Liberale Grundsätze in der Entwicklungspolitik

Entwicklungspolitik ist für uns JuLis NRW keine Nebensache! Armut und Hunger in der Welt stellen nach wie vor zwei der größten Probleme der Menschheit dar und dürfen daher nicht vernachlässigt werden. Daneben erfüllt die Entwicklungspolitik wichtige Funktionen für die Sicherheitspolitik wie die Förderung von Demokratie, die Vermeidung von Flüchtlingsströmen, globale Klimapolitik und auswärtige Kulturpolitik.  Wichtig für uns JuLis ist, dass Entwicklungspolitik koordiniert aus einer Hand erfolgt. Aus diesem Grund lehnen wir Entwicklungshilfe durch die Bundesländer, insbesondere auch unser eigenes, ab. Stattdessen sollten alle Aktivitäten auf Bundes- und EU-Ebene erfolgen. Wir fordern weiterhin, dass NRW seine Anteile am Deutschen Institut für Entwicklungspolitik an den Bund veräußert.

Perspektivisch fordern wir, Entwicklungspolitik auf europäischer Ebene zu konzentrieren, wo sie im Rahmen der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik durchgeführt werden sollte. Dadurch soll ein gezielterer und koordinierter Einsatz von Mitteln gewährleistet werden. Im Zuge dessen soll es auch auf der Ebene der Mitgliedsstaaten keine nationalen Projekte mehr geben.

Unsere Entwicklungspolitik sollte zukünftig auf drei Säulen basieren: Die erste Säule besteht darin, den Weltmarkt dahingehend zu reformieren, dass bestehende Entwicklungshemmnisse abgebaut werden. Die zweite Säule sollte darin bestehen, dass Akteuren der Privatwirtschaft ermöglicht wird, einen Beitrag zur Entwicklungshilfe zu leisten. Als dritte Säule soll zusätzlich die staatliche Entwicklungshilfe dienen.

1) Weltmarkt

Der Weltmarkt hat einen bedeutenden Einfluss auf die Entwicklung von Ländern und Regionen. Vor diesem Hintergrund ist es wichtig, Rahmenbedingungen für den Weltmarkt zu setzen, die einer positiven Entwicklung Vorschub leisten und Armut und Hunger bekämpfen.

Unsere wichtigste Forderung ist in diesem Zusammenhang der Abbau von EU-Subventionen in der Landwirtschaft, die dazu führen, dass Landwirte aus unterentwickelten Ländern nicht konkurrenzfähig sind und dadurch in die Armut getrieben werden. Gleichzeitig ist ein weltweiter Abbau von Schutzzöllen und anderen Handelsschranken unumgänglich.

Um die Aktivitäten im Rahmen der Entwicklungspolitik zu koordinieren, fordern wir eine enge Vernetzung der entwicklungspolitischen Aktivitäten zwischen den Staaten, WTO, IWF und regionalen Zusammenschlüssen von Ländern wie die Afrikanische Union, ASEAN oder der Union Südamerikanischer Nationen. Nur wenn alle Akteure an einem Strang ziehen ist sichergestellt, dass Entwicklungspolitik gemeinsame Ziele verfolgt und nicht gegenseitig konterkariert wird.

2) Privatwirtschaft

Neben einer Reform der Rahmenbedingungen auf dem Weltmarkt und der staatlichen Entwicklungspolitik gilt es ebenso Möglichkeiten zu schaffen, dass auch privatwirtschaftliche Unternehmen einen Beitrag zur Entwicklungshilfe leisten können.

Ein positives Beispiel sind Mikrokredite und Mikroversicherungen, die einerseits den Menschen vor Ort bei der Existenzgründung helfen, und gleichzeitig der Privatwirtschaft Gewinne bescheren. Diese Symbiose ist daher aus unserer Sicht ein hervorragendes Mittel zur wirtschaftlichen Entwicklung. Wir wollen deshalb dafür eintreten, dass in allen Entwicklungsländern gesetzliche und strukturelle Rahmenbedingungen zur Förderung von Mikrokrediten und Mikroversicherungen geschaffen werden.

Eine weitere positive Form der wirtschaftlichen Zusammenarbeit von Privatwirtschaft und Entwicklungsländern ist die Idee des Social Business, dem Anbieten von Produkten aus humanitären Gründen ohne finanzielles Gewinnstreben. Solche Projekte sollten verstärkt in den öffentlichen Fokus gestellt werden, um Unternehmen, die solche Modelle betreiben, entsprechend zu würdigen.

Auch Projekte im Bereich des Fair Trade unterstützen eine positive Entwicklung und sollten entsprechend begrüßt werden.

Schließlich ist es jedoch nicht nur die Anbieterseite der Privatwirtschaft, die Einfluss auf die wirtschaftliche Entwicklung haben, sondern auch wir als Nachfrager von Endprodukten haben eine Marktmacht, die wir dazu nutzen können, um Unterentwicklung zu bekämpfen. Allerdings fehlt oft noch die Transparenz der Verbraucher über die Produkte, die sie kaufen. Vor diesem Hintergrund unterstützen wir privatwirtschaftliche Siegel.

3) Staatliche Entwicklungshilfe

Bei der Bekämpfung der Armut auf der Welt nimmt staatliche Entwicklungshilfe auch in Zukunft eine bedeutende Rolle ein. Wir fordern, dass die Zusage im Rahmen der Millennium-Ziele, 0,7% des BIP in die Entwicklungshilfe zu investieren, eingehalten wird, und werden uns sowohl innen- als auch außenpolitisch für die Einhaltung dieser Zusage einsetzen.

Bei staatlicher Entwicklungshilfe sollte zunächst zwischen humanitärer Hilfe, Nothilfe und Wiederaufbauhilfe – vor allem nach Katastrophen – und staatlicher Entwicklungshilfe im engeren Sinne unterschieden werden. Humanitäre Hilfe darf aus unserer Sicht nicht an konkrete Bedingungen geknüpft sein – das einzige maßgebliche Kriterium muss der Grad der Bedürftigkeit sein.

Bei der Vergabe von Mitteln aus der Entwicklungshilfe sollten aus unserer Sicht die folgenden Kriterien maßgeblich sein:

Freiheit: Es gibt einen klaren Zusammenhang zwischen dem Grad an politischer und wirtschaftlicher Freiheit und dem Wohlergehen der Bevölkerung und der Volkswirtschaft. Für uns als Liberale ist es Grundvoraussetzung, dass strategische Entwicklungsvorhaben nur mit solchen Ländern eingegangen werden, in denen ein Mindestmaß an politischer und wirtschaftlicher Freiheit sowie Good Governance vorherrschen, frei nach dem Motto „No money for dictators“. Zentrales Kriterium sollte die Wahrung der universellen Menschenrechte auf der Grundlage der UN-Menschenrechtskonvention von 1948 sein. Begründete Ausnahmen sind nur dann denkbar, wenn es ein besonderes sicherheitspolitisches Interesse in diesen Ländern gibt, wie zum Beispiel in Afghanistan.

Bedürftigkeit: Ein weiteres Kriterium zur Vergabe von entwicklungspolitischen Mitteln ist für uns die Bedürftigkeit. In diesem Zusammenhang lehnen wir finanzielle Entwicklungshilfe an Länder ab, die Deutschland mittlerweile auf dem Weltmarkt die Stirn bieten. Ein geeigneter Indikator zur Ermittlung der Bedürftigkeit ist der Human Development Index.

Ökologie: Als Verfechter der sozialen und ökologischen Marktwirtschaft ist es für uns JuLis selbstverständlich, dass auch die Einhaltung ökologischer Standards ein Kriterium zur Vergabe von Entwicklungshilfe ist. Gleichwohl erkennen wir an, dass es besonders für stark unterentwickelte Länder mit geringer staatlicher Integrität sehr schwer ist, solche Kriterien einzuhalten. Je höher der Grad an Entwicklung, umso verstärkt sollte dieses Kriterium bei der Vergabe von Entwicklungshilfe beachtet werden.

Entscheidet man sich unter Abwägung dieser Kriterien, eine entwicklungspolitische Partnerschaft mit einem Land einzugehen, so stellt sich die Frage, welche Art von Mitteln man den Ländern zukommen lässt. So sind neben finanziellen Hilfen beispielsweise auch Infrastrukturprojekte, die Vermittlung von Bildung bzw. Know-how, die Förderung des Gesundheitssystems und ökologische Projekte denkbar. Daneben stellt sich die Frage, welche Akteure im jeweiligen die Hilfe sinnvollerweise erhalten sollten, beispielsweise die Regierung, NGOs, Verbände oder auch die Bevölkerung direkt. Dabei sind grundsätzlich zivilgesellschaftliche Akteure wie NGOs zu bevorzugen – gerade in Partnerländern mit größeren Korruptionsproblemen. Die genaue Verteilung muss für jedes Partnerland je nach den dortigen Bedingungen separat entschieden werden. Direkte Budgethilfen lehnen wir ab.

Die Personalpolitik staatlicher Entwicklungshilfe muss hinsichtlich des Personaleinsatzes in den Partnerländern einer Überprüfung unterzogen werden. Deutsches Personal in den Partnerländern sollte hauptsächlich die sinnvolle Verteilung der Mittel im Blick haben, auf die vereinbarte Verwendung achten und nach neuen, vielversprechenden Projekten Ausschau halten.

Militärhilfe als Entwicklungshilfe sehen wir grundsätzlich sehr kritisch. Im Einzelfall kann sie aber durchaus Sinn machen, zum Beispiel dann wenn die Sicherheit und territoriale Integrität eines Landes gefährdet ist.

Hat man nun in einem ersten Schritt entschieden, dass man einem Land helfen möchte, und in einem zweiten Schritt entschieden, wie die länderspezifische Strategie aussehen soll, so ist es für uns der logische dritte Schritt, dass alle getroffenen Maßnahmen regelmäßig auf Sinnhaftigkeit und Wirksamkeit überprüft werden und, falls gegeben, modifiziert oder eingestellt werden.