Quo vadis NRW? Liberale Strategien für die Zukunft gedacht.

Die schwarz-gelbe Landesregierung hat in der vergangenen Legislaturperiode eine positive Bilanz vorzuweisen. So wurden beispielsweise über 8.000 Lehrerstellen geschaffen, während Rot-Grün die Streichung von über 16.000 Lehrerstellen geplant hatte. Den Unterrichtsausfall an unseren Schulen konnten wir halbieren, und so eine beispiellose Qualitätsoffensive in NRW starten. Die Ziele der Liberalen waren und sind ehrgeizig, aber zugleich immer an der Realität und am Machbaren orientiert.

Rot-Rot-Grün hat im Landtagswahlkampf demgegenüber Milch und Honig für Nordrhein-Westfalen versprochen. Diese „Wohltaten“ summieren sich auf 25 Milliarden Euro ohne Gegenfinanzierung und somit zu Lasten kommender Generationen – so zum Beispiel der kurzsichtige Ausstieg aus den Studienbeiträgen.

Während der Politikwechsel in Nordrhein-Westfalen Dank der Liberalen schon in vielen Bereichen Früchte trägt, müssen sich die Maßnahmen der schwarz-gelben Bundesregierung erst noch entfalten. Doch darüber hinaus ist die FDP im Bund auch mit einem Glaubwürdigkeitsproblem konfrontiert. So war es falsch, vor der Bundestagswahl erst die Abschaffung des Entwicklungshilfeministeriums zu fordern und dieses dann im Nachhinein zu übernehmen. Auch war es ein Fehler, aus falscher Rücksicht auf die NRW-Landtagswahl Reformvorhaben auf die lange Bank zu schieben.

Im Landtagswahlkampf ist es nicht im ausreichenden Maße gelungen,  Landes- und Bundespolitik voneinander zu trennen. Während die Oppositionsparteien stark auf bundespolitische Themen setzten, hat es die CDU nicht vermocht eigene landespolitische Themen zu besetzen. Sie verließ sich im Wahlkampf auf den vermeintlichen Amtsinhaberbonus von Jürgen Rüttgers. Die FDP konnte demgegenüber im Wahlkampf nicht mit ihren progressiven und zukunftsorientierten Ideen punkten.

Dies alles überlagert medial die Politik der schwarz-gelben Koalition in Berlin. Hier ist die FDP jetzt mehr denn je gefordert mit durchgreifender Politik aufzuzeigen, dass der eingeschlagene Kurs der Erneuerung richtig ist.

Der Wahlkampf der JuLis NRW war inhaltlich und strategisch erfolgreich. Insbesondere die starke Zielgruppenorientierung hat sich ausgezahlt und muss fortgesetzt werden. Dies manifestiert sich auch dadurch, dass die FDP ihren höchsten Wähleranteil mit 9 Prozent (+1) in der Altersgruppe der 25-34-jährigen erzielt hat. Auch in der jüngsten Wählergruppe sind die Ergebnisse mit 7 Prozent überdurchschnittlich.  Allerdings ist festzustellen, dass die FDP ihr Wahlziel „10 +x“ nicht erreicht hat. Aber immerhin hat die FDP ihr Ergebnis im Vergleich zur letzten Landtagswahl leicht verbessern können. Klarer Verlierer der Wahl sind die sogenannten Volksparteien. Sowohl die CDU, als auch die SPD haben ihr historisch schlechtestes Ergebnis landesweit erzielt und liegen beide gemeinsam bei circa 70%. Bei den Wählern unter 25 erreichen Christ- und Sozialdemokraten gemeinsam gerade noch 50% der abgegebenen Stimmen. Sie sind nur  noch Volksparteiruinen.

Aus dem Erstarken der kleineren Parteien und der anhaltenden Schwäche der größeren Parteien folgen neue Bedingungen im Parteiensystem. So werden zum Beispiel Zweier-Koalitionen in Zukunft unwahrscheinlicher. Hierauf müssen die Parteien  reagieren. Die Liberalen müssen sich mittelfristig aus der strategischen Verengung auf schwarz-gelbe Koalitionen lösen und weitere Gestaltungsoptionen mittelfristig aufbauen. Mit Blick auf die Grünen ist hier verbales Abrüsten auf beiden Seiten nötig. Weder sind die Grünen Öko-Diktatoren, noch die Liberalen marktradikale Extremisten. Gleichwohl wird im Parlament keine Partei geschont. So darf es keine Koalition in der Opposition geben. Die FDP ist eine eigenständige und selbstbewusste Kraft.

Mit diesem Selbstbewusstsein müssen die Liberalen dem Wähler gegenübertreten und für ihre Inhalte werben. Früher galt die Überzeugung, dass Parteien sich vor der Wahl festlegen müssen, um den Wähler Orientierung zu geben. Ansonsten würde der Urnengang zur Stimmenlotterie verkommen. Mittlerweile nehmen Wähler unterschiedliche Koalitionsoptionen ihrer „Wunschpartei“ in Kauf. Daraus folgt: Eine einseitige Festlegung bringt nicht zwangsläufig auch Erfolg. In der Koalitionsfrage schlägt demnach die Stunde der langjährigen JuLi-Strategie. Vor der Wahl gilt es, klare inhaltliche Bedingungen festzulegen, an denen man sich nach der Wahl orientiert und ohne die es keinen Eintritt der Liberalen in eine Koalition gibt. Dies gibt den Wählern verlässliche Orientierung. Folge dieser Strategie ist darüber hinaus die Ablehnung von Zweitstimmenkampagnen. Vielmehr muss gezielt auch bei der Erststimme um aussichtsreiche Wahlkreise gekämpft werden.

Für die Zukunft muss die FDP in Bund und Land ihre thematische Breite betonen und ausbauen. Themen müssen dabei mit Köpfen glaubhaft in der Öffentlichkeit verbunden werden. Dies gilt zum Beispiel in den Bereichen der Umwelt-, Bildungs-, Sozial-, Innen- und Rechtspolitik. Nur die Liberalen finden hier den richtigen Ausgleich zwischen staatlicher Kontrolle und der in einer lebendigen Gesellschaft notwendigen Freiheit für Bürger und Unternehmen. Das Leitmotiv, das liberale Politik auch soziale Politik und nah bei den Menschen ist, muss in Zukunft stärker betont, und mit konkreten Handlungsinitiativen statt leerer Worthülsen untermauert werden. Bei der Innen- und Rechtspolitik müssen die Bürgerrechte als liberales Markenzeichen wiederentdeckt werden. Wir Liberale müssen die Oppositionsarbeit zu einer Grundsatzdebatte nutzen und die programmatischen Leitlinien für die Zukunft entwickeln. Aufgabe der Jungen Liberalen ist es hier, als Motor und Antreiber innerhalb der FDP zu fungieren.

In der Bundespolitik ist die Steuerpolitik, neben weiteren zentralen Projekten, ein wichtiges Reformfeld. Schließlich besteht auch in der Gesellschaft Einigkeit darüber, dass das deutsche Steuersystem intransparent und kompliziert ist und darum von vielen als unfair empfunden wird. Hier muss  die Steuervereinfachung als ein bedeutendes Wahlversprechen nun in den Mittelpunkt gestellt werden. Ziel der FDP muss es sein, jetzt ein Stufensystem zu verwirklichen und Ausnahmetatbestände und Sonderregelungen abzubauen. Eine Senkung der Sätze folgt dann im nächsten Schritt. Das Credo „Einfach. Niedrig. Gerecht.“ muss also auch als Zeitlinie verstanden werden. Finanziert werden muss dies mit Hilfe des Liberalen Sparbuches, also konkreter Aufgabenkritik im Rahmen des staatlichen Handelns. Ohne eine Rückbesinnung des Staates auf seine Kernaufgaben wird die Steuer- und Abgabenlast nicht zu reduzieren sein. Neben der erfolgten Steuervereinfachung muss das Augenmerk wieder auf eine Themenverbreiterung gelegt werden.

Die FDP ist eine Partei mit großer inhaltlicher Vielfalt. Die Jungen Liberalen treten ein für einen ganzheitlichen Liberalismus, der jeden Bereich des gesellschaftlichen und politischen Lebens durchdringt. Diese freiheitliche Geisteshaltung ist der Markenkern der FDP, und sie ist ein absolutes Alleinstellungsmerkmal im politischen Spektrum. Denn allenthalben wächst die Staatsgläubigkeit der Politik, gerade in Krisenzeiten. Hier bedarf es dringend einer FDP, die statt einzelner Leuchtturmprojekte in jedem Politikfeld deutlich liberale Alternativen aufzeigt. Denn viele Menschen in Deutschland wünschen sich eine Politik der Freiheit statt einer Politik der Gleichmacherei und Bevormundung.

Die Führungspersonen in Bund und Land (Präsidium, Vorstand, Kabinett und Fraktion) sind hierbei in der Pflicht auch medial als Köpfe der thematischen Verbreiterung stattzufinden. Sie müssen die thematische Verbreiterung verkörpern, da die Liberalen nicht nur eine Wirtschaftspartei sind. Dies gilt in besonderer Weise für die stellvertretenden FDP-Bundesvorsitzenden Cornelia Pieper und Rainer Brüderle.

Politik ist zudem eine Marke, bei der auch die „Verpackung“ stimmen muss. Darum fordern wir die FDP auf, sich neben der inhaltlichen und strategischen Debatte auch gezielt mit ihrem Bild in der Öffentlichkeit zu beschäftigen. Es muss deutlich werden, dass Liberalismus ein Lebensgefühl ist und von persönlicher Freiheit eine Faszination ausgeht. Liberal zu sein darf nicht erklärungsbedürftig sein.

Dieses Image und die thematische Verbreiterung allgemein müssen sich auch im neuen FDP-Grundsatzprogramm deutlich wiederfinden. Die Entwicklung dieses Programms werden wir als JuLis gezielt verfolgen und prägen, um unserem Anspruch, Motor der FDP zu sein, gerecht zu werden.