„Fördern und Fordern“ – Bekämpfung der Jugendkriminalität

Die JuLis NRW sprechen sich für ein ganzheitliches Konzept zur Bekämpfung der Jugendkriminalität aus, welches sich nicht nur auf das Strafrecht und Einzelmaßnahmen konzentriert, sondern Kriminalität und Gewalt unter Heranwachsenden in allen Phasen ihrer Entwicklung entgegenwirkt. Hierzu zählen insbesondere folgende Leitgedanken und Einzelmaßnahmen bei Prävention, Strafverfolgung und Nachsorge:

Eine Schlüsselrolle bei der Prävention späterer Straffälligkeit wird der Erziehung durch die Eltern zu teil. Vonseiten des Staates soll diese zunächst durch die zuständigen Jugendämter erfolgen. Die Kosten eines späteren Strafvollzuges bzw. einer anschließenden Resozialisierung übersteigen bei weitem die Kosten sinnvoller Unterstützung der Eltern. Im Bewusstsein dessen, dass dies gegenwärtig nur unzureichend stattfindet, befürworten die JuLis hier eine bessere personelle und finanzielle Ausstattung der Jugendämter. Ebenfalls soll auch konsequent auf die personelle Weiterbildung in Jugendämtern und Kindergarten gesetzt werden. Bei Jugendlichen mit eingeschränkter Schuldfähigkeit müssen ihre Erziehungsberechtigten stärker in Verantwortung genommen werden.

Das bereits vorhandene gesetzliche Instrumentarium halten die JuLis hingegen für ausreichend, um dem Grundsatz „Fördern…, aber auch Fordern“ gerecht zu werden. Dieses muss vielmehr durch die zuständigen Behörden intensiver ausgenutzt werden: Eine unterstützende, bei Bedarf auch mobile, Erziehungsberatung bringt für Eltern und Kinder oft besseren Nutzen als -wie in 80% der Fälle – vom letzten Mittel, der Wegnahme des Kindes, Gebrauch zu machen.

Im Zuge der Verbesserung der Handlungsmöglichkeiten des Jugendamtes sollen diese weitergehenden Präventionsverfahren nicht länger Wunschtraum des Gesetzgebers bleiben, sondern Regelfall werden. Hier gilt jedoch der Grundsatz: „Wer bestellt, zahlt auch!“ Insoweit hat der Gesetzgeber die erforderlichen Finanzmittel zur Verfügung zu stellen.

Spezielle Angebote für die Gruppe der Migrantenkinder sollen stärker gefördert, unterstützt und ausgebaut werden. Beispielsweise Deutsch-türkische Fußball- oder Kulturvereine, Jugendzentren und Konzerte sollen so ihren Weg aus der sozialen Abschottung hin in die Gesellschaft finden. Insoweit wäre auch ein stärkeres Engagement der deutschen Bevölkerung in solchen Einrichtungen wünschenswert. Neben der Forderung nach einer verbesserten Betreuung von Unter-Drei-Jährigen, insbesondere im Bereich der Sprachförderung, bekräftigen die JuLis weiterhin auch ihre Beschlüsse zum sog. „Schul-Counsellor“.

Hinsichtlich der Strafverfolgung sprechen sich die JuLis für eine konsequente Anwendung des Erwachsenenstrafrechts bei Heranwachsenden aus.

Anders als wie in der bisherigen Rechtspraxis ausgeübt soll eine Verurteilung nach Erwachsenenstrafrecht für über-18-Jährige, wie bereits im Gesetz vorgesehen, der Regelfall werden. Eine verminderte aus dem Alter resultierende Einsichtsfähigkeit kann sich jedoch in begründeten Einzelfällen strafmildernd auswirken. Diese Leitlinien sollen verhindern, dass ein ,erwachsener‘ Täter allzu leicht durchs Strafraster fällt. Eine Sicherungsverwahrung für Heranwachsende kann hier nur das letzte Mittel sein. Jugendliche in Sicherungsverwahrung oder ,Bootcamps‘ lehnen die JuLis jedoch entschieden ab. Der von der Praxis schon lange geforderte Warnschussarrest von bis zu vier Wochen soll an die Stelle einer allzu leichtfertigen Bewährungsstrafenpraxis treten. Bei mehrfachen Wiederholungstätern wird eine erneute Bewährungsstrafe in der Regel ungeeignet zur weiteren Prävention sein. Die Dauer der Abwicklung von Strafverfahren soll – gerade im Jugendstrafbereich – erheblich verkürzt werden: Der Täter soll so den Zusammenhang zwischen Strafe und Straftat deutlicher spüren. Die Anwendung der „elektronischen Fußfessel“ lehnen die JuLis jedoch als entwürdigend und nicht zielführend ab. Ebenso eine flächendeckende Überwachung von Schulhöfen.

Im Vordergrund einer liberalen Vollzugspolitik soll der Erziehungsgedanke, nicht der Repressionsgedanke sein. Die JuLis sehen eine solide schulische und berufliche Ausbildung als Grundstein für eine straffreie Zukunft der Heranwachsenden in sozialer Verantwortung. Eine Unterbringung in Einzelzellen, verantwortungsvolle Weiterbildung, sowie ein offener Vollzug werden so die Rückfallgefährdung vermindern. Um diese Voraussetzungen zu gewährleisten sollen Jungtäterabteilungen in den JVA eingerichtet und zusätzliche Mittel bereitgestellt werden. Für dies alles kann jedoch nur die Einhaltung grundsätzlicher Vollzugsregeln Vorraussetzung sein. Im Bewusstsein dessen, dass sich auch unter größter Förderung manche Intensivtäter als nicht-erziehbar erweisen, sollen Privilegien und Förderung nur jene erfahren, welche Bereitschaft zeigen, sich in die Gesellschaft zu integrieren. Im Vollzug begangene Straftaten müssen konsequent zur Anzeige gebracht und strafrechtliche geahndet werden. Bloßes Wegsperren hilft jedoch niemandem. Eine Drogen- und Sozialtherapie – auch durch private Anbieter – als Kernelement der Unterstützung des Jugendstrafvollzugs hätte in diesem Zusammenhang längst selbstverständlich werden müssen.

Ziel der Nachsorge soll die Wiedereingliederung der Straftäter in einen geregelten Alltag als verantwortungsvoller Teil der Gesellschaft sein. Freiwillige Betreuungsangebote müssen hier zusätzlich geschaffen werden. Hierzu muss die Nachsorge auf Bedürfnisse und Probleme möglichst individuelle zugeschnitten werden. Die JuLis befürworten insoweit auch bspw. Mentoring-Programme, welche sich, unter Reduzierung der Ursprungsstrafe an die Haft anschließen. Ein bspw erfolgreich wieder eingegliederter Straftäter soll so als Mentor bei der Wiedereingliederung individuell unterstützen. In Projekten sollen Straftäter vermehrt eigenständig Verantwortung übernehmen – bspw. in Jugendzentren und kirchlichen Verbänden – und sich so als wertvollen Teil des Gemeinwesens selbst schätzen lernen.