Neue Arbeitszeitmodelle

I. Einführung: Neue Wege der Arbeitszeitpolitik

Das breite Spektrum der Arbeitszeitpolitik hat sich zu einem zentralen Steuerungsinstrument der Arbeitsmarkt- und  Betriebspolitik entwickelt. Die Jungen Liberalen fordern die  öffentlichen Verwaltungen auf, stärker flexible Arbeitszeitmodelle zu nutzen und setzen sich dafür ein den öffentlichen Dienst mit folgenden arbeitszeit-politischen Instrumenten spürbar zu reformieren.

II. Leitsätze für eine neue Arbeitszeitpolitik

1. Gleitarbeitszeit
Die Einführung von Gleitzeit unter gleichzeitiger Änderung der Arbeitsverordnung räumt mehr Gestaltungsfreiheiten und individuelle Freiräume ein; dadurch wird

* die Eigenverantwortlichkeit der Mitarbeiter/innen gestärkt;
* die Motivation der Mitarbeiter/innen gefördert;
* eine höhere Gerechtigkeit ermöglicht.
Die Details für die Einführung von Gleitzeit sind durch Dienst- bzw. Betriebsvereinbarungen zu regeln. Hierbei sind folgende Punkte auszuführen:

==> Festlegung der Kernarbeitszeiten, Gleitzeiten, Ruhezeiten;
==> Berücksichtigung von Rüstzeiten, von Fahrten zu auswärtigen Dienstorten, von
Dienstreisen, Dienstfahrten und Dienstgängen;
==> Berücksichtigung des Datenschutzes.

Wegen den besonderen fachspezifischen Belangen sollten die DBB-Gewerkschaften den Personal- und Betriebsräten Mustervereinbarungen zur Verfügung stellen. Es ist auch auf die Verpflichtung des Dienstherren hinzuweisen, daß er die organisatorischen Voraussetzungen für die Einführung der Gleitzeit schaffen muß.
Bei einer Einführung von Gleitzeit fordern die Jungen Liberalen NRW aus Gründen der Gleichbehandlung und des vereinfachten Verfahrens die elektronische Zeiterfassung.

2. Monatliche Arbeitszeit (Monatsarbeitszeit)
Im Bereich der „Inneren Verwaltung“ wurde in der Vergangenheit die Gleitzeit häufig in Form der Monatsarbeitszeit eingeführt. Bei diesem Arbeitszeitsystem erbringen die Beschäftigten ihre Arbeitszeit im Rahmen eines Monats. Mehr- oder Minderstunden können nur im Rahmen der Regelung in den jeweiligen Betriebs- bzw. Dienstvereinbarungen in den nächsten Monat übertragen werden.

3. Jährliche Arbeitszeit (Jahresarbeitszeit)
Im Gegensatz zur Monatsarbeitszeit bietet die Jahresarbeitszeit ein größt mögliches Maß an Flexibilität, da der Ausgleich von Mehr- oder Minderstunden im Rahmen eines Arbeitsjahres erfolgen kann.  Dieses Arbeitszeitsystem ist für die Arbeitsbereiche vorteilhaft, in denen sich saisonalbedingte  Arbeitsbelastungen ergeben.
Die jährliche Arbeitszeit kann über ein Jahresarbeitszeitkonto abgewickelt werden.
Die nähere Ausgestaltung des Jahresarbeitszeitkontos ist gesetzlich und tarifvertraglich zu regeln.
Dazu gehören insbesondere Regelungen zur Gewährung von Erholungsurlaub, von Freizeitausgleich für Mehrarbeit, sowie  Ausgleich für Mehrarbeit in Form von
finanziellen Leistungen. Des weiteren sind Höchst-  und Mindestarbeitszeiten
festzulegen.
Bestehende Schutzvorschriften sind zwingend zu beachten und Ausnahmen auf ein Minimum zu beschränken.
Die Aufteilung der Jahresarbeitszeit unterliegt der ausdrücklichen Mitbestimmung von
Personal- u. Betriebsräten.

4. Kombination von Arbeitszeitmodellen
Eine Kombination aus verschiedenen Arbeitszeitmodellen, wie es z.B. beim BAWAZ geplant war, sollte in die Gesamtüberlegungen einbezogen werden.

5. Altersteilzeit
Bezüglich der Altersteilzeit sind nach Ansicht der Jungen  Liberalen NRW drei Aspekte zu berücksichtigen:

1. Regelungen des herkömmlichen Vorruhestandes sollen weiter Beachtung finden.
2. Die Altersteilzeit für Voll- und Teilzeitkräfte soll über das Instrumentarium des
Lebensarbeitszeitkontos möglich sein.
3. Die Altersteilzeit soll mit entsprechenden Zusatzvereinbarungen als gleitender Übergang zur Rente realisiert werden.

6. Personalbedarfsermittlung
Flexible Arbeitszeitmodelle dürfen nicht zu einer Arbeitsverdichtung führen. Um diese zu verhindern, sind Mindestpersonalausstattungen (Innere Verwaltung) bzw. Mindestdienststärken (Schichtdienst) durch Personalbedarf zu ermitteln.

7. Mitarbeiterbeteiligung
Die Mitarbeiter/innen sind frühzeitig und umfassend bei  der Einführung von Arbeitszeitmodellen zu beteiligen. Die frühzeitige Beteiligung schafft bzw. verstärkt die Akzeptanz für Wandel und Erneuerungen.
Die praktische Umsetzung neuer Arbeitszeitmodelle soll deshalb in mehreren Phasen
erfolgen:

1.  Information der Mitarbeiter und Abfrage der Wünsche (evtl. Workshop);
2.  Grobabstimmung des neuen Arbeitszeitmodells zwischen Personalvertretung und Dienstherr;
3.  Beteiligung der Mitarbeiter;
4.  Erstellung einer Dienstvereinbarung.

Der Prozeß wird durch ständige Information über den derzeitigen Verfahrensstand begleitet.

III. Teilzeitarbeit

Die derzeitige wirtschaftliche Situation in der Bundesrepublik Deutschland ist durch die höchste Arbeitslosenzahl seit Bestehen der Republik gekennzeichnet. Somit bestimmt die Frage „Wie können durch die verbleibende Arbeit mehr Arbeitsplätze entstehen?“ die derzeitige Arbeitsmarktpolitik und somit auch die Arbeitszeitpolitik. Eine mögliche Antwort könnte sich aus der Teilzeitarbeit ergeben. Jegliche Form von Zwangsteilzeitarbeit lehnen die Jungen Liberalen NRW ab. Die Jungen Liberalen NRW befürworten die Teilzeitarbeit, knüpfen jedoch an die Einführung der Teilzeitarbeit folgende Bedingungen:

* Teilzeitarbeitsplätze sind  nur dann sinnvoll, wenn sie sich zeitlich, inhaltlich und ablauftechnisch in die Organisation integrieren lassen. Insbesondere favorisieren die Jungen Liberalen NRW Teilzeitarbeit in Form von „Job-Sharing“. Hierbei teilen sich zwei oder mehr Personen einen Arbeitsplatz.
* Die Teilzeitarbeit ist flexibel und einvernehmlich zu gestalten, wobei sichergestellt sein muß, daß dies auch ablauftechnisch umsetzbar ist. Der Arbeitgeber soll den Wünschen des Arbeitnehmers möglichst entgegenkommen.
* Es ist darauf zu achten, daß weder Vor- noch Nachteile gegenüber den Vollzeitkräften entstehen.

IV. Qualifikationsmaßnahmen

Teilzeitarbeitskräfte müssen den gleichen Zugang zu Qualifikationsmaßnahmen besitzen, wie Vollzeitkräfte. Bei der Gestaltung der Qualifikationsmaßnahmen ist auf die Bedürfnisse und Möglichkeiten der Teilzeitarbeitskräfte einzugehen. Teilzeitkräfte müssen die gleichen Aufstiegsmöglichkeiten haben.

V. Schlußforderungen

Die Arbeitgeber- und die Arbeitnehmerseite besitzen  bei der Einführung von Teilzeitarbeit beschäftigungs-politische  Vorteile. Unter Berücksichtigung der verschiedenen Modelle der  Arbeitszeitpolitik und den  vorgenannten Positionen, mögen sich die Jungen Liberalen NRW mit der konzeptionellen Ausgestaltung der Arbeitszeitmöglichkeiten im öffentlichen Dienst auseinandersetzen.
Beschluß B 11: Beibehaltung der 610 DM-Jobs

Die Jungen Liberalen NRW fordern die Bundestagsfraktion der F.D.P. auf, bei der Diskussion um die Beibehaltung der 610-DM-Jobs standhaft zu bleiben und dem Drängen einiger Unionspolitiker nicht nachzugeben.