Schluss mit der destruktiven Hilfe für Afrika

Einleitung

Die deutsche Entwicklungszusammenarbeit mit dem afrikanischen Kontinent bedarf erhöhter Aufmerksamkeit. Der aktuelle Human Development Index (HDI) listet unter den 30 ärmsten Staaten der Welt 28 des afrikanischen Kontinents auf und die Subsahara ist die einzige Region weltweit, in welcher die absolute Armut seit 1990 zugenommen hat. Es gilt also, die bisherigen Anstrengungen auf dem Gebiet der Entwicklungspolitik nach ihrer Effektivität zu hinterfragen, um hieraus für zukünftiges Handeln die richtigen Schlüsse zu ziehen.

Die Jungen Liberalen sehen die Bilanz deutscher Entwicklungspolitik dementsprechend kritisch und plädieren für einen grundlegenden Kurswechsel. Direkte finanzielle Transfers, stark fragmentierte Projektarbeit, ideologisch motivierte Aufbauhilfe und der zwanghafte Export demokratischer Prinzipien in unterentwickelte Staaten lehnen wir ab.

Wir stehen für eine ideologiefreie Entwicklungspolitik, welche die Maßnahmen vor Ort allein nach den Bedürfnissen des jeweiligen Landes richtet und sich im Hinblick auf direkte Investitionen und Engagement vor Ort sehr defensiv verhält. Die durch den Abbau von Agrarzöllen und Subventionen zuerst ihre selbst geschaffenen Hürden für eine positive wirtschaftliche Entwicklung des afrikanischen Kontinents beseitigt, bevor sie kleinteilig Projekte im Nehmerland umsetzt, und dies aus rein moralischen Gründen. Zustimmend stehen wir weiterhin zur Katastrophenhilfe in klimatischen oder humanitären Notsituationen.

Seit 1961 betreibt Deutschland mit dem seinerzeit gegründeten „Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit“ (BMZ) aktiv Entwicklungspolitik. Motivation waren damals vor allem die am eigenen Leib erfahrenen Erfolge des Marshallplans der Alliierten. Ein grundlegendes Credo war hierbei nie die schlichtweg alimentierende Hilfe für Arme, sondern vielmehr das Prinzip „Hilfe zur Selbsthilfe“, weshalb der Begriff „Entwicklungshilfe“ auch im Sprachgebrauch des BMZ nicht mehr vorkommt. Als Leitlinie der deutschen und internationalen Entwicklungspolitik gelten seit dem Jahr 2016 die „17 Global Goals of Sustainable Development“, welche erstmals Nachhaltigkeit mit wirtschaftlicher, sozialer und ökologischer Entwicklungszusammenarbeit verknüpfen.

Global Goals of Sustainable Development

Wir Jungen Liberalen stehen den „17 Global Goals of Sustainable Development“ sehr kritisch gegenüber. Der Export von hohen ökologischen und sozialen Standards in Länder der Dritten Welt, welche in ihrer wirtschaftlichen Entwicklung weit hinter dem Weltdurchschnitt liegen, führt unweigerlich zu einer Behinderung der wirtschaftlichen Dynamik. Wer den sehr rohstoffreichen afrikanischen Kontinent durch Umweltstandards auf EU-Niveau einschränkt, verhindert damit seine ökonomische Selbstständigkeit. Das Überstülpen ökologischer Standards auf westlichem Niveau führt zu einer Unterminierung der Effizienz der lokalen Wirtschaft. Die Bedürfnisse der Menschen vor Ort, aber besonders die Gegebenheiten, sei es landschaftlicher oder sozialer Art, müssen berücksichtigt werden.

Konkret fordern wir:

  • Die Ersetzung der „17 Global Goals of Sustainable Development“ durch unideologische und angemessene Entwicklungsziele für den afrikanischen Kontinent.
  • Niedrigere Umweltstandards für den afrikanischen Kontinent, um dessen ökonomische Entwicklung nicht zu dämpfen.

Nationbuilding

Ein weiterer Punkt der Global Goals, welchem die Jungen Liberalen sehr kritisch gegenüberstehen, ist das sogenannte „Nationbuilding“. Deutschland betreibt dieses nicht unter dem angeführten Begriff, doch ist die Oktroyierung von Werten ein integraler Bestandteil deutscher Entwicklungszusammenarbeit, was wir entschieden ablehnen. Gerade an den Staaten des arabischen Frühlings kann man sehen, dass eine Zwangsdemokratisierung von vorher autokratisch geführten Staaten zum Scheitern verurteilt ist. Viele Länder des afrikanischen Kontinents weisen stattdessen sogar tribalistische Strukturen auf, sodass eine Demokratisierung im nationalstaatlichen Sinne sich als noch schwieriger herausstellt.

Das Aufzwingen von demokratischen Strukturen ist insofern problematisch, als dass eine nachhaltige Demokratisierung nur aus der Zivilgesellschaft selbst kommen kann. Für eine Demokratie braucht man Demokraten, weshalb Unterstützung und Beratung der Nehmerländer in unserem Sinne ist, aber keinesfalls ein zwanghafter Export von westlichen Werten. Zudem führen entwicklungspolitische Maßnahmen im sozialen und staatlichen Bereich zu einer Unterminierung des sozialen Kontraktes zwischen Nehmerstaat und seiner Bevölkerung, da eine direkte Verantwortung der Regierung gegenüber den Einwohnern nicht mehr gegeben ist, sondern stattdessen eine dritte Partei hierfür Verantwortung trägt. Hier kann ein Feedback der Bevölkerung durch demokratische Instrumente, wie Wahlen oder Volksabstimmungen, nicht mehr erfolgen.

Konkret fordern wir:

  • Keine Oktroyierung von westlichen Werten im Sinne von Zwangsdemokratisierung, sondern eine maßvolle Entwicklung hin zu mehr Demokratie, wobei jedoch immer die lokalen Gegebenheiten berücksichtigt werden müssen. Dabei stellen Bemühungen um die Einhaltung der Menschenrechte jedoch im Regelfall eine Grundvoraussetzung für Unterstützung dar.

Entwickelte Staaten

Deutschland leistet Entwicklungshilfe auch an afrikanische Staaten, welche diese in einem solchen Umfang gar nicht nötig hätten; wie zum Beispiel Südafrika. Dieses sucht sich durch deutsche Entwicklungshilfe einen einfachen Zugang zu Beratung im Umgang mit Hochtechnologie und erhält eine dreistellige Millionensumme pro Jahr, welche als rein finanzielle Hilfe deklariert ist. Entwicklungspolitik auf diesem Niveau ist für uns Junge Liberale nicht sinnvoll, da sie nichts mit dem ursprünglichen Gedanken der Hilfe zur Selbsthilfe zu tun hat und Technologietransfer auf dem Niveau entwickelter Industriestaaten nicht mit Entwicklungszusammenarbeit vereinbar ist. Vielmehr sollte man sich auf die Lösung wirklich drastischer Probleme des afrikanischen Kontinents konzentrieren.

Konkret fordern wir:

  • Ein Ende der Entwicklungszusammenarbeit mit Staaten, welche diese selbst im weiteren Sinne nicht mehr benötigen.
  • Die Abschaffung von rein finanziellen Transfers an sämtliche Partnerländer.

Handel

Die Auswirkungen der europäischen und amerikanischen Handelspolitik auf die afrikanische Wirtschaftsentwicklung sind enorm. Die Gesamtausgaben der OECD-Mitgliedsstaaten für den Agrarsektor im Jahr 2014 betrugen 258 Mrd. $, während diese Länder gleichzeitig für Entwicklungszusammenarbeit 135,2 Mrd. $ ausgaben. Hier wird die so häufig auftretende Doppelmoral der Entwicklungspolitik am sichtbarsten. Während die westlichen Industriestaaten mit hohen Summen ihren jeweiligen Agrarsektor subventionieren und damit den afrikanischen Staaten schaden, unterstützen sie diese gleichzeitig mit hohen Summen im Bereich der Entwicklungspolitik. Diese Absurdität der gegeneinander wirkenden Mechanismen ist nach Meinung der Jungen Liberalen komplett abzuschaffen.

Viele Probleme im Bereich der wirtschaftlichen Entwicklung Afrikas lassen sich mit der agrarprotektionistischen Politik der westlichen Industriestaaten erklären. Der durch die, gerade in Deutschland traditionell hohen, staatlichen Subventionen viel zu stark aufgeblähte Agrarsektor muss sich im marktwirtschaftlichen Sinne gesundschrumpfen. Durch die subventionierten Exportpreise der westlichen Länder haben lokale Produzenten in Afrika keine Chance, ihre eigenen Produkte gewinnbringend zu veräußern, was zu einer Zerstörung von Vertriebs- und Produktionsnetzwerken vor Ort führt. Eine Abschaffung sämtlicher Agrarsubventionen auf nationaler und internationaler Ebene ist für die Lösung der Problematik unerlässlich. Diese sollen über eine bestimmte Zeitspanne auslaufen, damit sich die Produktionsstrukturen vor Ort wieder neu bilden können.

Ein weiteres Problem im Bereich der Handelspolitik mit Afrika ist das Ungleichgewicht der Verhandlungsmacht. Die EU hat mit ihren zahlreichen Mitgliedsstaaten im Bereich der Verhandlungen viel weitreichendere Möglichkeiten als afrikanische Länder, welche sich den ihnen vorgelegten tarifären und nichttarifären Standards beugen müssen. Besonders die industriellen Standards, welche durch die WTO weltweit etabliert wurden, sind für diese Länder aufgrund ihrer geringen industriellen Entwicklung nicht einhaltbar. Meistens geht es hierbei aber nicht um Produktstandards, welche Produkte aus diesen Ländern auch für wesentliche Konsumenten qualitativ attraktiv machen sollen, sondern lediglich um Prozessstandards. So können afrikanische Länder häufig nur deshalb nicht in die EU exportieren, weil sie Standards im Bereich der Prozessabläufe nicht einhalten können, obwohl die Produkte zu denen in der EU qualitativ identisch sind. Hier müssen die Einfuhrbestimmungen dahingehend geändert werden, dass lediglich die Produktqualität entscheidend ist, aber nicht die Prozessabläufe.

Konkret fordern wir:

  • Die Abschaffung von Agrarzöllen und -subventionen auf allen staatlichen Ebenen, welche allerdings mit Rücksicht auf den Aufbau der afrikanischen Wirtschaft schrittweise erfolgen soll.
  • Die Anlegung von Produktstandards anstelle von Prozessstandards an afrikanische Erzeugnisse.

Administratives

Zu den hohen Standards gesellt sich die enorme Fragmentierung der deutschen Entwicklungsarbeit vor Ort. So werden in Afrika derzeit 3.138 Projekte mit Beteiligung der Bundesregierung durchgeführt, welche ein Gesamtvolumen von knapp 9 Milliarden Euro besitzen. Durch die hohe Anzahl an Projekten, die jeweils hohe administrative Kosten verursachen, entsteht im Gesamtbild eine ungünstige Kostenstruktur, welche sich durch eine Bündelung und Straffung der Projekte beseitigen ließe.

Konkret fordern wir:

  • Eine Bündelung der fragmentierten Projektstruktur des BMZ.