Immer häufiger legen einzelne Gewerkschaften durch zentrale Aufrufe zum Streiken in
einzelnen Regionen oder dem ganzen Bundesgebiet erhebliche Teile des ÖPNV lahm.
Dadurch sinkt nicht nur Akzeptanz für den ÖPNV, sondern es werden massive Fehlanreize
auch für andere Kritische Infrastrukturen gesetzt. Dies gefährdet auch die Akzeptanz
für das grundrechtlich geschützte Streikrecht. Um dies zu verhindern, fordert die
JuLis NRW:
- Schlichtungspflicht: Bevor Gewerkschaften in den Streik treten können, sollte
eine gesetzliche Pflicht zu einem Schlichtungsverfahren mit einem unabhängigen
Schlichter zwischen Arbeitgebern und -nehmern eingeführt werden. Erst wenn faire
und pragmatische Verhandlungen innerhalb einiger Wochen fehlschlagen, soll der
Weg zum Streik offen sein. Das Streikrecht insgesamt bedarf einer Eingrenzung. - Sicherstellung eines Mindestbetriebs: Insbesondere bei Streiks im ÖPNV ist es
unerlässlich, für die Bürger einen Mindestbetrieb sicherzustellen. Daher fordern
wir die Einsetzung einer fünfköpfigen Kommission nach italienischem Vorbild.
Diese soll in Situationen, in denen ein Streik erheblichen Schaden für die
Volkswirtschaft bedeuten würde, Streiks nach eingehender Begutachtung zeitlich
begrenzen oder im Extremfall unterbinden können. Die Kommission stellt sicher,
dass die Arbeit in kritischen Bereichen nicht in Gänze zum Erliegen kommt und
somit keine gravierenden Folgen wie jüngst in Großbritannien geschehen nach sich
ziehen. - Mehr Demokratie wagen: Die Mitarbeiter eines Unternehmens sollten die
Möglichkeit haben, in einer geheimen Abstimmung mit qualifizierter Mehrheit zu
entscheiden, ob der Gesamtbetriebsrat anstelle der Gewerkschaft
Tarifverhandlungen mit der Geschäftsführung oder dem Vorstand führen soll. Das
Betriebsverfassungsgesetz sollte entsprechend geändert werden. - Transparenz und Ankündigung: Streiks sollten in Zukunft mindestens 48 Stunden
vor Beginn angekündigt werden. Im Bereich der kritischen Infrastruktur (Verkehr
und Transport, Gesundheitsversorgung, Energie und Lebensmittelbranche) soll
diese Ankundigungsfrist 60 Stunden im Voraus betragen. Das schafft ein gewisses
Maß an Transparenz und Planungssicherheit für die Betroffenen. - Weg vom Richterrecht: Das Streikrecht ist im Wesentlichen durch richterliche
Rechtsprechung geprägt und es fehlt an klaren gesetzlichen Grundlagen, die durch
die Politik kontrolliert werden können. Der Bundestag muss daher gesetzgeberisch
insbesondere die Grenzen des Streikrechts ausformulieren. Perspektivisch fordern
wir eine Streichung der in Art. 9 Abs. 3 GG geregelten Koalitionsfreiheit.
Gewerkschaften werden weiterhin über die Vereinigungsfreiheit gem. Art. 9 Abs.
1 GG geschützt. Diese Verfassungsänderung ermöglicht dem Gesetzgeber, das
Streikrecht einfachgesetzlich zu regeln. Außerdem soll die Bundesregierung sich
auf internationaler Ebene für eine Änderung des Streikrechts in den
europäischen Verträgen einsetzen. - Wildstreiks und Friedenspflicht: Weiterhin muss es dabei bleiben, dass sog.
„Wildstreiks“ – also Streiks, zu denen andere Akteure als die Gewerkschaften
aufrufen – untersagt bleiben. Ebenso muss die Friedenspflicht im Sinne eines
Streikverbots während der Laufzeit der Tarifverträge strengstens eingehalten
werden. - Verfahren bei Verhandlungsscheitern: Beim Scheitern der Tarifverhandlungen sind
die Tarifparteien zur Durchführung eines Schiedsverfahrens unter Leitung eines
unabhängigen Schlichters verpflichtet sind. Bis zum Ende des
Schlichtungsverfahrens herrscht dann Friedenspflicht. - Einführung der Möglichkeit zur zeitlichen und räumlichen Streikbegrenzung: Um
die Auswirkungen von Streiks auf die Gesellschaft zu begrenzen, sollten, je nach
Zuständigkeit durch einen möglichen regionalen Schwerpunkt eines Streiks, die
Landes- oder Bundesregierungen befugt sein, zeitliche und räumliche
Beschränkungen für Streiks per Rechtsverordnung festzulegen. Diese
Beschränkungsbefugnisse sollen Streiks auf bis zu 24 Stunden begrenzen und
bestimmte Streiktage ausschließen können. - Gleiche Laufzeiten bei Tarifverträgen: Das Tarifeinheitsgesetz (TEG), das
ausufernde Streiks im Zuge von Konkurrenzsituationen zwischen Gewerkschaften
eindämmen soll, entfaltet insbesondere beim prominenten Beispiel der Deutschen
Bahn aufgrund der Konzernstruktur keine Wirkung. Damit Streiks aufgrund der
Kollisionsregelungen nicht zum Dauerzustand werden, fordern wir, rechtliche
Rahmenbedingungen dafür zu schaffen, dass die Tarifverträge konkurrierender
Gewerkschaften die gleiche Laufzeit haben müssen. - Gewerkschaften dürfen ihren Mitgliedern erst nach einer dreimonatigen
Mitgliedschaft Streikgeld auszahlen. Dadurch sollen Streiks zum Zwecke der
Mitgliedergewinnung reduzieren werden.
Insgesamt fordern wir eine restriktivere Handhabe der Gewerkschaften in der Ausübung
des Streikrechts. Rezession und Inflation sind kein Aufruf zur Arbeitsniederlegung,
sondern zu Überstunden und Erfindergeist.