Mit der am 30. Juli erfolgten Vorlage des Referentenentwurfs des Krankenhausanpassungsgesetzes ist die Debatte um die sog. Krankenhausreform erneut hochgekocht. Erinnert man sich jedoch an die letzten eigenen Erfahrungen mit unserem Gesundheitssystem zurück oder wirft bei Durchsicht seiner Finanzen einen Blick auf die Kosten für die Kranken- und die Pflegeversicherung, so wird deutlich, dass der Reformbedarf weit mehr als unsere Krankenhäuser erfasst. Im Schatten unseres Rentensystems schickt sich unser Gesundheitssystem klammheimlich an, zum nächsten Konfliktpunkt zwischen den Generationen zu werden.
Trennen das Gesundheitssystem inhaltlich und in seinem systematischen Aufbau diverse Punkte vom Rentensystem, so eint beide Systeme, dass die großen Investitionen und Mühen nicht mehr im Verhältnis zum Ertrag stehen.
Das belegen auch leider die Zahlen, denn Deutschland liegt mit 12,8 Prozent Gesundheitsausgaben, gemessen am BIP, im europäischen Vergleich auf Platz eins. Trotzdem verbringen deutsche Bürger im Schnitt weniger sog. gesunde Lebensjahre als der durchschnittliche EU-Bürger (62,8 Jahre).
Was es braucht, sind Lösungen auf den Ebenen der Finanzierung, der Krankenhausversorgung sowie der allgemeinen medizinischen Infrastruktur. Als einen Auftakt liberaler Reformvorschläge fordern wir Junge Liberale Nordrhein-Westfalen:
Krankenversicherungswesen entschlacken
Bleiben Reformen im Bereich unseres Gesundheitssystem aus, so könnten die Sozialabgaben bis 2035 auf ein Niveau von über 35 Prozent steigen. Damit das nicht passiert, setzen wir aus dafür ein, das Krankenversicherungswesen effizienter zu organisieren und dringend benötigte Einsparungen vorzunehmen.
- Wir fordern eine Einschränkung des Leistungskatalogs. Das bisherige Niveau ist vor allem angesichts des demografischen Wandels nicht finanzierbar.
- Viele Erkrankungen, die maßgeblich zu Belastungen für unser Gesundheitssystem führen, sind auf die individuelle Lebensführung rückführbar. Daher wollen wir Präventionsangebote weiter stärken, um das Bewusstsein für die Bedeutung von regelmäßiger Bewegung und gesunder Ernährung zu stärken. Dies kann in Form von Aufklärungsangeboten über eine gesunde Ernährung als auch über eine weitere Förderung des Breitensportangebots geschehen.
- Ein treibender Faktor für die Kosten in unserem Gesundheitssystem sind die Preise für Medikamente und spezielle Therapien. Wir fordern daher eine systematische Prüfung des Leistungskatalogs auf sein Verhältnis von Kosten zu Nutzen.
- Eine zukünftige Reform des Bürgergelds soll nach unserer Auffassung auch die Gesundheitsversorgung von Bürgergeldempfängern mitdenken. Im bisherigen System müssen die gesetzlichen Versicherten die zusätzlichen Belastungen des Systems durch die mitfinanzierten Bürgergeldempfänger mittragen. Sofern der Staat eine sich selbst auferlegte Aufgabe an die Krankenversicherungen weitergibt, muss eine faire Verteilung erfolgen, damit nicht schlicht aufgrund des Systems eine Gruppe von Versicherten die finanziellen Belastungen ohne sachlichen Grund allein stemmen muss.
Bedarfsorientierte Krankenhausversorgung
Der Wunsch nach einem Krankenhaus vor Ort ist nachvollziehbar. Dies kann jedoch im Konflikt zu einer bedarfsorientierten und modernen Krankenhausversorgung stehen, die die Kostenfrage im Blick behält. Um dieses Spannungsfeld einzudämmen, fordern wir:
- Deutschland verfügt mit 8 Krankenhausbetten pro 1.000 Einwohnern über ein Überangebot. Dieses Überangebot ist jedoch teuer und mit der aktuellen Menge an medizinischem Personal nicht zu bedienen. Wir setzen uns dafür ein, dass durch Reformen im Finanzierungssystem der Krankenhäuser der Anreiz zur Schaffung einer Vielzahl von Krankenhausbetten reduziert wird. Dabei soll jedoch eine angemessene Reservekapazität für einen eventuellen Verteidigungs- bzw. Bündnisfall erhalten bleiben.
- Der Betrieb einer Klinik geht mit hohen Fixkosten einher. Vieler Krankenhäuser können daher nicht kostendeckend betrieben werden. Im Wege der Krankenhausreform soll daher darauf hingewirkt werden, dass sich Kliniken besonders in Ballungsräumen verstärkt auf bestimmte Fachgebiete spezialisieren, um so einerseits die Qualität der Versorgung zu erhöhen und andererseits den hohen Fixkosten eine größere Zahl an Behandlungen entgegenstellen zu können.
Bessere Steuerung des Arztbesuchs
Der Arztbesuch wird oft durch lange Wartezeiten auf Termine und ineffiziente Abstimmung zwischen den involvierten Stellen zum Ärgernis für den Patienten. Der durchschnittliche Deutsche hat im Jahr neun Arztkontakte, was deutlich über dem EU-Durchschnitt liegt. Um in diesem Bereich effizienter zu werden, fordern wir:
- Die Digitalisierung eröffnet die Chance auf eine effizientere Abstimmung unter den behandelnden Ärzten. Die elektronische Patientenakte soll flächendeckend eingeführt und mittels einer Opt-out-Lösung grundsätzlich zum Standard werden.
- Die „116 117“, unter der Patienten bisher den Terminservice für gesetzlich Versicherte erreichen, soll zu einer Art Leitstelle werden. Unter dieser Telefonnummer sollen durch ein Zusammenspiel aus KI und medizinisch geschultem Personal, die mit den nötigen Befugnissen ausgestattet sind, schon im Vorfeld des Hausarztbesuchs Behandlungsvorschläge gemacht werden, um nicht nötige Kosten durch Arztkontakte zu vermeiden, die für die meisten leichten Beschwerden gar nicht von Nöten sind, aufgewertet werden.