Für eine geordnete Flüchtlingspolitik – Humanität erhalten, Rechtsstaatlichkeit wiederherstellen, legale Zuwanderung erleichtern

Die Jungen Liberalen zeigen sich erschüttert vom offensichtlichen Versagen der deutschen und europäischen Flüchtlingspolitik. Die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung ist chaotisch, ziellos und gefährlich. Die südlichen und östlichen EU-Staaten sind seit Jahren mit den ankommenden Flüchtlingen organisatorisch und zahlenmäßig überfordert. Deutschland trägt mit seiner Untätigkeit in der Vergangenheit eine maßgebliche Mitschuld an den aktuellen Entwicklungen. Seit Monaten ist das Rechtssystem der europäischen Flüchtlingspolitik in Form der Dublin III-Verordnung faktisch außer Kraft und durch nationale Einzelgänge der EU-Staaten abgelöst worden. An der griechischen EU-Außengrenze findet eine Kontrolle der Einreise in nennenswertem Maße nicht mehr statt. Transitstaaten sehen keine Veranlassung, illegale Grenzübertritte zu verhindern und zu verfolgen, weil die meisten Flüchtlinge ohnehin nicht länger dort verbleiben wollen. Durch diesen eklatanten Bruch europäischen Rechts sehen sich insbesondere Deutschland, Österreich und Schweden einer nie dagewesenen Zunahme der Flüchtlingszahlen entgegen. Auch für Transitländer wie Ungarn sind die Belastungsgrenzen bereits überschritten, der menschenrechtskonforme Umgang mit Flüchtlingen ist teilweise nicht mehr gewährleistet. Statt aber in dieser Situation eine klare Linie zu verfolgen, stolpert die Bundesregierung von Einzelmaßnahmen zu Einzelmaßnahmen, die einander noch dazu widersprechen. So war es ein schwerer Fehler, der rechtswidrigen Einreise tausender Flüchtlinge aus Ungarn zuzustimmen und somit einen weiteren Anreiz zur Einreise zu setzen, weniger als eine Woche später aber die Einführung temporärer Grenzkontrollen an der Grenze zu Österreich anzuordnen. Diese Politik ist nicht nur kurzsichtig, sondern schwächt zusätzlich europäisches Recht. Die Einführung der Grenzkontrollen ist kurzfristig zwingend erforderlich zur Wiederherstellung der rechtsstaatlichen Ordnung bei der Einreise von Flüchtlingen, löst aber kein Problem langfristig. Zur Sicherstellung einer geordneten und rechtsstaatlichen Flüchtlingspolitik müssen folgende Maßnahmen zeitnah umgesetzt werden:

  1. Die Bundesregierung muss sich für einen unverzüglichen EU-Sondergipfel der Staats- und Regierungschefs einsetzen. Auf diesem muss eine Europäisierung der Flüchtlings- bzw. Asylpolitik beschlossen werden. Zentraler Hebel hierfür ist ein verbindliches Quotensystem zur Verteilung in der EU ankommender Flüchtlinge auf alle Mitgliedsstaaten. Dabei muss sichergestellt sein, dass hinsichtlich des Verfahrens einheitliche Mindeststandards erfüllt werden, zugeteilte Personen ihr Asylverfahren vollständig im entsprechenden Mitgliedsstaat durchlaufen – wobei bei der Zuteilung auch auf familiäre Verbindungen oder sonstige Anknüpfungspunkte zu achten ist – und vor Ablauf einer mehrjährigen Frist keinen Anspruch auf soziale Leistungen in den anderen Mitgliedsstaaten haben. Eine Politik der unregulierten Einwanderung in die EU (Free Migration) darf es auch weiterhin nicht geben.
  2. Sichere EU-Außengrenzen sind die Bedingung für freie Binnengrenzen. Kurzfristig muss die EU in Absprache mit der nationalen Regierung mit eigenen Mitteln für einen effektiven Grenzschutz in Griechenland sorgen. Hierfür soll die EU-Grenzschutzagentur unmittelbar Vorbereitungen aufnehmen und ggf. durch Beamte aus den Mitgliedsstaaten unterstützt werden. An der EU-Außengrenze müssen illegale Grenzübertritte wirksam unterbunden werden. Zur Bekämpfung des illegalen Menschenschmuggels und um den Verlust von Menschenleben zu vermeiden sollen stattdessen über Verträge mit Transitländern Aufnahmestellen für Asylsuchende geschaffen werden, an denen der Asylantrag bereits vor Ort geprüft werden kann.
  3. Solange der Schutz der EU-Außengrenzen nicht hinreichend sichergestellt und die Dublin III-Verordnung weiter missachtet wird, muss die unkontrollierte Weiterreise von Flüchtlingen innerhalb der EU unterbunden werden. Die Wiedereinführung von Grenzkontrollen zwischen Mitgliedsstaaten des Schengener Abkommens darf aber nur eine vorübergehende Maßnahme sein und muss als Mittel zur Erhöhung des Drucks auf diejenigen europäischen Staaten verstanden werden, die derzeit die Einführung eines europäischen Quotensystems blockieren. Ziel muss die schnellstmögliche Rückkehr zur Durchsetzung des bestehenden Rechts sein, damit die Kontrollen der Binnengrenzen wieder beendet werden können. Schengen-Visa an registrierte Flüchtlinge zur Weiterreise in der EU sollen vorläufig nicht mehr vergeben werden dürfen.
  4. Griechenland und Ungarn benötigend unmittelbar Hilfe bei der humanitären Unterbringung von Flüchtlingen. Die Bundesregierung soll hierfür die Unterstützung des Technischen Hilfswerks und der Bundeswehr anbieten, die beispielsweise bei der Errichtung kurzfristiger Unterkünfte, der Nahrungsmittelversorgung oder medizinischer Versorgung helfen können. Die EU soll hierfür entsprechende Gelder aus dem Nothilfefonds zur Verfügung stellen.
  5. Der Antragsstau im Bundesamt für Migration und Flüchtige muss dringend abgebaut werden. Hierzu müssen kurzfristig Abordnungen aus anderen Bundesbehörden erfolgen und Pensionäre reaktiviert werden. In der Vergangenheit gestellte Asylanträge aus Syrien, Irak und Eritrea sollen nach Feststellung der Identität und unproblematischer Sicherheitsüberprüfung einmalig anerkannt werden. Gleichzeitig müssen die verbleibenden Staaten des Westbalkans dringend zu sicheren Herkunftsländern erklärt werden. Asylsuchende aus diesen Staaten sollen nicht mehr an die Kommunen verteilt werden, sondern in den Erstaufnahmeeinrichtungen der Länder verbleiben, um zeitnah nach der Ablehnung der Anträge deren Ausreise durchzusetzen. Zudem muss für die Staaten des Westbalkans die Aufhebung der Visumspflicht zeitlich begrenzt zurückgenommen werden. In Individualfällen bleibt auch für sichere Herkunftsstaaten der Asylanspruch bestehen.
  6. Die Kommunen müssen dringend durch Land und Bund entlastet werden. Hierfür soll die Bundesregierung bundeseigene Grundstücke, zum Beispiel stillgelegte Bundeswehrkasernen, zur Unterbringung von Flüchtlingen freigeben und die Kostenpauschalen pro Flüchtling auf die Höhe der tatsächlich anfallenden Kosten anheben. Da bislang außerhalb der Zuweisung Unterzubringende nicht berücksichtigt werden, fordern wir, einen neuen Verteilungsschlüssel auszuarbeiten. Zudem muss dabei eine Möglichkeit geschaffen werden, Leerstand und Bevölkerungsschwämme in manchen Regionen NRWs zu berücksichtigen. Beschlagnahmungen von privatem Eigentum für die Unterbringung von Flüchtlingen darf es nicht geben.
  7. Das Auswärtige Amt soll insbesondere in den Balkan-Staaten Informationskampagnen in den Landessprachen zur geringen Anerkennungsquote im Asylverfahren sowie den Folgen von illegaler Einreise und Abschiebungen durchführen.
  8. Offensichtliche Fluchtursachen wie der Bürgerkrieg in Syrien müssen stärker in den Fokus deutscher und europäischer Außen- und Entwicklungspolitik genommen werden. Die Kürzung der Lebensmittelrationen für Flüchtlinge in Flüchtlingslagern an der Grenze zu Syrien durch die UN stellt einen enormen Pushfaktor dar. Die EU und die Bundesregierung müssen sich für eine angemessene finanzielle Austattung der UN zwecks Flüchtlingsversorgung einsetzen.“ Für Syrien muss in Zusammenarbeit mit unseren westlichen Partnern, der Türkei und Russland eine abgestimmte Strategie zur Eindämmung des Bürgerkriegs entwickelt werden. Teil dieser Strategie kann ausdrücklich auch ein militärisches Eingreifen aus der Luft und am Boden gegen den IS in Syrien sein, im Irak nur mit Zustimmung der nationalen Regierung.
  9. Die Bundesregierung muss die legalen Zuwanderungsperspektiven nach Deutschland verbessern. Auch sogenannte Wirtschaftsflüchtlinge haben ein legitimes und nachvollziehbares Interesse, nämlich die Verbesserung der eigenen Lebenssituation. Diesen Menschen muss die Bundesregierung mit einem Einwanderungsgesetz offen und einladend gegenüber treten. Nach einem Punktesystem sollen Einwanderungswillige ihre Chancen selbst in der Hand haben, legal in Deutschland arbeiten und dauerhaft leben zu können.
10.
  10. Der Stil der aktuell geführten Flüchtlingsdebatte muss sich versachlichen. Angst und Hass sind ebenso wie übertrieben gefühlsgesteuerte Politik keine Lösung, sondern verursachen ihrerseits nur weitere Probleme. Wir laden daher alle politischen Akteure ein, tatsächliche Fakten zur Kenntnis zu nehmen und sich in Stil und Inhalt an ihnen zu orientieren.
  11. Es müssen jetzt schon Maßnahmen zur langfristigen Integration der Flüchtlinge ergriffen werden. Es muss verpflichtender, vom Bund finanzierter Deutschunterricht für alle Flüchtlinge eingeführt werden. Dieser muss ähnlich wie in Schweden geschichtliche und kulturelle Aspekte unseres Landes enthalten. Dabei ist die Möglichkeit zu prüfen, dass große ehrenamtliche Engagement der Bevölkerung einzubinden und zu koordinieren. Darüber hinaus sind Maßnahmen zu ergreifen, um die Flüchtlinge schnellstmöglich in den Arbeitsmarkt zu integrieren – sowohl im Niedriglohnbereich als auch im Ausbildungsbereich sowie im normalen Arbeitsmarkt.