Freiheit durch Verantwortung: Lockdown überbrücken statt Brückenlockdown

Die gravierenden Auswirkungen der Corona-Pandemie sind vielfältig: Die Pandemie selbst hat Millionen von Leben gefordert, unser Gesundheitssystem wäre ihr ohne tiefgreifende Maßnahmen nicht gewachsen. Diese Maßnahmen selbst bleiben jedoch nicht ohne Effekt: Mit zunehmender Dauer leiden Bildungsgerechtigkeit und psychische Gesundheit, werden wirtschaftliche Existenzen bedroht und zerstört. Maßnahmen, die es nicht schaffen, den Menschen Perspektive zu vermitteln, sind in unseren Augen nicht mehr angemessen. Die Alternativlosigkeit einiger Maßnahmen macht nach über einem Jahr Pandemie vorausgehendes Politik- und Bürokratieversagen überdeutlich.

Für uns Junge Liberale NRW steht fest: Nach über einem Jahr mit der Pandemie und vielen weiteren wissenschaftlichen Erkenntnissen darf die Verhängung pauschaler Lockdowns nicht mehr das Mittel der Wahl sein. Anspruch der Politik muss stattdessen sein, klügere und ausgewogene Konzepte zu verabschieden. Einer Kompetenzausweitung hinsichtlich der Corona-Maßnahmen auf die Bundesebene erteilen wir eine klare Absage. Wir sind überzeugt, dass es regionale und differenzierte Maßnahmen sind, die einerseits einen Weg aus der Pandemie darstellen und andererseits die Akzeptanz der Maßnahmen grundlegend erhalten können.

Einer der Schlüssel zur Bewältigung der Corona-Pandemie liegt in der schnellen und umfangreichen Impfung der deutschen Bevölkerung. Durch den viel zu späten Abschluss von Verträgen mit Impfstoffherstellern und dem daraus resultierenden Mangel an Impfstoff hinkt die Bundesrepublik Deutschland im internationalen Vergleich seit Monaten hinterher. Die aktuelle Einbindung der niedergelassenen Hausärzte zeigt erste positive Effekte. Die Leute vor Ort organisieren die Impfungen effizient und zuverlässig. Zukünftig wollen wir beim Impfen deswegen noch stärker auf die Menschen vor Ort und nicht-staatliche Akteure setzen. Innovative Konzepte wie der Impf-Drive-Through der Stadt Schwelm dürfen durch den Staat und überbordende Bürokratie nicht behindert werden.

Die Bewertung der Situation allein anhand des Inzidenzwerts halten wir für nicht angemessen. Stattdessen schließen wir uns Experten an und schlagen vor, folgende Faktoren für die stetige Bewertung der aktuellen Corona-Lage in den Fokus zu stellen: Hospitalisierungsindex, Notification-Index, Ü50-Inzidenz, die tatsächlichen Kapazitäten der Gesundheitsämter und eine stärkere Identifizierung von Ausbruchs-Clustern.

Kurzfristig müssen die Gesundheitsämter personell insoweit aufgestockt werden, dass eine Nachverfolgbarkeit von Inzidenzen bis 150 problemlos möglich ist. Das Land NRW soll die Kreise und kreisfreien Städte deswegen bei einer potentiellen Einstellung von insbesondere Studierenden in bspw. Callcentern der Gesundheitsämter (sog. “Containment Scouts”) unterstützen.

Die Corona-Warn-App kann ein erfolgreiches Instrument im Kampf gegen die weitere Verbreitung des Corona-Virus sein. Der Entwicklungsstand der App hat jedoch viel zu lange stagniert. Wir begrüßen ausdrücklich, dass das Check-in-via-QR-Code-System in die App implementiert wurde. Ein solches System steigert die effiziente Nachverfolgung von Infektionsketten im öffentlichen Raum um ein Vielfaches. Wir haben die Erwartungshaltung, dass dieses System den Bürgerinnen und Bürgern wie angekündigt ab dem 16. April zur Verfügung steht und das Erscheinungsdatum der 2.0 Corona-App nicht nach hinten verlegt wird.

Zukünftig muss es ebenfalls möglich sein, neben tagesaktuellen Testergebnisse auch die erfolgten Impfungen in der App zu hinterlegen. Die App würde so alle wichtigen Bausteine im Kampf gegen das Corona-Virus bündeln.

Eine flächendeckende Teststrategie ist zur Eindämmung des Corona-Virus unabdingbar. Auf dem Weg aus dem Lockdown setzen wir neben einer Impfstrategie und technischen Neuerungen auf eine umfassende Teststrategie. Bund und Länder müssen den Kommunen vor Ort hierfür ausreichende Test-Kapazitäten zur Verfügung stellen.

Differenzierte Maßnahmen halten wir nicht nur bundes- sondern auch bundeslandweit für geboten. Dort, wo durch Öffnungen keine Pull-Effekte und damit die mögliche stärkere Ausbreitung des Virus entstehen kann, müssen regional differenzierte Öffnungs-, aber auch Schließungsschritte möglich sein. So sollen bspw. Schulen verstärkt die Möglichkeit bekommen, die Lage und damit einhergehend die Art und Weise des Unterrichts autonom zu entscheiden. Um Schulen für zukünftige Krisen zu wappnen, wollen wir Schulautonomie stärken und fordern ebenfalls eine Digitalisierungsoffensive für die nordrheinwestfälischen Schulen.

Nach und nach muss ein normales Leben auch innerhalb der Pandemie möglich sein. Hier gilt es, umfassende Hygienekonzepte zu ermöglichen und konsequent umzusetzen, um Stadien, kulturelle Einrichtungen, Freizeitsport oder Gastronomie ungeachtet starrer Inzidenzwerte zu öffnen. Die oben genannten Maßnahmen können hierbei Grundlage für differenzierte Öffnungsstrategien sein. Weitgehende Grundrechtseingriffe müssen zeitnah nach erfolgreicher wissenschaftlicher Evaluation der Modellprojekte bei tagesaktuellem negativen Test oder, wenn durch eine Impfung eine Übertragung des Virus weitgehend ausgeschlossen werden kann, entfallen.

Wir Junge Liberale NRW stellen uns ausdrücklich gegen die Forderung nach Ausgangssperren und halten dies für einen nicht vertretbaren staatlichen Eingriff in die persönlichen Freiheiten trotz Pandemie-Zeiten.

Ausdrücklichen begrüßen wir die Entscheidung der Kultusministerkonferenz, die Abiturprüfungen auch in diesem Jahr stattfinden zu lassen. Es muss möglich sein, die Durchführung der Prüfungen bei einem Minimum an Infektionsgefahr zu gewährleisten. Dazu regen wir die Einrichtung sicherer Teststraßen für alle Abiturient:innen an, die einen reibungslosen Ablauf sicherstellen. Zudem drängen wir darauf, dass zeitnah nicht nur die Lehrer:innen an den Grundschulen sondern auch die Lehrer:innen an allen weiteren Schulen geimpft werden sollen. Dies soll einerseits Sicherheit im Präsenzunterricht schaffen und andererseits die Durchführung von Abitur- und Abschlussprüfungen zu erleichtern.