Für eine kindgerechtere Justiz fordern wir:
1. Von der Bundesregierung
- Das Bundesministerium der Justiz muss zusammen mit den Ländern Richtlinien zu
Kindesanhörungen in Familiengerichten erarbeiten. Diese sollen Vorschläge zur
kindgerechten Gestaltung von Gerichtsverfahren enthalten. Darin soll
insbesondere zum Ausdruck kommen, dass Kinder und Jugendliche eigenständige
Subjekte sind und ernstgenommen werden müssen. - Damit Kinder und Jugendliche besser über anstehende Verfahren informiert und
aufgeklärt werden können, bedarf es entsprechender Aufklärungsmedien zu
familienrechtlichen Verfahren, die vom Bundesjustizministerium zusammen mit
Kindern und Jugendlichen, die Erfahrungen in familienrechtlichen Verfahren
haben, erarbeitet werden soll. Das Ministerium soll die Mittel dafür
bereitstellen, die Medien auch in weiteren in Deutschland gesprochenen Sprachen
zu veröffentlichen. - Die Bundesregierung muss durch gesetzliche Regelungen dafür sorgen, dass
Sachverständige zur Qualitätssteigerung ihrer Gutachten in familienrechtlichen
Verfahren Grundkenntnisse über die Rechte von Kindern und Jugendlichen erwerben.
Verfahrensbeistände sind als einzige Akteure in familienrechtlichen Verfahren
ausschließlich dafür da, die Sichtweise und die Interessen von Kindern und
Jugendlichen zu ermitteln und zu vertreten. Die Auswahl der Verfahrensbeistände
soll dabei auf unabhängiger und überprüfbarer Weise erfolgen, wobei zu
vertretende Kinder und Jugendliche bei der Auswahl der personellen Besetzung
einbezogen werden. Zudem muss gesetzlich garantiert werden, dass
Verfahrensbeistände sehr gute Kenntnisse über die Rechte von Kindern und
Jugendlichen haben. - Die Bundesregierung soll Mittel zur Konzeption und Durchführung von
partizipativen und reflexiven Forschungsvorhaben zu Themen wie „Kindeswohl“ und
„kindgerechten Verfahren“, die die Perspektiven von Kindern und Jugendlichen
einbeziehen, bereitstellen.
2. Von den Ländern
- Die Justizverwaltung soll Fortbildungen zur kindgerechten Justiz für die
Richterschaft und das Justizpersonal anbieten und dafür genügend sachliche und
finanzielle Mittel zur Verfügung stellen. Die Fortbildungen sollen auch die
Altersentwicklung des Kindes und damit zusammenhängende Stereotypen behandeln. - Die Warteräume für Kinder müssen kindgerecht sein. Darüber hinaus soll
sichergestellt werden, dass die Warteräume und die Zu- und Ausgänge zu den
Anhörungsräumen so organisiert sind, dass die Kinder und Jugendlichen keine
unerwünschten Kontakte fürchten müssen und sich zurückziehen können. - Zudem sollen Ermittlungsbehörden, wie Polizei und Staatsanwaltschaft, im
kindgerechten Umgang fortgebildet werden, um unter anderem kindgerechte
Vernehmungen zu gewährleisten.
3. Im Gerichtsverfahren
- Mit dem Verfahren nicht betraute Justizbeschäftigte sollen gewährleisten, dass
Kinder und Jugendliche, die in rechtliche Verfahren involviert werden, bereits
vor dem Verfahren wissen, bei wem und wo sie kindgerechte Informationen
erhalten. Die Informationsvermittlung durch Familienangehörige muss von
Professionellen flankiert werden, vorzugsweise durch eine Kontaktperson, die die
Kinder durchgängig informiert, begleitet und unterstützt. Kinder und Jugendliche
müssen Informationen zu ihren Rechten und Pflichten bekommen, ebenso zu
möglichen Unterstützungsangeboten und Interessenvertretungen.