20.04.2024

Liberale Energiegewinnung – Für grüne Energie braucht es gelbe Politik

-Einleitung-
Der deutsche Markt für Energie befindet sich im Umbruch. Mit etwa 37% hat die
Gewinnung elektrischer Energie den mit Abstand größten Anteil am deutschlandweiten
CO2 Ausstoß. Über die Reduzierung der Emissionen wird seit Jahren gestritten. Dieser
Sektor unterliegt bereits seit Jahren dem Zertifikatehandel und kann dabei erhebliche
Erfolge in der Reduktion der CO2-Emissionen vorweisen.
Gegenwärtig steht Deutschland gleichermaßen vor wirtschaftlichen, sozialen und
internationalen sicherheitspolitischen Herausforderungen. Nach deutlichen
Preisanstiegen in den vergangenen Jahren nahm die Akzeptanz für neue
energiepolitische Maßnahmen deutlich ab. Bezahlbare Energie ist ein essenzieller
Baustein des Wirtschaftsstandorts und für den Wohlstand der Bürgerinnen und
Bürger. Auch in Hinsicht auf geopolitische Herausforderungen besteht für die
Bundesrepublik eine hohe Notwendigkeit, die Energiegewinnung neu zu gestalten
um die Versorgungssicherheit auch weiterhin zu gewährleisten. Dies gewinnt vor
allem mit Hinblick auf die Dekarbonisierung durch Elektrifizierung des Wohn-,
Verkehrs- und Industriesektors zunehmend an Bedeutung. Die Umstellung auf
beispielsweise Wärmepumpen, der Ausbau der Ladeinfrastruktur und Veränderung
von Industrieprozessen wird erhebliche Mengen CO2-neutraler Energie benötigen,
wenn sie nachhaltig sein soll. Solar- und Windenergie stellen durch ihre
Erzeugungsschwankungen eine besondere Herausforderung für das bisherige
Stromnetz dar, welches auf die konstante Energieverteilung ausgerichtet ist. Mit
zunehmendem Ausbau erneuerbarer Energien wird sich somit die Problemstellung
verändern, nicht nur die Erzeugung, auch die Verteilung und Speicherung will
sichergestellt sein. Die Neugestaltung der Energiegewinnung braucht eine liberale
Politik.

– Beschlussfassung –

Energiehandel
Eine wirtschaftliche und sozialverträgliche Energiewende kann nur unter Mithilfe von
marktwirtschaftlichen Instrumenten gelingen. Das wichtigste Instrument zur
Transformation der Energiegewinnung ist die Bepreisung von CO2 Emissionen
durch die Implementierung eines Marktsystems für den Handel mit Emissionsrechten
(Zertifikatehandel). Darüber hinaus soll die Entwicklung durch gezielte
Rahmensetzungen unterstützt werden.
Für eine effiziente und bezahlbare Energiewende ist es notwendig, dass der Strom
möglichst günstig erzeugt und transportiert wird. Dabei soll er zu einem möglichst
großen Anteil dort produziert werden, wo er auch verbraucht wird, um einen Wettbewerb
der Energieerzeuger zu haben. Der Preis bildet sich aus Transport- und
Erzeugerkosten.
Mittelfristig sollen unterschiedliche lokale Beschaffungspreise für Strom in
Deutschland möglich sein. Den europäischen Standard regionaler Strompreiszonen
wollen wir in Deutschland zügig umsetzen. Regionen, welche mit ihrer
Stromerzeugung bereits zu sinkenden Strompreisen beitragen, sollen davon
profitieren, anstatt aufgrund der Netzentgeltgebühren für den Transport in andere
Regionen bestraft zu werden.
Die zunehmende Erzeugung von erneuerbaren Energien schafft eine günstigere,
jedoch weniger konstante Energieversorgung. Für eine effizientere Nutzung der
Kapazitäten sollen die nötigen Voraussetzungen geschaffen werden, zeitlich
dynamische Strompreise
als Standard zu implementieren.

Direkte Bürgerbeteiligung an der Energiegewinnung
Der Bau von Windrädern ist ein Eingriff in die Landschaft, die dadurch ihre gewohnte
Optik verändert. Die Lebenswirklichkeit der Bürger vor Ort wird davon direkt berührt.
Umso wichtiger ist es, dass die Bürger informiert und eingebunden werden. Zu
Steigerung der Akzeptanz der lokalen Stromerzeugung soll es künftig deutlich
vereinfacht werden, betroffene Personen und Kommunen an lokalen
Energieprojekten (bspw. Bürgerstrom o.Ä.) finanziell zu beteiligen. Um dies zu
erleichtern, fordern wir, dass das Land Referenz-Verträge schafft, um den
Genehmigungs- und Beteiligungsprozess zu vereinfachen. Die Bürgerinnen und
Bürger sollen auch die Möglichkeit haben, in Windkraftfonds mit Bürgerbeteiligung zu
investieren.
Wir Junge Liberale begrüßen die geplanten Erleichterungen für die Inbetriebnahme
kleiner PV-Anlagen („Balkonkraftwerke“) des „Solarpaket 1“. Dazu gehören in
diesem Zusammenhang insbesondere die Abschaffung der Meldepflicht beim
Netzbetreiber, die vorübergehende Duldung rückwärts laufender Stromzähler sowie
die legale Nutzung von Schuko-Steckern.
Darüber hinaus fordern wir, dass zukünftig die eigene Stromerzeugung mittels kleiner
PV-Anlagen bis zu einer Gesamtanlagenleistung von maximal 1 kW zulässig ist.
Anlagen zur Erzeugung und/oder Speicherung größtenteils selbst genutzter
erneuerbarer Energien sollen weiterhin durch günstige Kreditangebote der KfW
gefördert werden.
Die Nutzung von Stromspeichern gewinnt zunehmend an Bedeutung, um
Schwankungen im Stromnetz auszugleichen und erneuerbare Energien effizient zu
integrieren. Wir als Liberale sehen in der Einbindung von Bürgerinnen und Bürgern,
als Prosumer einen Schlüssel für eine stärkere Akzeptanz für die Dekarbonisierung
des Energiesektors.
Das aktuelle Regelwerk für die Behandlung von Stromspeichern, insbesondere im
Bereich der Privatpersonen, soll dabei vereinfacht werden. Jedoch ist die derzeitige
Doppelbesteuerung von Stromspeichern eine unverhältnismäßige Belastung für
diejenigen, die sich für den Einsatz von Speichertechnologien engagieren. Wir
fordern daher eine zügige Abschaffung dieser Doppelbesteuerung, um Investitionen
in Stromspeicher zu erleichtern und die Energiewende weiter voranzutreiben.
Bürgerinnen und Bürgern muss es ermöglicht werden, ihre Speicherkapazität auf
einfache Art und Weise dem Markt anzubieten. Dies beinhaltet auch die Einspeisung
durch mobile Energiespeicher wie beispielsweise E-Autos.
Die Verwertung von erneuerbaren Rohstoffen in Biogasanlagen ist eine saubere und
lokale Art der Energiegewinnung. Daher muss Strom aus Biogasanlagen auch nach der
Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetz im Jahr 2025 als grüne Energie anerkannt
werden.

Staatliche Beiträge zur Energiegewinnung
Fortan soll die Errichtung von Solaranlagen sowie Solarthermie auf und an
Kulturdenkmälern im öffentlichen Besitz vereinfacht werden. Anträge auf
Genehmigung sollen keine Ablehnung wegen des Eingriffs in das optische
Erscheinungsbild mehr erfahren. Für Denkmäler, die als Unesco-Weltkulturerbe
ausgewiesen sind, soll weiterhin eine Einzelfallentscheidung getroffen werden.
Um die Genehmigungsprozesse von Windkraftanalagen zu vereinfachen, sollen auf
Landesebene die Prozesse in einer zentralen Stelle mit Prüfungs- und fachlicher
Genehmigungskompetenz gebündelt werden. Diese soll den kommunalen Prozess
zur Planung von Windkraftanalagen begleiten und beraten. Kommunen sollen dabei
die finale Entscheidungshoheit über die Ansiedlung von Windkraftanalgen erhalten.
Eine landesweite Abstandsregel über das sicherheitstechnische Minimum hinaus
lehnen wir ab. Die Entscheidung soll zwischen Kommunen und Investoren getroffen
werden und somit den lokalen Willen abbilden.
Eine staatliche Subventionierung von Strompreisen (wie beispielsweise des
Industriestrompreises)
lehnen wir ebenfalls ab. Stattdessen soll der Strompreis um
zusätzliche Aufschläge bereinigt werden, um die Gesamtkosten des Energiebezugs
zu senken. Wir fordern daher die ersatzlose Abschaffung der Stromsteuer auf EU-Ebene
sowie der weiteren Abgaben (KWKG-Umlage, Offshore-Netz und § 19 Umlagen,
Konzessionsabgaben). Darüber hinaus wollen wir die Umsatzsteuer auf Strom von 19%
auf 7% senken. Abgaben, welche dem Hochfahren des Markts neuer Energietechnologien
dienen sollen über einen Zeitraum von 10 Jahren ausgephast werden. Abgaben, welche
fossile Energieträger fördern, wie z.B. das KWKG sollen innerhalb von 2 Jahren
abgeschafft werden.

Zukunftstechnologien
Die wachsende inkonstante Energiegewinnung benötigt neue Lösungen zur
effektiven Nutzung der Energie von Erzeugungsspitzen. Um solche temporären
Energieüberschüsse besser zu nutzen, ist die Sektorenkopplung zur
Power-to-Gas/Heat/H2/Chem-Umwandlung von großer Wichtigkeit. Projekte,
welche diese neuen Technologien und Konzepte umsetzen, sollen vereinfachten
Genehmigungsprozessen unterliegen. Hierfür soll eine Koordinationsstelle
geschaffen werden, die Investoren und Unternehmen durch die Prozesse leitet und
gegebenenfalls Ausnahmen ermöglicht, damit Innovation nicht durch Bürokratie
gehemmt wird und Prozesse verschlankt werden.
Repowering ist ein wichtiger Schritt zur Erneuerung von Windkraftanlagen und zur
Steigerung der Energieproduktion in der Windenergiebranche. Wir fordern, dass
typengleiche oder vergleichbare Anlagen oder Sanierungen von Windkraftanlagen
keinen umfangreichen Genehmigungsprozess mehr durchlaufen müssen.
Stattdessen sollen sie sich nur einem Abnahmeprozess unterziehen. Dies erleichtert
und beschleunigt den Repowering-Prozess erheblich und fördert eine schnellere
Erneuerung der Windkraftanlagen.
Wir Jungen Liberalen wollen die Förderung der Forschung von klimafreundlichen
Zukunftstechnologien
weiterhin vorantreiben. Diese können mittel- bis langfristig
die aktuell wachsenden erneuerbaren Energien ergänzen. Die Erforschung und
Nutzbarmachung von beispielsweise Kernfusionsreaktoren, Thoriumreaktoren,
sowie auch Dual-Fluid Reaktoren, wollen wir weiter mit den benötigten Ressourcen
unterstützen.
Die Übergangszeit hin zu einer klimafreundlichen Energiegewinnung bleibt eine
große wirtschaftliche und soziale Herausforderung. Um die Akzeptanz in der
Bevölkerung und die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts Deutschland
nicht zu gefährden, akzeptieren wir die durch den Markt gefragten Energieformen
und Erzeugungen. Die Versorgungssicherheit Deutschlands hat weiterhin höchste
Priorität. Kurzfristig befürworten wir daher die Ausbeutung eigener fossiler
Energiereserven
wie Gas, beispielsweise durch Fracking, sofern dies notwendig ist.

Internationale Zusammenarbeit
Die sichere, klimafreundliche Energiegewinnung bleibt eine weltweite
Herausforderung. Insbesondere der europäische Kontinent bietet aufgrund seiner
geografischen Beschaffenheit unterschiedliche Bedingungen für eine Vielzahl an
Energiegewinnungsformen. Mit Hilfe bilateraler Abkommen soll Deutschland
wirtschaftlich attraktive Kooperationen zum Handel mit Energieträgern wie bspw.
Wasserstoff mit vorzugsweise europäischen Partnern forcieren.
Im internationalen Kontext wollen wir mittels Klimaclubs die internationalen Beiträge
zum Klimaschutz über die europäischen Grenzen hinaus fördern. Für die
wettbewerbsfähige Ökonomie des europäischen Zertifikatehandels bedarf es eines
Level Playing Fields mittels Mechanismen wie dem
Cross-Border-Adjustment-Mechanism (CBAM), welcher Carbon Leakage vermeidet
und gleichzeitig international Anreize für die Einführung einer CO2-Bepreisung in
anderen Ländern schafft. Dieser soll sukzessive mit der Erweiterung eines
europäischen Zertifikatehandels ausgebaut werden.
Zwingend dazu notwendig ist die gleiche Bepreisung von Treibhausgasemissionen durch
die Zusammenlegung von ETS1 und ETS2.

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