Marktwirtschaftliche Prinzipien verteidigen – Finanztransaktionssteuer und Leerverkaufsverbot stoppen!

Die Jungen Liberalen NRW sind entsetzt über die am 18.05.2010 im  Koalitionsausschuss gefassten Beschlüsse und positionieren sich klar gegen die Einführung einer Umsatzsteuer für Finanztransaktionen. Auch das Vorhaben eines grundsätzlichen Verbotes von ungedeckten Leerverkäufen, so genannten „Naked Shorts“, lehnen die Jungen Liberalen NRW ab. Dies stellt aus unserer Sicht einen unverhältnismäßigen Eingriff in den Finanzmarkt dar und führt lediglich dazu, dass Spekulationen auf fallende Kurse von den deutschen Börsen verdrängt werden und diese auf ausländische Finanzmarktplätze, sowie in den intransparenten außerbörslichen Handel ausweichen werden. Auch die so genannte Finanzaktivitätssteuer sehen wir kritisch, da diese Form explizit wirtschaftliche Erfolge von Banken bestraft. Wenn überhaupt kann eine  Finanzaktivitätssteuer nur dann sinnvoll sein, wenn sie weltweit und zeitlich befristet eingeführt wird. Einen nationalen Alleingang lehnen wir jedoch entschieden ab.

Nach der Auffassung der Jungen Liberalen NRW handelt es sich bei diesen Maßnahmen  um volkswirtschaftlich potentiell schädliche Symbolpolitik, die einen Schuldigen für die derzeitige Krise heranziehen und zudem das Gerechtigkeitsempfinden bedienen soll. Weder würden eine solche Finanztransaktionssteuer oder das Verbot ungedeckter Leerverkäufe in Zukunft ähnliche Krisen verhindern, noch würden sie aktiv zur Bewältigung der aktuellen Weltwirtschafts- und Währungskrise beitragen. Die Position der Bundesregierung ist vielmehr ein Ausdruck politischer Kapitulation. Es wird versucht mit falscher Steuerpolitik, unüberlegten Verboten und blindem Aktionismus den Mangel an zielführender Regulierung auszugleichen.

Eine Finanztransaktions- oder Spekulationssteuer betrifft potentiell alle Formen des Investments und alle Formen von Transaktionen. Somit würden insbesondere die Sparer der Mittelschicht, die in Form von Riester-, Rürup- oder ähnlichen Produkten ihre Altersvorsorge absichern wollen, von einer solchen Steuer, in erster Linie getroffen werden. Ebenso würden die kleineren Aktiendepots überproportional belastet, da die Besitzer i.d.R. deutlich stärker an den lokalen Aktienmarkt gebunden sind. Hingegen ist es für Hedgefonds und private Großinvestoren ein Leichtes eine solche Steuer durch Verlagerung ihrer Geschäfte ins nicht besteuerte Ausland zu umgehen, wodurch sie sich der Deutschen Börsenaufsicht vollständig entziehen.

Ebenso verlagern sich bereits jetzt ungedeckte Leerverkäufe ins Ausland. Grundsätzlich sprechen die JuLis NRW auch ungedeckten Leerverkäufen ihre Daseinsberechtigung zu, da es Marktsituationen gibt in denen nur diese eine Marktkorrektur durch Spekulation ermöglichen. Um jedoch zu verhindern, dass große Mengen ungedeckter Leerverkäufe den Markt manipulieren und Kettenreaktionen hervorrufen, fordern die JuLis NRW statt einem grundsätzlichen Verbot eine Erhöhung der Transparenz durch eine Erweiterung der Meldepflicht. Letztlich ist z.B. das aktuell von der BaFin verhängte Verbot von Leerverkäufen von bestimmten Titeln mehr ein Ausdruck von Hilflosigkeit als von sinnvoller Marktregulierung und sinnvolle Einflüsse auf den Markt sind nicht erkennbar.

Während eine Finanztransaktionssteuer die oft vergleichsweise geringen Renditen von risikoscheuen Kleinanlegern und regelmäßigen, diversifizierten Sparern belastet, besteht die Gefahr, dass diejenigen, die risikoreiche Spekulationsgeschäfte im großen Ausmaß abwickeln, die Steuer entweder schlicht umgehen oder einkalkulieren und entsprechend an ihre Kunden weiterreichen. Dies hätte eine weitere Erhöhung der benötigten Risikobereitschaft zur Folge, um weiterhin die gewünschten Renditen erzielen zu können. Somit würde ein Bumerang-Effekt ausgelöst, der spekulative Geschäfte nur noch riskanter werden lassen würde, und dem eigentlich angestrebten Ziel, bestimmte risikoreiche Geschäfte zu begrenzen, mehr schaden würde als nützt.

Desweiteren wären unter den institutionellen Anlegern vor allem diejenigen betroffen, die kurzfristig mit großen, automatisierten Handelsvolumen unter gutem Risikomanagement kleine Arbitragegewinne abschöpfen. Ein erheblicher Teil dieser Umsätze würde wegfallen. Dieser Rückgang an Liquidität, höhere Grenzkosten und das Weiterreichen von Kosten und geringerer Rendite durch Eigenhandel an die Kunden würde zugleich die Kosten der Währungs- und Warenkontraktabsicherung für mittelständische (Export-)Unternehmen in die Höhe treiben und so auch der Realwirtschaft schaden.

Im Gegenzug erkennen wir ebenso, dass die gegenwärtige Krise nicht ohne Konsequenzen bleiben kann. Allerdings ist es von grundlegender Bedeutung, dass nicht die Bekämpfung der Symptome dieser Krise im Mittelpunkt steht, sondern die Ursachen effektiv und wirkungsvoll angegangen werden.

In diesem Zuge identifizieren die Jungen Liberalen NRW die nachfolgenden Schritte als sinnvolle Möglichkeiten zur Verringerung des Risikos für das Entstehen zukünftiger Finanz- und Währungskrisen:

  • Die gesetzlich vorgeschriebene Eigenkapitalquote von Kreditinstituten müssen im Rahmen von internationalen Abkommen deutlich gesteigert werden.
  • Banken müssen ihre Zweckgesellschaften, sogenannte Special Purpose Vehicles (SPV), in die eigenen Bilanzen aufnehmen und zudem müssen auf die SPV die gleichen Regulierungen wie für Banken angewendet werden.
  • Dem Oligopol der Ratingagenturen muss aktiv entgegen gewirkt werden. Hierzu sind unter Anderem die folgenden Schritte notwendig:
  1. Alle Emittenten und Händler von Finanzprodukten werden verpflichtet mindestens zwei voneinander unabhängige Ratings für ihre Produkte vorzulegen, wobei maximal eins der Ratings von einer der drei großen Agenturen (Standard & Poor’s, Moody’s und Fitch Ratings) stammen darf.
  2. Manipulationen von Ratings durch das umstrukturieren von Produkten, nachdem eine Ratingagentur eben dieses Produkt seinerseits bewertet hat, müssen unterbunden werden.
  3. Die Bewertungsmethoden müssen grundsätzlich offengelegt werden.

Sollte die U.S.-amerikanische Regierung sich der Entflechtung dauerhaft wiedersetzen muss auch die Schaffung einer europäischen Ratingagentur in Betracht gezogen werden. Eine solche Lösung kann jedoch nur eine temporäre Notlösung sein, da auch das Schaffen einer weiteren Ratingagentur, das grundsätzliche, durch das Oligopol bedingte, Problem des fehlenden Qualitätswettbewerbs, nicht beheben kann.

  • Mittelfristig müssen die U.S.-Amerikaner die Haftungsregeln für Kredite an  Privatpersonen spürbar verschärfen sodass reine Mortgage Backed Securities als Sicherheit nicht ausreichen.
  • Künftig muss der Handel mit Kreditausfallversicherungen (Credit Default Swaps / CDS) ohne Ausnahmen der staatlichen Finanzaufsicht unterstehen.

Die Jungen Liberalen NRW fordern die FDP auf sich für die möglichst international abgestimmte Umsetzung der oben aufgeführten Möglichkeiten stark zu machen. Zudem erwarten wir, dass sie sich für die Bewahrung der Unabhängigkeit der EZB einsetzt und diese gegebenenfalls auch gegen Attacken von europäischen Regierungschefs, wie Sarkozy, verteidigt.

In unseren Augen ist es von zentraler Bedeutung auch in politisch schwierigen Zeiten an den eigenen Beschlüssen fest zu halten. Die Liberalen dürfen in ihrer Programmatik nicht eventuell später nötigen Kompromissen vorgreifen und somit die eigene Programmatik verwässern. Dementsprechend verlangen wir von der FDP, dass sie ihre gefassten Beschlüsse versucht bestmöglich umzusetzen. Die Steuerbelastung zu senken und der darin implizierte Ausschluss von Steuererhöhungen, auch in Form einer Finanztransaktionssteuer, ist ein solcher Beschluss der FDP (vgl. u. A. Bundestagswahlprogramm 2009, Seite 6, 6. Absatz). Es gilt diesen und das damit verbundene Wahlversprechen einzuhalten.

Zudem würde diese unangemessene und nicht zielführende Steuereinführung der Bevölkerung und ganz besonders der Mittelschicht in unseren Augen eine erhebliche Summe an Kapital entziehen. Diese Mehrbelastung gilt es unter allen Umständen zu verhindern. Zugleich besteht das hohe Risiko, dass die dringend nötige Haushaltskonsolidierung torpediert wird und die verschwenderische Haushaltsführung der letzten Jahre durch eine Erhöhung der Steuereinnahmen überdeckt wird.

Der Landesvorstand der Jungen Liberalen NRW wird abschließend aufgefordert, sich innerhalb des Landesvorstandes der FDP NRW mit Nachdruck gegen den Beschluss des Koalitionsausschusses zu stellen. Gleichzeitig erwarten wir, dass sich der Bundesvorstand der Jungen Liberalen dafür einsetzt, dass die Bundespartei sich in dieser Frage eindeutig gegen eine Finanztransaktionssteuer ausspricht, und gegebenenfalls dies auch öffentlich gegenüber der FDP zum Ausdruck bringt. Ebenso rufen wir die ELDR bzw. die ALDE-Fraktion im Europaparlament dazu auf, sich nach Kräften gegen die europaweite Einführung einer Finanztransaktions- oder Finanzaktivitätsteuer einzusetzen.