24.09.2023

Unsere Thesen für das Europa von morgen!

Die Europäische Union verkörpert eine unvergleichliche Errungenschaft in der modernen Geschichte. Freiheit, Frieden und Fortschritt sind die Grundpfeiler der europäischen Integration. Diese Werte sind nicht nur unsere Überzeugungen, sondern ebenso die Triebkraft für eine erfolgreiche gemeinsame Zukunft, die wir im Hier und Jetzt gestalten müssen. Egal ob Klimawandel, Migration oder eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik –  für uns als Junge Liberale ist klar: Durch ein stärkeres Zusammenwachsen und eine geeinte Europäische Union können wir die großen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts meistern!

Für uns als Liberale gründet sich unsere Unterstützung für die EU in der Überzeugung, dass eine vereinte Gemeinschaft die individuelle Freiheit stärkt und Frieden fördert. Indem wir die Grundprinzipien der Subsidiarität und der Rechtsstaatlichkeit hochhalten und uns übergriffigen Vorhaben wie Chatkontrolle oder Uploadfiltern entgegenstellen, können wir sicherstellen, dass Europa ein Raum bleibt, in dem Vielfalt und Meinungsfreiheit geschützt sind. Gleichzeitig müssen wir unsere Bemühungen intensivieren, um Transparenz,Rechenschaftspflicht und den verantwortungsvollen Umgang mit Steuermitteln in unseren Institutionen zu gewährleisten, um das Vertrauen unserer Bürgerinnen und Bürger zu erhalten und zu stärken.

Die Europäische Union hat bereits beachtliche Fortschritte in Richtung einer engeren Integration erzielt. Die Freizügigkeit von Menschen, Gütern und Dienstleistungen hat den Wohlstand gefördert, Menschen aus Armut befreit und die Innovationskraft unseres Kontinents bereichert. Gleichzeitig erkennen wir jedoch auch die aktuellen Herausforderungen an: Die EU kann als einzigartiges Friedensprojekt nur dann erfolgreich sein, wenn wir effektive Mechanismen zur Koordinierung und Entscheidungsfindung in den großen Fragen entwickeln und der europäische Staatenverbund nicht zu einem Projekt überbordender Bürokratie und ungleicher Lastverteilung wird.

Europa ist unsere Zukunft – gestalten wir es deswegen heute!

 

  1. Mehr Demokratie wagen!: Wir sind der Überzeugung, dass mehr Demokratie der richtige Weg für Europa ist. Die Europäische Union wird erst näher an ihre Bürger heranrücken, wenn ihre Strukturen verständlicher sind. Daher setzen wir uns für mehr Transparenz bei den Zielen unserer liberalen Fraktion ein. Wir streben die Einführung eines einheitlichen europaweiten Wahlprogramms an, um unserer europäischen Parteinfamilie eine solide programmatische Grundlage zu bieten. Dafür braucht es ein einheitliches liberales Wahlprogramm auf europäischer Ebene. Der Wähler muss wissen wofür sich die Fraktion, die er gewählt hat, einsetzen wird.

In Anbetracht der vielen tiefgreifenden Entscheidungen in der EU ist es von entscheidender Bedeutung, die verschiedenen Interessen innerhalb dieses vielfältigen Zusammenschlusses zu berücksichtigen. Dennoch können wir nicht im gegenwärtigen Zustand verharren, in dem nationale Regierungen im Ministerrat Entscheidungen blockieren können. Daher sollten wir den Mut aufbringen, mehr Demokratie zu wagen, indem wir bestehende Mehrheitsregelungen so umgestalten, dass eine qualifizierte Mehrheit ausreicht. Lediglich bei der Aufnahme weiterer Mitgliedsstaaten sollte weiterhin die Einstimmigkeit erforderlich sein. Das EU-Parlament soll verkleinert werden und zukünftig nur noch einen Sitz haben, über den es selbst entscheiden soll. Vor dem Hintergrund der immensen Kosten, die für die Aufrechthaltung von zwei Parlamenten jährlich entstehen, ist es für uns schlicht nicht ersichtlich, weshalb eine solche Mittelverschwendung weiterhin von den Mitgliedstaaten mitgetragen wird.

 

  1. Auf eine sichere Zukunft – Für ein Europa, das sich selbst verteidigen kann: Abschreckung durch nukleare Teilhabe ist ein Kernelement der aktuellen Sicherheitsstrategie diverser EU-Mitgliedsstaaten. Für uns Junge Liberale NRW ist klar: Es ist überfällig, dass Europa Verantwortung für seine eigene Verteidigung übernimmt. Die Schaffung einer EUROLEGION als erster Schritt zu einer zukünftigen schlagkräftigen europäischen Armee ist dafür ein notwendiger Anfang. Darüber hinaus sind wir davon überzeugt, dass das Prinzip der nuklearen Abschreckung auch in fernerer Zukunft integraler Bestandteil der europäischen Sicherheitsstrategie sein muss. Deshalb sind wir davon überzeugt, dass eine schlagkräftige europäische Armee auch über eigene Kernwaffen verfügen muss. Dabei setzen wir uns dafür ein, dass das französische Arsenal schrittweise in die europäische Armee überführt wird – angefangen bei der EUROLEGION.

Darüber hinaus ist es für uns von entscheidender Bedeutung zu betonen, dass eine solche neu konzipierte gemeinsame europäische Verteidigung, die eine eigenständige Armee beinhaltet, eine sinnvolle Befehlsstruktur zwingend erfordert. Ganz wesentlich ist auch die klare Definition und Ausgestaltung des Oberbefehlskommandos in diesem Zusammenhang.

Die EU soll sich allerdings weiterhin auf diplomatischem Wege bei der Verhandlung gemeinsamer Initiativen zu Vereinbarungen über Atomabkommen beteiligen.

Schon jetzt zeichnet sich ab, dass militärische Großmächte wie Russland, China oder auch Indien ihre Anstrengungen im Hinblick auf die Entwicklung autonomer Waffensysteme intensivieren. Gerade bei solch großen und disruptiven Innovationen dürfen wir als EU nicht blind bleiben. Aus diesem Grund soll sich die Europäische Union gegen das Verbot an der Forschung und dem Einsatz autonomer Waffensysteme einsetzen und stattdessen gemeinsame Forschungsprojekte zu eben jenen Systemen auf den Weg bringen.

In Zeiten zunehmenden Wettbewerbs zwischen Weltmächten und hybrider Kriegsführung gewinnt der Schutz von Handelsrouten noch größere Bedeutung. Hier muss die EU besonders ihre Fähigkeiten zur militärischen Absicherung ausbauen. Dabei muss die Marine deutlich verstärkt werden. Neben einem allgemeinen Ausbau setzen wir uns für einen EU-Verteidigungskomissar und Ausschuss ein. Auch setzen wir uns für die Errichtung eines europaweiten Raketenabwehrschirms zur Sicherung des Luftraums über der EU analog dem israelischen Arrow-3-System ein.

Vor dem Hintergrund aktueller sicherheitspolitischer Herausforderungen bekräftigen wir nochmals unsere Forderung eines gemeinsamen europäischen Sitzes im UN-Sicherheitsrat.

 

  1. Wachstumsmotor globaler Süden: Neue Perspektiven für die globale Zusammenarbeit endlich nutzen: Europa steht vor der Herausforderung, in der sich entwickelnden globalen Ordnung endlich eine eigenständige geopolitische Rolle zwischen den dominierenden Mächten, den USA und China, einzunehmen. Angesichts der komplexen wirtschaftlichen, politischen und sicherheitspolitischen Dynamiken muss Europa eine ausgewogene Balance finden, um seine Interessen und Werte zu wahren. Die Frage nach einer unabhängigen Positionierung erfordert eine sorgfältige Abwägung zwischen partnerschaftlicher Zusammenarbeit, diplomatischer Vermittlung und der Sicherung der eigenen Souveränität. Besonderes Augenmerk wollen wir dabei zukünftig auf eine Zusammenarbeit mit dem afrikanischen Kontinent legen. Statt einzelner nationaler Entwicklungshilfen, wollen wir eine gemeinsame europäische Konnektivitätsstragie für Afrika auf den Weg bringen. Den Fokus legen wir neben der Schaffung von sinnvoller Infrastruktur und neuen Digital- und Klimaprojekten insbesondere auf die nachhaltige Schaffung von Arbeitsplätzen und Know-how-Transfer für die Bevölkerung Afrikas.Der Wettbewerb um die Gunst des gesamten globalen Südens gewinnt immer mehr an Bedeutung. Insbesondere der zunehmende Einfluss von China als Systemrivalen, der ein Modell eines autokratischen und illiberalen Überwachungsstaates exportiert, in mehr und mehr afrikanischen Staaten und die damit einhergehende Ausweitung des politischen Hegemonialstrebens des chinesischen Staates und der Kommunistischen Partei Chinas auf die Regierungen dieser Länder, heute bereits z.T. sichtbar am Abstimmungsverhalten auf internationaler Ebene, muss uns dabei mit Sorge erfüllen. Es wird Zeit, dass Europa darauf überzeugende Antworten findet. Wir müssen zeigen, dass wir der ehrlichere und damit auch bessere Partner für aufstrebende Länder sind.

    Dabei wissen wir: Entwicklungshilfe darf nicht zur Dauerlösung werden. Ziel muss es sein, dass alle Partner mittelfristig ohne zusätzliche Gelder ihren Wohlstand sichern und ausbauen können.  Nur so sichert man Entwicklung nachhaltig. Wir wollen mit Future-Freihandelsabkommen Entwicklungsländer zu gleichberechtigten Partnern werden lassen. Diese Abkommen sollen nur Ländern angeboten werden, bei denen wir uns in den politischen Beziehungen dabei einen Mehrwert versprechen. Dieses Abkommen soll den Import von Waren in die EU und einen Wettbewerb unter gleichen Bedingungen mit europäischen Wettbewerbern ermöglichen. Dafür muss das Partnerland gegebenenfalls eigene Subventionen zurückfahren oder es wird beim Import ein Zoll in ausgleichender Höhe von der EU eingetrieben. Gleichzeitig kann das Partnerland beim Import europäischer Waren weiterhin Zoll verlangen, der mit steigender Wirtschaftskraft entsprechend zu senken ist. So nähern wir uns Schritt für Schritt Freihandelsabkommen mit wirtschaftlich erstarkten Ländern im globalen Süden.

    Darüber hinaus fordern wir, nationale Entwicklungshilfe schrittweise herunterzufahren und in europäische Entwicklungshilfe zu überführen. Unter dieser Prämisse fordern wir die Abschaffung eines nationalen Ministeriums. Vielmehr können gezielte Stabsstellen im Außenministerium geschaffen werden.

    Dabei muss die Prämisse der Entwicklungshilfe der EU „Hilfe zur Selbsthilfe“ lauten – keinesfalls darf der Fokus auf reinen Geldzahlungen liegen, sondern muss auf wirtschaftlicher, wissenschaftlicher, diplomatischer sowie militärischer Kooperation beziehen. Nur so vermeiden wir mittelfristige Abhängigkeiten zu Lasten beider Seiten.

 

  1. Sanktionen effektiv einsetzen: Der völkerrechtswidrige Angriff Russlands auf die Ukraine hat zu einem nie da gewesenen Ausmaß an Sanktionen des Westens geführt. Dabei zielt man besonders darauf ab, den russischen Staat langfristig zu schwächen. Solange dieser Krieg weiter andauert, werden diese Sanktionen uneingeschränkt fortgesetzt werden. Putin muss spüren, dass seine Handlungen Konsequenzen haben. Auch weitere Sanktionen sind für uns gut vorstellbar. Nach anderthalb Jahren wird es jedoch auch Zeit, zu analysieren, welche Sanktionen ihren Zweck erfüllen und welche sich als ineffizient erwiesen haben. Um die Bestmöglichen zu finden, bedarf es neuer Entscheidungswege. Die EU soll einen Expertenrat bestehend aus Persönlichkeiten aus Wirtschaft und Wissenschaft einsetzen. Dieser soll die Auswirkungen der bisherigen Sanktionen evaluieren und Handlungsempfehlungen für Anpassungen und mögliche Verschärfungen formulieren. Dabei soll sein Aufgabenfeld nicht auf Russland begrenzt werden – die EU muss sich auch mögliche Sanktionen gegen andere Staaten (insbesondere China) vorausschauend vorbereiten, sodass ihr im Fall der Fälle ein gut gefüllter Werkzeugkasten zur Verfügung steht. Ferner ist es erforderlich, dass in Europa die Forschung rund um Sanktionen und ihre Auswirkungen ausgeweitet wird.
  1. Den Euro endlich auf ein solides Fundament stellen: Bankencrash, Corona-Krise, Invasion der Ukraine: Externe Krisen haben immer wieder deutlich gezeigt, dass die Probleme des FIAT-Geldsystems im Euro-Raum potenziert werden. Die aktuelle Geldpolitik führt zu stetiger Enteignung durch die Hintertür. Ein wesentlicher hierfür ist das Handeln der Europäischen Zentralbank in den vergangenen Jahren, welches sich längst vom Ziel der Preisniveaustabilität entfernt hat. In einem ersten Schritt ist es deswegen unser zentrales Anliegen, die EZB zu reformieren. Eine solche Reform beinhaltet zwingend die Rückkehr zum vorrangigen Ziel der Preisniveaustabilität und die Abkehr von Subventionen einzelner nationaler Volkswirtschaften im Euro-Raum, sowie der andauernden Politisierung jeglicher Entscheidungen der Zentralbank. Auch die Nationalstaaten haben die Unabhängigkeit der Zentralbank zu respektieren – die mittelbare Staatsfinanzierung muss ein Ende finden.

Bei der Ernennung von Mitgliedern des EZB-Direktoriums sollten die politischen Entscheider zukünftig primär darauf achten, dass die Kandidatinnen und Kandidaten neben fachlichen Kompetenzen auch ein starkes Verantwortungsgefühl gegenüber der Preisstabilität bereits gezeigt haben.

Um die Zielschärfe der Preisniveaustabilität zu erhöhen, fordern wir, dass die Vermögenspreisinflation bei der Leitzinsfindung berücksichtigt wird.

Neben einer notwendigen Reform der EZB halten wir eine grundlegende Finanzmarkt-Reform deswegen für notwendig.

Notwendige Reformen der Maastrichter Kritierien müssen einheitliche Regeln für alle Mitgliedsstaaten beinhalten und verbindlicher werden. Dazu sollen Länder, die nach einer angestrebten Reform der Kriterien diese nicht einhalten ihr Stimmrecht im EZB Rat bis zur Wiedereinhaltung der Kriterien verlieren.

Zudem fordern wir höhere verpflichtende Eigenkapitalquoten für Geschäftsbanken, um eine höhere Finanzmarktstabilität zu erreichen und die Kreditvergabe und Giralgeldschöpfung durch Geschäftsbanken stärker an die unterliegenden Risiken zu binden.

 

  1. Schneller, sichererer, technologieoffener – Unsere Vision eines digitalen Euros: Bitcoin, Ethereum & Co. zeigen jeden Tag aufs Neue, zu was Kryptowährungen in der Lage sind. Die Vorteile dieser Kryptowährungen auch für althergebrachte Zahlungsmittel wie den Euro nutzbar zu machen, sehen wir in unserem Selbstverständnis als Zukunftsmacher positiv. Der digitale Euro kann im Kleinen eine schnellere, sicherere und technologieoffene Möglichkeit des digitalen Geldtransfers schaffen, der unabhängig von “Datenkraken” wie Google, Apple, Visa und Co. abläuft durch eine Offenlegung des Quelltextes eine demokratische Kontrolle durch die Bürgerinnen und Bürger der EU ermöglicht. Bisher sind die Pläne der EZB zum digitalen Euro jedoch teils unkonkret und lassen noch keinen richtigen Mehrwert des Projekts erkennen. Solange die EZB nicht hinreichende Pläne vorlegt, wo die Vorteile des digitalen Euros liegen und wie sie Bürgerrechte, Zahlungsfreiheit und Geldwertstabilität gewährleisten will, begleiten wir die aktuelle Diskussion sehr kritisch. Denn wir sehen  in der Einführung des digitalen Euros auch Risiken, die offen angesprochen werden müssen: Der digitale Euro darf unter keinen Umständen als Vorwand genutzt werden, um Bürgerrechte weiter auszuhöhlen. Für uns ist klar: Bargeld ist geprägte Freiheit. Daher kann der digitale Euro nur eine Ergänzung zum Bargeld sein und darf nicht zur Abschaffung von selbigem führen. Es darf kein Zwang zur Nutzung des digitalen Euros bestehen und es dürfen keine Nachteile folgen, wenn Personen sich gegen die Nutzung des digitalen Euros entscheiden. Der digitale Euro soll ähnlich anonyme Zahlungen ermöglichen, wie es auch Bargeld tut. Deshalb setzen wir uns dafür ein, dass, falls der digitale Euro eingeführt werden soll, Zahlungen ähnlich anonym abgewickelt werden können, wie es heute beispielsweise schon über Monero möglich ist. Immer wieder wird die schlechte Ökobilanz digitaler Zahlungsmittel kritisiert. Dies ist vor allem auf die sehr rechenintensiven Validierungsmechanismen zurückzuführen, der für die meisten Kryptowährungen benutzt wird, um die Blockchain vor Manipulation zu schützen. Um dieses Problem anzugehen, sollten zur Implementierung des digitalen Euro weniger rechenintensive Algorithmen (bspw. Proof-of-Stake), bis hin zu einer zentralen und anonymen Abwicklung geprüft werden. Daneben ist für uns klar, dass der digitale Euro nur eine von vielen digitalen Zahlungsmöglichkeiten sein kann. Bestrebungen, die ein Verbot privater Kryptowährungen zur Folge haben, stellen wir uns klar und deutlich entgegen.  

 

  1. Let it flow – Europäische Freizügigkeit 2.0: Die europäische Freizügigkeit und damit verbunden der freie Fluss von Kapital, Dienstleistungen und Arbeitnehmern ist eine der größten Errungenschaften im Hinblick auf die wirtschaftliche Integration. Ein großes Hindernis für Fachkräfte ist aber nach wie vor die Anerkennung von Qualifikationen in anderen Ländern innerhalb der EU. Wir setzen uns aus diesem Grund für eine Harmonisierung und Standardisierung der Anerkennungsverfahren für alle Bildungsabschlüsse innerhalb der EU ein. Konkret schlagen wir hierfür die Schaffung eines internationalen Anerkennungsrahmens nach dem Vorbild des Bachelor- und Mastersystems vor. Das European Credit Transfer and Accumulation System (ECTS) soll dabei als objektiver Maßstab dienen. Berufsausbildungen werden dadurch fortan mit ECTS-Punkten versehen, um die Vergleichbarkeit zu erleichtern. Hierdurch wird nicht mehr nur allein auf die Dauer der Ausbildung geachtet, sondern auch auf die erworbenen Fähigkeiten und Kompetenzen. Das Diploma Supplement schafft zusätzlich mehr Transparenz. Außerdem soll langfristig eine Klassifizierung von außereuropäischen Bildungsabschlüssen vorgenommen werden, um qualifizierte Einwanderung reibungslos zu gewährleisten. Um sprachliche Barrieren abzubauen, setzen wir uns zudem dafür ein, dass Englisch als zweite nationale Verwaltungssprache in allen Ländern der EU eingeführt wird.

 

  1. Den europäischen Bürokratie-Dschungel lichten: Viel zu häufig wird die Europäische Union durch ihre in Teilen komplexen Vorgaben und Förderprogramme als Bürokratie-Monster wahrgenommen. Der erst kürzlich von der Kommission verabschiedete “Nachhaltigkeitsberichterstattungsstandard” ist dafür nur eines von vielen Beispielen. Diese stellt insbesondere große Unternehmen sowie kapitalmarktorientierte kleine und mittlere Unternehmen (KMU) vor große Herausforderungen. Für uns ist klar, dass es keine verpflichtenden Nachhaltigkeitsberichte, auch in anderen Formen nicht braucht. Wir wünschen uns eine EU, die als Projekt des “Ermöglichens” und nicht des “Verhinderns” wahrgenommen wird. In Anlehnung an das vom Justizminister Marco Buschmann auf den Weg gebrachte Bürokratieentlastungsgesetz, wollen wir eine ähnliche Initiative auf europäischer Ebene starten. Vergleichbar zum deutschen Pendant sollen hier Unternehmen und Verbände praxisnah ihre Erfahrungen mit dem Regelwerk der EU einbringen können anstelle von Beamten. Ebenso wollen wir eine Trendwende bei der allgemein überbordenden Fördermittel-Kultur einleiten:Statt Finanzierungen über viele kleine Förderprogramme zu verkomplizieren, setzen wir uns für eine grundlegende Neuverteilung der Mittel zwischen EU, Bund, Ländern und Kommunen ein. Sämtliche zwischenstaatliche Förderprogramme wollen wir dementsprechend nicht nur auf Bundes- und Landesebene, sondern auch auf europäischer Ebene streichen.

    Daneben wollen wir das Prüfmandat des nationalen NKR auf alle Vorschläge der Europäischen Union erweitern.

In diesem Zusammenhang ist auch wieder dringend notwendig, dass die EU sich auf ihre wesentlichen Kompetenzen (Handels-, Außen-, Migrations-, Sicherheitspolitik) beschränkt und Entscheidungen nach dem Subsidiaritätsprinzip auf der kleinstmöglichen Ebene getroffen werden.

Die europäische Wirtschaft ist geschwächt aus der Pandemie hervorgegangen. Zahlreiche Krisen im Anschluss daran haben die Wettbewerbsfähigkeit europäischer Unternehmen und die makroökonomische Stellung der europäischen Union im globalen Wettbewerb weiter belastet. Staatliche Eingriffe in die Privatwirtschaft müssen daher stets angemessen und verhältnismäßig sein, gerade im aktuell rezessiven Marktumfeld. Die geplante Verschärfung der Corporate Sustainability Due Diligence Directive, auch bekannt als europäisches Lieferkettengesetz, erfüllt diese Prämissen nicht. Im Gegenteil, es führt zu nicht kalkulierbaren Risiken für viele Unternehmen sowie einem massiven Bürokratieaufbau – ein riesiger neuer, zum Teil existenzbedrohender Wettbewerbsnachteil. Wir JuLis fordern daher den Stopp dieser CSDDD und lehnen auch äquivalente nationale Ansätze wie das deutsche Lieferkettengesetz ab. Ethische Aspekte wie Menschenrechtsstandards und Umweltschutz sollen stattdessen in wachstumsfreundlichen bi- und multilateralen Handelsabkommen definiert werden.

Bei Verordnungen und Richtlinien der EU sollte zur Verschlankung des europäischen Bürokratiedschungels nach dem „one-in-two-out-Prinzip“ zukünftig für jeden neu beschlossenen Rechtsakt möglichst zwei alte gestrichen werden.

Das Verbot von Payment-For-Order-Flow (PFOF) wollen wir wieder rückgängig machen und es so Neobrokern möglich machen, ihr Geschäftsmodell über 2026 hinaus zu verfolgen.

 

  1. Weil Außengrenzen keine unverbindliche Empfehlung sind – Für eine funktionale Asylpolitik: Offene Grenzen innerhalb der Europäischen Union sind nur möglich, wenn die Außengrenzen der Europäischen Union hocheffektiv geschützt werden. Dazu soll die europäische Grenzschutzbehörde „FRONTEX“ endlich personell und finanziell ausreichend ausgestattet werden. Außerdem sollen an Hotspots für illegale Grenzübertritte verstärkt Zäune gebaut- und moderne Sicherheitstechnik zur Überwachung des Grenzbereiches eingesetzt werden. Durch diese Maßnahmen werden sich die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union nicht dazu gezwungen sehen, grenzsichernde Maßnahmen an den Nationalstaatsgrenzen umzusetzen und so die Freizügigkeit der Bürger der europäischen Union auch in Zukunft sicherstellen.Bisher sind Asylverfahren in der Europäischen Union betrugsanfällig. Den Kompromiss des Europäischen Rates zur Bearbeitung von Asylanträgen von Antragstellern aus Ländern mit sehr geringer Anerkennungsquote begrüßen wir daher sehr. Mit Sorge beobachten wir jedoch, dass durch gut gemeinte Ausnahmeregelungen für alleinreisende Minderjährige Anreize für Familien geschaffen werden, ihre Kinder, auch bei sehr schlechten Anerkennungsaussichten, auf eine gefährliche Reise Richtung Europa zu schicken. Wir fordern daher die Abschaffung dieser Ausnahmeregelungen.

    Leider ist der Erfolg unserer Migrationspolitik unmittelbar davon abhängig, dass zügig Rückführungsabkommen mit den Herkunftsländern der illegalen Einwanderer getroffen werden. Um dafür Anreize zu schaffen, sollte insbesondere eine Erhöhung der europäischen Entwicklungshilfe für kooperative Staaten Verhandlungsgegenstand sein. Darüber hinaus setzen wir uns weiterhin dafür ein, menschenrechtskonforme Asylzentren in den Herkunftsstaaten der Asylsuchenden zu errichten und ihnen nach dem dort erfolgten Asylverfahren eine geregelte Einreise in die EU zu ermöglichen. Fünf Jahre nach der Inbetriebnahme der ersten Asylzentren  wollen wir das von der EU-Kommission nun vorgeschlagene Asylverfahren auf seinen Erfolg evaluieren. Sollte es nicht zu einer erheblichen Reduzierung illegaler Migration geführt haben, ist als Ultima Ratio die Errichtung von Asylzentren in Drittstaaten (z. B. auf dem afrikanischen Kontinent) nach britischem Vorbild zu prüfen. Bereits zuvor wollen wir verhindern, dass Menschen ohne Bleibeperspektive die lebensgefährliche Überfahrt über das Mittelmeer versuchen. Dazu sollen Abkommen zur Verhinderung von Durchreisen mit Drittstaaten entlang der Fluchtrouten geschlossen werden.

Zu häufig hat die EU bei Migrations- und Flüchtlingskrisen nur reaktiv gehandelt. Gleichzeitig wird der Klimawandel in den kommenden Jahren und Jahrzehnten die Lebensgrundlagen von ganzen Regionen stark negativ beinflussen. Weitere Extremwetterereignisse werden die Lebensgrundlage der Menschen zerstören, welches zu einer erheblichen Fluchtbewegung führen wird. Wir fordern, dass die EU die zu aufgrund des Klimawandel zu erwartenden Schätzungen zu den Fluchtbewegungen mit in ihre Überlegungen einbezieht. Ziel muss eine eine über mehrere Jahre vorausschauende Flüchtlingspolitik und Absprachen zwischen den Ländern sein, damit die EU in Zukunft souverän agiert.

  1. Mit Hochgeschwindigkeit durch Europa – und darüber hinaus: Das Eisenbahnnetz in der EU ist ein großes Durcheinander – von unterschiedlicher Beschilderung über verschiedene Schaltsysteme bis zu anderen Spurbreiten. Das alles zu vereinheitlichen ist in absehbarer Zeit unmöglich. Deswegen fordern wir einen Eurotrain – also ein neues Hochgeschwindigkeitsnetz mit eigenen Schienensträngen für Europa. So können die Fahrzeiten mehr als halbiert und die Bahn eine echte Alternative zu innereuropäischen Flügen werden. Während der verkürzten Fahrzeit soll Neues möglich werden. Waggons mit Working-Spaces und Besprechungsräumen sind in Zeiten von Home Office keine Zukunftsmusik mehr. Auch der Einsatz von Nachtzügen auf den neuen Schienen bietet sich an – abends in Warschau einsteigen und morgens in Lissabon aufwachen. Sollte es nach entsprechender Prüfung wirtschaftlich sinnvoll sein, sollen in Zukunft nicht Züge, sondern Magnetschwebebahnen oder Hyperloops Europa verbinden.Auch über die Grenzen der EU hinaus wollen wir Verbindungen durch Schienen schaffen. Nach dem Vorbild des Eurotunnels wollen wir Spanien und Marokko mit einem Tunnel für Züge und Autos verbinden. Mit diesem zukunftsweisenden Projekt wollen wir die Partnerschaft mit dem afrikanischen Kontinent verstärken und den Handel noch einfacher machen.
  1. Europa als Innovator – Für mehr Unabhängigkeit durch „Future Made in Europe“: Ein wirtschaftlich starkes und freies Europa ist langfristig nur durch einen stabilen und bezahlbaren Energiepreis zu gewährleisten. Um unabhängiger von Gas-, Kohle- und Uranimporten aus Drittstaaten zu werden, sollen europaweit mehr Anstrengungen zum Ausbau der Kernfusionsforschung unternommen werden. Die Durchbrüche in der sogenannten Trägheitsfusion aus den USA sind zwar tatsächliche Meilensteine im Bereich der physikalischen Grundlagenforschung, dienen aber nicht als erfolgsversprechendes Konzept für eine rasche Umsetzung der Technologie. Während sich abzeichnet, dass das Fusionsprinzip Tokamak hinter dem ITER als internationales Großprojekt und Riesenbaustelle auch nach Fertigstellung vermutlich nicht als Prototyp eines wirtschaftlichen Reaktors dienen kann, zeigt sich die deutsche Alternative mit dem Experiment Wendelstein 7-X im deutschen Greifswald durch zuletzt vielen Erfolgen als ebenfalls vielversprechend und umsetzbar. Dessen Stellerator-Prinzip zeichnet sich mit hoher Stabilität sowie einen hohen Energieumsatz aus und soll als Vorlage für das erste Demonstrativkraftwerk dienen. Um die Machbarkeit jedoch möglichst schnell unter Beweis zu stellen, braucht es hier mehr finanzielle sowie personelle Unterstützung, um in naher Zukunft einen Prototyp zum Konventionalisieren bauen zu können. Dies soll zwar auch bereits im Rahmen von Start-Ups in den kommenden Jahren angegangen werden, doch viele Jahre der Unterfinanzierung müssen dafür endlich aufgeholt werden, um der internationalen Konkurrenz bei der Realisierung zuvorzukommen und die deutsche Vorreitertechnologie auf den Weltmarkt zu bringen.Zusätzlich ist es wichtig, mehr und mehr Prozesse in der Industrie, die auf konventionelle Energieträger wie Kohle und Gas angewiesen sind, durch die Erforschung umwelt- und klimafreundlicher Alternativen der Zukunftssicherheit umzugestalten. Ein Beispiel ist die deutsche Initiative zum grünen Wasserstoff in der Stahlindustrie. Ein Europa als Bereitsteller zukunftsrelevanter Technologien sichert sich eine Zukunft als unverzichtbarer Wirtschafts- und Geschäftspartner weltweit.
  1. Die Europäische Union steht vor großen Herausforderungen. Von der Vervollständigung des Binnenmarktes in allen Bereichen über eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik und die Behebung des Demokratiedefizits bis zu einer gemeinsamen Migrations- und Flüchtlingspolitik. Zu vielen dieser Anliegen bietet dieses Thesenpapier konkrete Perspektiven. All diese Anliegen an zu gehen und zu lösen ist eine Generationenaufgabe.

Für uns bleibt dabei das Ziel, die EU durch all diese Herausforderungen zu einem europäischen Bundesstaat weiterzuentwickeln und die Nationalstaaten von heute in diesen Bundesstaat einzugliedern.

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