11.10.2025

Deutschland therapieren! – Für eine Reform des Psychotherapeutengesetzes

Als Jens Spahn, im Jahr 2019 mit einer Reform des Psychotherapeutengesetzes begann, waren die Versprechungen groß. Das Psychologiestudium sollte reformiert, die Approbation einfacher gemacht und die Ausbildung anständig vergütet werden. Verbesserungen gab es, aber es wurden dennoch ohne Not neue Probleme geschaffen.

Bereits im Bachelor, oder sogar davor entscheiden zu müssen, ob man Therapeut oder nur Psychologe werden will, ist unverantwortlich. Wer eine eigene Praxis gründen will, braucht dafür jetzt 10 Jahre statt 8, weil die Fachausbildung die dafür Pflicht ist, verlängert wurde.

Zusätzlich dazu sind durch eine unklare Finanzierungsregelung die Ausbildungsplätze selten geworden und es ist ein Engpass bei einem stark nachgefragten Beruf entstanden.

Deswegen ist es Zeit für eine Reform der Reform und wir als Junge Liberale NRW fordern:

  • Eindeutige Zuständigkeiten – Klar geregelte Finanzierung der Weiterbildung Bundesweit analog zur Finanzierung der Facharztausbildung, über Tarifverträge in Kliniken refinanziert durch Fallpauschalen der Krankenkassen, während in ambulanter Behandlung ebenfalls wie bei Ärzten eine direkte Förderung durch die Kassenärztlichen Vereinigungen erfolgen soll
  • Bedarfsplanung der Weiterbildung am Vorbild der Facharztausbildung – ein Mindestprozentsatz für Weiterbildungsplätze der sich an der Größe der Klinik orientieren soll

Das Fehlen einer klaren Regelung der Finanzierung sorgt aktuell für einen Engpass an Weiterbildungsplätzen, da diese sich für Praxen fast nie und Kliniken immer seltener lohnen. Anstatt das Problem wirklich anzugehen, wurde die Finanzierung an die Länder weiter delegiert, ohne eindeutige Zuständigkeiten. Durch eine eindeutige Verteilung der Verantwortung wird dieses Problem endlich gelöst und durch eine Förderung werden neue Kapazitäten geschafft

  • Verkürzung der Ausbildung auf 4 Jahre

Wer 5 Jahre studiert hat und eine vierjährige Ausbildung durchlaufen hat, sollte sich als Psychotherapeut selbstständig machen können. Aufgrund der hohen Nachfrage an Psychotherapeuten können wir uns eine 10-jährige Ausbildung schlicht nicht leisten, wollen aber die Qualitätssicherung stark halten, weswegen eine Dauer vom 9 Jahren einen Kompromiss zwischen diesen beiden Polen darstellen würde.

  • Begriff Psychotherapie schützen: Heilpraktiker, oder „Coaches“ sollen in Zukunft keine Bezeichnungen mehr wie „Heilpraktiker für Psychotherapie“ verwenden dürfen

Bis jetzt war nur der Begriff Psychotherapeut selbst geschützt, allerdings sollte, um Verwirrungen zu vermeiden und Patienten zu schützen der Begriff der Psychotherapie auch nur von tatsächlichen Psychotherapeuten in der Behandlungsbeschreibung verwendet werden dürfen.

  • Vollständig Digitale Patientenakten: Entsprechend der Modernisierungen im gesamten Gesundheitssektor sollen auch in der Therapie die Patientenakten vollständig digital geführt werden können

Patientenakten im 21. Jahrhundert noch physisch zu führen ist nicht zeitgemäß und sollte nicht mehr der Standard in einem modernen Gesundheitssystem sein.

  • Entscheidung für oder gegen Therapie durch Master bestimmen

Sowohl im alten System vor Jens Spahn als auch im neuen System müssen viele Studenten bereits nach einem Jahr innerhalb des Bachelors wählen, ob sie psychologischer Psychotherapeut, oder „nur“ Psychologe werden wollen (den Titel Psychologe darf man nach einem Master führen). Das ist allerdings ein fehlgeleiteter Ansatz da im Bachelor ein breites Spektrum an Fächern abgedeckt werden soll und dadurch auch alle Abschlüsse im Ausland nicht zur Approbation führen. Daher sollte für die Approbation der Master und nicht der Bachelor entscheidend sein, solange dieser zumindest nicht fachfremd ist und ein Mindestmaß an relevanten Modulen abgelegt wurde, wobei vor allem die Module im Bereich Entwicklungspsychologie, Diagnostik, Klinische Psychologie und Statistik im Vordergrund stehen sollen.

  • Aktualisierung der Kassensitze

Gegenwärtig bestimmen die Kassenärztlichen Vereinigungen (KV), wie viele Kassensitze es in einer Region gibt, also von welchem Psychotherapeuten Leistungen für die gesetzliche Krankenversicherung anerkannt bzw. übernommen werden. Praxen ohne Kassensitz können ausschließlich Privatversicherte oder Selbstzahler behandeln, da Leistungen für gesetzlich Versicherte nur über einen Kassensitz abgerechnet werden können. Ab einem Versorgungsstand von 110 % werden in einer Region keine neuen Kassenzulassungen vergeben und die einzige Möglichkeit, einen Kassensitz zu erhalten, ist die Übernahme einer bereits zugelassenen Praxis. Die Berechnung des Versorgungsstandes basiert auf im Jahr 1999 erhobenen Einwohnerzahlen, die einerseits inhärent veraltet sind und andererseits den Bedarf an Therapieplätzen massiv unterschätzen.

Wir fordern daher:

  • Die Aktualisierung der Datengrundlage soll alle 5 Jahre erfolgen.
  • Die Anzahl der Kassensitze pro Einwohner soll erhöht werden.
  • Es soll geprüft werden, inwieweit ein pauschales Versorgungsmaximum (also eine Überversorgungsschwelle) generell notwendig oder abzuschaffen ist.

Keine Selbstbedienung!

Um zu verhindern, dass Therapeuten eigenmächtig Stunden abrechnen und sich dadurch unrechtmäßig bereichern, fordern wir die Einführung von Stichprobenkontrollen. Dabei sollen externe Therapeuten in regelmäßigen Abständen stichprobenartig Patienten anderer Therapeuten mitbegutachten, um die Richtigkeit der Abrechnungen und Diagnosen zu überprüfen. Diese Stichprobe darf auch online erfolgen.

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