Der russische Krieg gegen die Ukraine seit 2014 und spätestens die Invasion ab dem
24. Februar 2022 haben in Europa und auch in Deutschland endlich zu einem
sicherheitspolitischen Umdenken und zur Feststellung einer Zeitenwende geführt. Die
Bundeswehr erholt sich nur langsam von der langanhaltenden Abrüstung der Jahrzehnte
nach dem Fall des eisernen Vorhangs. Langsam ist in der aktuellen
sicherheitspolitischen Lage aber der falsche Ansatz. Die Bundeswehr muss ihr
Beschaffungswesen reformieren, ihren Personalmangel in den Griff bekommen und sich
besser international vernetzen. Folgende Maßnahmen sind dabei für uns zentral:
Aramid- statt Stahlhelm
Das Beschaffungswesen der Bundeswehr ist in fast legendärem Maße ineffizient. Wenn
das 100 Mrd. Euro schwere Sondervermögen zielgerichtet und effizient ausgegeben
werden soll, dann muss damit eine Reform der Beschaffung, aber auch strategisches
Denken in der Verteidigungspolitik einhergehen. Als Liberale setzen wir auf den Abbau
ineffizienter Regeln und die Stärkung von Eigenverantwortung.
- Das Weißbuch der Bundeswehr als strategische Grundlage deutscher
Sicherheitspolitik soll regelmäßig aktualisiert werden. Dabei geht es nicht um
eine ständige Neuausrichtung der deutschen Sicherheitspolitik, sondern um eine
klare Linie, die regelmäßig an veränderte Umstände angepasst wird. Die
Definition klarer strategischer Bedrohungen ist hierbei schon aus strategischen
Gründen sinnvoll. - Das Handgeld bietet heute schon Kommandeuren die Möglichkeit, kleine
Anschaffungen an Material selbstständig, eigenverantwortlich und unbürokratisch
zu tätigen. So umgehen wir für bestimmte Güter des regelmäßigen individuellen
Bedarfs langwierige Beschaffungsverfahren. Dieses Handgeld wollen wir erhöhen
und zudem auf Soldaten ab einer gewisser Erfahrung auch unabhängig vom
Dienstgrad ausweiten. Um dabei die Interoperabilität und Eignung der beschafften
Ausrüstung zu garantieren, soll den Soldaten ein Pool an Ausrüstung nahegelegt
werden, die entweder an anderer Stelle bereits durch die Bundeswehr beschafft
wird oder mindestens durch die Wehrtechnischen Dienststellen (WTDs) geprüft
wurde. - Gesetze, welche die Bundeswehr unverhältnismäßig behindern und nicht an den
militärischen Kontext angepasst sind, sollten kritisch geprüft und ggf.
abgeschafft oder angepasst werden. Beispiele hierfür sind:- Die heute fehlende Straßenzulassung für gepanzerte Fahrzeuge
- Europäische Arbeitszeitvorschriften, die besser durch eigene
Militärarbeitsschutzgesetze ersetzt werden sollten - Die dauerhafte Sperrung bestimmter Lufträume, um auch große Drohnen
verlegen zu können
Stärkungsprogramm des Personalkörpers der Bundeswehr
Wir brauchen einsatzbereite Berufssoldaten genauso, wie eine große und wohltrainierte
Reserve. Die Ukraine hat uns gezeigt wie eine starke Reserve einen Angriffskrieg
verzögern oder gar aufhalten kann. Durch die 1 Million gut trainierter Reservisten in
der Ukraine, neben der 180.000 Soldaten starken regulären Armee, konnte die russische
Übermacht gestoppt werden und genau diesem Beispiel müssen wir für den Ernstfall
folgen.
- Die Wehrpflicht in Friedenszeiten bleibt für uns ein freiheitsfeindliches und
wenig sachdienliches Konzept. Im Verteidigungsfall kann sich diese Einschätzung
abhängig von der Bedrohungslage ändern. Daher wollen wir Art. 12a GG und das Wehrpflichtgesetz so neufassen, dass die
Wehrpflicht für alle Deutschen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben,
unabhängig vom Geschlecht im Spannungs- und Verteidigungsfall gilt. Ausnahmen
von der Wehrpflicht sollen nicht vom Geschlecht, sondern von Betreuungspflichten
gegenüber schutzbedürftigen Mitmenschen abhängig gemacht werden, wie zum
Beispiel Minderjährige, hilfsbedürftige Senioren oder Personen mit geistigen und
körperlichen Einschränkungen. Das Recht, den Dienst an der Waffe zu verweigern,
bleibt bestehen. Eine Wehrpflicht in Friedenszeiten lehnen wir nach wie vor
konsequent ab. - Die Wehrpflicht in Friedenszeiten lehnen wir klar ab. Um die Hemmschwelle für
den Freiwilligen Wehrdienst zu senken und einen besseren Überblick über das
wehrfähige Personenpotential zu erhalten, setzen wir auf moderate finanzielle
Anreize zur freiwilligen Musterung. - Es müssen mehr statt weniger Berührungspunkte zwischen der Gesellschaft und
ihren Verteidigern geschaffen werden. Deswegen halten wir Initiativen wie
„Schule ohne Bundeswehr“ für falsch. In der Bundeswehr dienen Soldatinnen und
Soldaten aus der Mitte unserer Gesellschaft für unsere freiheitliche
Gesellschaft. Dabei halten sie im Zweifel im wahrsten Sinne des Wortes den Kopf
für unsere Interessen und Freiheit hin. Dass dann staatlich finanzierte
Bildungseinrichtungen der Bundeswehr die Tür vor der Nase zuschlagen, ist der
komplett falsche Ansatz. Es sollte ihr an jeder Schule möglich sein, ihre
Aufgaben und Arbeit transparent vorzustellen. - Insbesondere der freiwillige Wehrdienst muss gestärkt werden. Dazu gehört
zunächst eine Anhebung der Dienstposten für freiwillig Wehrdienstleistende auf
eine Zielgröße von 15.000-20.000 – unabhängig davon muss die Aufwuchsfähigkeit
für den Verteidigungsfall erhalten werden. Um den FWD attraktiver zu machen,
sollen Wehrdienstleistende nach ihrem Wehrdienst Zugang zu eigenen
Stipendienprogrammen, privilegierten Zugang zu Studienplätzen und während ihrer
Zeit in der Reserve auch gebührenfreie oder vergünstigte Angebote zu zivil-
beruflichen Weiterbildungsangeboten erhalten. Der Freiwillige Wehrdienst ist
zudem in die Truppenreserve einzugliedern und mit einem klaren Ausbildungsplan
zu versehen. Zudem ist die Wehrüberwachung (also die Speicherung der Tätigkeiten
und Fähigkeiten der ehemaligen Wehrdienstleistenden und Soldaten) wieder
einzusetzen. - Die Reserve wollen wir attraktiver machen, indem das Vergütungsmodell für
Reservisten überarbeitet wird. Darüber hinaus soll es NATO-weite Kooperationen
bei Reserveübungen geben und wir fordern eine Verknüpfung von
Berufsförderungsdienst und Reservedienst. Das Reserveendalter ist an das
gesetzliche Renteneintrittsalter zu koppeln. - Um auch das allgemeine Personalproblem der Bundeswehr zu adressieren, fordern
wir die bessere Anerkennung von zivilen Studiengängen bei Eintritt in die
Bundeswehr, die Erleichterung des Seiteneinstiegs in die Offizierslaufbahn und
einen Nachteilsausgleich in Form einer Einmalzahlung in diesem Fall. Im Übrigen
wollen wir die Auszahlung von Überstunden erleichtern, die nicht mehr sinnvoll
abgebaut werden können. - Das derzeitige Beurteilungssystem für angehende Berufssoldaten ist keineswegs
zweckmäßig und fordert eine, durch Quoten limitierte, Einteilung des Personals.
Diese Einteilung lässt keine Ausnahmen zu und muss selbst in Reihen von
absolutem Spitzenpersonal getroffen werden, hier werden eine Menge potentieller
Berufssoldaten verloren - Das Konzept des Berufsfeldwebelanwärters benachteiligt jene Soldaten, welche
mehrere Jahre Verpflichtungszeit abgeleistet haben und nur so zur Auswahl des
Berufssoldaten zugelassen wurden. Eine Bestenauslese vor der Zulassung des
Berufssoldaten befürworten wir sehr, jedoch kann diese nicht zu Nachteilen
aktiver Soldaten geschehen. Aus diesem Grund muss das Konzept des
Berufsfeldwebelanwärter wieder aufgehoben werden.
Auf zur europäischen Armee! Aber wie?
Die Europäische Union ist bisweilen zerstritten und erscheint reformträge – leider
auch auf militärischer Ebene. Um als starker Partner in der NATO zu agieren, müssen
wir als EU zusammen stehen, trainieren und kämpfen. Wir brauchen keine
Parallelorganisation zur NATO, sondern eine als militärische Einheit stehende
Europäische Union im nordatlantischen Bündnis. Dies ist ein Langfristziel, welches
wir mit den folgenden Forderungen anstreben wollen.
- Wer europäische Verteidigung will, muss europäische Verteidigungspolitik
stärken. Wir fordern, dass im Anschluss an die Europawahl 2024 erstmals ein
eigener, vollwertiger Verteidigungsausschuss im Europäischen Parlament
eingesetzt und ein Verteidigungskommissar gewählt wird. Der “Hohe Vertreter der
Europäischen Union für Außen- und Sicherheitspolitik” ist zukünftig nur noch für
auswärtige Angelegenheiten und Diplomatie zuständig. Seine Zuständigkeiten für
die europäische Verteidigungspolitik gehen in den Geschäftsbereich des
Verteidigungskommisars über. - Als Nukleus der angestrebten europäischen Armee, fordern wir die Gründung einer
von allen 27 Mitgliedsländern gemeinsam getragenen EUROLEGION. Die EUROLEGION
soll zunächst Struktur und Auftrag der “European Battle Group” übernehmen. Um
autonom einsatzbereit zu sein, soll die EUROLEGION mittelfristig schrittweise zu
einer 8000 Mann starken Brigade – analog zur Very High Readiness Joint Task
Force der NATO – ausgebaut werden. Zum Erreichen dieses Zieles halten wir die
Schrittweise Überführung nationaler Fähigkeiten in die Strukturen der EUROLEGION
für sinnvoll. Langfristig soll sie auch selbstständig aus den Bürgern der EU-
Staaten rekrutieren. Ihr Oberbefehl liegt beim Verteidigungskommissar, wobei dem
Europäischen Parlamente nach deutschem Vorbild ein umfassender
Parlamentsvorbehalt, insbesondere zu potentiellen Auslandseinsätzen, eingeräumt
werden soll. Parlamentszustimmung der Zustimmung der Regierungen aller
Mitgliedsländer.
Strukturen der NATO integriert. - Die enge deutsch-niederländische Militärkooperation ist vorbildhaft. Nach ihrem
Vorbild sollten weitere Kooperationen bspw. mit Tschechien, Litauen, der
Slowakei und Großbritannien vorangetrieben werden. Zudem wollen wir den
Staatsbürgern anderer EU-Mitgliedsländern auf Antrag und mit vorheriger
Einzelfallprüfung den Dienst in der Bundeswehr ermöglichen. - Das Ausschreibungssystem der EU für militärische Ausrüstung muss reformiert
werden. Hierfür fordern wir mehr klar definierbare Kriterien für die
Ausschreibung und Rechtssicherheit für die Produzenten, insbesondere vor
langjährigen Rechtsstreits nach Auftragsvergabe. In allen europäischen Ländern
und insbesondere in Deutschland muss mehr „von der Stange“ gekauft, statt
jahrzehntelang selbst entwickelt werden. - Die EU sollte eine eigene strategische Materialreserve aufbauen, die
insbesondere Munition, Verschleißteile, persönliche Ausrüstung, Treibstoff,
Nahrung und nach amerikanischem Vorbild „modulare Container-Kasernen“ umfasst