Lebensgrundlagen schützen – Nachhaltigkeit als zentrales Prinzip liberaler Umweltpolitik

Der Mensch kann nur mit der Natur leben und überleben. Unsere Umwelt ist demnach unsere Lebensgrundlage heute und ebenso die der Generationen von morgen. Deshalb gilt es die Umwelt zu schützen, mit ihren Ressourcen verantwortlich umzugehen und sie für die Generationen nach uns zu erhalten. Dabei wollen wir Liberale die größtmögliche Freiheit des Einzelnen verwirklichen, die ihre Grenzen in der Freiheit des jeweils nächsten findet. Freiheit ist also die Verantwortung des Einzelnen, der Gesellschaft und des Staates auch und gerade für die Umwelt. In Anlehnung an die noch heute gültige Definition des Konzepts der Nachhaltigen Entwicklung der  Weltkommission für Umwelt und Entwicklung aus dem Jahre 1987 sind die Jungen Liberalen der Überzeugung, dassden Bedürfnissen und Bedarfen der heutigen Generation entsprochen werden soll, ohne die Möglichkeiten künftiger Generationen zu gefährden, in einer intakten Umwelt zu leben und ihren Anspruch auf einen gleichermaßen verantwortungsvollen Ressourcenverbrauch geltend machen können. Nur eine nachhaltige Umweltpolitik ist eine gute Umweltpolitik. Politische Maßnahmen müssen immer auch die mittel- und langfristigen Konsequenzen ihres Handelns im Blick haben und müssen auf dieses Kriterium hin überprüft werden. Im Sinne einer umfassenden Generationengerechtigkeit und -bilanz gehört zu einer solchen Prüfung auch die Berücksichtigung der Auswirkungen dieser Politiken auf die Umwelt, die Wirtschaft und die Gesellschaft. Dabei ist für die Jungen Liberalen klar: Ökologie und Ökonomie sowie der freiheitliche Gesellschaftsentwurf sind keine Gegensätze.

Fest steht, dass unsere Umwelt ohne uns überleben kann; wir aber nicht ohne sie. Auch der ökonomische Kreislauf kommt ohne Eingriffe in die Natur nicht aus, und eine Gesellschaft nicht ohne das Wirtschaften. Darin sehen die Jungen Liberalen ihren Einsatz für eine integrierte Umweltpolitik begründet, die neben ökologischen Gesichtspunkten eben auch gesellschaftliche und ökonomische Aspekte berücksichtigt. Die Maßnahmen, mit denen wir dem Ziel näher kommen wollen, beruhen auch auf wissenschaftlichen Erkenntnissen und ignorieren künftige Innovationen nicht. Die Berücksichtigung der gesellschaftlichen und ökonomischen Aspekte geschieht aus der Einsicht heraus, dass erfolgreicher Umweltschutz nur gemeinsam mit der Bevölkerung und der Wirtschaft möglich ist.

Die Jungen Liberalen treten deshalb seit jeher dafür ein, die soziale Marktwirtschaft zu einer sozialen und ökologischen Marktwirtschaftfortzuentwickeln. Um den Umweltschutz voranzutreiben, wollen wir marktwirtschaftliche Instrumente nutzen. Gelebter Umweltschutz muss so zu einem Wettbewerbsvorteil für die Marktteilnehmer werden. Die aus Japan bekannte Top-Runner-Regulierung erreicht dieses Ziel und fördert Innovationen und Technologien. Denn hier wird der höchste Effizienzgrad des Marktes zum Standard erhoben, der dann nach einer Kulanzzeit von allen Marktteilnehmern erreicht werden muss. Immer bessere Grenzwerte ergeben sich somit aus dem Marktprozess heraus. Damit ist eine solche dynamische Form der Regulierung der EU-Ökodesign-Richtlinie klar überlegen.  Jedwede Regulierung sollte aus Sicht der Jungen Liberalen ergebnisorientiert ausgestaltet sein. Die Politik muss möglichst dynamisch die Ziele definieren, nicht aber den genauen Weg vorschreiben.

Umweltpolitik macht nicht an den Ländergrenzen halt. Deswegen ist eine umfassende, internationale Betrachtung unabdingbar. Umweltpolitik muss stets global denken, soweit möglich auch globale bzw. übergreifende Standards setzen und letztendlich auch global handeln. Das Zeitalter der umweltpolitischen Lippenbekenntnisse der vergangenen vierzig Jahre hat zwar viele einzelne gute Ideen hervorgebracht, aber kein integriertes Konzept eines nachhaltigen Bewusstseins für unsere Umwelt erbringen können, nach dem es sich zu handeln lohnt. Die Jungen Liberalen NRW bedauern das, sehen aber im wachsenden Umweltbewusstsein der Bevölkerung eine Chance zur Umsetzung.

Ein erster Schritt in diese Richtung ist nach Meinung der Jungen Liberalen die Schaffung eines Bundesumweltgesetzbuches. Ziel muss es dabei sein, das Umweltrecht systematisch zusammenzufassen, neu zu ordnen und zu vereinfachen.

Da die Umweltverschmutzung naturgemäß auch nicht an den Grenzen Europas Halt macht, kann auch dies nur ein Zwischenschritt sein. Diese Schritte sind geleitet von der Erkenntnis, dass Umweltprobleme nicht an den Grenzen von Ländern und Kontinenten Halt machen und insofern kleinteilige Lösungsversuche zwingend verpuffen müssen. Bei der Entwicklung und Durchsetzung von internationalen Standards muss die Europäische Union eine Vorreiterrolle einnehmen. Zur Durchsetzung von Zielen darf dabei nicht mehr vor Handelsbeschränkungen für Produkte, die nicht dem Top-Runner-Prinzip entsprechen, aus umweltschädlicher Produktion zurückgeschreckt werden.

Zugleich muss aber Umweltschutz auf die unterste Ebene menschlichen Wirkens heruntergebrochen werden und dort gelebt und umgesetzt werden. Auch auf lokaler Ebene muss daher gehandelt werden. Die Jungen Liberalen fordern die Verantwortlichen dazu, weitere solcher Initiativen zu starten.

Umweltschutz fängt schon im Kleinen an. Jeder Einzelne sollte bewusst leben und so die Natur schützen. Darüber hinaus ist auch die Macht des Verbrauchers nicht zu unterschätzen, der durch nachhaltigen Konsum einen großen Beitrag zum Umweltschutz leisten kann. Damit der Verbraucher allerdings seine Marktmacht ausüben kann, benötigt er ein größtmögliches Maß an für ihn verständlichen Informationen. Deswegen treten die Jungen Liberalen dafür ein, dass zukünftig eine Öko- und Ressourcenbilanz auf allen Produkten in Form einer prägnanten Angabe veröffentlicht wird. So wird dem Verbraucher ersichtlich, wie viele Ressourcen für das Produkt bei Herstellung und Transport eingesetzt werden mussten. Dies ist ein weiterer Anreiz für erhöhte Materialeffizienz.

Damit sich diese Macht des Verbrauchers entfalten kann, ist es Aufgabe von Politik diese Informationen von der Wirtschaft gegenüber ihren Konsumenten einzufordern. Denn neben den Individuen haben auch die Unternehmen als Marktteilnehmer und Ressourcenverbraucher eine ökologische Verantwortung und sollten dieser verstärkt nachkommen. Sie sind der zentrale Partner der Politik bei dem Ziel, die soziale Marktwirtschaft zu einer sozialen und ökologischen Marktwirtschaft weiterzuentwickeln. Es braucht die Innovationen der Wirtschaft, um Material-, Energie- und Ressourceneffizienz sektorenübergreifend und insbesondere in der Wirtschaft selbst zu verbessern. Die Jungen Liberalen sind überzeugt, dass das Thema Green IT hierbei ein wichtiger Baustein ist. Green IT umfasst die Gesamtheit aller Potenziale für Energie- und Ressourceneffizienz, die auf der Informations- und Kommunikationstechnologie basieren. Dabei wird der gesamte Lebenszyklus des Produktes oder des Prozesses in den Blick genommen. Green IT ist auf zwei Ebenen ressourcenschonend: direkt und indirekt. Der direkte Effekt wird durch den niedrigen Energieverbrauch des eingesetzten Gerätes erzielt; indirekt kann sie konventionelle Information und Kommunikation ablösen (z. B. durch Videokonferenzen und andere Formen der weltweiten Datenübertragung).

Allgemein betrachtet steht Wohlstandswachstum heute in eindeutiger Korrelation zu wachsendem Ressourcenverbrauch und damit einhergehender Umweltschädigung. Oberstes Ziel muss es dahersein, das Wirtschaftswachstum vom Ressourcenverbrauch abzukoppeln. Damit wird kein Ende des Wachstums postuliert, sondern das Wachstum wird vielmehr nachhaltig und generationengerecht ausgestaltet. Dieses Ziel kann allerdings nur im Schulterschluss von Politik und Wirtschaft gemeinsam erreicht werden. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen in einem ersten Schritt umweltfeindliche Subventionen beispielsweise im Agrarsektor abgeschafft werden, da diese fortwährend Fehlanreize setzen. Zugleich erkennen die Jungen Liberalen an, dass zum Beispiel im Feld der Kunststoffe auf Basis nachwachsender Rohstoffe Forschungsförderungen notwendig sind.

Die öffentliche Hand muss überdies zum Vorreiter in Sachen Umweltschutz werden. Dies gilt bei Green IT, die verstärkt genutzt werden muss. Darüber hinaus soll aus Sicht der Jungen Liberalen die öffentliche Hand deswegen bei Bauprojekten die Passivhausbauweise zum Standard machen. Da die anfänglichen Mehrkosten sich aufgrund der nachhaltigen Bauweise – gemessen an der Nutzungsdauer – schnell amortisieren, ist eine solche Investition zu vertreten und nur intelligent.

Ein entscheidender Hebel beim Thema Ressourcenschonung ist der Abfall, dessen weltweite Menge rasant steigt. Aus diesen Gründen begrüßen die Jungen Liberalen Technologien wie „Cradle to Cradle“, gleichbedeutend mit komplett recyclebaren Produkten, sowie „Urban Mining“, also die Nutzung von Städten als „Rohstoffmine“, wobei aus Bauschutt erneut Material für andere Bauzwecke entsteht, als einen guten Weg an. Solche, die Umwelt entlastende Innovationssprünge, die also zum Beispiel zu mehr Ressourceneffizienz und weniger Abfall führen, müssen intensiv bekannt gemacht werden. Diese Technologien können aber nur einen Baustein von vielen bei der Lösung des Problems darstellen. Bei Recyclingvorschriften muss darauf geachtet, werden, dass Ausnahmetatbestände und Umgehungsmöglichkeiten weitestgehend ausgeschlossen werden, damit diese Vorschriften nicht wirkungslos bleiben – dies gilt auch für die Umgehung von Vorschriften über Müllexport. Deswegen macht eine auf europarechtlicher Ebene implementierte Rücknahmegarantie technischer Geräte (Elektroschrott) seitens der Hersteller Sinn, bei der sie gleichzeitig dazu verpflichtet werden, die Materialien innerhalb der Europäischen Union oder in Ländern mit vergleichbaren Umweltstandards weiterzuverarbeiten oder zu entsorgen. Bei der Ausgestaltung dieses Vorschlages muss indes deutlich werden, dass es sich um eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe von Produzenten, Importeuren, Regierungen, Endverbrauchern und der Recyclingindustrie handelt, die gemeinsam zu bewältigen ist. Sinnlos sind aus Sicht der Jungen Liberalen hingegen die aktuellen Regelungen der Mülltrennung. Hier setzen die Jungen Liberalen sich dafür ein, dass, ausgenommen Biomüll, aller Müll in einer Tonne gesammelt wird. Die Trennung ist durch moderne Trennanlagen zu bewerkstelligen. Das bestehende Überangebot an Müllverbrennungsanlagen soll zudem abgebaut werden. Ziel muss es sein, dass möglichst wenig “Abfall zur Verwertung” (recyclebare Stoffe) verbrannt wird und stattdessen in den Verpackungskreislauf zurückgeführt wird.

Ein in der öffentlichen Wahrnehmung immer noch unterrepräsentiertes Problem stellt der immer größer werdende Flächenverbrauch dar.  Hier konnten primär auf kommunaler Ebene bereits erste Erfolge erzielt und der Trend des stetig wachsenden Flächenbedarfs zumindest ansatzweise gebrochen werden. Die Bundesregierung hat sich bis 2020 das Ziel gesetzt, den täglichen Flächenneubedarf von 94 Hektar auf 30 Hektar zu senken. Aus Sicht der JuLis NRW reicht es jedoch nicht aus, nur den Flächenneubedarf zu verringern. Da Fläche ein knappes Gut und naturgemäß begrenzt ist, muss dertägliche Flächenneubedarf langfristig muss auf 0 Hektar reduziert werden, wobei diese Entwicklung schrittweise geschehen muss. Dabei kommt es darauf an, zunächst dafür zu sorgen, dass der Nutzen, der aus einer Flächennutzung gezogen, wird maximiert wird.

Einen Erfolg versprechenden Ansatz in diese Richtung sehen die Jungen Liberalen NRW in der Einführung von Flächenzertifikaten. Bei der Nutzung von Flächenzertifikaten ist insbesondere die Versiegelung zu gewichten. Je größer der geplante Grad der Versiegelung, desto teurer muss das Zertifikat sein. Das muss auch bei der Umwidmung der Flächen berücksichtigt werden. Dabei werden den Kommunen von übergeordneter Ebene entsprechende Zertifikate zugeteilt. Bei dieser Vergabe wird der durch die demographische Entwicklung bedingte unterschiedliche Flächenbedarf berücksichtigt. Kommunen, deren Flächenneubedarf über deren Zertifikatezuteilung liegt, müssen zusätzliche Zertifikate von Kommunen mit geringerem Flächenbedarf zukaufen. Dadurch erhöhen sich zwar die unmittelbaren Kosten für neue Flächen, aber es wird ein marktwirtschaftlicher Anreiz geschaffen, vorhandene Flächen effektiver zu Nutzen, anstatt neue zu beanspruchen. Mit zunehmender Etablierung des Systems kann vor dem Hintergrund der notwendigen Flächenneubedarfsreduzierung (auf langfristig 0 Hektar) überdies darüber nachgedacht werden, dass die Zertifikate nur noch kostenpflichtig ausgegeben werden.

Weiterhin muss die Landespolitik eine pragmatische Lösung für die Nutzung von Industriebrachen finden, die gewährleistet, dass diese nicht aufgrund ihrer hohen Belastungen leer bleiben. Während renaturierte Flächen neu genutzt werden.

Langfristiger angelegt sind Anstrengungen, Lebensräume in Zukunft kompakter zu gestalten. Arbeitsplätze und Wohnraum sollen räumlich wieder näher zusammenrücken, um in Zukunft Bewohnern das Bewältigen eines Großteils ihres Alltags mit dem Fahrrad und zu Fuß zu ermöglichen. Hierdurch reduziert sich nicht nur der notwendige fließende Verkehr, sondern auch das verheerende Stauaufkommen. Die Jungen Liberalen NRW unterstützen diese Konzepte, da sie nicht nur den Flächenverbrauch senken, sondern unsere Städte auch demografiefester  machen.

Doch auch schon auf dem Weg hin zu kompakteren Städten muss das innerstädtische Verkehrsaufkommen auch aus Gründen der zu hohen Feinstaubbelastung reduziert werden, ohne dabei die Mobilität unnötig einzuschränken. Nicht zuletzt aus Gründen der Akzeptanz in der Bevölkerung ziehen wir dabei die spezifische Reduzierung der Emissionsintensität z. B. mit Hilfe technischer Maßnahmen wie Partikelfiltern solchen Maßnahmen vor, die die emittierende Tätigkeit als solche einschränken, wie beispielsweise Fahrverbote. Neben Partikelfitern ist auch die Reduzierung des Brems- und Reifenabriebs eine mögliche Maßnahmen auf Basis technischer Lösung. Der Abrieb macht die Hälfte der verkehrsbedingten Emissionen ausmacht und birgt somit ein großes Potenzial einer Feinstaubminderung.

Umweltzonen werden nach unserer Meinung ihrem Namen nicht gerecht. Weder schützen sie die Umwelt durch eine Verringerung des Verkehrsaufkommens, noch senken sie den tatsächlichen Schadstoffausstoß. Vielmehr sorgen sie nur dafür, dass der Verkehr besagte Zonen umgeht und sich der Feinstaub auf ein größeres Gebiet verteilt. Um die Zielvorgaben der Umweltzonen – also den Schutz der Umwelt und die Reduktion des Verkehrsaufkommens – zu erreichen, ist ein sehr gut ausgebauter Personennahverkehr mit einem bedarfsgerechten Angebot unabdingbare Vorraussetzung. Mit Blick auf die Vor- und Nachteile von Biosprit sprechen die Jungen Liberalen sich für eine sachliche Information aus. Diese muss ausgerichtet sein an einem Kriterienraster, das aus Ressourceneffizienz, nachhaltige Landwirtschaft und der Nutzung von Abfällen besteht.

Ergänzend müssen naturbelassene Rückzugsgebiete erhalten bzw. geschaffen werden, um bedrohte Arten zu schützen. Nur durch natürliche Artenvielfalt kann das ökologische Gleichgewicht erhalten bleiben. Bereits erzielte Erfolge wie die geglückte Rückkehr von Beutegreifern wie dem Wolf müssen durch solche und weitere Maßnahmen verstetigt werden. Gleichzeitig lehnen es die Jungen Liberalen allerdings ab, evolutionsbedingte Veränderungen von Artenbeständen zu bekämpfen und so künstlich in das Ökosystem einzugreifen. Auch in landwirtschaftlich genutzten Gebieten sollen Rückzugsflächen für Wildtiere geschaffen bzw. erhalten werden, da insbesondere Insekten als Bestäuber einen entscheidenden Beitrag zur landwirtschaftlichen Produktivität leisten. Die Geschichte hat uns gelehrt, dass die Idee einer absoluten Vielfalt mittel- bis langfristig stets wiederum zu einem Ungleichgewicht führt.