfte müssen die gleichen Aufstiegsmöglichkeiten haben.

V. Schlußforderungen

Die Arbeitgeber- und die Arbeitnehmerseite besitzen  bei der Einführung von Teilzeitarbeit beschäftigungs-politische  Vorteile. Unter Berücksichtigung der verschiedenen Modelle der  Arbeitszeitpolitik und den  vorgenannten Positionen, mögen sich die Jungen Liberalen NRW mit der konzeptionellen Ausgestaltung der Arbeitszeitmöglichkeiten im öffentlichen Dienst auseinandersetzen.
Beschluß B 11: Beibehaltung der 610 DM-Jobs

Die Jungen Liberalen NRW fordern die Bundestagsfraktion der F.D.P. auf, bei der Diskussion um die Beibehaltung der 610-DM-Jobs standhaft zu bleiben und dem Drängen einiger Unionspolitiker nicht nachzugeben.

Tempo 30 zeitlich begrenzen

Bei wegen Schulen eingerichteten Tempo-30-Zonen soll diese herabgesetzte Höchstgeschwindigkeit nur an Schultagen von 7:00 Uhr bis 17:00 Uhr gelten.

Keine GEZ – Gebühren für das Internet

Die Jungen Liberalen NRW lehnen die Einführung von GEZ Gebühren für das Internet strikt ab. Die in diese Richtung gehenden Vorstellungen der rot-grünen Landesregierung halten sie für grundfalsch.

Kandidaten der Jungen Liberalen für den Deutschen Bundestag 1998

Der Landeskongreß begrüßt die Kandidatur von Jungen Liberalen aus NRW für den
Deutschen Bundestag:

Die Jungen Liberalen unterstützen die Kandidatur von Georgios Chatzimarkakis für einen aussichtsreichen Platz auf der Reserveliste.

Die Jungen Liberalen NRW schlagen als Spitzenkandidaten Britta Paulekat für einen aussichtsreichen Platz auf der Landesreserveliste vor.

Die Jungen Liberalen werden sich in der Frage der Plazierung ihrer Kandidaten auf der Landesreserveliste von Dritten nicht gegeneinander ausspielen lassen.
Der Landeskongreß begrüßt ausdrücklich  die zwischen den beiden Kandidaten
getroffene Verabredung, in der  Reihenfolge 1. Georgios Chatzimarkakis, 2. Britta
Paulekat zu kandidieren.

Der Landesvorstand wird beauftragt, in den  Gesprächen mit der F.D.P. für eine optimale Umsetzung dieses Beschlusses auf der Landeswahlversammlung zu sorgen.