Generationengerechtigkeit, sicher und sozial – unser liberales System der Altersvorsorge

1. Präambel
In Deutschland wächst die Angst vor Altersarmut. Dies ist in der öffentlichen Debatte deutlich zu
vernehmen. Trotz der Aussage des damaligen Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung,
Norbert Blüm, die Rente sei sicher, machen sich viele – vor allem junge – Menschen Sorgen um
ihren sozialen Status im Alter. Themen wie Rentengerechtigkeit und Begriffe wie
„Rentnerrepublik“ rücken zunehmend in den Fokus der Öffentlichkeit.
Im Zentrum der Kritik steht dabei meistens die gesetzliche Rentenversicherung (GRV) in
Deutschland. Dies führt dazu, dass sich jüngere Teile der Bevölkerung mehr und mehr mit diesen
Themen befassen und Ideen entwickeln, wie man das deutsche Rentenversicherungssystem auf
ein stabiles Fundament stellen könnte um Altersarmut zu vermeiden.
Das heutige System der GRV ist sehr stark abhängig von demographischen Faktoren. Der Grund
hierfür liegt in dessen Finanzierungsverfahren, dem Umlageverfahren. Dieses Verfahren ist in §
153 Abs. 1 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB VI) verankert und besagt, dass
die erwarteten Versicherungsleistungen eines Kalenderjahres im gleichen Kalenderjahr auf die
vorhandenen Anwärter umgelegt werden. Aufgrund demographischer Veränderungen (steigende
Lebenserwartung im Zuge des medizinischen Fortschritts bei gleichzeitig sinkenden
Geburtenzahlen) stehen immer mehr Leistungsempfänger immer weniger Anwärtern gegenüber,
so dass Letztere zunehmend belastet werden und darüber hinaus auch noch zusätzliche Mittel
für ihre eigene ergänzende Altersvorsorge aufwenden müssen. Das Umlageverfahren ist somit
nicht zukunftsfest und der Politik bleiben unter Beibehaltung des momentanen Systems nur drei
Optionen: den Beitragssatz zu erhöhen, die Renten zu kürzen oder zusätzliche Steuergelder in
das System einfließen zu lassen.
Zukunftsprognosen zeigen, dass das System der Kapitaldeckung für die gesetzliche
Rentenversicherung nicht nur fairer und stabiler, sondern auch langfristig rentabler wäre. Deshalb
setzen wir Junge Liberale NRW auf einen langfristigen Umstieg von Umlagefinanzierung auf
Kapitaldeckung.
Unser Modell basiert auf dem von der Weltbank vorgeschlagenen Rentenversicherungsmodell,
welches auf drei Säulen beruht:

  • Erste Säule: Ein verpflichtendes, öffentlich betriebenes und steuerfinanziertes System;
  • Zweite Säule: Ein verpflichtendes, privat betriebenes und vollständig kapitalgedecktes System;
  • Dritte Säule: Eine zusätzliche, freiwillige und private Altersvorsorge.

Das zur heutigen Zeit in Deutschland existierende Drei-Schichten-Modell entspricht nicht den
Vorschlägen der Weltbank, denn anders als im Weltbank-Modell ist die erste Schicht, die
gesetzliche Rentenversicherung, nicht steuerfinanziert. Stattdessen handelt es sich hierbei um
ein System, welches größtenteils durch Beiträge der Versichertengemeinschaft finanziert wird
und nur teilweise steuerfinanziert ist. Zudem umfasst der versicherte Personenkreis nur einen Teil
der Bevölkerung. Die zweite Schicht, die zusätzliche kapitalgedeckte und erwerbsbasierte
Altersvorsorge, unterscheidet sich dahingehend vom Weltbank-Modell, dass sie auf freiwilliger
Basis beruht und nicht, wie von der Weltbank empfohlen, verpflichtend ist. Lediglich die dritte
Schicht, die zusätzliche, freiwillige private Altersvorsorge, deckt sich mit den Empfehlungen der
Weltbank.
Wir Junge Liberale NRW setzen dem ein System entgegen, das dem Weltbank-Modell entspricht.
Im Einzelnen sollen die drei Säulen wie folgt ausgestaltet sein:
2. Erste Säule – Das liberale Bürgergeld
Grundlage unseres Reformmodells ist das sogenannte liberale Bürgergeld. Den Anstoß für die
Entwicklung dieses Bürgergeld-Modells gab der Umstand, dass es in Deutschland momentan
eine Vielzahl an Transferleistungen gibt, die von vielen verschiedenen Stellen verwaltet und
ausgezahlt werden und die damit verbundene Befürchtung, dass diese Leistungen nicht die
wirklich bedürftigen Menschen erreichen, sondern die Menschen, die die vielen verschiedenen
Anspruchsvoraussetzungen gut kennen und ziemlich genau wissen, welche Transferleistungen
sie auf welchem Wege erhalten können. Ziel des Bürgergeld-Modells ist es daher, nahezu alle
Transferleistungen zu in einem transparenten Universaltransfer zu bündeln. Das Bürgergeld soll
mit der Einkommensteuer saldiert werden, so dass der Bürger am Ende entweder Steuern zahlt
oder vom Finanzamt eine Transferleistung erhält (sogenannte negative Einkommensteuer).
Das gleiche Prinzip sollte auch auf das Einkommen im Alter Anwendung finden.
Dementsprechend soll den Menschen, die es im Laufe ihres Lebens nicht geschafft haben,
ausreichende Mittel anzusparen, Hilfe in Form von Bürgergeld gewährt werden. Analog zum
Erwerbseinkommen soll der Anspruch auf Bürgergeld mit wachsendem Alterseinkommen fallen.
Auf der Grundlage unserer Vorstellungen von einem flexiblen Rentenbeginn soll nicht
ausgeschlossen sein, dass auch ältere Menschen, welche Alterseinkünfte beziehen, erwerbstätig
sind. Auch für diese Altersgruppe sollen die Möglichkeiten für den Hinzuverdienst genau wie bei
allen anderen Altersgruppen so ausgestaltet sein, dass Anreize geschaffen werden, eine Tätigkeit
aufzunehmen.
Wir JuLis NRW fordern daher, auch die Grundsicherung im Alter in das Bürgergeld-Modell zu
integrieren. Dabei muss geprüft und berechnet werden, ob einzelne Modellparameter des
liberalen Bürgergeldes angepasst werden müssen.
Eine entsprechende Funktionalität des Bürgergeldes ist jedoch nur dann gegeben, wenn das
Bruttoeinkommen des Bürgers das einzige Kriterium zur Bemessung des Bürgergeldanspruches
ist. Weitere Komponenten wie eine Bedürftigkeitsprüfung oder ein limitiertes Schonvermögen
lehnen wir daher entschieden ab.
3. Zweite Säule – Das GRV-Modell der Jungen Liberalen NRW
Analog zum Weltbank-Modell sieht das Altersvorsorge-Konzept der Jungen Liberalen NRW eine
zweite Säule der Alterssicherung vor, welche verpflichtend, privat betrieben und vollständig
kapitalgedeckt ist. Dies soll erreicht werden durch eine Umwandlung der Versicherungspflicht in
eine Pflicht zur Versicherung sowie einen langfristigen Umstieg der gesetzlichen Rentenversicherung von Umlagefinanzierung auf Kapitaldeckung.
Unter Pflicht zur Versicherung verstehen wir, dass jede Person innerhalb des versicherten
Personenkreises der GRV dazu verpflichtet ist, eine Rentenversicherung oder einen Sparplan mit
Umwandlung in eine Rentenversicherung zu Rentenbeginn bei einem privaten Anbieter ihrer
Wahl abzuschließen. Die Palette der zur Verfügung stehenden Produkte könnte sich dabei an
den förderfähigen Sparformen der Riester-Rente (ausgenommen der Formen des
Eigenheimrentengesetzes) orientieren. Somit ist die zweite Säule analog zum
Weltbank-Vorschlag sowohl verpflichtend als auch privat betrieben.
a) Versicherter Personenkreis
Hinsichtlich des versicherten Personenkreises sieht unser Modell keine Änderungen zur
momentanen Gesetzeslage vor. Eine sogenannte Bürgerversicherung, die die gesamte
Bevölkerung umfassen würde, wird abgelehnt, da in Form des liberalen Bürgergeldes bereits ein
solches System besteht. Eine freiwillige zukünftige Integration anderer Versorgungssysteme wie
beispielsweise der Beamtenversorgung oder der Kammerversorgung von Ärzten, Apothekern
oder anderen Berufsgruppen soll jedoch grundsätzlich möglich sein.
b) Finanzierung
Die privaten Anbieter der Altervorsorgeprodukte, unter denen die in der neuen GRV versicherte
Person wählen kann, arbeiten nach dem Prinzip der Kapitaldeckung. Somit sieht das GRV-Modell
der JuLis NRW einen langfristigen Umstieg von Umlagefinanzierung auf Kapitaldeckung vor, so
dass auch die dritte Empfehlung der Weltbank, dass die zweite Säule vollständig kapitalgedeckt
sein sollte, erfüllt ist.
Der Umstieg wird dadurch erreicht, dass die bisherige umlagefinanzierte gesetzliche
Rentenversicherung komplett abgewickelt wird, wobei bestehende
Rentenversicherungsansprüche erhalten bleiben.
Momentan geht der volle Beitrag eines Versicherten in die umlagefinanzierte GRV. Im ersten Jahr
nach Inkrafttreten des Reformmodells der JuLis NRW würden nur noch 98 % des Beitrages eines
jeden Versicherten in die umlagefinanzierte GRV fließen, während 2 % in das neue, auf
Kapitaldeckung beruhende System fließen würden. In den Folgejahren wird der prozentuale
Anteil der Beiträge eines Versicherten, die in das alte System fließen, jährlich um 2
Prozentpunkte reduziert, während der Anteil der Beiträge eines Versicherten, die in das neue
System fließen, jährlich um 2 Prozentpunkte erhöht wird. Folglich fließen nach 50 Jahren 100 %
der Beiträge in das neue System. Eventuelle Abwicklungsverluste sowie Leistungen im Rahmen
von Ansprüchen aus dem alten System nach Ablauf der 50 Jahre werden durch Steuermittel
gedeckt, während eventuelle Abwicklungsgewinne in eine Rücklage für eventuell anfallende
zukünftige Abwicklungsverluste eingestellt werden. Dem wohnt der Gedanke inne, dass eventuell
anfallende Lasten nicht allein durch Beiträge der Versichertengemeinschaft, sondern in Form von
Steuermitteln von der gesamten Bevölkerung getragen werden sollten.
Der Beitrag des neuen Systems wird weiterhin paritätisch von Arbeitgeber und Arbeitnehmer
getragen, der Beitragssatz soll jedoch auf 15 % eingefroren werden. Unterstellt man also der
Einfachheit halber einen heutigen Beitragssatz von 20 % statt der momentanen 19,9 %, so
bedeutet dies, dass der Beitragssatz über die 50 Jahre der Umschichtung der Beiträge vom alten
in das neue System hinweg jährlich um 0,1 Prozentpunkte sinkt.

Da die zweite Säule der Alterssicherung dennoch lediglich eine Grundabsicherung darstellen soll,
sieht das Modell weiterhin eine Beitragsbemessungsgrenze vor.
c) Versicherte Leistungen
Wir JuLis betrachten ein Rentenversicherungsmodell ausschließlich zum Zweck der Absicherung
des Lebensunterhalts auch über das Renteneintrittsalter hinaus. Es soll gewährleistet werden,
dass alle Bürger auch im Alter ein ausreichendes Einkommen haben. Folglich soll unser
GRV-Modell ausschließlich Leistungen wegen Alters vorsehen. Das Risiko der Invalidität sowie
das für die Hinterbliebenen bestehende Risiko des Todes des Versorgers hingegen sollen in
Zukunft nicht von der GRV abgedeckt werden. Vielmehr sind dies Zielbereiche des liberalen
Bürgergeldes, wobei die Differenz zwischen dem gewünschten Versorgungsniveau bei Invalidität
oder Tod des Versorgers sowie dem Bürgergeld-Anspruch Raum bietet für eine zusätzliche
private Absicherung. Leistungen zur Teilhabe werden nicht mehr der GRV zugeordnet sein, da
eine gesetzliche Rentenversicherung, die lediglich Leistungen im Alter vorsieht, kein Interesse an
einer möglichst schnellen erneuten Teilhabe seiner Versicherten am Erwerbsleben hat. Daher
sollten diese vielmehr der gesetzlichen Krankenversicherung zugeordnet werden.
Diese Reform der versicherten Leistungen rechtfertigt eine von uns bewusst angestrebte
langfristige Absenkung des Beitrages. Wir gehen davon aus, dass eine Absenkung von
momentan 19,9% auf 15% ausreichen wird, um das momentane Versorgungsniveau der GRV zu
wahren. Allerdings sollte dieser Beitragssatz einer ökonomischen Projektionsrechnung
unterzogen werden.
Die Leistungen der zweiten Säule werden analog anderer Einkünfte auf das liberale Bürgergeld
angerechnet, das heißt der Bürgergeldanspruch sinkt mit zunehmendem verfügbarem
Einkommen. Die zweite Säule wirkt also bei steigendem Renteneinkommen zunehmend
substitutiv gegenüber der ersten Säule.
Wir halten ein Mindestalter für den Rentenbezug für angebracht. Dieses sollte sich an der
allgemeinen Lebenserwartung orientieren. Allerdings sollte man auch zu einem früheren
Zeitpunkt in Rente gehen dürfen, nämlich dann wenn man ausreichende Mittel angespart hat, um
eine Nettorente oberhalb des Bürgergeldanspruches zu finanzieren und man somit für den Rest
des Lebens voraussichtlich kein Bürgergeld mehr beziehen wird.
3. Dritte Säule – Die freiwillige Zusatzversorgung
Analog zum Weltbank-Modell soll es sich bei der dritten Säule um eine zusätzliche, freiwillige und private Altersvorsorge handeln. Hierunter fallen neben der Rürup-Rente, der betrieblichen
Altersversorgung und der Riester-Rente auch alle anderen Sparformen.
Ein Grund dafür, warum die freiwillige Altersversorgung bisher noch nicht sehr weit verbreitet ist,
ist nach Ansicht der JuLis NRW ein verhaltenswissenschaftlich begründeter Mangel an
Selbstkontrolle der Menschen, welche notwendig wäre, um ausreichende Mittel für das Alter
anzusparen. So lassen sich Bedürfnisse der Gegenwart durch Emotionen fühlen und verlangen
nach sofortiger Erfüllung. Bedürfnisse der Zukunft hingegen werden weitaus schwächer
wahrgenommen, so dass die Erfüllung der Bedürfnisse der Gegenwart für die Menschen Vorrang
hat. Es benötigt also einer Menge an Selbstkontrolle und Willenskraft, um diese Versuchung zu
überwinden. Damit eine Person im erwerbsfähigen Alter die Entscheidung trifft, finanzielle Mittel
in ihre Altersvorsorge zu investieren, ist es also zunächst notwendig, dass diese Person die
Willenskraft und Selbstdisziplin aufbringt, kurzfristige Bedürfnisse zu vernachlässigen und sich
stattdessen dem Thema Altersversorgung zu widmen.
Dabei ist die erste Voraussetzung, gegenwärtige Emotionen auszublenden und sich stattdessen
zunächst überhaupt gedanklich mit der komplexen und oft ungeliebten Thematik der
Altersvorsorge zu befassen. Ist dieser erste Schritt getan, so ist der zweite notwendige Schritt,
dass man Konsumwünsche unbefriedigt lässt und vielleicht sogar seinen Lebensstandard
bewusst senkt, um in eine Altersversorgung zu investieren.
Dieser Prozess wird durch weitere Rahmenbedingungen in Deutschland zusätzlich erschwert. So
fühlen sich manche Verbraucher aufgrund der Vielzahl an Förderwegen, gesetzlichen
Vorschriften, Produkten und Wahlmöglichkeiten überfordert. Zudem hat sich gezeigt, dass in
einem Land wie Deutschland, in dem die gesetzliche Rente über Jahrzehnte hinweg
weitestgehend ausreichend Vorsorge für das Alter geboten hat, ein Paradigmenwechsel
stattfinden müsste, um den Bürgern zu verdeutlichen, dass eine intensive Beschäftigung mit dem
Thema Alterssicherung geboten ist.
Wir JuLis NRW erkennen aufgrund der asymmetrischen Informationsverteilung sowie der
nichtrationalen Verhaltensweisen an, dass auf dem Markt für private Altersvorsorge ein
Marktversagen vorliegt. Daher sind an gewissen Stellen staatliche Interventionen notwendig, um
diese Nachteile des Marktversagens abzumildern. Dazu gehören für uns vor allem eine erhöhte
Transparenz und eine größere Vereinfachung bei der Ausgestaltung der Förderwege und der
Produkte. In diesem Sinne fordern wir auch die Verankerung von Finanzthemen in der
Schullaufbahn. Mehr Eigenverantwortung im Bereich der privaten Finanzplanung ist nur möglich,
wenn alle Bürger auch befähigt werden, grundlegende Zusammenhänge im Finanzbereich zu
verstehen.
a) Rürup-Rente
Für uns JuLis NRW stellt die Rürup-Rente ein geeignetes Mittel für Selbstständige dar, um diesen
die Möglichkeit einer zusätzlichen, freiwilligen und staatlich geförderten Altersvorsorge
einzuräumen. Der Rürup-Rente ist umso mehr Wichtigkeit einzuräumen, da Selbstständige der
zweiten Säule nicht unterliegen.
Jegliche Obligatorien lehnen wir jedoch entschieden ab, da wir als Liberale die
Eigenverantwortung der Selbstständigen betonen. „Da die Förderung der Rüruprente lediglich über die Einkommensteuer erfolgt, ist sie für
geringverdienende Selbstständige unattraktiv. Daher fordern wir eine Ausdehnung der
zulagengeförderten Riesterrente auf Selbstständige und Freiberufler.
Momentan ist die Rürup-Rente noch sehr kompliziert. Wir fordern eine genaue Überprüfung der
einzelnen Komponenten der Rürup-Förderung, um herauszufinden, wie man die Förderung entbürokratisieren und vereinfachen kann.
b) Betriebliche Altersversorgung
Obwohl die sozialversicherungs- und steuerrechtliche Förderung der Entgeltumwandlung
unbefristet fortgeführt wurde, ist die Verbreitung der betrieblichen Altersversorgung weiterhin
unzureichend.
Wir JuLis NRW fordern deshalb die Einführung eines Opting-Out-Modells. Dies sind Modelle, bei
denen der Arbeitnehmer automatisch in eine betriebliche Entgeltumwandlung einbezogen wird,
es sei denn er widerspricht. Es ist also eine aktive Entscheidung erforderlich, um sich dieser
automatischen Zusage zu entziehen. Anders als bei einem Obligatorium – welches wir
entschieden ablehnen – unterliegen Opting-Out-Modelle folglich der Wahlfreiheit. Während sich
der Arbeitnehmer beim existierenden Modell zunächst dazu überwinden muss, sich mit dem
Thema der Altersvorsorge zu befassen und dann zusätzlich den Entschluss fassen muss, zu
Lasten des gegenwärtigen Konsums Geld in eine betriebliche Altersversorgung zu investieren,
hat das Opting-Out-Modell den Vorteil, dass es die Arbeitnehmer zumindest dazu zwingt sich mit
dem Thema der Altersvorsorge zu befassen. Es vermeidet somit die eine Hälfte der
verhaltenswissenschaftlichen Nachteile, nämlich das potenzielle Ignorieren der Problematik der
Altersvorsorge. Lediglich die zweite Hälfte, sprich die Entscheidung, ob und in welcher Höhe
Mittel in eine betriebliche Altersversorgung investiert werden sollen, wird weiterhin dem
Arbeitnehmer überlassen. Dies ist auch eine notwendige Bedingung wenn man die
Eigenverantwortung des Einzelnen weiterhin betonen möchte. Einerseits zwingt ein
Opting-Out-Modell die Menschen, sich mit der Problematik der Altersvorsorge zu beschäftigen;
andererseits überlässt es dem Einzelnen Entscheidungsfreiheit und Selbstbestimmung und
vermeidet somit Bevormundung und potenzielle Ineffizienzen bei der Vorsorgeplanung.
Für Opting-Out-Modelle gilt, dass diese nur dann Sinn machen und psychologische Hindernisse
abbauen, wenn sie intelligent konzipiert sind. Um dies zu gewährleisten, sollten gesetzliche
Rahmenbedingungen vorsehen, dass Opting-Out-Klauseln zwingend in allen Arbeitsverträgen zu
verwenden sind. Diese Opting-Out-Klausel sollte eine automatische Zusage vorsehen, wobei die
Zusageart sowie die Höhe der Zusage definiert sein müssten. Die Zusagehöhe sollte eine relative
Größe sein, wobei (vor allem hinsichtlich einer intelligenten Dynamisierung des Beitrags, um die
Inflation auszugleichen) eine Kopplung an die Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen
Rentenversicherung angemessenen wäre. Den Durchführungsweg sowie (im Falle einer
mittelbaren Versorgungszusage) den Finanzierungsträger und die Produktausgestaltung sollte
der Arbeitgeber bestimmen dürfen. Die Widerspruchsregelung sollte so ausgestaltet sein, dass
der Arbeitnehmer ausreichend, jedoch nicht unangemessen viel Zeit hat, die Zusage
herauszuoptieren. Praktikabel wären dabei Widerspruchsfristen, bei denen das Ende der
Widerspruchsfrist zeitlich vor der Rechtswirksamkeit der Klausel und der Zahlung des
Erstbeitrages liegt.
Dennoch muss kritisch angemerkt werden, dass diese Maßnahme in isolierter Form nur bedingt
wirken kann. Um das gesellschaftlich und politisch gewünschte Ziel einer weiteren Verbreitung
der betrieblichen Altersversorgung zu erreichen, müsste solch eine Regel von weiteren
unterstützenden Maßnahmen flankiert werden.
Hier ist vor allem eine Reduzierung der Komplexität der betrieblichen Altersversorgung zu
nennen. Damit der Arbeitnehmer sich mit dem Thema seiner Alterssicherung beschäftigen und
die richtigen Maßnahmen ableiten kann, ist es notwendig, dass ihm die Regelungen und
Ausgestaltungsformen der betrieblichen Altersversorgung transparent erscheinen. Je höher die
Widerstände auf diesem Gebiet sind, umso mehr psychologische Anstrengungen sind seitens
des Arbeitnehmers notwendig. Folglich werden sich umso weniger Arbeitnehmer mit diesem Thema beschäftigen und Vorkehrungen treffen. Im Zuge dessen fordern wir eine Reduzierung der
Zusagearten von drei auf zwei (beitragsorientierte und leistungsorientierte Pläne) sowie eine
Reduzierung der Durchführungswege von fünf auf zwei (unmittelbare und mittelbare
versicherungsförmige Zusage). Auch gehört § 17 Abs. 5 BetrAVG, welcher besagt, dass eine
Entgeltumwandlung nur dann vorgenommen werden kann, wenn der dem Tariflohn
zugrundeliegende Tarifvertrag eine sogenannte Tariföffnungsklausel enthält, auf den Prüfstand.
Die Insolvenzsicherung der Leistungen aus betrieblicher Altersversorgung gehört auf den
Prüfstand. Insbesondere das derzeitige System über den Pensions-Sicherungs-Verein und die zu
Grunde liegende Beitragsberechnung sollte risikoadäquat ausgestaltet werden. Dies bedeutet,
dass Unternehmen mit höheren Ausfallrisiken höhere Beiträge zahlen.
c) Riester-Rente
Wir betonen auch die Bedeutung der Riester-Rente für die dritte Säule der Alterssicherung. Der
Gesetzgeber hat mit der Schaffung der Riester-Rente in Form einer freiwilligen, kapitalgedeckten
Zusatzversorgung eine angemessene Grundlage zur besseren Alterssicherung geschaffen.
Daher ist es wichtig, das Erfolgsmodell Riester-Rente weiterzuführen.
Damit jedoch auch jedem – vor allem Geringverdienern – Anreize gesetzt werden, in eine
Riester-Rente zu investieren, fordern wir, dass jegliches angespartes Guthaben genau wie alle
anderen Einkünfte auf das liberale Bürgergeld angerechnet wird, damit derjenige, der Mittel
angespart hat, immer besser gestellt ist als derjenige, der keine Mittel angespart hat.
Den Wohn-Riester lehnen wir jedoch ab. Zum einen passt dieser systematisch nicht in das
Riester-Konzept und zum anderen ist es dem Bürger schwer zu vermitteln, dass bei einer
selbstgenutzten Immobilie, die keine liquiden Zuflüsse bringt, nachgelagert Steuern gezahlt
werden müssen. Dies birgt das zusätzliche Risiko von Altersarmut. Wir betrachten den
Wohn-Riester daher nicht als geeignetes Mittel zur Alterssicherung, sondern vielmehr als
Geschenk an die Lobby der Bausparkassen. Daher gilt es, diese Form des Riester-Sparens
schnellstmöglich für den Neuzugang zu schließen. Bestehende Förderungen sollen
selbstverständlich weitergeführt werden.
d) Andere Sparformen
Darüber hinaus sollen alle anderen denkbaren Sparformen und Kapitalanlagen unter diese dritte
Säule fallen. Wir setzen uns im Allgemeinen für eine gleichgerichtete Besteuerung dieser
Produkte ein, die nicht dazu führt, dass einzelne Sparformen besonders gefördert oder
diskriminiert werden. Dies ermöglicht es allen Bürgern, nach ihrem persönlichen Gusto in eine
Sparform ihrer Wahl zu investieren.

Marktwirtschaftliche Prinzipien verteidigen – Finanztransaktionssteuer und Leerverkaufsverbot stoppen!

Die Jungen Liberalen NRW sind entsetzt über die am 18.05.2010 im  Koalitionsausschuss gefassten Beschlüsse und positionieren sich klar gegen die Einführung einer Umsatzsteuer für Finanztransaktionen. Auch das Vorhaben eines grundsätzlichen Verbotes von ungedeckten Leerverkäufen, so genannten „Naked Shorts“, lehnen die Jungen Liberalen NRW ab. Dies stellt aus unserer Sicht einen unverhältnismäßigen Eingriff in den Finanzmarkt dar und führt lediglich dazu, dass Spekulationen auf fallende Kurse von den deutschen Börsen verdrängt werden und diese auf ausländische Finanzmarktplätze, sowie in den intransparenten außerbörslichen Handel ausweichen werden. Auch die so genannte Finanzaktivitätssteuer sehen wir kritisch, da diese Form explizit wirtschaftliche Erfolge von Banken bestraft. Wenn überhaupt kann eine  Finanzaktivitätssteuer nur dann sinnvoll sein, wenn sie weltweit und zeitlich befristet eingeführt wird. Einen nationalen Alleingang lehnen wir jedoch entschieden ab.

Nach der Auffassung der Jungen Liberalen NRW handelt es sich bei diesen Maßnahmen  um volkswirtschaftlich potentiell schädliche Symbolpolitik, die einen Schuldigen für die derzeitige Krise heranziehen und zudem das Gerechtigkeitsempfinden bedienen soll. Weder würden eine solche Finanztransaktionssteuer oder das Verbot ungedeckter Leerverkäufe in Zukunft ähnliche Krisen verhindern, noch würden sie aktiv zur Bewältigung der aktuellen Weltwirtschafts- und Währungskrise beitragen. Die Position der Bundesregierung ist vielmehr ein Ausdruck politischer Kapitulation. Es wird versucht mit falscher Steuerpolitik, unüberlegten Verboten und blindem Aktionismus den Mangel an zielführender Regulierung auszugleichen.

Eine Finanztransaktions- oder Spekulationssteuer betrifft potentiell alle Formen des Investments und alle Formen von Transaktionen. Somit würden insbesondere die Sparer der Mittelschicht, die in Form von Riester-, Rürup- oder ähnlichen Produkten ihre Altersvorsorge absichern wollen, von einer solchen Steuer, in erster Linie getroffen werden. Ebenso würden die kleineren Aktiendepots überproportional belastet, da die Besitzer i.d.R. deutlich stärker an den lokalen Aktienmarkt gebunden sind. Hingegen ist es für Hedgefonds und private Großinvestoren ein Leichtes eine solche Steuer durch Verlagerung ihrer Geschäfte ins nicht besteuerte Ausland zu umgehen, wodurch sie sich der Deutschen Börsenaufsicht vollständig entziehen.

Ebenso verlagern sich bereits jetzt ungedeckte Leerverkäufe ins Ausland. Grundsätzlich sprechen die JuLis NRW auch ungedeckten Leerverkäufen ihre Daseinsberechtigung zu, da es Marktsituationen gibt in denen nur diese eine Marktkorrektur durch Spekulation ermöglichen. Um jedoch zu verhindern, dass große Mengen ungedeckter Leerverkäufe den Markt manipulieren und Kettenreaktionen hervorrufen, fordern die JuLis NRW statt einem grundsätzlichen Verbot eine Erhöhung der Transparenz durch eine Erweiterung der Meldepflicht. Letztlich ist z.B. das aktuell von der BaFin verhängte Verbot von Leerverkäufen von bestimmten Titeln mehr ein Ausdruck von Hilflosigkeit als von sinnvoller Marktregulierung und sinnvolle Einflüsse auf den Markt sind nicht erkennbar.

Während eine Finanztransaktionssteuer die oft vergleichsweise geringen Renditen von risikoscheuen Kleinanlegern und regelmäßigen, diversifizierten Sparern belastet, besteht die Gefahr, dass diejenigen, die risikoreiche Spekulationsgeschäfte im großen Ausmaß abwickeln, die Steuer entweder schlicht umgehen oder einkalkulieren und entsprechend an ihre Kunden weiterreichen. Dies hätte eine weitere Erhöhung der benötigten Risikobereitschaft zur Folge, um weiterhin die gewünschten Renditen erzielen zu können. Somit würde ein Bumerang-Effekt ausgelöst, der spekulative Geschäfte nur noch riskanter werden lassen würde, und dem eigentlich angestrebten Ziel, bestimmte risikoreiche Geschäfte zu begrenzen, mehr schaden würde als nützt.

Desweiteren wären unter den institutionellen Anlegern vor allem diejenigen betroffen, die kurzfristig mit großen, automatisierten Handelsvolumen unter gutem Risikomanagement kleine Arbitragegewinne abschöpfen. Ein erheblicher Teil dieser Umsätze würde wegfallen. Dieser Rückgang an Liquidität, höhere Grenzkosten und das Weiterreichen von Kosten und geringerer Rendite durch Eigenhandel an die Kunden würde zugleich die Kosten der Währungs- und Warenkontraktabsicherung für mittelständische (Export-)Unternehmen in die Höhe treiben und so auch der Realwirtschaft schaden.

Im Gegenzug erkennen wir ebenso, dass die gegenwärtige Krise nicht ohne Konsequenzen bleiben kann. Allerdings ist es von grundlegender Bedeutung, dass nicht die Bekämpfung der Symptome dieser Krise im Mittelpunkt steht, sondern die Ursachen effektiv und wirkungsvoll angegangen werden.

In diesem Zuge identifizieren die Jungen Liberalen NRW die nachfolgenden Schritte als sinnvolle Möglichkeiten zur Verringerung des Risikos für das Entstehen zukünftiger Finanz- und Währungskrisen:

  • Die gesetzlich vorgeschriebene Eigenkapitalquote von Kreditinstituten müssen im Rahmen von internationalen Abkommen deutlich gesteigert werden.
  • Banken müssen ihre Zweckgesellschaften, sogenannte Special Purpose Vehicles (SPV), in die eigenen Bilanzen aufnehmen und zudem müssen auf die SPV die gleichen Regulierungen wie für Banken angewendet werden.
  • Dem Oligopol der Ratingagenturen muss aktiv entgegen gewirkt werden. Hierzu sind unter Anderem die folgenden Schritte notwendig:
  1. Alle Emittenten und Händler von Finanzprodukten werden verpflichtet mindestens zwei voneinander unabhängige Ratings für ihre Produkte vorzulegen, wobei maximal eins der Ratings von einer der drei großen Agenturen (Standard & Poor’s, Moody’s und Fitch Ratings) stammen darf.
  2. Manipulationen von Ratings durch das umstrukturieren von Produkten, nachdem eine Ratingagentur eben dieses Produkt seinerseits bewertet hat, müssen unterbunden werden.
  3. Die Bewertungsmethoden müssen grundsätzlich offengelegt werden.

Sollte die U.S.-amerikanische Regierung sich der Entflechtung dauerhaft wiedersetzen muss auch die Schaffung einer europäischen Ratingagentur in Betracht gezogen werden. Eine solche Lösung kann jedoch nur eine temporäre Notlösung sein, da auch das Schaffen einer weiteren Ratingagentur, das grundsätzliche, durch das Oligopol bedingte, Problem des fehlenden Qualitätswettbewerbs, nicht beheben kann.

  • Mittelfristig müssen die U.S.-Amerikaner die Haftungsregeln für Kredite an  Privatpersonen spürbar verschärfen sodass reine Mortgage Backed Securities als Sicherheit nicht ausreichen.
  • Künftig muss der Handel mit Kreditausfallversicherungen (Credit Default Swaps / CDS) ohne Ausnahmen der staatlichen Finanzaufsicht unterstehen.

Die Jungen Liberalen NRW fordern die FDP auf sich für die möglichst international abgestimmte Umsetzung der oben aufgeführten Möglichkeiten stark zu machen. Zudem erwarten wir, dass sie sich für die Bewahrung der Unabhängigkeit der EZB einsetzt und diese gegebenenfalls auch gegen Attacken von europäischen Regierungschefs, wie Sarkozy, verteidigt.

In unseren Augen ist es von zentraler Bedeutung auch in politisch schwierigen Zeiten an den eigenen Beschlüssen fest zu halten. Die Liberalen dürfen in ihrer Programmatik nicht eventuell später nötigen Kompromissen vorgreifen und somit die eigene Programmatik verwässern. Dementsprechend verlangen wir von der FDP, dass sie ihre gefassten Beschlüsse versucht bestmöglich umzusetzen. Die Steuerbelastung zu senken und der darin implizierte Ausschluss von Steuererhöhungen, auch in Form einer Finanztransaktionssteuer, ist ein solcher Beschluss der FDP (vgl. u. A. Bundestagswahlprogramm 2009, Seite 6, 6. Absatz). Es gilt diesen und das damit verbundene Wahlversprechen einzuhalten.

Zudem würde diese unangemessene und nicht zielführende Steuereinführung der Bevölkerung und ganz besonders der Mittelschicht in unseren Augen eine erhebliche Summe an Kapital entziehen. Diese Mehrbelastung gilt es unter allen Umständen zu verhindern. Zugleich besteht das hohe Risiko, dass die dringend nötige Haushaltskonsolidierung torpediert wird und die verschwenderische Haushaltsführung der letzten Jahre durch eine Erhöhung der Steuereinnahmen überdeckt wird.

Der Landesvorstand der Jungen Liberalen NRW wird abschließend aufgefordert, sich innerhalb des Landesvorstandes der FDP NRW mit Nachdruck gegen den Beschluss des Koalitionsausschusses zu stellen. Gleichzeitig erwarten wir, dass sich der Bundesvorstand der Jungen Liberalen dafür einsetzt, dass die Bundespartei sich in dieser Frage eindeutig gegen eine Finanztransaktionssteuer ausspricht, und gegebenenfalls dies auch öffentlich gegenüber der FDP zum Ausdruck bringt. Ebenso rufen wir die ELDR bzw. die ALDE-Fraktion im Europaparlament dazu auf, sich nach Kräften gegen die europaweite Einführung einer Finanztransaktions- oder Finanzaktivitätsteuer einzusetzen.

Verkauf von Himmelskörpern

Die Jungen Liberalen NRW setzen sich dafür ein, daß der (urkundliche) Handel mit Sternen und anderen Himmelskörpern weltweit verboten bleibt. Forschung und Lehre sollen davon unberührt  bleiben, besitzergreifendes Handeln bei Reisen auf andere Himmelskörper ist zu unterlassen.  Bis auf weiteres ist das Weltall als neutrales Gebiet ähnlich der Weltmeere zu behandeln. Das entsprechende völkerrechtliche Gesetz von 1967 und der „Vertrag über die
Grundsätze zur Regelung der Tätigkeit von Staaten bei der Erforschung und Nutzung des Weltraumes einschließlich des Mondes und anderer Himmelskörper“, soll durchgesetzt und beachtet werden.

Abschaffung der Buchpreisbindung

Die Jungen Liberalen NRW fordern  die F.D.P. auf, sich in ihrem Bundestagswahlprogramm 1998 für die Abschaffung der Buchpreisbindung auszusprechen und für eine vollkommene Liberalisierung des Buchmarktes einzutreten.

Effizienzuntersuchungen

Die Jungen Liberalen NRW fordern,  daß die Bundes- und Landesministerien von
unabhängigen, privaten Unternehmensberatern hinsichtlich ihrer Effizienz im
personellen wie auch strukturellen Bereich untersucht  werden. Die beauftragten
Unternehmen haben ihre Ergebnisse und Verbesserungsvorschläge zu
veröffentlichen. Nach Meinung  der Jungen Liberalen NRW  sollten die von F.D.P.
Ministern geführten Ressorts sich als erste einer solchen Untersuchung stellen.

Bürgergeld als Kernstück liberaler Sozial- und Arbeitsmarktpolitik: Durch intelligente Armutsbekämpfung neue Arbeitsplätze schaffen

I. Die Ausgangslage

1. Arbeitsmarktprobleme bei einfachen Tätigkeiten

Einfache Tätigkeiten für niedrigqualifizierte Arbeitnehmer sind in den vergangenen
Jahren und Jahrzehnten zunehmend wegrationalisiert worden. Mehrere Ursachen
spielen hier zusammen. Die Tarifpartner haben aus sozialen Motiven bei den
Lohnrunden häufige Sockelerhöhungen vereinbart und damit der Verteuerung
einfacher Arbeit gegenüber Investitionen in Technik Vorschub geleistet. Der
weltwirtschaftliche Strukturwandel führt zudem dazu, daß unqualifizierte Arbeitsplätze
in Deutschland zunehmend an Wettbewerbsfähigkeit verlieren. Und schließlich führt
die zunehmende Zahl von Zivildienstleistenden dazu, daß statt gesetzlich geforderter
Arbeitsmarktneutralität einfache Jobs in Jugend-, Sozial- und Bildungseinrichtungen
sowie in der Landschaftspflege verdrängt werden. Die Globalisierung der Wirtschaft beschleunigt den Strukturwandel in den
international tätigen Branchen. Im Zuge dieses Strukturwandels kommt es darauf an,
die Modernisierungsverlierer nicht auszuschließen und sie statt dessen wieder in den
Arbeitsprozeß zu integrieren. Menschen, deren Qualifikation im Strukturwandel nicht mehr anwendbar oder nicht mehr konkurrenzfähig ist, müssen neue Qualifikationen
erwerben. Dies wird aber eine individuelle Begabungsgrenze finden. Die
Arbeitslosigkeit wird in dem Bereich wachsen, in dem wettbewerbs-orientierte Löhne
unter den Sozialhilfesatz fallen würden. Für diese Niedrigqualifizierten müssen durch
Brücken zwischen Transferleistungen und Arbeitsmarkt neue
Beschäftigungsmöglichkeiten geschaffen werden

Aktuell drohen neue Gefahren für Tätigkeiten im Niedriglohnbereich. Sollten CDU
und SPD ihre Pläne für eine drastische Einschränkung der 610-DM-Jobs
durchsetzen, so fielen weitere Stellen weg. Eine Sozialversicherungspflicht für 610-
DM-Jobs entlastet kurzfristig die Rentenkassen und damit die Beiträge für die
Inhaber fester Vollzeitarbeitsplätze,  belastet aber die Schwächsten auf dem
Arbeitsmarkt und baut neue Rentenlasten für kommende Generationen auf. Liberale
sind gegen eine Einschränkung bei den 610-DM-Jobs, weil wir eine besondere
Verantwortung gegenüber denen sehen, die auf diese  Arbeitsplätze angewiesen
sind.

2. Armutsfalle im Niedriglohnbereich Deutschland darf nicht in einer Situation enden, in der ein Teil der Bürger
gutbezahlte, hochqualifizierte und inter-national wettbewerbsfähige Jobs hat,
während der andere Teil der Bürger ohne Perspektive auf Arbeit auf Dauer aus den
Sozialsystemen versorgt wird.
Es gibt genug einfache Arbeit in Deutschland, nicht zuletzt im Bereich
personengebundener Dienstleistungen, die nicht im internationalen Wettbewerb
stehen. Doch diese Arbeit ist heute zu  den heutigen Tariflöhnen nicht bezahlbar.
Niedrige Löhne werden aber durch das heutige Sozialsystem verhindert.

Bei der Sozialhilfe  wird oberhalb von niedrigen Freibeträgen jede selbst verdiente
Mark von der Sozialhilfe abgezogen. Durch die rigide Anrechnung von eigenen
Erwerbseinkommen auf Sozialleistungen hat  etwa ein Sozialhilfeempfänger kaum
einen Anreiz, niedrig bezahlte oder stundenweise Arbeit aufzunehmen. Er hat aber
auch keine Chance, mit solchen Arbeitsverhältnissen seine ökonomische Situation zu
verbessern. Er sitzt in der „Armutsfalle“. Nach Berechnungen des Instituts für
Weltwirtschaft führt z.B. in folgenden Einkommensbereichen eigene Arbeit zu keiner
Verbesserung der Nettoeinkommen:Haushaltsmerkmale  „Armutsfalle“ (Steuer- und Transferentzugssatz 100%)
bei Erwerbseinkommen von …

alleinstehend ohne Kind   1150 – 1700 DM
alleinstehend, 1 Kind   1150 – 2150 DM
verheiratet, 1 Verdiener, 2 Kinder   1150 – 2450 DM
verheiratet, 2 Verdiener, 2 Kinder   2050 – 3220 DM

3.  Altersarmut und Kinderarmut – Versagen des heutigen Systems

Das heutige System  der Sozialtransfers behindert nicht nur die Schaffung neuer
Arbeitsplätze, sondern ist auch nicht geeignet, das Ziel der Armutsbekämpfung
sicherzustellen. Insbesondere Alters-  und Kinderarmut sind Entwicklungen, die politisches Handeln erfordern. Kinder sind arm, weil ihre Eltern arm sind.
Insbesondere Alleinerziehende können in der Regel nicht voll erwerbsfähig sein. Bei
einfacher Arbeit oder Teilzeitarbeit liegt der Verdienst in der Regel in der Armutsfalle.
Eine Verbesserung der ökonomischen Lage der Familie ist den Müttern oder Vätern
nicht möglich. Die kann nur durch die Teilanrechnung von eigenen Einkommen
erreicht werden.

Bereits heute liegen die Renten mancher Rentner, insbesondere mancher alter
Frauen, unter dem Sozialhilfesatz. Viele alte Menschen beantragen aus Scham oder
Rücksicht auf ihre Kinder aber keine Sozialhilfe. Zudem haben diese Rentner trotz
eigener Vorsorge nicht mehr oder unerheblich mehr Geld als die Sozialhilfe. Für sie
haben sich Vorsorgeleistungen nicht gelohnt. Das Problem wird sich in dem Maße
verschärfen, wie das Niveau der gesetzlichen Rente notwendigerweise zurückgeführt
werden muß, um die junge Generation nicht zu überlasten. Um auch in diesen
Einkommensbereichen private Vorsorge lohnend zu machen und Altersarmut durch
eine nicht-entwürdigende Ergänzung der Rente zu verhindern, muß es auch hier zu
einer nur teilweisen Anrechnung eigener Einkommen kommen.

4. Undurchschaubarkeit des heutigen Systems

Das heutige Transfersystem von 155 steuerfinanzierten Einzelleistungen, die über 38
Behörden ausgezahlt werden, ist in hohem Maße intransparent. 90% der Bürger
erhalten irgendeine Form von  Sozialleistungen, hinzu kommen an Sozialkriterien
orientierte Verbilligungen  der Gebühren für staatliche Dienstleistungen. In einem
solchen System ist es schwierig zu erkennen, ob man  nach Steuern und
Sozialleistungen Nettozahler oder Nettoempfänger ist. Der Staat verteilt oft genug mit
teurer Bürokratie beim Bürger von der einen Tasche in die andere um. Ein solches
System befördert das Gießkannensystem und den Einfluß von Interessengruppen bei
der Gesetzgebung.
In einem solchen System ist es aber auch  für die wirklich Bedürftigen schwierig zu
durchschauen, auf welche Leistungen sie Anspruch haben. Dagegen nutzen
gewiefte Sozialleistungsprofis alle Möglichkeiten des Systems aus. Die Schlauen
machen Kasse, viele Bedürftige bleiben auf der Strecke.

II.  Politische Antworten

1. Die Liberalen und das Bürgergeld

Die Jungen Liberalen haben 1991das Bürgergeld-System als großes Reformprojekt
liberaler Sozialpolitik erarbeitet und 1994 in der F.D.P. durchgesetzt. Bürgergeld
bedeutet: 1. Zusammenfassung vieler Sozialleistungen zu einem Bürgergeld, das
von nur einer Behörde ausgezahlt wird,  2. nur teilweise Anrechnung eigener
Einkommen auf die Sozialleistungen, 3. Verzahnung von Steuer- und Sozialsystem.
In den „Wiesbadener Grundsätzen“ von 1997 hat die F.D.P. das Bürgergeld zum
Kernstück des liberalen Sozialstaates erklärt.

2. Schwächen des bisherigen liberalen Bürgergeld-Systems

Die F.D.P. hat 1994 erklärt, was sie für wünschenswert hält. Nach 1994 haben zwei
wissenschaftliche Studien gezeigt, welche fiskalischen Folgen unterschiedliche
Bürgergeld-Modelle haben und wie sie sich durch die Verzahnung mit dem   39
Steuersystem auf Arbeitsanreize in mittleren Einkommensbereichen auswirken.
Insbesondere die Studie des Institut für Weltwirtschaft hat gezeigt, daß das F.D.P.-
Modell in Details geändert werden muß, um realisiert werden zu können. Zum einen
sind die fiskalischen Kosten des bisherigen Vorschlags zu hoch gewesen, zum
anderen bewirkt er durch Verschiebung der Steuerfreibeträge negative
Arbeitsanreize in mittleren Einkommensbereichen. Diese Schwächen sind durch
Variationen der Vergabebedingungen und der Leistungshöhe zu lösen, ohne den
sozialen und wirtschaftlichen Fortschritt des Bürgergeldes gegenüber dem heutigen
Transfersystem zu beseitigen.

III.  Das neue Bürgergeld-System

1. Prinzipien des Bürgergeldes

a) Teilanrechnung von Einkommen
Eigene Einkommen aus Erwerbstätigkeit, Rentenzahlungen etc. werden beim
Bürgergeld nur zu einem Teil auf die  Sozialleistung angerechnet. Durch die
Teilanrechnung von Einkommen gibt es Anreize zu  eigener Arbeit und Vorsorge.
Gleichzeitig werden Löhne unterhalb des  Existenzminimums möglich, die eine
Brücke aus der Niedriglohnarbeitslosigkeit bieten. Im Gegensatz zu
Lohnkostenzuschüssen wird nicht der Arbeitsplatz mit einem gleichen Zuschuß
gefördert. Vielmehr ist das Bürgergeld personenbezogen und richtet sich nach dem
Bedarf des Haushalts, der etwa mit der Kinderzahl variiert.

b) Zusammenfassung von Leistungen / Abstimmung mit dem Steuersystem

Statt des Nebeneinanders  von Steuerzahlung und Empfang von verschiedenen
Sozialleistungen soll  der Bürger entsprechend seinem Einkommen entweder einen
staatlichen Zuschuß bekommen oder Steuern zahlen. Das Bürgergeld ersetzt
idealtypisch alle vorhandenen personenbezogenen Transferleistungen, insbesondere
die Sozialhilfe (nur die Hilfe zum Lebensunterhalt), das Kindergeld und das
Erziehungsgeld. Hinzu kommen sollten z.B. das Wohngeld, das BAföG sowie sozial
motivierte Subventionen für sozialen Wohnungsbau und kommunale Zuschüsse (z.B.
für Kultur und Sport). Die Zusammenfassung von Leistungen kann schrittweise
erfolgen. Nicht integriert werden die Sozialhilfe in besonderen Lebenslagen, ebenso
wenig die Leistungen aus Sozialversicherungen.

2. Ausgestaltung des Bürgergeldes

Um die Reformziele (Vollständig administrativ und tarifär integriertes Steuer- und
Transfer-System, Arbeitsmarktwirkung, Transparenz, Gerechtigkeit,
Armutsbekämpfung) zu erreichen und  die Reform an den Anforderungen der
wissenschaftlichen Studien im Blick auf  die Finanzwirkungen und die Wirkung auf
das Steuersystem zu orientieren, schlagen die JuLis folgende Ausgestaltung des
Bürgergeldes vor:

Der staatliche Mindestsicherungsumfang für Arbeitsfähige wird auf das materielle
Existenzminimum beschränkt. Würde man nur die Sozialhilfe im Bürgergeld-Prinzip
reformieren, so läge dieses bei etwa zwei Dritteln des heutigen Satzes
(soziokulturelles Existenzminimum). Durch geringfügige Beschäftigung kann bei nur   40
50%-iger Einkommensanrechnung das heutige Leistungsniveau erreicht  werden.
Diese Absenkung des Leistungsniveaus für Arbeitsfähige, die nicht arbeiten, ist die
liberale Alternative zur Arbeitspflicht, die CDU und SPD propagieren. Nicht-
Arbeitsfähige (Behinderte und Kranke, Personen über 65 Jahren, Alleinerziehende
mit Kindern bis zu 3 Jahren) erhalten auf Antrag das heutige Leistungsniveau in
Höhe des soziokulturellen Existenzminimums.

* Eigene Einkommen werden zu 50 Prozent auf Transferzahlungen angerechnet.

* Es findet im Transferbereich des Bürgergeldes eine Bedürfnisprüfung statt.
Einkommensähnliche Sachleistungen sowie Vermögen werden oberhalb bestimmter
Freibeträge angerechnet.

* Im integrierten Steuer- und Sozialsystem gilt das Haushaltsprinzip mit
Partnerdegression. Kinder erhöhen das Bürgergeld mit reduzierten Sätzen.

* Unterhaltsverpflichtungen/-leistungen werden angerechnet, bei Ehegatten und
minderjährigen Kindern auch das Vermögen. Regreßmöglichkeiten bleiben erhalten.
Ausgenommen vom Regreß sind Leistungen an Personen über 65 Jahren, sofern
eine Unterhaltspflicht nicht durch vorangegangene Schenkungen begründet ist.

* Die steuerlichen Bemessungsgrundlagen werden verbreitert und dem
Einkommensbegriff des Sozialsystems angenähert, d.h. Bedürftigkeit entspricht
negativer Leistungsfähigkeit.

* Eine EU-rechtliche Koordination zur Vermeidung zusätzlicher
Sozialleistungsexportpflichtigkeit muß erfolgen, z.B. über eine
Freistellungsverordnung von mindestsichernden Transfers in der EU.

* Eine schnellstmögliche Neuordnung der Steueraufkommensverteilung und
Lastentragung zwischen den Gebietskörperschaften ist  für die Einführung des
bundesgesetzlichen Bürgergeldes vorzunehmen.

IV. Forderungen an die F.D.P.

Die Jungen Liberalen fordern die F.D.P. auf, mit einer Offensive für das Bürgergeld
an die Stärken des sozialen Liberalismus  anzuknüpfen: ein soziales Netz für die
Schwachen auf eine Weise sicherzustellen, die wirtschaftlich intelligent ist und den
Leistungsempfängern den Weg in ein unabhängiges Leben ebnet.

Das Bürgergeld schafft Chancen auf neue Arbeitsplätze für Niedrigqualifizierte und
im Teilzeitbereich. Es ist zudem die liberale Anwort auf verfehlte Forderungen aus
CDU und SPD nach erweiterten Arbeitspflichten für Sozialhilfeempfänger und
Sozialdetektiven gegen Leistungsmißbrauch. Mit dem Bürgergeld ersetzen wir
administrativen Zwang durch  finanzielle Anreize. Und mit dem Bürgergeld erübrigt
sich die Diskussion um das Lohnabstandsgebot.

Die F.D.P. ist gefordert, die Schlußfolgerungen aus den wissenschaftlichen Studien
zur Machbarkeit des Bürgergeld-Systems  zu ziehen und ihr Konzept entsprechend
anzupassen. So können die Einwände der Regierungskommission zum Bürgergeld   41
entkräftet werden. Die Pläne Seehofers, die Anrechnungssätze bei der Sozialhilfe auf
90% abzusenken, die Kombi-Lohn-Diskussion der Tarifpartner und die ersten
Überlegungen in der SPD, sich Bürgergeld-Elementen zu öffnen, zeigen: die
Chancen der F.D.P., das Bürgergeld in Stufen in der nächsten Wahlperiode
durchzusetzen, sind besser als 1994. In den anderen Parteien ist man zwar noch von
schlüssigen Konzepten entfernt, aber zumindest wird die Problematik erstmals
anerkannt.

Die Entwicklung des Arbeitsmarktes macht es notwendig, den Schwerpunkt der
Umsetzung des Bürgergeld-Systems auf die Arbeitsmarktanreize zu legen. Die nur
teilweise Anrechnung selbstverdienten Einkommens auf die Sozialtransfers muß im
Mittelpunkt stehen. Dahinter müssen notfalls die Bemühungen zurücktreten, das
System zu vereinfachen. Dies kann in einem zweiten Schritt erfolgen.
Beginnen sollte man mit einer durchgreifenden Sozialhilfereform. Die für das
Bürgergeld als zusammengefasste Leistung gemachten Vorschläge lassen sich hier
entsprechend anwenden.

Einführung Neuer Steuerungsmodelle (NSM)

1.Einführung

In den vergangenen Jahren wurden in den Kommunalverwaltungen unterschiedliche
Steuerungsmodelle eingeführt.
Ausgangspunkt für die Einführung der Neuen Steuerungsmodelle war die Erkenntnis,
daß die finanziellen Ressourcen der Kommunen immer knapper werden und aus
diesem Grunde zielgerechter und wirtschaftlicher eingesetzt werden müssen.
Zudem sollten mit den Umstrukturierungsmaßnahmen mehr Bedarfsorientierung und
mehr Bürgernähe erreicht werden. Zur Umsetzung dieser Ziele wurden Schlagwörter
wie z.B. Schaffung von Transparenz und Delegation von Verantwortung benutzt. Mit
den Instrumentarien der NSM sollte  das „Dienstleistungsunternehmen Stadt“
optimiert werden. Die Jungen Liberalen begrüßen die Erprobung NSM und fordern
für deren erfolgreiche Implementierung die Einhaltung bestimmter Kriterien.

2. Forderungen

2.1 Aus- und Fortbildung
Nachdem in den Jahren  1994 und 1995 die Einstellungszahlen der Kommunen
drastisch zurückgegangen sind, haben sich  die öffentlichen Arbeitgeber von Bund,
Ländern und Gemeinden 1996 tarifvertraglich verpflichtet, ihre
Ausbildungskapazitäten um jeweils mindestens fünf Prozent zu steigern. Dieser
Verpflichtung sind einige  Einstellungskörperschaften nicht oder nur unzureichend
nachgekommen. Die Jungen Liberalen werden sich auch zukünftig dafür einsetzen,
daß die Kommunen den getroffenen Vereinbarungen Folge leisten. Die öffentlichen
Arbeitgeber müssen in Zeiten steigender  (Jugend-) Arbeitslosigkeit in besonderem
Maße eine Vorbildfunktion übernehmen. Schließlich kann man schlecht von der
freien Wirtschaft verlangen, was man selbst nicht bereit ist, zu garantieren.

Mit der Einführung des Modellstudiengangs „Diplomverwaltungsbetriebswirt“ ist den
speziellen theoretischen  Anforderungen der NSM an  junge Nachwuchskräfte
zumindest im gehobenen Dienst Rechnung getragen worden.
Eine adäquate Anpassung der jeweiligen Stoffverteilungspläne in den übrigen
Ausbildungsberufen des Verwaltungsbereiches ist längst überfällig.

Darüber hinaus muß für alle Beschäftigten der Verwaltung der Zugang zu
Fortbildungsveranstaltungen gleichermaßen möglich sein. Ansonsten wäre durch
absehbare Wissensunterschiede eine „Zweiklassengesellschaft“ im Arbeitsleben
vorprogrammiert.

2.2 Übernahme
Aus Sicht der Jungen Liberalen ist es nicht damit getan, lediglich Ausbildungsplätze
zur Verfügung zu stellen, ohne jegliche Zukunftsperspektiven zu schaffen. Zumindest
bei einer Nichtübernahme nach einer abgeschlossenen Verwaltungsausbildung führt
der Weg im Regelfall direkt in die Arbeitslosigkeit. Auch die unterschiedlichen, von
den Kommunen mit viel Phantasie entwickelten Übernahmemodelle, sind im
Regelfall nicht sozialverträglich.
Beachten sollten die Arbeitgeber zudem, daß die NSM zukünftig von den zur Zeit
jungen Nachwuchskräften getragen werden müssen. Andernfalls stellen die
eingeführten Reformen ein aussichtsloses Unterfangen dar.
Die Jungen Liberalen fordern daher eine  qualifizierte Personalplanung, bei der die
vorgenannten Punkte berücksichtigt werden.

2.3 Mitarbeiterbeteiligung
Wie bereits oben erwähnt, wurden die Beschäftigten bei der  Einführung Neuer
Steuerungsmodelle im Regelfall eher informiert als beteiligt. Jedem Verantwortlichen   46
muß jedoch klar sein, daß die Akzeptanz der Beschäftigten, die die NSM schließlich
umsetzen müssen, nur begrenzt vorhanden  sein wird, wenn  keine vernünftige
Beteiligung stattfindet.
Da derzeit in den meisten Kommunen erst in Teilbereichen die NSM in Form von
Pilotprojekten eingeführt wurden, besteht hier die Möglichkeit, es zukünftig besser zu
machen.
Die Jungen Liberalen fordern nach wie vor, daß die Beschäftigten frühzeitig in die
Entscheidungsprozesse eingebunden werden, damit ihr „Know-how“ und ihre
praxisnahen Anregungen einbezogen werden können.

2.4 Delegation von Verantwortung
Zu einer optimalen Bürgerbetreuung gehört u. a. auch die schnelle Entscheidung
einer Behörde. Lange Dienstwege machen dies bislang unmöglich.
Die Jungen Liberalen fordern deshalb die Delegation fachlicher Verantwortung auf
die Sachbearbeiterebene. Bei der Verlagerung „nach unten“ darf es allerdings nicht
zu einer Überforderung der Mitarbeiter kommen. Diese müssen vorab durch
Schulungen auf ihre neuen Aufgaben vorbereitet werden.

2.5 Motivation
Umständliche Arbeitsabläufe, lange Entscheidungswege, gering (verfügte)
Verantwortung und Gestaltungsmöglichkeiten durch mangelnde Einbindung und
Beteiligung der Mitarbeiter wirken auf jeden Arbeitnehmer zunehmend demotivierend
und folglich kontraproduktiv.
Die Jungen Liberalen fordern die kommunalen Arbeitgeber auf, die oben erwähnten
Mißstände zu beseitigen, um somit dem  laut den NSM so wichtigem Aspekt der
Motivation Rechnung zu tragen.

Elektronisches Geld

Zum Schutz des Rechtes auf informationelle Selbstbestimmung  des einzelnen, zur
Erschwerung von kriminellen Geschäften und Geldwäsche,  um zu verhindern, daß
die Ziele der Europäischen Währungsunion ausgehöhlt werden, indem      durch
firmeneigenen elektronisches Geld mit nicht transparenten Sicherheitstechniken neue        Währungen geschaffen werden, und zur für den Endverbraucher
komfortablen und sicheren Ausnutzung neuer Telekommunikationstechnologien fordern die Jungen Liberalen NRW das Europäische Währungsinstitut, die europäischen Zentralbanken und die Regierungen der Europäischen Union auf, bei der Durchführung der Europäischen Währungsunion neben Bargeld auch elektronisches Geld zu emittieren. Begründung:

1. Die Ausgangslage

In Deutschland befinden sich mehr als 28 Millionen Kredit- und Eurochequekarten im Umlauf. Ferner werden 3,5 Millionen mit einem Paßbild versehene Bahncards, die z.T. auch über eine
Kreditkartenzahlungsfunktion verfügen, verwendet. Nahezu jeder vollgeschäftsfähige Bürger verfügt über ein Girokonto. Weltweit zeichnen sich mehrerer Formen des elektronischen, bargeldlosen Bezahlens ab:

– Kreditkarten: Mit Hilfe eines von Kreditkartengesellschaften und Computerfirmen
erstellten Sicherheitsstandards soll das sicherer Bezahlen per Kreditkarte, insbesondere die sichere Übertragung von Kreditkartennummern, über Computernetze ermöglicht werden.

-Online-Chipkarten: Chequekarten, wie z.B. die heutige Eurochequekarte, können mit
einem Chip oder einem Magnetstreifen  versehen zum bargeldlosen Bezahlen bei direkter Verbindung zu einer Bank benutzt werden.

– Offline-Chipkarten: Vorausbezahlte  Chipkarten, wie z.B. die zukünftige Eurochequekarte, werden über Netze oder an Automaten nachgefüllt werden können und, ohne eine direkte Verbindung zu einer Bank vorauszusetzen, zum Bezahlen von Kleinbeträgen eingesetzt werden. Chipkarten setzen flächendeckend Endgeräte in Telefonzellen, an Geldautomaten, in Geschäften oder am Computer zu Hause voraus.

– Elektronisches Geld: Dieses digitale „Bargeld“ stellt eine reine Softwarelösung dar-
eine Verwendung auf einer Chipkarte ist auch möglich- und zeichnet sich vor allem
durch seine Käuferanonymität aus, d.h. es kann analog zum normalen Bargeld nicht
nachvollzogen werden, wer zu welchem  Zeitpunkt und in welcher Höhe ein Kaufgeschäft durchführt.

Durch die Einführung neuer Telekommunikationstechnologien werden in Zukunft die
wesentlichen Geschäftsabläufe auf elektronischem Wege erfolgen. Bereits heute besitzen Kreditkartengesellschaften,  Banken und Versicherungen mit Hilfe von firmeneigenen oder externen Dienstleitern zu Verfügung gestellten Datenbanken detaillierte Kenntnisse über die Lebensverhältnisse von Millionen von Bürgern. Es läßt sich z.B. mit der Liste der Girokontoumsätze der letzten Monate oder sogar Jahre ein sehr genaues Persönlichkeitsprofil nicht nur  im Hinblick auf die eigene Vermögensverhältnisse, sondern auch auf  Konfessionszugehörigkeit, politische Meinung, Gesundheitszustand etc. erstellen. Ohne richterliche Genehmigung und ohne nationale Gesetze beachten oder fürchten zu müssen, können global agierende Firmen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung des einzelnen Menschen mißachten.

2. Die Entwicklung

Eine liberale Antwort auf die möglichen Gefahren neuer Telekommunikationstechnologien darf sich nicht in der Ablehnung dieser Technologien, sondern muß sich in der Schaffung von Rahmenbedingungen für die sichere und nutzbringende Anwendung derselben äußern. Bargeld wird und  darf erst dann durch eine bargeldlose Zahlungsform abgelöst werden, wenn die neue
Zahlungsform die gleiche Anonymität  besitzt und keine transaktionsbasierten Gebühren erhoben werden. Mit Hilfe von  elektronischem Geld, sowohl in Chipkartenform als auch als reine Softwarelösung, kann das Zahlungsmittel Bargeld ersetzt werden. Da bei elektronischem Geld im Gegensatz zum Bargeld ausschließlich der Käufer und nicht der Verkäufer anonym bleibt- der Bank ist jederzeit bekannt, wer wieviel Geld aber nicht von wem er es bekommen hat-, stellt das elektronische Geld eine sicherere Zahlungsform als das Bargeld dar, so daß Vorwürfe, das elektronische Geld begünstige kriminelle Geschäfte und Geldwäsche, nicht gerechtfertigt sind. Nach vielfältigen Feldversuchen beabsichtigen Kreditkartengesellschaften und Banken, firmeneigene Lösungen des elektronischen Geldes zu etablieren, um Kunden und Handel an die eigenen Produkte zu binden. Firmeneigenen elektronisches Geld bedeutet die Einführung von neuen Währungen und widerspricht somit dem Ziel der europäischen Währungsunion. Ferner wird es vermieden, die zugrundeliegenden Sicherheitstechniken offenzulegen, so daß kein
Vertrauen zu diesen firmenspezifischen Zahlungsformen gefunden werden kann, da nicht gesichert ist, ob eine Käuferanonymität tatsächlich vorliegt. Das Verhalten der Bundesbank gegenüber elektronischem Geld  ist z.Zt. hauptsächlich von der Angst vor neuen Inflationsquellen und möglichen Fälschungen geprägt. Neue elektronische Währungen können aber nur verhindert  werden, indem eine verbindliche elektronische Währung eingeführt wird. Dies ist kein  europäisches, sondern ein internationales Problem. Das Internet hört nicht an Europas Grenzen auf  zu existieren.

Kirchensteuer-Bemessungsgrundlage

Bis zur Abschaffung der Kirchensteuer fordern die nordrhein-westfälischen  Jungen Liberalen eine Änderung der  Kirchensteuer-Bemessungsgrundlage für gemeinsam veranlagte Ehepartner dahingehend, daß sich die Kirchensteuerzahlung eines Ehepartners ausschließlich nach dessen persönlichen Einkommen und nicht an dem Gemeinschaftseinkommen orientiert. Die  wirtschaftliche Leistungsfähigkeit eines nicht religiösen Ehepartners darf bei dieser zutiefst persönlichen und religiösen Abgabe Kirchensteuer nicht zur Berechnungsgrundlage werden, wenn nur der andere Partner Kirchenmitglied ist.

Aufbruch in eine liberale Informationsgesellschaft

Die Ausgangslage

Nach Agrar-, und Industriezeitalter hat auf dem Weg zur Jahrtausendwende die
Informationsgesellschaft begonnen.
Informationstechnologien werden in sämtlichen Wirtschaft- und Lebensbereichen der
modernen Gesellschaft zur vorrangigen Bestimmungsgröße des 21. Jahrhunderts.
Gewinner werden jene Gesellschaften sein, die im Bereich der Telekommunikation
eine klare Strategie  und Politik verfolgen, indem sie Gesetze schaffen, die einen
breiten Zugang zu bestmöglicher Information ermöglichen und die Voraussetzungen
für einen verantwortlichen Umgang mit diesen Informationen schaffen.

Die politische Herausforderung

Die Jungen Liberalen wollen die Chancen, die sich aus dieser Entwicklung ergeben,
für unsere Gesellschaft nutzen und damit  die Debatte über die Zukunftsfähigkeit
unseres Landes führen. Mit der Realisierung der Informationsgesellschaft werden
gravierende gesellschaftliche Veränderungen einhergehen.
Die Bewältigung dieser Herausforderung setzt einen rechtlichen Gestaltungsrahmen
voraus. Dabei müssen Fragen hinsichtlich Privatsphäre, Datenschutz und
Datensicherheit sowie der rechtlichen Einordnung neuer Informationsangebote
politisch beantwortet werden.

Die neuen Technologien schaffen in vielen Bereichen eine neue Basis für eine an der
Freiheit des Individuums orientierten Welt. Viele zeitliche,  räumliche und soziale
Barrieren können durch sie  aufgehoben werden. Diese Entwicklung muß der
Liberalismus begleiten und lenken; hierzu  ist eine breite Diskussion über die
Chancen und Risiken der neuen Technologien notwendig. Das Internet ist dabei
aufgrund seiner Möglichkeiten zur freien Meinungsäußerung, seiner Dezentralität und
seiner Vielfalt die elektronische Verkörperung des Liberalismus.
B. Herausforderungen
Die Chancen der Informationsgesellschaft für eine freiheitlichere Weltordnung
werden verspielt, wenn ihre Risiken nicht vermieden oder zumindest reduziert, wenn
ihre Herausforderungen nicht gestalterisch bewältigt werden können.

Deshalb fordern wir die Gestaltung  eines liberalen Ordnungsrahmens von
Information und Kommunikation, der

• an rechtsstaatlichen Grundsätzen orientiert ist und den Mißbrauch der
Kommunikationsmittel verhindert,
• den kompetenten Umgang des einzelnen mit Information fördert,
• das Recht auf informationelle Selbstbestimmung sichert,
• den Wettbewerb fördert und
• die Grundversorgung mit Informationen sicherstellt.

Nur dann kann es zu einem liberalen Aufbruch zur Informationsgesellschaft kommen.

C. Der liberale Weg

1. Mißbrauch der Informationstechnologien verhindern
Der einfache Zugang zu den neuen Technologien erleichtert auch den Mißbrauch.
Informationen kennen keine Grenzen. Deshalb sind internationale rechtliche
Standards notwendig, die den freien Austausch von Informationen gewährleisten und
den einzelnen vor Mißbrauch schützen. Deshalb fordern die Jungen Liberalen:

(i) Einheitliche internationale rechtliche Regelungen sind anzustreben.
(ii) Die rechtliche Verantwortung für den Inhalt von elektronisch angebotenen Daten
soll beim Autor liegen, nicht beim Netzbetreiber oder Empfänger. Dieser soll
zwar die Verpflichtung erhalten, ihm bekannte Verstöße gegen   16
Strafrechtsnormen anzuzeigen. Diese Sorgfaltspflicht beinhaltet aber keine
Verpflichtung, alle Dateien und Nachrichten auf solche Inhalte zu überprüfen.
(iii) Die Entwicklung, Herstellung und Einspeisung von menschenverachtenden,
diskriminierenden Informationen muß weltweit strafbar sein.
(iv) Da Informationen mit geringem Aufwand kopiert werden können, ist ein
weltweites Urheberrecht anzustreben. Die Verträge zur WTO (World – Trade –
Organisation) sind entsprechend zu erweitern.
(v) In Deutschland soll entsprechend der Verwertungsgesellschaft VG-Wort eine
VG-Byte eingerichtet werden, bei der Autoren Ansprüche anmelden können,
deren Informationen elektronisch weiterverarbeitet worden sind. So wie heute
von jedem Kopiervorgang Gebühren an  die VG-Wort fließen, müssen die
Netzbetreiber Gebühren an die VG-Byte entrichten.
(vi) Aus Gründen staatlicher Sicherheit, der Sicherheit wirtschaftlicher Güter und
presserechtlicher Erfordernisse ist eine Minimalkennzeichnung der im Netz
transportierten Information  notwendig. Alle Daten, die in Netzen transportiert
werden, müssen eine Absenderkennung tragen.

2. Den kompetenten Umgang des einzelnen mit Information fördern
Die Flut an Informationen führt zu einer immer größeren Diskrepanz zwischen
Information und Wissen. Die bewußte  Selektion und kritische Prüfung von
Informationen muß daher möglichst früh  erlernt werden. Informations- und
Kommunikationstechnologien müssen stärker Eingang in unser Bildungssystem
finden:

(i) Die Informationsgesellschaft benötigt  deshalb eine lebenslange Aus- und
Weiterbildung. Der Grundstein für Medienkompetenz muß bereits im
Kindergarten gelegt werden.
(ii) Bildungsmedien und interaktive  Lernprogramme müssen an Schulen und
Hochschulen ausreichend zur Verfügung stehen.
(iii) Das Fach Medienkunde ist flächendeckend einzuführen und auf die Aspekte der
Informationsverarbeitung auszudehnen.

3. Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung sichern
Die neuen Technologien erleichtern den Zugriff auf und das Zusammenführen von
Informationen. Dadurch vergrößern sie die Gefahr des „Gläsernen Bürgers“. Deshalb
fordern die Jungen Liberalen, die Anforderungen an den Datenschutz modernen
Erfordernissen anzupassen und auch international durchzusetzen.
Ziel ist die alleinige Verfügung des einzelnen über die seine Person betreffenden
Daten. Konkret fordern wir:

(i) Auskunfts- und Einwilligungsrechte des Bürgers und der Schutz der Privatsphäre
als elementarer Verfassungsbestandteil müssen weiter gestärkt werden.
(ii) Datenschutz muß dabei möglichst präventiv bei der Systemkonzeption bedacht
werden.
(iii) Nur moderne Verschlüsselungstechniken ermöglichen die Übermittlung von
privaten Informationen ohne Einblickmöglichkeit durch den Netzbetreiber oder
Dritte. Jegliche Einschränkung des Rechts auf die Nutzung dieser Verfahren ist
daher abzulehnen.
(iv) Nutzerdaten in Netzen sollen so wenig wie möglich personenbezogen sein. Auch
die anonyme Netzbeteiligung muß grundsätzlich zulässig sein, wenn der
Realname des Anbieters beim Netzbetreiber oder einer Referenzadresse   17
hinterlegt wird. Referenzadressen müssen dabei die presserechtliche und
finanzielle Verantwortung für die von ihnen geführten Pseudonyme übernehmen.
(v) Elektronisch übermittelte persönliche Nachrichten (e – mails) sind rechtlich der
Briefpost gleichzustellen, d.h. es gilt entsprechend Art. 10 GG das e-mail-
Geheimnis.
(vi) Erweiterung der Aufgaben des bisherigen Datenschutzbeauftragten zu einem
Informationsbeauftragten.

4. Den Wettbewerb fördern
Allen Bürgern, die sich an der Informationsgesellschaft beteiligen wollen, soll der
Zugriff durch möglichst geringe Kosten und ein bestmögliches Angebot so leicht wie
möglich gemacht werden. Dies kann am besten durch den freien Markt und private
Telekommunikationsanbieter erreicht werden. Deshalb fordern die Jungen Liberalen:

(i) Die Schaffung von Heimarbeitsplätzen darf nicht durch starre
Tarifvertragsregelungen behindert werden. Die Tarifverträge müssen die
sozialen und gesellschaftlichen Veränderungen, die mit dieser Entwicklung
einhergehen, wiederspiegeln.
(ii) Die weltweiten Entwicklungen auf den Informations- und
Kommunikationsmärkten dürfen nicht durch „Informations- und
Kommunikationsschwierigkeiten“ sechzehn unterschiedlicher Bundesländer
gebremst werden. Die Kompetenzen für die Zulassung und
Konzentrationskontrolle im Bereich der  Medienpolitik, sowie die rechtlichen
Fragen der Informations- und Kommunikationsgesellschaft sind an den Bund zu
übertragen.
(iii) Spätestens bis zum 01.07.1996 müssen die Lizenzierungsbedingungen für
private Wettbewerber der Telekom feststehen. Das Netzmonopol der DBP
Telekom ist bereits zum 31.12.96 aufzuheben. Zumindest aber sind
Einzelprojekte privater Netzbetreiber zu genehmigen. Für die Nutzung von
Netzen sollten Sonderkonditionen eingeführt werden, um Wettbewerbsnachteile,
insbesondere im Vergleich zu den USA, auszugleichen. Davon getrennt ist eine
Privatisierung des Kabelfernsehnetzes  der Telekom voranzutreiben. Am Ende
dieser Entwicklung muß eine vollständige Liberalisierung des Telekomsektors
erreicht sein.
(iv) Im Mobilfunk- und Bündelfunkbereich muß es den Telekomwettbewerbern
ermöglicht werden, auf eigene Leitungsstellen bzw. Vermittlungsstellen
zurückzugreifen.
(v) Die vorhandenen Netze der Energieversorger, der Deutschen Bahn und anderer
Unternehmen sollten umgehend für Telekommunikationswege freigegeben
werden. Zu Beginn der Lizenzvergabe werden neue, insbesondere
mittelständische Wettbewerber bevorzugt. Die Vergabe muß asymmetrisch
erfolgen, d.h. neue Anbieter müssen von einigen Auflagen befreit werden, nach
denen sich der bisherige Monopolist richten muß. Ein Universaldienst muß
gewährleistet werden, aber er darf keine Marktzutrittsschranke für neue
Unternehmen bilden.
(vi) Feldversuche im Bereich Multi-Media-Dienste müssen durch unbürokratische
Vergabe von Lizenzen unterstützt werden, möglichst auf europäischer Ebene.
Den Betreibern muß es gestattet werden, ihre eigene Infrastruktur aufzubauen
und zu nutzen.
(vii) Das Bundespostministerium ist unverzüglich aufzulösen. Alle
Regulierungsaufgaben werden dem Bundeskartellamt übertragen, das zur   18
Erfüllung der notwendigen Aufgaben erweitert wird. Hierzu gehören die Vergabe
von Lizenzen, die sektorspezifische Verhaltens- und Mißbrauchskontrolle, sowie
die ohnehin in ihr  Aufgabengebiet fallende Konzentrationskontrolle. Forschung
und Modellvorhaben werden dem Zukunftsministerium zugeordnet.
(viii) Entstaatlichung und Deregulierung stellen die beste Forschungsförderung dar,
diese ist auf den Bereich von Querschnittstechnologien zu beschränken und
entsprechend den wirtschaftlichen Notwendigkeiten auszudehnen.
(ix) Weitere Liberalisierungsschritte z.B. die Erleichterung neuer multimedialer
Dienstleistungsangebote sind durchzuführen.

Öffentliche Monopole dürfen nicht durch private Monopole abgelöst werden: Wir
fordern deshalb eine Überprüfung des  Wettbewerbsrechts, insbesondere um
Meinungsmonopole zu verhindern:

(i) Interaktive elektronische Dienste (z.B. Teleshopping, On-Demand-Dienste und
interaktive Dienste) sollen rechtlich nicht mehr unter den Rundfunkbegriff fallen.
Sie sind rechtlich ähnlich wie Printmedien zu behandeln, unterliegen also zum
Beispiel unter dem Kartellrecht.  Dienste, die eine Mischform zwischen
Individualkommunikation und Kollektivkommunikation darstellen (z.B. Near Video
On Demand, Pay per View), sind in  jedem Fall weniger strengen Regelungen zu
unterwerfen.
(ii) Einer Bildung vertikaler Kartelle muß durch  eine strikte Trennung von
Informationsanbietern und Netzbetreibern vorgebeugt werden.

5. Die Grundversorgung mit Informationen sicherstellen
Information ist wie Luft, Wasser und Boden ein Gut, welches unter
dem Schutz staatlicher Ordnung zu stehen hat. Ein freier Zugang zu Information ist
ein Bürgerrecht. Deshalb setzen sich Liberale heute entschlossen für den offenen
Zugang zu Information ein – wie sie sich früher für den offenen Zugang zu Bildungs-
einrichtungen eingesetzt  haben. Eine Zweiklassengesellschaft darf durch die
Informationsgesellschaft nicht entstehen. Unsere Vision sieht vor:

(i) Niemand darf aus politischen, religiösen oder sozialen Gründen vom Zugang zu
einem öffentlichen Netz ausgeschlossen werden.
(ii) Das Internet ist als erstes funktionierendes globales Dorf unter den besonderen
Schutz der UNO zu stellen.
(iii) Multinationale Netze müssen frei, d.h. grundsätzlich jedem zugänglich sein und
sich von Netz zu Netz gegenseitig Gastzugänge einräumen.
(iv) Die Filterung von Informationen aus weltanschaulichen, religiösen oder
politischen Motiven ist Netzbetreibern verboten.
(v) Über eine nationale Stiftung „Information“ sind öffentliche  Bibliotheken und
Schulen verbilligt an öffentliche Netze anzuschließen. An dieser Stiftung sind die
Netzbetreiber finanziell zu beteiligen.
(vi) Eine über den bestehenden öffentlich-rechtlichen Rundfunk hinausgehende
öffentlich-rechtliche Selektion der Information ist nicht erforderlich.

6. Als Staat ein Zeichen setzen
Um die Entwicklung der Informationsgesellschaft voranzutreiben, muß der Staat
selbst mit gutem Beispiel vorangehen:
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(i) Bundes- und Landesregierungen sowie kommunale Gliederungen sollten
öffentliche Informationen (Gesetze, Raumplanungen, Regierungserklärungen,
Bundestagsprotokolle usw.) elektronisch zugänglich machen.
(ii) In den öffentlichen Verwaltungen sollten Pilotvorhaben  für Telearbeit initiiert
werden.
(iii) Öffentliche Ausschreibungen sollten zusätzlich elektronisch publiziert werden,
Angebote auch on – line einreichbar sein.
(iv) Bürger sollten schon im Jahr  1997 Steuererklärungen  über moderne Medien
einreichen können.
D. Der Ausblick

Wie die Informationsgesellschaft in Zukunft unser Leben, die Umwelt und die
Wirtschaft beeinflußen wird, hängt letztlich davon ab, welche politischen
Gestaltungsentscheidungen in der Gegenwart getroffen werden. Rot/grüne
Fortschrittsfeindlichkeit kann den zukünftigen Anforderungen dabei nicht gerecht
werden. Die digitale Revolution ist keine ferne Vision. Die Informationsgesellschaft
kommt. Nichts wird mehr sein, wie es war. Die Jungen Liberalen stellen sich der
politischen Debatte über die Zukunftsfähigkeit unseres Landes und fordern auch von
der F.D.P. eine stärkere politische Besetzung dieses Zukunftsfeldes.