Die Jungen Liberalen NRW wollen eine Gesellschaft, in der Menschen verschiedener Religionen und Weltanschauungen gleichberechtigt miteinander leben. Für uns ist es selbstverständlich, dass jedermann ein Anrecht auf positive und negative Religionsfreiheit hat und dies von allen Teilen der Gesellschaft respektiert wird. Wir wollen einen Staat, der Religion und Religionsgemeinschaften weder privilegiert, noch benachteiligt. Unser Ziel ist der weltanschaulich neutrale Staat.
Rechtsstellung & Finanzen
Um den weltanschaulich neutralen Staat zu verwirklichen und gleiche Bedingungen für alle Religionsgemeinschaften zu schaffen, müssen Staat und Kirche klar getrennt werden. Wesentliches Mittel hierfür ist die Aufhebung des Status von Religionsgemeinschaften als Körperschaften des öffentlichen Rechtes. Das Recht zur Steuererhebung und die Dienstherrenfähigkeit für Beamte sind nur zwei Punkte, die dem Trennungsprinzip entgegenstehen und entfallen müssen. Der über Art. 140 GG unmittelbar geltende Art. 137 WRV muss entsprechend geändert werden.
Die Anbringung religiöser Symbole an oder in öffentlichen Gebäuden lehnen die Jungen Liberalen NRW grundsätzlich ab. Ausnahmen sind nur dann zulässig, wenn die entsprechenden Symbole zum architektonischen Gesamtensemble eines denkmalgeschützten Gebäudes in öffentlicher Hand gehören. Das ersichtliche Bekenntnis zu einer Glaubensüberzeugung etwa durch Tragen eines religiösen Symbols gehört zur positiven Religionsfreiheit und dieses Recht muss entsprechend geschützt werden.
§ 166 StGB – der Gotteslästerungsparagraph – ist unverzüglich und ersatzlos zu streichen. Persönliche Beleidigungen können auch weiterhin über den § 185 StGB zur Anzeige gebracht werden, alles weitere ist durch das Grundrecht auf Meinungsfreiheit gedeckt.
Die im Rahmen der Feiertagsgesetzgebung während so genannter ‚stiller Feiertage‘ verhängten Einschränkungen unter dem Oberbegriff des Tanzverbots sind ersatzlos abzuschaffen.
Die Versammlungsstättenordnung hat auch für im kirchlichen Besitz befindliche Gebäude zu gelten, solange diese nicht ausschließlich für Gottesdienste und andere religiöse Zeremonien genutzt werden.
Die von der Enquetekommission ‚Kultur in Deutschland‘ 2005 geforderte Umwandlung des beim Bundeskanzleramt angesiedelten Beauftragten für Kultur und Medien zu einem Bundesminister für Kultur- und Kirchenangelegenheiten ist angesichts der angestrebten Trennung von Kirche und Staat strikt abzulehnen.
Die Jungen Liberalen NRW fordern als Konsequenz der Abschaffung des KöR-Status die Beendigung des Einzugs der Kirchensteuer durch staatliche Finanzbehörden – evangelische und katholische Kirche können selbstverständlich wie andere Glaubensgemeinschaften oder Vereine ihre Finanzierung durch eigenständigen Einzug von Mitgliedsbeiträgen sicherstellen. Mit der Abschaffung der Kirchensteuer in ihrer jetzigen Form verbunden, soll die Religionszugehörigkeit aus Datenschutzgründen nicht länger auf der Lohnsteuerkarte bzw. in Zukunft bei der elektronischen Lohnsteuererfassung, eingetragen werden. Ebenso sollen die an Stelle der bisherigen Kirchensteuer von den Religionsgemeinschaften zu erhebenden Mitgliedsbeiträge nicht über das Niveau anderer Zuwendungen für steuerbegünstigte Zwecke hinaus als Sonderausgabe bei der Berechnung der Steuerlast geltend gemacht werden können. Analog dazu sind die Regelungen bei Abgeltungs-, Pauschal- und Pauschsteuer zu gestalten.
Die kontinuierliche Zahlung der in den Staatskirchenverträgen festgelegten Staatsdotationen soll durch Einmalzahlungen abgelöst werden. Hierbei sind die über die Jahrhunderte durch Reich, Bund und Länder geleisteten Zahlungen angemessen zu berücksichtigen. Wir fordern Bund und Länder auf, dem Verfassungsauftrag nach Art. 140 GG, 138 WRV unverzüglich nachzukommen.
Auch die Kirchenbaulasten sind nicht länger von den Bundesländern zu tragen. Sollte es sich bei kirchlichen Bauten um denkmalgeschützte Bauwerke handeln, können selbstverständlich auch weiterhin entsprechende Förderprogramme zu Sanierung und Unterhalt beansprucht werden.
Kommunale Sonderzahlungsverpflichtungen, die z.T. mit über 400 Jahre zurückliegenden Ansprüchen begründet werden, sind wenn nötig mit einer angemessenen Einmalzahlung abzugelten. Falls eine diesbezügliche Einigung nicht möglich ist, hat der Gesetzgeber eine Frist festzulegen, bis zu der die Zahlungen auslaufen.
Die Steuerbefreiungstatbestände, die für mildtätige und gemeinnützige Ziele bestehen, sollen auch weiterhin für religiöse Zwecke gelten.
Bildung
Kindertagesstätten und Schule in freier Trägerschaft sind als Ausdruck einer lebendigen Zivilgesellschaft eine wichtige Ergänzung zum staatlichen Bildungssystem. Für kirchliche bzw. konfessionell gebundene Einrichtungen sollen die gleichen Regelungen gelten, wie für Einrichtungen anderer freier Träger. Die Konfessionszugehörigkeit ist in Zukunft nur auf Wunsch des Schülers auf dem Abschlusszeugnis zu vermerken.
Der bisher übliche konfessionell erteilte Religionsunterricht ist durch einen weltanschaulich neutralen Philosophie/Ethik/Religionskundeunterricht zu ersetzen. Dieser Unterricht ist von ausgebildeten Fachlehrern zu erteilen. Nur in Ausnahmefällen wie etwa bei akutem Personalmangel können auch Religionslehrer für diesen Unterricht eingesetzt werden, und auch nur nach Erwerb entsprechender Zusatzqualifikationen. Alle religiösen Bildungs- und Erziehungsziele sind aus den Verfassungen der Länder zu streichen.
Angesichts der nicht zu rechtfertigenden Privilegierung der theologischen Fakultäten an deutschen Hochschulen ist kurzfristig ein Abbau der Überkapazitäten und Anpassung des Dozenten/Studierenden-Verhältnisses an die in anderen Fachbereichen üblichen Verhältnisse erforderlich, wobei der Ausbildungsschwerpunkt auf das Lehramtsstudium der ev./kath. Religion gelegt werden sollte.
Auch die staatliche Bezuschussung von kirchlichen Universitäten sowie Fachhochschulen etwa für Religionspädagogik oder Kirchenmusik sollte mittelfristig auf das Förderniveau abgesenkt werden, dass andere Privatuniversitäten zur Zeit erhalten. Konkordatslehrstühle an staatlichen Universitäten sind unverzüglich aufzulösen und durch reguläre Lehrstühle zu ersetzen.
Soziales
Die für andere Unternehmen geltenden Regelungen des Betriebsverfassungsgesetzes, des AGG und die Regelungen bzgl. der Tarifautonomie sind auch auf Unternehmen im kirchlichen Besitz (wie etwa Caritas bzw. Diakonie) anzuwenden. Nach der Abschaffung des kirchlichen Status als Körperschaften öffentlichen Rechts sind diejenigen Unternehmen, die ausschließlich kircheninternen Dienstleistungen erbringen, als Tendenzbetriebe zu werten. Ausnahmen vom BetrVG und AGG sollen also auf niedrigerem Niveau fortgelten.
Bei Militär-, Anstalts-, Krankenhaus-, Polizei- und Notfallseelsorge sind die benötigten Räumlichkeiten, Material- und Personalkosten zu stellen. Gläubige in staatlicher Obhut dürfen nicht von ihrer Religion abgeschnitten werden. Gleichzeitig befürworten wir die Vorhaltung qualifizierter Psychologen und Therapeuten in diesen Einrichtungen. Verpflichtende Lehrkurse dürfen nicht von Seelsorgern gehalten werden.
Die den Kirchen eingeräumten Sonderrechte und Ausstrahlungsverpflichtungen bei Rundfunk- und Fernsehmedien, wie etwa über Drittsendungsrechte geregelt, sind ersatzlos zu beseitigen.