Demokratie Update: Moderne Strukturen für einen modernen Staat

Die grundlegende Organisation eines Staates gehört zu seinen zentralen Merkmalen und prägt sein politisches System sowie seine Gesellschaft. Die historisch gewachsenen Strukturen in der Bundesrepublik Deutschland erfüllen teilweise ihren Zweck nicht mehr oder führen zu Problemen, die bei ihrer Begründung nicht absehbar waren. Dazu kommt, dass ein moderner Staat nach liberalem Verständnis möglichst effizient und einfach strukturiert ist. Komplexe, undurchsichtige staatliche Strukturen verringern das Vertrauen in den Staat und fördern Politikverdrossenheit und  Unzufriedenheit mit dem politischen System, was wiederum politische Extreme und eine niedrige Wahlbeteiligung begünstigt. Um deutsche Kommunen und Länder sowie den Bund zukunftsfit zu machen, brauchen alt hergebrachte Strukturen ein Update, um wieder ein moderner Staat zu werden.

Einfach und repräsentativ – Wahlen und Wahlsystem

Wahlen sind das zentrale Element einer Demokratie. Durch Wahlen wird der Wille des Staatsvolkes geformt, mit dem Ziel Parlamentarier zu bestimmen, die für die nächste Legislaturperiode eben diesen Willen repräsentieren sollen. Dabei existieren auf kommunaler Ebene bereits viele unterschiedliche, häufig völlig undurchsichtige Wahlsysteme. Dies ist deshalb ein Problem, weil die Nachvollziehbarkeit des Einflusses der einzelnen Stimmabgabe und der Wahlen insgesamt ein zentrales Qualitätsmerkmal eines jeden Wahlsystems ist. Darüber hinaus stellt sich die Frage welchem Zweck Wahlen überhaupt dienen sollen. Die Jungen Liberalen sind davon überzeugt, dass Wahlen bestmöglich die Wählerentscheidung und damit den Willen des Volkes repräsentieren sollen. Dies wird aber bereits bei der Aufteilung in Erst- und Zweitstimme schwierig. Darüber hinaus sind auch die technischen Gegebenheiten von Wahlen entscheidend, vor allem für die Beteiligung an diesen. Die Jungen Liberalen setzen sich dafür ein, dass Wahlen möglichst wählerfreundlich und attraktiv gestaltet werden. Um den Wählerwillen besser zu repräsentieren und die Beteiligung an Wahlen wieder attraktiver zu gestalten, fordern die Jungen Liberalen konkret:

  • Die Harmonisierung und Vereinheitlichung von Wahlsystemen auf dem ganzen Bundesgebiet, auf Kommunal-, Landes- und Bundesebene.
  • Die Abschaffung der Erststimme und die Umstellung der Wahlsysteme auf eine offene Listenwahl mit Vorzugsstimme. Dabei sollen die Wähler genau eine Stimme erhalten. Diese können sie entweder einer antretenden Liste in der vorgeschlagenen Reihung geben, wie es bisher der Fall ist, oder sie geben ihre Stimme als sogenannte Vorzugsstimme einem bestimmten Kandidaten auf einer antretenden Liste, um so in die vorgeschlagene Reihung der Liste eingreifen zu können.
  • Die Einteilung der Wahlkreise in größere Mehrpersonenwahlkreise mit festen Mandatszahlen. Dabei wird die Sitzzahl des jeweiligen Parlamentes fixiert und jeder Wahlkreis entsendet eine feste Anzahl an Repräsentanten in das Parlament. Die Mandate, die pro Wahlkreis vergeben werde, werden mittels Verhältniswahl aus offenen Listen mit Vorzugsstimme bestimmt.
  • Die Direktwahl des Bundespräsidenten durch das deutsche Volk.
  • Die Kommunalwahl- und Landeswahlperiode muss auf 4 Jahre reduziert werden.
  • Die Ablösung des Bundesrates durch einen Bundessenat, dessen Mitglieder in gleicher und direkter Wahl von der Bevölkerung der Bundesländer gewählt werden. Dies soll gemeinsam mit der Bundestagswahl erfolgen.

Einfach und repräsentativ – Wahlen und Wahlsystem

Wahlen sind das zentrale Element einer Demokratie. Durch Wahlen wird der Wille des Staatsvolkes geformt, mit dem Ziel Parlamentarier zu bestimmen, die für die nächste Legislaturperiode eben diesen Willen repräsentieren sollen. Dabei existieren auf kommunaler Ebene bereits viele unterschiedliche, häufig völlig undurchsichtige Wahlsysteme. Dies ist deshalb ein Problem, weil die Nachvollziehbarkeit des Einflusses der einzelnen Stimmabgabe und der Wahlen insgesamt ein zentrales Qualitätsmerkmal eines jeden Wahlsystems ist. Darüber hinaus stellt sich die Frage welchem Zweck Wahlen überhaupt dienen sollen. Die Jungen Liberalen sind davon überzeugt, dass Wahlen bestmöglich die Wählerentscheidung und damit den Willen des Volkes repräsentieren sollen. Dies wird aber bereits bei der Aufteilung in Erst- und Zweitstimme schwierig. Darüber hinaus sind auch die technischen Gegebenheiten von Wahlen entscheidend, vor allem für die Beteiligung an diesen. Die Jungen Liberalen setzen sich dafür ein, dass Wahlen möglichst wählerfreundlich und attraktiv gestaltet werden. Um den Wählerwillen besser zu repräsentieren und die Beteiligung an Wahlen wieder attraktiver zu gestalten, fordern die Jungen Liberalen konkret:

  • Die Harmonisierung und Vereinheitlichung von Wahlsystemen auf dem ganzen Bundesgebiet, auf Kommunal-, Landes- und Bundesebene.
  • Die Abschaffung der Erststimme und die Umstellung der Wahlsysteme auf eine offene Listenwahl mit Vorzugsstimme. Dabei sollen die Wähler genau eine Stimme erhalten. Diese können sie entweder einer antretenden Liste in der vorgeschlagenen Reihung geben, wie es bisher der Fall ist, oder sie geben ihre Stimme als sogenannte Vorzugsstimme einem bestimmten Kandidaten auf einer antretenden Liste, um so in die vorgeschlagene Reihung der Liste eingreifen zu können.
  • Die Einteilung der Wahlkreise in größere Mehrpersonenwahlkreise mit festen Mandatszahlen. Dabei wird die Sitzzahl des jeweiligen Parlamentes fixiert und jeder Wahlkreis entsendet eine feste Anzahl an Repräsentanten in das Parlament. Die Mandate, die pro Wahlkreis vergeben werde, werden mittels Verhältniswahl aus offenen Listen mit Vorzugsstimme bestimmt.
  • Die Direktwahl des Bundespräsidenten durch das deutsche Volk.
  • Die Kommunalwahl- und Landeswahlperiode muss auf 4 Jahre reduziert werden.
  • Die Ablösung des Bundesrates durch einen Bundessenat, dessen Mitglieder in gleicher und direkter Wahl von der Bevölkerung der Bundesländer gewählt werden. Dies soll gemeinsam mit der Bundestagswahl erfolgen.

Attraktiv und Interaktiv – Beteiligung für alle gewährleisten

Eine lebendige Demokratie lebt von der Teilhabe und Beteiligung aller Bürger. Die historisch gewachsenen und verkrusteten Strukturen in Deutschland machen aber eine Beteiligung am politischen Geschehen für viele Menschen unnötig kompliziert. Auch führende wissenschaftliche Institutionen wie die Bertelsmann Stiftung fordern Reformen, um die demokratische Beteiligung wieder attraktiv zu gestalten. Als Liberale wollen wir es jedem Bürger so einfach wie möglich machen sich aktiv an der demokratische Willensbildung zu beteiligen. Deshalb fordern die Jungen Liberalen konkret:

  • Die verstärkte horizontale und vertikale Zusammenlegung von Wahlterminen.
  • Die Absenkung des Alters zur Ausübung des aktiven und passiven Wahlrechts auf 16 Jahre.
  • Die Erprobung und Einführung neuer Formen der Stimmabgabe, z.B. ein zentrales, elektronisches Wählerregister und damit verbundenen Wahlcomputer, mobile Wahllokale oder Verfahren zur Stimmabgabe über das Internet.
  • Die zügige Auszählung aller Stimmen, sodass das Wahlergebnis schnell feststeht.
  • Die rechtliche Verankerung von Volksentscheiden zu Sachfragen auf allen föderalen Ebenen der Bundesrepublik. Dabei sollen Volksentscheide sowohl durch Verfassungsorgane, sowie Teile davon, als auch durch die Bevölkerung mit einem gewissen Quorum initiiert werden können. Neben Volksentscheiden zu Sachfragen soll die Möglichkeit für ein Misstrauensvotum gegen eine Regierung über einen Volksentscheid möglich sein. Hierfür müssen jedoch relativ hohe Hürden und klare rechtliche Voraussetzungen festgesetzt werden.

Föderalismus neu gedacht – Neue Strukturen für Deutschland

Die Gliederung des Bundesgebietes in die 16 Bundesländer, diverse Landschaftsverbände, Bezirksregierungen, Regionalparlamente, Flächenkreise und kreisfreie Städte ist eine ineffektive Struktur. Besonders die Stadtstaaten Berlin, Bremen und Hamburg, sowie das kleinste Bundesland, das Saarland, kämpfen mit großen Problemen und sind für sich alleine kaum effizient zu verwalten. Auch in großen Bundesländern wie Bayern, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfahlen kommt es durch die enorm großen Zusammenschlüsse von Regionen, die sowohl wirtschaftlich als auch kulturell unterschiedlich geprägt sind, immer wieder zu Problemen, die vor allem strukturell bedingt sind. Ein moderner Föderalismus erzeugt Wettbewerb zwischen gleichwertigen Organisationseinheiten, davon ist aber bei einem Wettbewerb zwischen Bremen und Bayern nichts mehr zu erkennen. Als Junge Liberale setzen wir uns für eine grundlegende Reform des in Deutschland zugrundeliegenden Föderalismus ein. Konkret fordern die Jungen Liberalen:

  • Die Auflösung der Stadtstaaten Bremen, Hamburg und dem Bundesland Saarland, sowie die Eingliederung in die sie umgebenden Bundesländer.
  • Die grundlegende Überprüfung der Verfasstheit aller Bundesländer. Wirtschaftlich deutlich unterschiedliche Regionen in einem Bundesland zusammenzufassen halten wir für enorm problematisch. Das Ergebnis der Überprüfung kann sowohl zu einer Aufspaltung von Bundesländern als auch zur Bildung neuer Regionen oder zur Umstrukturierung von Bundesländern führen.

Schlank und effizient – Staatsstrukturen für die Zukunft

Die Strukturen staatlicher Organisationen spiegeln ihre Handlungsfähigkeit und ihren Grad an Effizienz wieder. Viele historisch gewachsene Strukturen in der Bundesrepublik doppeln sich oder könnten aus Effizienzgründen zusammengelegt werden. Nicht umsonst ist vielerorts die öffentliche Verwaltung der größte Arbeitgeber. Die Organisation staatlichen Handelns sollte sich aber nie als Selbstzweck, sondern immer als Serviceangebot an den Bürger bzw. als verlängerter Arm des Wählerwillens betrachten. Für einen schlanken und effizienten Staat fordern die Jungen Liberalen konkret:

  • Eine Effizienzüberprüfung aller Ämter, Behörden, Regierungsbezirke, Landschaftsverbände und weiterer staatlicher Einrichtungen.
  • Als Konsequenz aus der Effizienz-Überprüfung die Zusammenlegung, und Reorganisation staatlicher Institutionen.
  • Einen klaren und deutlichen Serviceauftrag an alle staatlichen Institutionen, was sich sowohl in der Transparenz und der Zugänglichkeit von Informationen, als auch in den Öffnungszeiten und den allgemeinen Serviceangeboten widerspiegeln soll.

„Was geht dich das an?“ – Datenschutz neu geregelt

Datenschutz ist in Deutschland traditionell ein sensibles Thema. Insbesondere mit den Erfahrungen in der DDR sind wir in diesem Bereich stark vorbelastet. Die Skandale um die US-amerikanischen sowie britischen Geheimdienste NSA und GCHQ mit ihren Überwachungsprogrammen PRISM und Tempora sind für uns daher ein Schlag ins Gesicht. Wir wollen, dass Bürger nicht überwacht werden.

Wir erkennen an, dass es in der heutigen Welt unumgänglich ist, zur Sicherung des friedlichen zivilen Lebens und der Demokratie eine gewisse Aufklärungsarbeit zu leisten. Dies darf aber nicht dazu führen, dass sich in Freundschaft verbundene Rechtsstaaten gegenseitig ausspionieren.

Daher fordern wir EU-Mitgliedsstaaten und alle weiteren an Datenschutz interessierte Nationen auf, ein Abkommen auf den Weg zu bringen, das eine gegenseitige Bespitzelung und Spionage über jegliche Möglichkeiten ausschließt und gleichzeitig verurteilt.

Wir erkennen an, dass verschiedene Staaten unterschiedliche Vorstellungen von Datenschutz haben. Uns ist bewusst, dass ein Land wie die USA vermutlich nie den deutschen Ansprüchen an Privatsphäre genügen wird. Aktuell liegt aber leider ein Großteil der international vorgehaltenen Daten in den USA. Aus diesem Grund möchten wir dem Datenschutz auf internationaler Ebene einen neuen Rahmen geben.

Der Datenschutz ist in Europa bereits sehr umfassend geregelt. Am bisherigen Rechtsrahmen möchten wir auch weiterhin festhalten. Aber leider bieten sich insbesondere im internationalen Umfeld einige Schlupflöcher. Wir fordern daher die Auflösung des Safe-Harbor-Abkommens, das es Unternehmen ermöglicht, Daten europäischer Kunden in den USA zu verarbeiten. Stattdessen fordern wir ein Schengen 2.0, ein Abkommen über einen gemeinsamen Datenschutzraum, in dem identische, hohe Anforderungen an den Datenschutz bestehen. Die Daten von Schengen 2.0-Bürgern dürfen nur in Schengen 2.0-Staaten verarbeitet werden. Ausnahmen davon sind nur dann möglich, wenn zweifelsfrei nachgewiesen wird, dass durch die Verarbeitung im Ausland keine zusätzliche Gefahr für die Daten besteht. Ein Abkommen ähnlich Safe-Harbor erfüllt diese Voraussetzung aus unserer Sicht nicht.

Der beste Datenschutz ist, keine Daten zu sammeln. Wir setzen uns daher nachdrücklich für den Grundsatz der Datensparsamkeit ein. Um Unternehmen zur Einhaltung dieses Grundsatzes zu animieren möchten wir sie verpflichten, auf Nachfrage nicht nur detailliert offenzulegen, welche personenbezogenen Daten gesammelt wurden, sondern auch für welchen Zweck diese verwendet wurden und werden. Der Nutzer soll jederzeit die Möglichkeit haben, personenbezogene Daten über seine Person löschen zu lassen.

Personenbezogene Daten werden immer häufiger für zielgerichtete Werbung eingesetzt. Wir fordern, dass der Einsatz personenbezogener Informationen in der Werbung gekennzeichnet wird. Der Benutzer muss nachvollziehbar erkennen können, aufgrund welcher Information ihm eine Werbebotschaft angezeigt wird.

Wir wollen personenbezogene Daten wirksam vor dem Zugriff durch Dritte schützen. Überträgt ein Unternehmen personenbezogene Daten über einen Weg, den es nicht vollständig kontrollieren kann, wie z.B. öffentliche Kommunikationsnetze, müssen die Daten verschlüsselt übertragen werden.

Wir möchten aber auch die Sammlung von Daten durch Dritte beenden. Personenbezogene Daten wie auch Bewegungsdaten dürfen nur durch Unternehmen gesammelt werden, die in einer direkten Vertragsbeziehung mit dem Nutzer stehen. Es soll nicht mehr möglich sein, dies durch allgemeine Geschäftsbedingungen auch Dritten zu gestatten.

Die Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen zwischen den USA und der EU sehen wir als Chance für mehr Datenschutz. Unter dem Motto „Was geht dich das an?“, sollen dabei alle Abkommen über den Datenaustausch, wie z.B. das Abkommen über die Weitergabe von Flugpassagierdaten kritisch hinterfragt werden. Außerdem sollen die USA dazu bewegt werden, das europäische Datenschutzniveau zu erreichen.

Wir begrüßen die Forderung der Bundes – FDP kein Freihandelsabkommen mit den USA einzugehen, ohne dass ein No-Spy- Abkommen abgeschlossen und schließen uns dieser Forderung an.

Freiheit in Einheit – Europapolitische Grundsätze der Jungen Liberalen NRW

Freiheit in Einheit – Europapolitische Grundsätze der Jungen Liberalen NRW

I. Motivation und Ziel liberaler Europapolitik

Die wirtschaftliche und politische Integration der Staaten Europas hat seit ihren Anfängen in den Römischen Verträgen zu einem Mehr an Frieden, Freiheit und Wohlstand für einen immer größeren Teil unseres Kontinents geführt. Der Binnenmarkt, die gemeinsame Währung und die Reise- und Niederlassungsfreiheit im Rahmen der Europäischen Union und Schengen-Abkommen lassen heute alle Europäer die Vorzüge der bisherigen Integration spüren. Die Jungen Liberalen NRW bekennen sich daher zum Prozess der europäischen Einigung und zur Europäischen Union als deren Mittel.

Gleichzeitig sehen wir, dass in den letzten Jahren durch die Staatsschuldenkrise, ein anhaltendes demokratisches Defizit sowie fragwürdige Überreglementierungen Schwachstellen der bisherigen Integration deutlich geworden sind. Die Europäische Union befindet sich derzeit in einer ernsten Legitimations- und Vertrauenskrise. Nur wenn es gelingt, die richtigen Antworten auf die aktuellen Herausforderungen zu finden, kann die EU ein Erfolgsmodell bleiben. Die dafür entscheidenden Weichen müssen in der kommenden Wahlperiode des Europäischen Parlaments gestellt werden. Die Jungen Liberalen NRW fordern daher einen Konvent zur Änderung der Europäischen Verträge, der die Errungenschaften der europäischen Integration langfristig sichert und ihre bisherigen Schwachstellen beseitigt.

Die Politik der EU muss sich zukünftig strikt an den Grundsätzen der demokratischen Legitimation, des Wettbewerbsföderalismus und der Subsidiarität orientieren. Die Union soll sich nicht in der Detailsteuerung des Lebens von über 500 Millionen Europäern verlieren, sondern einen politischen Rahmen für diejenigen Politikfelder schaffen, in denen nur ein europäisches Vorgehen zu guten Ergebnissen führt. Wo aber Pluralität und Vielfalt im Sinne eines wettbewerblichen Ordnungsrahmens zu besseren Ergebnissen führen, müssen Mitgliedsstaaten auch weiterhin verschiedene Wege gehen können. Die richtige Balance hierfür zu finden, ist Motivation und Ziel jungliberaler Europapolitik.

Langfristig halten die Jungen Liberalen NRW einen europäischen Bundesstaat für die beste Form der Zusammenarbeit in Europa. Diesen sehen wir nicht als starre Finalitätsfestschreibung, sondern vielmehr als Orientierungspunkt in den Debatten über das Ziel der europäischen Einigung. Nachdem durch vollständige demokratische Legitimation, einen funktionierenden Wettbewerbsföderalismus, ein starkes Subsidiaritätsprinzip und ein souveränes Austrittsrecht für Gliedstaaten ein hinreichender Rahmen für die Übertragung nötiger politischer Letztentscheidungsrechte geschaffen worden ist, sollen die Bürger der europäischen Union und das deutsche Volk über den Weg des Art. 146 GG in freier Entscheidung über die Verwirklichung eines europäischen Bundesstaates bestimmen. Den Weg dorthin wollen die Jungen Liberalen NRW aktiv gestalten und bei der Europawahl 2014 für ihre Ziele werben.

II. EU demokratisieren, Institutionen neu ordnen

In der Europäischen Union gibt es derzeit weder eine klare Gewaltenteilung, noch eine umfassende demokratische Legitimation ihrer Organe. Bei der Kommission vermischen Legislativ- und Exekutivfunktionen, die Staats- und Regierungschefs sowie nationale Minister haben sehr viel, das demokratisch gewählte Europäische Parlament dagegen immer noch zu wenig Einfluss. Allzu oft sind politische Verantwortlichkeiten unklar, weil Kommission und Parlament gezielt die Darstellung parteilicher Vielfalt vermeiden. Diesen Missstand wollen wir beheben und die EU demokratischer und funktioneller machen.

Deshalb fordern wir:

  • Die Diskussion über den Kurs Europas muss von den Hinterzimmern der EU-Gipfel und Ratstreffen in das Europäische Parlament verlagert werden. Das Europäische Parlament muss das Recht haben, Gesetze selbst einzubringen.
  • Die EU-Kommission soll ein reines Exekutivorgan werden, das dem Parlament Rechenschaft ablegt. Der Kommissionspräsident soll durch das EP gewählt werden und über die Zahl und den Zuschnitt der Kommissariate entscheiden können. Hierbei ist jedoch, unserer Ansicht nach, die Zahl von 27 Kommissaren zu hoch.
  • Grundsätzlich fordern wir eine strikte Trennung von Amt und Mandat; insbesondere zwischen Kommission und EP.
  • Langfristig muss der Ministerrat durch eine zweite Kammer des EPs, den Europäischen Senat, ersetzt werden. In diese Kammer entsenden alle Mitgliedsstaaten zwei Senatoren, die nach nationalem Wahlrecht zu bestimmen sind. Der Europäische Senat soll gleichberechtigt mit den Volksvertretern an der Normengebung der EU beteiligt sein.
  • Der Europäische Rat soll vorerst bestehen bleiben. Seine Kompetenzen sollen sich aber auf die Änderung der Europäischen Verträge und übergeordnete Fragen beschränken.
  • Im Europäischen Parlament muss langfristig die Gleichheit der Wahl hergestellt werden. Alle EU-Bürger müssen in gleichem Maße über die Politik des EP mitbestimmen können. Bis dieses System der proportionalen Repräsentation mit europäischen Parteilisten oder Listenverschränkungen umgesetzt ist, müssen konkrete Schritte in diese Richtung unternommen werden. Die nationalen Mandatskontingente sind dabei sukzessive abzuschmelzen.
  • Bei Wahlen zum Europäischen Parlament befürworten wir europaweite Spitzenkandidaten der Parteien und ähnliche Wahlkampagnen.
  • Im EP soll es keine Sperrklauseln geben.
  • Das Europäische Parlament soll seinen einzigen Sitz selbst festlegen können.
  • Die Europäische Bürgerinitiative muss gestärkt, Möglichkeiten von Bürgerbegehren und Bürgerentscheiden auf Europaebene eingeführt werden.

III. Solide Finanzen, stabiles Europa

Die Schuldenkrise in Europa hat gezeigt, wie wichtig solide Staatsfinanzen sind. Das Haushaltsrecht ist grundsätzlich das Königrecht nationaler Parlamente. Wenn aber durch unverantwortliche Ausgaben- und Schuldenpolitik Einzelner die gesamte Union in Schieflage gerät, muss Europa eingreifen. Wir setzen uns für eine europäische Stabilitäts- und Wettbewerbsunion ein und erteilen jedem Ruf nach einer Schulden- und Transferunion eine klare Absage.

Deshalb fordern wir:

  • Der Europäische Fiskalpakt muss verteidigt und durchgesetzt werden. Seine vollständige Implementierung in nationales Recht ist unbedingte Voraussetzung für eine Teilnahme am System des Europäischen Stabilitätsmechanismus.
  • Von den Stabilitäts- und Defizitkriterien darf es neben Katastrophenfällen gesamtstaatlichen Ausmaßes keine Ausnahmen geben, auch nicht für eine Investitionsklausel.
  • Bei Nichtbeachtung der Bestimmungen des Fiskalpakts sowie des Stabilitäts- und Wachstumspakts müssen die Sanktionsmöglichkeiten ausgeweitet werden. Wir halten einen vollständigen Zahlungsstopp von EU-Geldern, einen Stimmrechtsentzug im Ministerrat und in letzter Konsequenz den Ausschluss eines Mitglieds aus dem Euro für sinnvoll und notwendig. Auch muss es für jeden Euro-Staat ein Austrittsrecht aus dem Euro geben.
  • Es darf auch in Zukunft keine automatische gemeinschaftliche Schuldenhaftung in Europa geben, weder durch Altschulden- oder Schuldentilgungsfonds, noch durch Eurobonds oder wie auch immer geartete andere Maßnahmen.
  • Der Europäische Stabilitätsmechanismus ist von Liberalen nur als zeitweilige Maßnahme akzeptiert worden. Er muss auslaufen. Bis zum Ende der kommenden Wahlperiode des Europäischen Parlaments müssen Regelungen hierfür geschaffen werden. In diesem Zuge ist auch eine Insolvenzordnung für Euro-Mitgliedsstaaten zu schaffen.
  • Die Europäische Zentralbank muss ihre politische Unabhängigkeit zurückerlangen, sie darf nicht für die Erreichung finanz- oder wirtschaftspolitischer Ziele missbraucht werden. Ihre oberste Aufgabe muss die Geldwertstabilität sein. Die EZB darf unter keinen Umständen Staatsanleihen erwerben oder jedwede andere Form von Schuldenumverteilung der Mitgliedsstaaten vornehmen.
  • Die Stimmgewichtung im EZB-Rat muss stärker das Maß der Haftung der Mitgliedsstaaten widerspiegeln. Daher sind die Stimmrechte proportional nach Kapitaleinlage zu gestalten. Für wichtige Entscheidungen soll eine qualifizierte Mehrheit von 80% der Stimmen gelten.
  • Eine gemeinsame europäische Bankenaufsicht ist ab einer bestimmten Bilanzsumme richtig, die kleinere Geldhäuser wie z.B. die Mehrzahl der deutschen Sparkassen in nationaler Aufsicht belässt.
  • Die mehrjährigen Finanzrahmen der Union sollen mittelfristig unterhalb der Grenze von einer Billion Euro bleiben.
  • Eine eigene Steuererhebungskompetenz der EU lehnen wir ab, solange das EP keine hinreichenden Kontrollfunktionen besitzt; eigene Schulden soll die Union nicht machen dürfen. Nachlässe bei den Beiträgen der Mitgliedsstaaten zum EU-Haushalt sollen zudem sukzessive abgebaut werden.

IV. Starke Wirtschaft, gute Arbeit

Der gemeinsame Binnenmarkt ist eine der größten Errungenschaft der europäischen Einigung. Für die Jungen Liberalen NRW ist es eine zentrale Aufgabe der Europäischen Union, den gemeinsamen Binnenmarkt und damit den freien Waren-, Dienstleistungs- und Kapitalaustausch zwischen den Mitgliedsstaaten zu verteidigen und zu vervollkommnen. Das deutsche Erfolgsmodell der Sozialen Marktwirtschaft, die einen freien Markt mit sozialer und ökologischer Verantwortung vereint, ist ein Vorbild für die Wirtschaftspolitik in Europa.

Deshalb fordern wir:

  • Die EU muss weiterhin für die Durchsetzung eines möglichst unverfälschten Binnenmarktes verantwortlich sein.
  • Das Modell einer europäischen Wirtschaftsregierung steht dem Gedanken des produktiven Wettbewerbs im Ordnungsrahmen stabiler Staatsfinanzen entgegen. Solange die Schulden- und Defizitkriterien eingehalten werden, muss den Mitgliedsstaaten ihre Wirtschaftspolitik freistehen.
  • Ein europäischer Wachstums- und Beschäftigungspakt geht an den Grundproblemen wirtschaftlich angeschlagener Mitgliedsstaaten vorbei. Wollen diese Länder im europäischen und internationalen Wettbewerb langfristig bestehen, müssen vielmehr notwendige Reformen der Wirtschafts-, Arbeitsmarkt- und Sozialsysteme angegangen werden.
  • Sinnvoll ist hierbei vor allem ein offener Arbeitsmarkt mit niedrigschwelligen Einstiegschancen und qualifizierten Beschäftigten. Ein Abbau gesetzlicher Mindestlöhne, zu hoher Kündigungsschutzregeln und überbordender Bürokratie können ebenso einen Beitrag leisten wie die Einführung dualer Ausbildungssysteme. Für Unternehmen sollten Gründungs- und Investitionsbedingungen verbessert und in den Sozialsystemen Hürden für die Aufnahme einer Beschäftigung zurückgeführt werden.
  • Bei der Einführung europäischer Regelungen zum Verbraucherschutz muss darauf geachtet werden, das Prinzip des freien Binnenmarkts nicht zu schädigen. Verbraucher benötigen Informationen, keine Bevormundung.
  • Die Kompetenzen für Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik sollen weiterhin bei den Mitgliedsstaaten verbleiben, solange diese die Kriterien stabiler Staatsfinanzen beachten. Wir befürworten aber die Entwicklung und Implementierung von EU-Standards zur Qualitätssicherung, Transparenz und Vergleichbarkeit von Dienstleistungen in diesen Bereichen, um auch hier einen funktionierenden Binnenmarkt zu verwirklichen. Die grenzüberschreitende Mitnahme von Ansprüchen auf Versicherungsleistungen muss zudem vereinfacht und verbessert werden.
  • Um das Prinzip der Arbeitsnehmerfreizügigkeit zu stärken, sollen Programme zur Förderung der europäischen Arbeitsvermittlung gestärkt werden. Eine Einbindung von Arbeitgeberverbänden kann das Angebot für Arbeitnehmer weiter verbessern.

V. Subsidiarität befördern, Bürgerrechte verteidigen

Ein wesentliches Element der Europäischen Union ist das Subsidiaritätsprinzip. Eine politische Entscheidung ist umso legitimierter, desto eher Entscheidende und Betroffene übereinstimmen. Deshalb wollen wir, dass Beschlüsse immer auf der kleinstmöglichen Ebene getroffen werden, die für ihre effektive Umsetzung möglich ist. Dabei muss klar und verständlich sein, was wo warum entschieden wird. Wir wollen eine EU, die subsidiär agiert und die Bürgerrechte im Unionsraum nach innen achtet und nach außen schützt.

Deshalb fordern wir:

  • Das vorhandene Instrument der Subsidiaritätsrüge ist unzureichend und muss dringend gestärkt werden. Dazu ist in der zweiten Stufe (gelbe Karte) das erforderliche Quorum von einem Drittel auf ein Viertel der Stimmen der nationalen Parlamente zu senken. In der dritten Stufe (rote Karte) ist das entsprechende Verfahren zukünftig ohne weitere Befassung im EP oder Ministerrat sofort einzustellen.
  • Wir fordern Bundestag, Bundesrat und mittelbar auch die Landtage auf, ihre Rechte zu nutzen und das Instrument der Subsidiaritätsrüge aktiv zu gebrauchen.
  • Zur Verhandlung angeklagter Verstöße gegen das Subsidiaritätsprinzip soll am Europäischen Gerichtshof ein zweiter Senat eingerichtet werden, dessen Richter abweichend vom ersten Senat ausschließlich durch die nationalen Parlamente gewählt werden.
  • Die Grundrechtecharta der EU enthält gegenüber der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) zu weitgehende Bestimmungen, die dafür zum Teil durch nationales Recht ausgehebelt werden können. Wir halten die Charta zwar für einen wichtigen Ausdruck der europäischen Wertegemeinschaft, regen aber eine Überprüfung an. Hierbei soll im Zentrum stehen, ob Mitgliedsstaaten der Union, die die Charta nicht unterzeichnet haben oder wieder verlassen wollen, zu einem Beitritt bzw. Verbleib bewegt werden können. Insgesamt soll ihre Eigenschaft als Charta der Grundrechte gestärkt werden. Die EU soll außerdem zeitnah der EMRK beitreten.
  • Verstöße gegen die Grundrechtecharta und die EMRK müssen konsequent geahndet werden. Da die Charta vorrangig illegale Grundrechtseingriffe europäischen Rechts verhindern soll, müssen Verstöße auf nationaler Ebene durch die EMRK verfolgt und vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte angeklagt werden. Art. 7 des Vertrags über die Europäische Union muss zudem dahingehend reformiert werden, dass eine Verletzung der europäischen Werte durch einen Mitgliedsstaat effektiver geahndet werden kann.
  • Maßnahmen und Sicherheitsabkommen, die bürgerliche Freiheitsrechte unverhältnismäßig beschneiden und einen Generalverdacht unterstellen, sind zu beenden und, wo nötig, durch datenschutzkonforme Nachfolgeregelungen zu ersetzen. Dazu zählen insbesondere die europäische Regelung zur Vorratsdatenspeicherung, das Fluggastdatenabkommen mit den USA, das SWIFT-Abkommen und das INDECT-Programm.
  • Die Europäische Kommission muss prüfen, inwieweit das Vereinigte Königreich mit dem Spähprogramm Tempora gegen EU-Recht verstößt. Sollte dies der Fall sein, muss die EU einschreiten, um die Grundrechte der übrigen EU-Bürger zu schützen.
  • Die geplante europäische Datenschutzverordnung darf den vergleichsweise hohen Standard in Deutschland nicht unterlaufen, sondern muss ihn auf die europäische Ebene übertragen. Ein europäisches Datenschutzsiegel soll es Verbrauchern ermöglichen, beurteilen zu können, bei welchen Anbietern ihre Daten nach diesen Regeln verantwortlich verarbeitet und gespeichert werden
  • Der europäische Datenaustausch zur Verhinderung und Verfolgung von Straftaten darf nur anonymisiert erfolgen, das anschließende Verfahren des Rechtshilfeersuchens muss bestehen bleiben. Personenbezogene Daten sollen nicht herausgegeben werden, wenn die angezeigte Tat im angefragten Land nicht strafbar ist.
  • Europol und Eurojust leisten einen wichtigen Beitrag zur Verfolgung grenzüberschreitender Kriminalität. Da sich das Strafrecht in den Mitgliedsstaaten der EU aber unterscheidet, lehnen wir Exekutivbefugnisse für die beiden Agenturen ab. Insbesondere erteilen wir der Forderung nach einem „europäischen FBI“ oder europäischen Strafgerichten eine Absage.

VI. Gemeinsam wirken, mehr erreichen

Selbst die größten und einflussreichsten Mitgliedsstaaten der EU sind auf der weltpolitischen Bühne nur Akteure zweiter Reihe. Wenn Europa langfristig seine Rolle in der Welt behaupten will, müssen die Europäer verstärkt mit einer Stimme sprechen. Als Ausdruck des gemeinsamen Wertekanons und zur Wahrung der gemeinsamen Interessen muss nationales Handeln in außen- und sicherheitspolitischen Fragen stärker europäisch abgestimmt werden.

Deshalb fordern wir:

  • Die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) sowie subsidiär die Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP) der Union müssen auf lange Sicht vergemeinschaftet werden und einer demokratischen Kontrolle durch die Institutionen der EU unterliegen. Für die Jungen Liberalen ist es folgerichtig, die Kompetenzen für diese Felder nach Errichtung des europäischen Bundesstaates auf die ausschließliche Unionsebene zu übertragen.
  • Bis dahin soll das Instrument der Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit im Rahmen der GASP stärker genutzt werden. Deutschland soll hierzu anregen, wo immer es sinnvoll ist.
  • Der Europäische Auswärtige Dienst und die Auslandsvertretungen der EU sollen sukzessive Aufgaben nationaler Diplomatie und Botschaften übernehmen.
  • Die ständigen Sitze Frankreichs und Großbritanniens sowie ein Teil der nicht-ständigen Sitze Europas im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen sollen langfristig durch einen ständigen Sitz der Europäischen Union ersetzt werden. Bis zu dessen Verwirklichung unterstützen wir die Forderung nach einem ständigen deutschen Sitz.
  • Bei der Entwicklungshilfe müssen Maßnahmen europäisch koordiniert werden, um doppelte und widersprüchliche Projekte möglichst zu vermeiden. Projekte in nationaler Verantwortung sollen nur noch als Ergänzung und nur bei besonderer Notwendigkeit durchgeführt werden. Der Sinn der Entwicklungshilfe sollte dabei immer auf seinen Beitrag zur europäischen Außenpolitik hin überprüft werden.
  • In Verteidigungsfragen muss Europa stärker zusammenarbeiten. Unser Fernziel ist eine gemeinsame europäische Armee, die unter Kontrolle des Parlaments durch EU-Institutionen geführt wird und ausschließlich nach außen zu Verteidigungszwecken und im Rahmen von NATO und UN-Mandaten wirken darf. Auf Antrag eines Mitgliedsstaates kann in europäischen Katastrophenfällen mit nicht–militärischen Mitteln die europäische Armee zur Abwehr schlimmeren Übels auch im Inneren eingesetzt werden.
  • Auf dem Weg dorthin muss mehr Kooperation zwischen den nationalen Streitkräften stattfinden. Nötig sind eine erhöhte Interoperabilität, verstärktes Pooling und Sharing vorhandener Kapazitäten und die Aufstellung gemischter Einheiten, möglichst unter integriertem Kommando. Deutschland ist aufgefordert, einen seiner Verantwortung entsprechenden Teil der Lasten zu tragen.
  • Die Europäische Verteidigungsagentur (EVA) muss gestärkt werden. Bei nationalen Rüstungsmaßnahmen, die über ein festzulegendes Volumen hinausgehen, soll die Konsultation der EVA verpflichtend sein. Ferner sollen größere Rüstungsprojekte mittelfristig nicht mehr national, sondern ausschließlich unter Heranziehung der EVA stattfinden.
  • Die EU benötigt freie Binnen- und sichere Außengrenzen. Wir sehen den Grenzschutz als gemeinsame Aufgabe an, weshalb seine Finanzierung mittelfristig aus dem EU-Haushalt erfolgen sollte. Das subsidiäre Recht der Mitgliedsstaaten, aus wichtigem Grund kurzzeitig Grenzkontrollen durchführen zu können, ist sinnvoll und muss erhalten bleiben. Bei jeder Verlängerung nach dem Schengener Abkommen soll aber das Einverständnis der EU-Kommission notwendig sein.
  • Wir begrüßen, dass die EU-Grenzschutzagentur derzeit einen handlungsfähigen Außendienst aufbaut. Dieser soll zeitlich und räumlich begrenzt die Mitgliedsstaaten auf deren Anforderung beim Schutz der Außengrenzen unterstützen. Eine Ausweitung des Mandats auf eine Frontex-Mission-Seerettung ist zu begrüßen.
  • In der Asylpolitik müssen sich die Mitgliedsstaaten der EU stärker koordinieren. Mittelfristig fordern wir ein europäisches Asylrecht, dessen Umsetzung aus dem EU-Haushalt finanziert wird. Ein wichtiges Ziel einer europäischen Asylpolitik muss es sein, dass die Betroffenen möglichst kurz auf Sozialleistungen angewiesen sind und sich schnellstmöglich selbst versorgen können. Eine menschenwürdige Unterbringung illegaler Einwanderer in der Nähe ihres Grenzübertritts muss durch eine ausreichende finanzielle Ausstattung sichergestellt werden. Schengen-Visa an diesen Personenkreis sollen nur nach Zustimmung der anderen Mitgliedsstaaten und perspektivisch der Kommission vergeben werden dürfen. Um den illegalen Menschenschmuggel zu bekämpfen und den Verlust von Menschenleben zu vermeiden, sollen über Verträge mit Transitländern Aufnahmestellen für Asylsuchende geschaffen werden, an denen der Asylantrag bereits vor Ort geprüft werden kann.
  • Um den Flüchtlingsstrom nach Europa zu verringern, fordern wir, dass sich die EU für eine Verbesserung der Situation in den Herkunftsländern einsetzt. Bereits bestehende Kooperationen sollen dazu ausgebaut werden
  • Wir unterstützen nachdrücklich die Verhandlungen für ein transatlantisches Freihandelsabkommen. Bei den Verhandlungen soll das Prinzip Sorgfalt vor Schnelligkeit gelten; gerade in grundrechtssensiblen Bereichen müssen sich die USA noch bewegen. Wir befürworten außerdem eine Ausweitung der Verhandlungen auf Kanada.

VII. Infrastruktur sichern, Fortschritt möglich machen

Grenzüberschreitende Probleme bedürfen grenzüberschreitender Lösungen. In energie-, klima- und umweltpolitischen Fragen sind nationale Alleingänge nur begrenzt sinnvoll. Gerade in klimapolitischen Fragen muss zukünftig stärker global gedacht und gehandelt werden. Wir wollen ein Europa, in dem ein verantwortungsbewusster Ressourcenumgang und das Streben nach Fortschritt und Wohlstand Hand in Hand gehen.

Deshalb fordern wir:

  • Die Energiewende muss stärker europäisch gedacht werden. Als Grundlage eines europäischen Energiekonzeptes mit einem europäischen Strommarkt, ist der Ausbau eines europäischen Stromnetzes notwendig. Um die Energiewende zu schaffen, sind nationale Förderprogramme durch ein europäisches Quotenmodell zur schrittweisen Erhöhung des Anteils regenerativer Energie, zu ersetzen. Wichtig ist, dass das Modell technologieneutral ausgestaltet wird und die Versorgungssicherheit gewährleistet bleibt. Nationale klimatische Besonderheiten sind bei einem europäischen Energiekonzept zu beachten. Darüber hinausgehende nationale Subventionsprogramme sind abzulehnen.
  • Der CO2-Emissionszertifikatehandel ist ein richtiger Ansatz zur Internalisierung externer Klima- und Umweltkosten. Jedes rein europäische Modell zur Emissionsreduzierung kann global gesehen aber nur ein erster Schritt sein. Nötig ist daher ein Abkommen für die weltweite Einführung eines Zertifikatehandels für alle Treibhausgase. Einen europäischen Alleingang darf es auf lange Sicht nicht geben, weil er klimatisch wirkungslos und wirtschaftlich schädlich wäre.
  • Die bisherigen Strukturförderfonds EFRE, ESF und CF sollen zusammengelegt werden. Aus dem neuen Fonds sollen ausschließlich Projekte zum Infrastrukturausbau finanziert werden.
  • Die Subventionen und Markteingriffe in der Agrarwirtschaft, wie Importzölle, Exporthilfen oder Produktionsquoten, müssen sukzessive reduziert und vollständig abgeschafft werden, sodass sich landwirtschaftliche Betriebe an die tatsächliche Marktsituation anpassen können. Nationale Subventionsmaßnahmen in diesem Bereich sollen untersagt werden. Die EU soll sich weiterhin für den globalen Abbau von Handelsbarrieren im Agrarsektor einsetzen. Die Europäische Union muss den Prozess der Doha-Entwicklungsagenda weiter aktiv gestalten, um diesen zu einem erfolgreichen Abschluss zu bringen.
  • Brach- und Grünlandprogramme kosten viel und bringen wenig. Wir sehen eine nachhaltige und klimafreundliche Flächenpolitik in der Aufforstung ökonomisch nicht anders nutzbarer landwirtschaftlicher Flächen.
  • Zur Verbesserung der grenzüberschreitenden Mobilität in der EU soll die Förderung transeuropäischer Verkehrsnetze fortgeführt werden. Hierbei gilt das Prinzip Erhalt vor Ausbau vor Neubau.

VIII. Zusammenwachsen, zusammen wachsen

Die Europäische Einigung kann langfristig nur erfolgreich sein, wenn sich die Europäer nicht nur als Bürger ihres jeweiligen Heimatlandes, sondern zugleich als Bürger Europas begreifen. Ein solches Identitätsgefühl ist momentan noch nicht ausreichend vorhanden. Unser Ziel ist, dass Europa im Alltag der Menschen stärker wahrgenommen wird, der Austausch zwischen den Europäern zunimmt und mehr Aufmerksamkeit auf europapolitische Fragen gelenkt wird.

Deshalb fordern wir:

  • Programme für Schulpartnerschaften, Studentenaustausche, Austausche im Rahmen der beruflichen Bildung und Erwachsenenbildung müssen fortgeführt und weiter ausgebaut werden. Grenzübergreifende Schüleraustausche sollen europäisch gefördert werden. In allen Mitgliedsstaaten soll zudem Englischunterricht mit Beginn der Schulzeit angeboten werden.
  • Um Erwerbsbiografien europäischer werden zu lassen, müssen die Bildungs- und Qualifikationsabschlüsse vergleichbarer werden. Deren gegenseitige Anerkennung muss zudem verbessert werden. Auch eine Vergrößerung des Angebots multinationaler Abschlüsse ist sinnvoll. Die Vorlesungszeiten an Hochschulen in Europa sollen zudem harmonisiert werden.
  • Forschungsförderung soll weitgehend durch die Mitgliedsstaaten erfolgen, um Wettbewerb um die besten Ideen zu ermöglichen. Forscherische Großprojekte wie CERN oder ITER sollen aber weiterhin europäisch gefördert werden.
  • Um den freien Austausch wissenschaftlicher Erkenntnisse zu fördern, soll die EU-Initiative zum Open Access weiter forciert werden.
  • Um die Schaffung einer europäischen Öffentlichkeit zu befördern und Europapolitik transparenter zu machen, soll ein qualitativ hochwertiger europäischer Fernsehsender geschaffen werden. Euronews soll in diese Richtung fortentwickelt werden, wobei auf politische Unabhängigkeit von EU-Institutionen zu achten ist. ARD und ZDF sollen sich an Euronews beteiligen. Die JuLis NRW lehnen eine Gebühr zur Finanzierung eines weiteren öffentlichen Rundfunkangebotes kategorisch ab. Sobald Euronews vollständig aufgebaut ist, muss der Sender privatisiert werden.
  • Die Jungen Liberalen NRW sind der Auffassung, dass eine Mitgliedschaft in der Europäischen Union grundsätzlich allen Staaten Europas offensteht. Die von Beitrittskandidaten zu erfüllenden Voraussetzungen sind in den Kopenhagener Kriterien hinreichend festgehalten. Sie müssen vor einem Beitritt vollständig erfüllt sein und sollen nicht in das Post-Beitritts-Monitoring verschoben werden dürfen. Auf Seiten der EU sollte das Kriterium der Aufnahmefähigkeit präzisiert werden. Bei zukünftigen Beitrittsentscheidungen muss zudem der Wille der Unionsbürger stärker gewichtet werden. Alternativen zur Vollmitgliedschaft sollen in Form einer Teilnahme am Europäischen Wirtschaftsraum möglich sein.

IX. JuLis und FDP

Unsere Vision ist ein Europa, dessen Politik vom freien Willen der europäischen Bürger getragen wird. Die EU muss demokratischer werden, Wettbewerb unter den Mitgliedsstaaten fördern und die Rechte der Bürger und der Mitgliedsstaaten achten. Die FDP ist die einzige deutsche Partei, die in Europa für diese liberalen Prinzipien einsteht. Deshalb unterstützen wir die FDP bei der Europawahl 2014. Nach der Wahl erwarten wir, dass die FDP im Europäischen Parlament konsequent für liberale Werte kämpft.

Deshalb fordern wir:

  • Der ALDE-Fraktion im EP gehören derzeit auch Parteien an, die im engeren Sinne nicht als liberal bezeichnet werden können. Wir halten Vielfalt und Wahlmöglichkeiten auch im EP für wichtig und befürworten daher eine politisch homogenere Fraktion. Die FDP soll darauf hinwirken, dass eine hinreichende Schnittmenge politischer Überzeugungen in der nächsten liberalen Fraktion vorhanden ist.
  • Eine gemeinsame Spitzenkandidatur der ALDE-Partei für das Amt des Kommissionspräsidenten begrüßen wir sehr. Der Wahlvorschlag muss in seinem programmatischen Profil ganzheitlich liberale Positionen vertreten.
  • Die FDP soll sich dafür einsetzen, dass politische Unterschiede zwischen den Fraktionen stärker artikuliert werden. Im Rahmen der parlamentarischen Mehrheitsfindung soll die inhaltliche Zusammenarbeit mit anderen Fraktionen fortgeführt werden. Eine Kooperation mit links- und rechtsextremen Parteien darf es weiterhin nicht geben.

Wir wollen ein Europa der Freiheit, des Wettbewerbs und des Rechts. Deshalb unterstützen die Jungen Liberalen NRW die kandidierenden liberalen Parteien Europas und fordern auf: Am 25. Mai FDP wählen!

Liberale Grundsätze in der Entwicklungspolitik

Entwicklungspolitik ist für uns JuLis NRW keine Nebensache! Armut und Hunger in der Welt stellen nach wie vor zwei der größten Probleme der Menschheit dar und dürfen daher nicht vernachlässigt werden. Daneben erfüllt die Entwicklungspolitik wichtige Funktionen für die Sicherheitspolitik wie die Förderung von Demokratie, die Vermeidung von Flüchtlingsströmen, globale Klimapolitik und auswärtige Kulturpolitik.  Wichtig für uns JuLis ist, dass Entwicklungspolitik koordiniert aus einer Hand erfolgt. Aus diesem Grund lehnen wir Entwicklungshilfe durch die Bundesländer, insbesondere auch unser eigenes, ab. Stattdessen sollten alle Aktivitäten auf Bundes- und EU-Ebene erfolgen. Wir fordern weiterhin, dass NRW seine Anteile am Deutschen Institut für Entwicklungspolitik an den Bund veräußert.

Perspektivisch fordern wir, Entwicklungspolitik auf europäischer Ebene zu konzentrieren, wo sie im Rahmen der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik durchgeführt werden sollte. Dadurch soll ein gezielterer und koordinierter Einsatz von Mitteln gewährleistet werden. Im Zuge dessen soll es auch auf der Ebene der Mitgliedsstaaten keine nationalen Projekte mehr geben.

Unsere Entwicklungspolitik sollte zukünftig auf drei Säulen basieren: Die erste Säule besteht darin, den Weltmarkt dahingehend zu reformieren, dass bestehende Entwicklungshemmnisse abgebaut werden. Die zweite Säule sollte darin bestehen, dass Akteuren der Privatwirtschaft ermöglicht wird, einen Beitrag zur Entwicklungshilfe zu leisten. Als dritte Säule soll zusätzlich die staatliche Entwicklungshilfe dienen.

1) Weltmarkt

Der Weltmarkt hat einen bedeutenden Einfluss auf die Entwicklung von Ländern und Regionen. Vor diesem Hintergrund ist es wichtig, Rahmenbedingungen für den Weltmarkt zu setzen, die einer positiven Entwicklung Vorschub leisten und Armut und Hunger bekämpfen.

Unsere wichtigste Forderung ist in diesem Zusammenhang der Abbau von EU-Subventionen in der Landwirtschaft, die dazu führen, dass Landwirte aus unterentwickelten Ländern nicht konkurrenzfähig sind und dadurch in die Armut getrieben werden. Gleichzeitig ist ein weltweiter Abbau von Schutzzöllen und anderen Handelsschranken unumgänglich.

Um die Aktivitäten im Rahmen der Entwicklungspolitik zu koordinieren, fordern wir eine enge Vernetzung der entwicklungspolitischen Aktivitäten zwischen den Staaten, WTO, IWF und regionalen Zusammenschlüssen von Ländern wie die Afrikanische Union, ASEAN oder der Union Südamerikanischer Nationen. Nur wenn alle Akteure an einem Strang ziehen ist sichergestellt, dass Entwicklungspolitik gemeinsame Ziele verfolgt und nicht gegenseitig konterkariert wird.

2) Privatwirtschaft

Neben einer Reform der Rahmenbedingungen auf dem Weltmarkt und der staatlichen Entwicklungspolitik gilt es ebenso Möglichkeiten zu schaffen, dass auch privatwirtschaftliche Unternehmen einen Beitrag zur Entwicklungshilfe leisten können.

Ein positives Beispiel sind Mikrokredite und Mikroversicherungen, die einerseits den Menschen vor Ort bei der Existenzgründung helfen, und gleichzeitig der Privatwirtschaft Gewinne bescheren. Diese Symbiose ist daher aus unserer Sicht ein hervorragendes Mittel zur wirtschaftlichen Entwicklung. Wir wollen deshalb dafür eintreten, dass in allen Entwicklungsländern gesetzliche und strukturelle Rahmenbedingungen zur Förderung von Mikrokrediten und Mikroversicherungen geschaffen werden.

Eine weitere positive Form der wirtschaftlichen Zusammenarbeit von Privatwirtschaft und Entwicklungsländern ist die Idee des Social Business, dem Anbieten von Produkten aus humanitären Gründen ohne finanzielles Gewinnstreben. Solche Projekte sollten verstärkt in den öffentlichen Fokus gestellt werden, um Unternehmen, die solche Modelle betreiben, entsprechend zu würdigen.

Auch Projekte im Bereich des Fair Trade unterstützen eine positive Entwicklung und sollten entsprechend begrüßt werden.

Schließlich ist es jedoch nicht nur die Anbieterseite der Privatwirtschaft, die Einfluss auf die wirtschaftliche Entwicklung haben, sondern auch wir als Nachfrager von Endprodukten haben eine Marktmacht, die wir dazu nutzen können, um Unterentwicklung zu bekämpfen. Allerdings fehlt oft noch die Transparenz der Verbraucher über die Produkte, die sie kaufen. Vor diesem Hintergrund unterstützen wir privatwirtschaftliche Siegel.

3) Staatliche Entwicklungshilfe

Bei der Bekämpfung der Armut auf der Welt nimmt staatliche Entwicklungshilfe auch in Zukunft eine bedeutende Rolle ein. Wir fordern, dass die Zusage im Rahmen der Millennium-Ziele, 0,7% des BIP in die Entwicklungshilfe zu investieren, eingehalten wird, und werden uns sowohl innen- als auch außenpolitisch für die Einhaltung dieser Zusage einsetzen.

Bei staatlicher Entwicklungshilfe sollte zunächst zwischen humanitärer Hilfe, Nothilfe und Wiederaufbauhilfe – vor allem nach Katastrophen – und staatlicher Entwicklungshilfe im engeren Sinne unterschieden werden. Humanitäre Hilfe darf aus unserer Sicht nicht an konkrete Bedingungen geknüpft sein – das einzige maßgebliche Kriterium muss der Grad der Bedürftigkeit sein.

Bei der Vergabe von Mitteln aus der Entwicklungshilfe sollten aus unserer Sicht die folgenden Kriterien maßgeblich sein:

Freiheit: Es gibt einen klaren Zusammenhang zwischen dem Grad an politischer und wirtschaftlicher Freiheit und dem Wohlergehen der Bevölkerung und der Volkswirtschaft. Für uns als Liberale ist es Grundvoraussetzung, dass strategische Entwicklungsvorhaben nur mit solchen Ländern eingegangen werden, in denen ein Mindestmaß an politischer und wirtschaftlicher Freiheit sowie Good Governance vorherrschen, frei nach dem Motto „No money for dictators“. Zentrales Kriterium sollte die Wahrung der universellen Menschenrechte auf der Grundlage der UN-Menschenrechtskonvention von 1948 sein. Begründete Ausnahmen sind nur dann denkbar, wenn es ein besonderes sicherheitspolitisches Interesse in diesen Ländern gibt, wie zum Beispiel in Afghanistan.

Bedürftigkeit: Ein weiteres Kriterium zur Vergabe von entwicklungspolitischen Mitteln ist für uns die Bedürftigkeit. In diesem Zusammenhang lehnen wir finanzielle Entwicklungshilfe an Länder ab, die Deutschland mittlerweile auf dem Weltmarkt die Stirn bieten. Ein geeigneter Indikator zur Ermittlung der Bedürftigkeit ist der Human Development Index.

Ökologie: Als Verfechter der sozialen und ökologischen Marktwirtschaft ist es für uns JuLis selbstverständlich, dass auch die Einhaltung ökologischer Standards ein Kriterium zur Vergabe von Entwicklungshilfe ist. Gleichwohl erkennen wir an, dass es besonders für stark unterentwickelte Länder mit geringer staatlicher Integrität sehr schwer ist, solche Kriterien einzuhalten. Je höher der Grad an Entwicklung, umso verstärkt sollte dieses Kriterium bei der Vergabe von Entwicklungshilfe beachtet werden.

Entscheidet man sich unter Abwägung dieser Kriterien, eine entwicklungspolitische Partnerschaft mit einem Land einzugehen, so stellt sich die Frage, welche Art von Mitteln man den Ländern zukommen lässt. So sind neben finanziellen Hilfen beispielsweise auch Infrastrukturprojekte, die Vermittlung von Bildung bzw. Know-how, die Förderung des Gesundheitssystems und ökologische Projekte denkbar. Daneben stellt sich die Frage, welche Akteure im jeweiligen die Hilfe sinnvollerweise erhalten sollten, beispielsweise die Regierung, NGOs, Verbände oder auch die Bevölkerung direkt. Dabei sind grundsätzlich zivilgesellschaftliche Akteure wie NGOs zu bevorzugen – gerade in Partnerländern mit größeren Korruptionsproblemen. Die genaue Verteilung muss für jedes Partnerland je nach den dortigen Bedingungen separat entschieden werden. Direkte Budgethilfen lehnen wir ab.

Die Personalpolitik staatlicher Entwicklungshilfe muss hinsichtlich des Personaleinsatzes in den Partnerländern einer Überprüfung unterzogen werden. Deutsches Personal in den Partnerländern sollte hauptsächlich die sinnvolle Verteilung der Mittel im Blick haben, auf die vereinbarte Verwendung achten und nach neuen, vielversprechenden Projekten Ausschau halten.

Militärhilfe als Entwicklungshilfe sehen wir grundsätzlich sehr kritisch. Im Einzelfall kann sie aber durchaus Sinn machen, zum Beispiel dann wenn die Sicherheit und territoriale Integrität eines Landes gefährdet ist.

Hat man nun in einem ersten Schritt entschieden, dass man einem Land helfen möchte, und in einem zweiten Schritt entschieden, wie die länderspezifische Strategie aussehen soll, so ist es für uns der logische dritte Schritt, dass alle getroffenen Maßnahmen regelmäßig auf Sinnhaftigkeit und Wirksamkeit überprüft werden und, falls gegeben, modifiziert oder eingestellt werden.

Für eine europäische Lösung der Schuldenkrise

Die Jungen Liberalen NRW sind begeisterte Europäer. Der Integrationsprozess in Gestalt der Europäischen Union ist trotz zahlreicher Probleme und großen Reformbedarfs ein Erfolg. Durch die Europäische Union hat das Zusammenleben vieler Menschen aus verschiedenen Ländern auf unserem Kontinent zu Frieden, Freiheit und Wohlstand geführt. Die Errungenschaften dieser Entwicklung müssen gerade angesichts einer schwierigen ökonomischen Lage bewahrt werden. Die Jungen Liberalen NRW wollen das Projekt Europäische Union gerade jetzt verteidigen und vertiefen.

Eine immer engere Union bedeutet für die Jungen Liberalen NRW nicht nur eine Intensivierung der vertraglichen Beziehungen zwischen den Mitgliedsstaaten. Die Ziele der Union, aber auch die Rolle Europas in der Welt und vor allem die von den Mitgliedsstaaten geteilten gemeinsamen Werte, sind Grundlage für weitere und intensivere Stufen der europäischen Integration. Die Jungen Liberalen NRW streben langfristig einen Europäischen Bundesstaat an. Dabei erkennen die Jungen Liberalen NRW an, dass dies ausschließlich durch die freie Entscheidung des deutschen Volkes gemäß Art.146 GG möglich ist. Die einfach gesetzlichen Voraussetzungen dafür müssen geschaffen werden.

Das Ziel eines Europäischen Bundesstaats und der Grundsatz der subsidiären Aufgabenverteilung schließen sich aus Sicht der Jungen Liberalen NRW nicht aus. Das Gegenteil ist richtig: Wenn vollendete demokratische Strukturen und ein effizientes politisches System in der Europäischen Union verwirklicht sind, können die Bürger Europas sowie die Mitgliedsstaaten der Union ihre Rechte besser wahrnehmen und effektiver auf eine Einhaltung der Kompetenzen drängen.

Beim Prozess der Europäischen Integration spielt der Euro als gemeinsame Währung eine besondere Rolle. Zum Einen stärkt er den Binnenmarkt und stellt die Wettbewerbsfähigkeit der
Europäischen Union gegenüber anderen Wirtschaftsräumen sicher. Zum Anderen ist er einer der wichtigsten Integrationshebel, der das Zusammenleben in der Europäischen Union vereinfacht. Darüber hinaus ist es den Jungen Liberalen NRW bewusst, dass Deutschland von der Einführung des Euro in der Eurozone profitiert hat.

Anspruch der Mitgliedsstaaten an die EU muss sein, gestärkt aus der Krise zu kommen. Fakt ist, dass sich in den Bevölkerungen der Mitgliedsstaaten immer mehr Skepsis verbreitet. Zunehmendverstehen die Bürgerinnen und Bürger die Europapolitik sowie die Institutionen und Kompetenzen der EU nicht mehr. Die Jungen Liberalen NRW fordern daher, Europa neu zu denken.

Die Europäische Union benötigt ein neues, einfacheres Vertragswerk, das einerseits Lösungen für die aktuelle Krise enthält, und auf der anderen Seite die Institutionen neu ordnet. Das immer noch vorherrschende Demokratiedefizit muss bekämpft werden, indem das Europäische Parlament eine zentralere Rolle spielt. Hier ist der Ort, wo Demokraten um den richten Weg streiten und wo die Entscheidungen getroffen werden. Dieser Kompetenzgewinn kann nur zu Lasten des Europäischen Rates gehen, wo sich ja lediglich die Exekutivorgane der Staaten gegenüber sitzen.

In diesem Zuge ist auch das Projekt einer gemeinsamen Europäischen Verfassung neu anzustoßen. Es ist an der Zeit, dass sich die Bürger der EU zu gemeinsamen Grundzügen und Strukturen bekennen. Im organisierten Liberalismus in Deutschland ist kein Platz für populistischen Euroskeptizismus. Wer sich eine Partei wünscht, die eine grundsätzlich ablehnende Haltung zum europäischen Integrationsprozess einnimmt, ist bei den Liberalen an der falschen Adresse. Der Vorwurf, es handele sich beim Pochen auf die Einhaltung ordnungspolitischer Grundsätze um einen antieuropäischen Kurs, ist nicht angebracht. Die Finanzlage einiger hochverschuldeten Mitgliedsstaaten des Euroraums, insbesondere die Griechenland-Krise, hat dazu geführt, dass die Währungsstabilität im gesamten Euroraum durch aktives politisches Handeln aufrecht erhalten werden musste. Ad-hoc-Maßnahmen haben zur langfristigen Stabilisierung einzelner Mitgliedsstaaten aber nicht den gewünschten Stabilisierungseffekt. Erforderlich sind vor allem strukturelle Reformen in den betroffenen Mitgliedsstaaten. Außerdem müssen die europäischen Verträge dahingehend verändert werden, dass eine verantwortungsvolle Haushaltspolitik einzelner Mitgliedsstaaten künftig über die europäische Ebene kontrolliert und durchgesetzt werden kann.

Eine Stabilisierung durch andere Mitgliedsstaaten der Eurogruppe birgt die Gefahr einer Schuldenunion, bei der die Anreize zu sparen durch eine gemeinschaftliche Haftung der Mitgliedsstaaten zunichte gemacht werden. Dies widerspricht einem liberalen Verständnis von
marktwirtschaftlicher Risikoverteilung. Falls eine externe Stabilisierung doch nötig sein sollte, muss diese daher anhand rechtsstaatlicher Mechanismen und nach klaren Kriterien und Regeln
erfolgen. Hier muss das Prinzip gelten, dass jede Hilfe nur bei klaren Konsolidierungsschritten geleistet wird.

Bei der Einführung des Euro hat sich die Europäische Union Stabilitätskriterien gegeben. Heute müssen diese Kriterien, stabile Preise, stabile Wechselkurse, stabile Zinsen, aber vor allem stabile Haushalte, mehr denn je Maßstab für eine erfolgreiche Währungspolitik sein. Die Jungen Liberalen NRW wollen die Europäische Union mit solchen Instrumenten ausstatten, die sie benötigt, um die Stabilitätskriterien gegenüber den Mitgliedsstaaten durchzusetzen. Zu diesem Zweck bedarf es vor allem einer stärker koordinierten Wirtschafts- und Finanzpolitik. Die Jungen Liberalen NRW glauben an den Erfolg der Europäischen Integration. Wir wollen eine Brücke aus der aktuellen Krise des Euro über eine stärkere Koordinierung der Wirtschafts- und Finanzpolitik in den Europäischen Bundesstaat bauen.

Die Jungen Liberalen NRW fordern:

– Der auf Dauer angelegte ESM (Europäischer Stabilitätsmechanismus) muss zeitlich befristet werden. Ein dauerhafter Stabilitätsmechanismus und die damit einhergehenden Fehlanreize stellen nach Ansicht der Jungen Liberalen NRW kein wünschenswertes Element des Euro-Währungssystems dar. Der Stabilitätsmechanismus muss in seinem Umfang klar definiert sein und darf nur über eine entsprechende Ermächtigung in den europäischen Verträgen eingeführt werden. Es gilt, die Kreditvergabe an eindeutige Kriterien und Regelungen zu koppeln. Dabei soll der ESM lediglich zur Sicherung des Übergangs hin zu einem reformierten und stabilen Währungssystem (Stabilitätsunion) dienen und anschließend abgestuft auslaufen. Stabilität gewährleisten darin die folgenden Maßnahmen.

– Alle Maßnahmen dürfen nur bei einem erfolgversprechenden Entschuldungsplan vorgenommen werden. Weitere Teilzahlungen sind an die Einreichung von Etappenzielen gebunden. Der ESM darf außerdem weder am Primär- noch am Sekundärmarkt aktiv werden. Budgeterhöhungen müssen immer einstimmig beschlossen werden. Des Weiteren dürfen die Mittel nicht durch wie auch immer geartete Hebel vergrößert werden.

– Die Mitgliedsstaaten der EU müssen eine Insolvenzordnung für Staaten schaffen, nach der eine
Gläubigerbeteiligung im Falle des realistischen Szenarios von Zahlungsunfähigkeit eines Staates geregelt wird Eine europäische Regelung kann dabei der Vorreiter für eine auf internationaler Ebene ebenfalls erforderliche Regelung sein.

– Staatsanleihen dürfen nicht durch Gesetz als absolut sicher eingestuft werden.

– Mit dem Vertrag von Lissabon ist für einzelne Mitgliedsstaaten die Möglichkeit zum Austritt aus der Europäischen Union geschaffen worden. Eine Regelung für einen Austritt aus einer Teilpolitik der Europäischen Union, der gemeinsamen Währung, ist längst überfällig; dies sollte ebenfalls ermöglicht werden. Die Verträge sind darüber hinaus dahingehend zu ändern, dass ein mehrfacher, erheblicher Verstoß gegen die Kriterien des Stabilitäts- und Wachstumspaktes einen Ausschluss aus der Währungsunion nach sich zieht.

– Alle Mitgliedsstaaten müssen in ihren nationalen Verfassungen Schuldenbremsen verankern.
Die europäischen Verträge müssen dahingehend verändert werden, dass die Existenz einer Schuldenbremse künftig ein eigenständiges Stabilitätskriterium ist, dessen Missachtung automatische Sanktionen nach sich zieht.

– Die Verschärfungen und Automatisierungen der Stabilitätskriterien, etwa durch das so genannte Economic-Governance-Maßnahmenpaket (Sixpack), sind als wichtiger Schritt zu begrüßen. Dennoch muss der Vollzug der Stabilitätskriterien weiter verbessert werden: Die Diskussion über einen potentiellen Stimmrechtsentzug im ECOFIN-Rat für Mitgliedsstaaten, gegen die ein Defizitverfahren eröffnet werden soll oder gegen die Sanktionen verhängt werden sollen, halten die Jungen Liberalen NRW nicht für ausreichend. Künftig soll die Kontrolle der Einhaltung des Stabilitäts- und Wachstumspakts für die Eurozone nicht mehr durch den Ministerrat, sondern durch die Europäische Kommission erfolgen, die Sanktionen im Falle eines festgestellten Verstoßes gegen den Stabilitäts- und Wachstumspakt strikt und automatisch auszusprechen und anzuwenden hat. Auch eine qualifizierte Mehrheit im Ministerrat darf Sanktionen nicht  verhindern können. Damit soll eine weitere Aufweichung der Stabilitätskriterien verhindert werden.

– Das Instrumentarium an Sanktionen, die für einen Verstoß gegen den Stabilitäts- und Wachstumspakt verhängt werden können, ist auszuweiten. Künftig soll auch eine Kürzung oder vollständige Einstellung von Zahlungen der Europäischen Union an betroffene Mitgliedsstaaten möglich sein.

– Die EZB ist ausschließlich der Geldwertstabilität verpflichtet, was einen Ankauf von Staatsanleihen ausschließt.

– Vereinbarungen hinsichtlich der Stabilität der Eurozone, die nur freiwillig zwischen den Mitgliedsstaaten gelten, bergen die Gefahr, umgangen zu werden und werfen erhebliche Legitimationsprobleme auf. Daher muss etwa der Euro-Plus-Pakt schnellstmöglich europarechtlich verankert und ggf. in nationales Recht umgesetzt werden. Eine wirtschaftspolitische Koordinierung ist über den Inhalt bestehender Absprachen hinaus künftig bei der Kommission anzusiedeln und durch das Parlament zu kontrollieren. Dies darf keine Ausweitung der schädlichen Subventionspolitik der EU aus anderen Bereichen, wie der Gemeinsamen Agrarpolitik, bedeuten. Auch darf durch zusätzliche Kompetenzen der Union das Prinzip des Wettbewerbsföderalismus nicht ausgehebelt werden.

– Eine europäische Wirtschaftsregierung lehnen die Jungen Liberalen NRW ab. Weder ist sie ein  geeignetes Mittel um stabile Haushalte zu gewährleisten, noch ist sie einem Europa des  Wettbewerbs der Steuer- und Rechtsysteme dienlich. Die Jungen Liberalen NRW setzen hierbei auf  die Vorteile der Unterschiedlichkeit der Wirtschafts- und Sozialsysteme der Mitgliedstaaten.  Nur der Wettbewerb dieser Ordnung kann erfolgsversprechende Modelle herausfinden.

– Die Wirtschafts- und Währungsunion muss durch die Erarbeitung und Implementierung einer echten europäischen Finanzverfassung vertieft werden. Diese ermöglicht einen echten Wettbewerb verschiedener Steuersysteme, darf aber keinesfalls eine europäische Steuerharmonisierung zum Ziel haben. Die Jungen Liberalen NRW fordern in diesem Zusammenhang, das Europäische Parlament mit einem echten Budgetrecht in allen Politikbereichen auszustatten, für die die Europäische Union zuständig ist.

– Ein neu zu schaffender Europäischer Finanzkommissar soll die alleinige Zuständigkeit für den Euro erhalten und dem Parlament gegenüber verantwortlich sein. Für eine gemeinsame Finanzverfassung der Europäischen Union muss ein striktes Verschuldungsverbot gelten. Eine
Verschuldung der Mitgliedsstaaten durch die Hintertür der europäischen Ebene lehnen die
Jungen Liberalen NRW ab.

– Eine gemeinsame Finanzierung von Schulden der Mitgliedsstaaten über so genannte Eurobonds lehnen die Jungen Liberalen NRW ab. Angemessene Zinsaufschläge bei Krediten von EFSF und ESM stellen die Korrekturwirkung der Kapitalmärkte sicher und verhindern eine Ansteckung von Staaten mit weniger verschuldeten Haushalten. Dieses Prinzip darf nicht durch eine künstliche Senkung der Zinsen und eine daraus resultierende Erleichterung der Verschuldung für  krisenbehaftete Mitgliedsstaaten umgangen werden. Auch eine Teilfinanzierung von Schulden über Eurobonds lehnen die Jungen Liberalen NRW ab.- Bei EFSF und ESM muss die  Entscheidungshoheit des Deutsche Bundestags über dasEingehen jedweder haushaltsrelevanten  Verbindlichkeiten sichergestellt werden. Jede Kreditvergabe, sowie Änderung der  Gewährleistungssummen und der Beiträge der Mitgliedstaaten muss einstimmig beschlossen  werden und darf nicht durch die EFSF- bzw. ESM-Leitung im Alleingang entschieden werden.  Wesentliche und nicht dringliche Entscheidungen bedürfen der Zustimmungen des Plenums des  Deutschen Bundestages. Eine generelle Abtretung wesentlicher Haushalts- und Fiskalrechte an  einzelne Ausschüsse, Gremien, exekutive und/ oder supranationale Organe lehnen die Jungen Liberalen NRW ab. Der Deutsche Bundestag muss weiterhin dem Volk gegenüber verantwortlich über die Summe der Belastungen der Bürgerinnen und Bürgern entscheiden. Entsprechendes gilt  für wesentliche Ausgaben des Staates.

Den Geist von Schengen erhalten: für freie Binnen- und sichere Außengrenzen

Die Jungen Liberalen betrachten den Wegfall der Grenzkontrollen in der Schengen-Zone und die damit verbundene Freizügigkeit in weiten Teilen  Europas als große Errungenschaft. Durch die Möglichkeit, frei und ohne  Kontrollen Grenzen zu überqueren, spüren die Menschen die positiven Auswirkungen der europäischen Zusammenarbeit unmittelbar und  identifizieren sich mit ihr. Die Jungen Liberalen treten daher jedem Versuch  entgegen, die Abschaffung der Grenzkontrollen in der Schengen-Zone  zurückzudrehen.

Wichtiges Prinzip des Schengener Abkommens ist es, auf die Kontrolle der  Binnengrenzen verzichten zu können, weil die Außengrenzen hinreichend  gesichert sind. Nur in Sondersituationen ist eine zeitlich beschränkte  Wiedereinführung von Grenzkontrollen zulässig. Dieses Prinzip wollen wir beibehalten. Die aktuell von der EU-Kommission geplante Neuregelung des Schengener Abkommens halten wir daher für falsch. Für die Wahrung der Funktionsweise des Abkommens ist es wichtig, dass flexibel und subsidiär durch die Mitgliedsstaaten reagiert werden kann. Eine zeitweilige  Wiedereinführung von Grenzkontrollen aus wichtigem Grund muss weiterhin ohne Erlaubnis der EU-Kommission möglich sein.

Wir stellen fest, dass der Schutz der EU- bzw. Schengen-Außengrenzen  grundsätzlich funktioniert. Einige Staaten haben aber Probleme, ihre Grenzen aus eigener Kraft im erforderlichen Maß zu sichern. Die Jungen Liberalen sehen den Schutz der EU-Außengrenzen als gemeinsame Aufgabe an, die nicht allein den betroffenen Staaten obliegen darf. Wir wollen daher eine finanzielle Unterstützung dieser Staaten durch die EU, die aber für den  EU-Haushalt kostenneutral ausfallen muss. Diese finanzielle Unterstützung ist auch deshalb notwendig, weil wir an dem Grundsatz festhalten, dass  Personen, die illegal die Grenze überschreiten und dabei festgesetzt werden, das Ankunftsland nicht in Richtung der anderen EU-Mitglieder verlassen dürfen. In diesem Zusammenhang fordern wir, dass Visa an diese  Personengruppe nur mit Zustimmung der anderen EU-Mitglieder oder ggf. der EU-Kommission erteilt werden dürfen.

Als weiteres Mittel zur Unterstützung der Sicherung der Außengrenzen hat sich die Europäische Grenzschutzagentur Frontex erwiesen. Wir begrüßen ausdrücklich, dass Frontex derzeit einen handlungsfähigen Außendienst aufbaut. Dieser soll die Einhaltung und Durchsetzung europäischer Standards beim Schutz der Außengrenzen überwachen. Darüber hinaus können die neugeschaffenen Rapid Border Intervention Teams operative Unterstützung in der Grenzsicherung leisten, wenn Mitgliedsstaaten überfordert sind. Diese Teams sind personell und technisch ausreichend auszustatten, d.h. konkret je nach Einsatzlage mit Fahrzeugen, Hubschraubern, Flugzeugen und Schiffen. Sie sollen auf Anfrage eines Mitgliedsstaates verlegt werden können und unter das gemeinsame Kommando des anfragenden Staates und Frontex gestellt werden. Ihr Einsatz soll ausschließlich grenzbezogen erlaubt sein und muss sich auf eine zeitlich und räumlich begrenzbare Bedrohung der Sicherheit der EU-Außengrenzen beziehen.

Nationale Souveränität bei den sozialen Sicherungssystemen

Die JuLis NRW fordern, die nationale Souveränität bei den sozialen Sicherungssystemen aufrechtzuerhalten. Die beinhaltet, dass systemische Rahmenbedingungen innerhalb der Souveränität der Staaten bleiben. Jedes Mitgliedsland soll das Recht haben, seine sozialen Sicherungssysteme eigenständig zu gestalten. Dazu gehört für uns auch, dass jedes Mitgliedsland  entscheiden darf, wie es seine vorhandenen finanziellen Ressourcen verwendet. Das schließt ein, dass wir die Forderung der FDP-Gruppe im Europaparlament nach einem Mindestrenteneintrittsalter  ablehnen.

Als finanziellen Rahmen sollen die Maastricht-Kriterien gelten, d.h. ein nationales soziales Sicherungssystem stößt dann an seine Grenzen, wenn es (zusammen mit allen anderen Ausgaben des  Staates) so defizitär arbeitet, dass die Maastricht-Kriterien gebrochen werden. Für diesen Fall  fordern wir, dass die Mechanismen bei Verstößen gegen die Maastricht-Kriterien greifen. Eine  Aufweichung dieser Kriterien lehnen wir entschieden ab.

Ebenso sprechen wir uns entschieden gegen von der EU betriebene, in Ergänzung zu nationalen Systemen stehende soziale Sicherungssysteme auf europäischer Ebene ab. Vor allem vor dem Hintergrund der Dienstleistungsfreiheit begrüßen wir allerdings die Entwicklung von EU-Standards zur Qualitätssicherung sowie zur Transparenz und Vergleichbarkeit der Dienstleistungen im  Sozialbereich. Dies ist notwendige Bedingung um einen funktionierenden und transparenten  grenzüberschreitenden Dienstleistungsverkehr im sozialen Bereich sicherzustellen.1

Schutz der Menschenrechte Ernst nehmen – unschuldige Häftlinge aufnehmen und Guantánamo schließen!

Die Jungen Liberalen NRW unterstützen die Initiative des Bundesaußenministers und wenden sich entschieden gegen eine weitere Verzögerung der Schließung des Gefangenenlagers in Guantánamo Bay. Doch zunächst bedarf es eines Plans, was mit den derzeit noch ca. 275 Häftlingen geschehen soll, da sonst die Schließung das Problem Guantánamo nicht löst.

Die Jungen Liberalen NRW fordern die Bundesregierung auf, diesbezüglich mit gutem Beispiel voranzugehen und ein Kontingent von Häftlingen aus Guantánamo aufzunehmen.

Marktwirtschaftliche Prinzipien verteidigen – Finanztransaktionssteuer und Leerverkaufsverbot stoppen!

Die Jungen Liberalen NRW sind entsetzt über die am 18.05.2010 im  Koalitionsausschuss gefassten Beschlüsse und positionieren sich klar gegen die Einführung einer Umsatzsteuer für Finanztransaktionen. Auch das Vorhaben eines grundsätzlichen Verbotes von ungedeckten Leerverkäufen, so genannten „Naked Shorts“, lehnen die Jungen Liberalen NRW ab. Dies stellt aus unserer Sicht einen unverhältnismäßigen Eingriff in den Finanzmarkt dar und führt lediglich dazu, dass Spekulationen auf fallende Kurse von den deutschen Börsen verdrängt werden und diese auf ausländische Finanzmarktplätze, sowie in den intransparenten außerbörslichen Handel ausweichen werden. Auch die so genannte Finanzaktivitätssteuer sehen wir kritisch, da diese Form explizit wirtschaftliche Erfolge von Banken bestraft. Wenn überhaupt kann eine  Finanzaktivitätssteuer nur dann sinnvoll sein, wenn sie weltweit und zeitlich befristet eingeführt wird. Einen nationalen Alleingang lehnen wir jedoch entschieden ab.

Nach der Auffassung der Jungen Liberalen NRW handelt es sich bei diesen Maßnahmen  um volkswirtschaftlich potentiell schädliche Symbolpolitik, die einen Schuldigen für die derzeitige Krise heranziehen und zudem das Gerechtigkeitsempfinden bedienen soll. Weder würden eine solche Finanztransaktionssteuer oder das Verbot ungedeckter Leerverkäufe in Zukunft ähnliche Krisen verhindern, noch würden sie aktiv zur Bewältigung der aktuellen Weltwirtschafts- und Währungskrise beitragen. Die Position der Bundesregierung ist vielmehr ein Ausdruck politischer Kapitulation. Es wird versucht mit falscher Steuerpolitik, unüberlegten Verboten und blindem Aktionismus den Mangel an zielführender Regulierung auszugleichen.

Eine Finanztransaktions- oder Spekulationssteuer betrifft potentiell alle Formen des Investments und alle Formen von Transaktionen. Somit würden insbesondere die Sparer der Mittelschicht, die in Form von Riester-, Rürup- oder ähnlichen Produkten ihre Altersvorsorge absichern wollen, von einer solchen Steuer, in erster Linie getroffen werden. Ebenso würden die kleineren Aktiendepots überproportional belastet, da die Besitzer i.d.R. deutlich stärker an den lokalen Aktienmarkt gebunden sind. Hingegen ist es für Hedgefonds und private Großinvestoren ein Leichtes eine solche Steuer durch Verlagerung ihrer Geschäfte ins nicht besteuerte Ausland zu umgehen, wodurch sie sich der Deutschen Börsenaufsicht vollständig entziehen.

Ebenso verlagern sich bereits jetzt ungedeckte Leerverkäufe ins Ausland. Grundsätzlich sprechen die JuLis NRW auch ungedeckten Leerverkäufen ihre Daseinsberechtigung zu, da es Marktsituationen gibt in denen nur diese eine Marktkorrektur durch Spekulation ermöglichen. Um jedoch zu verhindern, dass große Mengen ungedeckter Leerverkäufe den Markt manipulieren und Kettenreaktionen hervorrufen, fordern die JuLis NRW statt einem grundsätzlichen Verbot eine Erhöhung der Transparenz durch eine Erweiterung der Meldepflicht. Letztlich ist z.B. das aktuell von der BaFin verhängte Verbot von Leerverkäufen von bestimmten Titeln mehr ein Ausdruck von Hilflosigkeit als von sinnvoller Marktregulierung und sinnvolle Einflüsse auf den Markt sind nicht erkennbar.

Während eine Finanztransaktionssteuer die oft vergleichsweise geringen Renditen von risikoscheuen Kleinanlegern und regelmäßigen, diversifizierten Sparern belastet, besteht die Gefahr, dass diejenigen, die risikoreiche Spekulationsgeschäfte im großen Ausmaß abwickeln, die Steuer entweder schlicht umgehen oder einkalkulieren und entsprechend an ihre Kunden weiterreichen. Dies hätte eine weitere Erhöhung der benötigten Risikobereitschaft zur Folge, um weiterhin die gewünschten Renditen erzielen zu können. Somit würde ein Bumerang-Effekt ausgelöst, der spekulative Geschäfte nur noch riskanter werden lassen würde, und dem eigentlich angestrebten Ziel, bestimmte risikoreiche Geschäfte zu begrenzen, mehr schaden würde als nützt.

Desweiteren wären unter den institutionellen Anlegern vor allem diejenigen betroffen, die kurzfristig mit großen, automatisierten Handelsvolumen unter gutem Risikomanagement kleine Arbitragegewinne abschöpfen. Ein erheblicher Teil dieser Umsätze würde wegfallen. Dieser Rückgang an Liquidität, höhere Grenzkosten und das Weiterreichen von Kosten und geringerer Rendite durch Eigenhandel an die Kunden würde zugleich die Kosten der Währungs- und Warenkontraktabsicherung für mittelständische (Export-)Unternehmen in die Höhe treiben und so auch der Realwirtschaft schaden.

Im Gegenzug erkennen wir ebenso, dass die gegenwärtige Krise nicht ohne Konsequenzen bleiben kann. Allerdings ist es von grundlegender Bedeutung, dass nicht die Bekämpfung der Symptome dieser Krise im Mittelpunkt steht, sondern die Ursachen effektiv und wirkungsvoll angegangen werden.

In diesem Zuge identifizieren die Jungen Liberalen NRW die nachfolgenden Schritte als sinnvolle Möglichkeiten zur Verringerung des Risikos für das Entstehen zukünftiger Finanz- und Währungskrisen:

  • Die gesetzlich vorgeschriebene Eigenkapitalquote von Kreditinstituten müssen im Rahmen von internationalen Abkommen deutlich gesteigert werden.
  • Banken müssen ihre Zweckgesellschaften, sogenannte Special Purpose Vehicles (SPV), in die eigenen Bilanzen aufnehmen und zudem müssen auf die SPV die gleichen Regulierungen wie für Banken angewendet werden.
  • Dem Oligopol der Ratingagenturen muss aktiv entgegen gewirkt werden. Hierzu sind unter Anderem die folgenden Schritte notwendig:
  1. Alle Emittenten und Händler von Finanzprodukten werden verpflichtet mindestens zwei voneinander unabhängige Ratings für ihre Produkte vorzulegen, wobei maximal eins der Ratings von einer der drei großen Agenturen (Standard & Poor’s, Moody’s und Fitch Ratings) stammen darf.
  2. Manipulationen von Ratings durch das umstrukturieren von Produkten, nachdem eine Ratingagentur eben dieses Produkt seinerseits bewertet hat, müssen unterbunden werden.
  3. Die Bewertungsmethoden müssen grundsätzlich offengelegt werden.

Sollte die U.S.-amerikanische Regierung sich der Entflechtung dauerhaft wiedersetzen muss auch die Schaffung einer europäischen Ratingagentur in Betracht gezogen werden. Eine solche Lösung kann jedoch nur eine temporäre Notlösung sein, da auch das Schaffen einer weiteren Ratingagentur, das grundsätzliche, durch das Oligopol bedingte, Problem des fehlenden Qualitätswettbewerbs, nicht beheben kann.

  • Mittelfristig müssen die U.S.-Amerikaner die Haftungsregeln für Kredite an  Privatpersonen spürbar verschärfen sodass reine Mortgage Backed Securities als Sicherheit nicht ausreichen.
  • Künftig muss der Handel mit Kreditausfallversicherungen (Credit Default Swaps / CDS) ohne Ausnahmen der staatlichen Finanzaufsicht unterstehen.

Die Jungen Liberalen NRW fordern die FDP auf sich für die möglichst international abgestimmte Umsetzung der oben aufgeführten Möglichkeiten stark zu machen. Zudem erwarten wir, dass sie sich für die Bewahrung der Unabhängigkeit der EZB einsetzt und diese gegebenenfalls auch gegen Attacken von europäischen Regierungschefs, wie Sarkozy, verteidigt.

In unseren Augen ist es von zentraler Bedeutung auch in politisch schwierigen Zeiten an den eigenen Beschlüssen fest zu halten. Die Liberalen dürfen in ihrer Programmatik nicht eventuell später nötigen Kompromissen vorgreifen und somit die eigene Programmatik verwässern. Dementsprechend verlangen wir von der FDP, dass sie ihre gefassten Beschlüsse versucht bestmöglich umzusetzen. Die Steuerbelastung zu senken und der darin implizierte Ausschluss von Steuererhöhungen, auch in Form einer Finanztransaktionssteuer, ist ein solcher Beschluss der FDP (vgl. u. A. Bundestagswahlprogramm 2009, Seite 6, 6. Absatz). Es gilt diesen und das damit verbundene Wahlversprechen einzuhalten.

Zudem würde diese unangemessene und nicht zielführende Steuereinführung der Bevölkerung und ganz besonders der Mittelschicht in unseren Augen eine erhebliche Summe an Kapital entziehen. Diese Mehrbelastung gilt es unter allen Umständen zu verhindern. Zugleich besteht das hohe Risiko, dass die dringend nötige Haushaltskonsolidierung torpediert wird und die verschwenderische Haushaltsführung der letzten Jahre durch eine Erhöhung der Steuereinnahmen überdeckt wird.

Der Landesvorstand der Jungen Liberalen NRW wird abschließend aufgefordert, sich innerhalb des Landesvorstandes der FDP NRW mit Nachdruck gegen den Beschluss des Koalitionsausschusses zu stellen. Gleichzeitig erwarten wir, dass sich der Bundesvorstand der Jungen Liberalen dafür einsetzt, dass die Bundespartei sich in dieser Frage eindeutig gegen eine Finanztransaktionssteuer ausspricht, und gegebenenfalls dies auch öffentlich gegenüber der FDP zum Ausdruck bringt. Ebenso rufen wir die ELDR bzw. die ALDE-Fraktion im Europaparlament dazu auf, sich nach Kräften gegen die europaweite Einführung einer Finanztransaktions- oder Finanzaktivitätsteuer einzusetzen.

Anerkennung der Gerichtsbarkeit des Internationalen Gerichtshofes ohne Vorbehalte

Die Bundesregierung wird aufgefordert, die Anerkennung der obligatorischen Gerichtsbarkeit des Internationalen Gerichtshofes ohne Vorbehalte und unter Beteiligung des Bundestages zu vollziehen. Die FDP-Bundestagsfraktion soll zur Durchsetzung dieser Forderung im Bundestag geeignete Maßnahmen ergreifen.