In den Gründungsjahren der Bundesrepublik gab es nur wenige Medienkanäle. Das Radio
war mit dem „Volksempfänger“ erst seit gut 10 Jahren als Massenmedium verfügbar und
Fernseher waren alles andere als verbreitet. Vor dem Hintergrund der
nationalsozialistischen Propagandamaschinerie war es folgerichtig, einen breit
aufgestellten und durch seine föderale Struktur resilienten öffentlich-rechtlichen
Rundfunk aufzubauen. Auch die Finanzierung von Unterhaltungsangeboten durch
öffentliche Gelder war durch das non-existente private Angebot zu rechtfertigen.
Heute zeichnet sich ein völlig anderes Bild: Disruptive Technologien wie das Internet
haben die Art und Weise, wie wir Medien konsumieren, auf den Kopf gestellt: Es
herrscht ein Überfluss an Informationskanälen und Unterhaltungsformaten. Jeder
Journalist und jeder Privatbürger kann über diverse Plattformen seine Meinung
kundtun, seine Recherchen veröffentlichen, sich informieren und hat Zugang zu einer
vielfältigen, hochwertigen Unterhaltung. Gleichzeitig folgt in den behäbigen
Führungsebenen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks Skandal auf Skandal: Politische
Lenkung redaktioneller Inhalte und unverantwortlicher Umgang mit öffentlichen Geldern
sind an der Tagesordnung. Außerdem haben die Nachrichtenangebote des öffentlich-
rechtlichen Rundfunks jeden anderen seriösen Marktteilnehmer durch ihre schier
unerschöpflichen finanziellen Mittel vom Markt gedrängt. Wir sind der Überzeugung:
Ein wirklich meinungsdiverses Nachrichtenangebot kann es nur durch fairen Wettbewerb
geben. In dieser Überzeugung bestärkt uns der Zeitungsmarkt durch sein im Vergleich
zum Fernsehen deutlich vielfältigeres Meinungsspektrum.
Die Jungen Liberalen fordern deshalb:
- Der öffentlich-rechtliche Rundfunk braucht einen Neustart. In Zukunft soll sich
dieser auf die Bereiche Bildung, Information und Kultur fokussieren. Die
Konsolidierung der dritten Programme auf vier Sender (Nord, Ost, Süd, West), die
Abschaffung weiterer Spartensender (außer Phoenix) sowie parallel geschalteter
Radiosender streben wir langfristig an. Die Rundfunkanstalten sollen ihr
Programm auf einen regionalen Radiosender zuspitzen und im Verbund für einen
überregionalen Informationsaustausch sorgen. Die bisher bestehenden Mediatheken
sollen in einer deutschlandweit abrufbaren Mediathek aufgehen, die sowohl als
Archiv als auch als “on-demand” Zugriffsmöglichkeit für das aktuelle Programm
fungiert. Insgesamt sollte sich der öffentlich-rechtliche Rundfunk vor allem auf
Inhalte von öffentlichem Interesse konzentrieren, die für kommerzielle Anbieter
möglicherweise unrentabel sind, aber gesamtgesellschaftlichen Nutzen stiften.
Bestehende Formate, die der Unterhaltung dienen, sind auf ihre Existenzberechtigung zu prüfen und gehören zum Beispiel in ein optionales Abo-Modell außerhalb der Rundfunkbeitragsstrukturen überführt oder als bestehende Konzepte an private Produzenten vermarktet. - Um die Öffentlichkeit weiterhin über die Arbeit des Deutschen Bundestages zu informieren, befürworten wir den Erhalt des „Parlamentsfernsehen“ des Deutschen Bundestages, welches Parlaments- und Ausschusssitzungen streamt.
- Um ein möglichst meinungsdiverses Fernsehangebot zu organisieren, muss die Reformierung aktiv durch eine von bestehenden ÖRR-Strukturen unabhängige Expertenkommission aus Medienschaffenden und Wirtschaftsexperten begleitet werden.
- Genau wie das Fernsehen, möchten wir den Hörfunk reformieren. Hierbei ist besonders der Erhalt eines regional gefächerten Angebots zu berücksichtigen. Die Klangkörper sind an kommunale oder landeseigene Orchester anzubinden. Die Deutsche Welle hat die herausragende Aufgabe, Demokratie, Pressefreiheit und Menschenrechte auch in weniger freie Länder dieser Welt zu senden und zu verteidigen. Sie ist – wie bisher – durch den Bundeshaushalt zu finanzieren.
In dem Wissen, dass obige Forderungen aktuell keine politischen Mehrheiten finden, fordern wir darüber hinaus folgende kurzfristige Maßnahmen:
- Es darf keine Erhöhungen des Rundfunkbeitrags mehr geben – auch nicht zu Inflationsausgleich. Dadurch entstehende Einschnitte beim Programm sind dabei nicht nur hinzunehmen, sondern ausdrücklich erwünscht. Wir fordern die nordrhein-westfälische Landesregierung dazu auf, sich allen Beitragserhöhungen in den entsprechenden Gremien entgegenzustellen.
- Demokratie. Deshalb setzen sich die Jungen Liberalen NRW dafür ein, das Moratorium für Beitragserhöhungen in einem Volksbegehren zur Abstimmung zu bringen.
- Auch angesichts der in astronomische Höhen steigenden Gehälter im öffentlich-rechtlichen Rundfunk besteht Handlungsbedarf. Das Gehalt einiger ÖRR-Funktionäre und -Moderatoren übersteigt mittlerweile sogar das von Ministerpräsidenten oder sogar das des Bundeskanzlers. Dies ist nicht nur unverhältnismäßig, sondern auch ein schwerwiegender Verstoß gegen den Grundsatz der Sparsamkeit im Umgang mit öffentlichen Geldern. Für uns ist deshalb klar: Gehälter im öffentlich-rechtlichen Rundfunk dürfen das Gehalt eines Ministerpräsidenten nicht übersteigen.