Dem Staat schutzlos ausgeliefert – gegen Verschlüsselungsverbote!

Der Eindruck terroristischer Gefahren und die stetig zunehmende Hilflosigkeit bezüglich der Gewährung innerer Sicherheit und Ordnung führen in Deutschland immer mehr dazu, dass der Rechtsstaat und seine Mechanismen durch einen präventiv agierenden Staat ersetzt werden. Durch die anlasslose Sammlung enormer Datenmengen und die Verschaffung unbegrenzten Zugriffs auf diese Datenmengen versprechen sich Regierungen in der EU und auf der ganzen Welt sowie auch zunehmend lauter werdende Stimmen innerhalb der Bundesregierung die Gewährleistung nahezu absoluter Sicherheit. Hierbei stehen unverhältnismäßig großen Grundrechtseingriffen auf der Rechtfertigungsseite regelmäßig nur vernachlässigbare Vorteile gegenüber.

In diesem Zusammenhang haben bereits mehrere Staaten Verschlüsselungsverbote für Ende-zu-Ende-Verschlüsselungen eingeführt oder gesetzliche Verpflichtungen zum Vorhalten sogenannter Backdoors für jede Form von Hard- und Software geschaffen. Hierzu gehören beispielsweise China und die USA. Andere Staaten, wie etwa Frankreich und Großbritannien denken zumindest aktiv über die (Wieder-)Einführung von Verschlüsselungsverboten oder Backdoor-Verpflichtungen nach.

Die Jungen Liberalen NRW sind überzeugt, dass ein Verschlüsselungsverbot oder auch das Vorhalten von Backdoors einen unverhältnismäßig großen Eingriff in die Grundrechte jedes Einzelnen darstellt, insbesondere in das Telekommunikationsgeheimnis aus Art. 10 GG. Kein Bürger kann die Inhalte seiner elektronischen Kommunikation mehr geheim halten und ist dadurch nicht nur staatlichen Eingriffen ausgeliefert, sondern auch der Gefahr anderer Angriffe ausgesetzt, ohne für die Sicherheit der eigenen Telekommunikationsinhalte effektiv sorgen zu können.

Teile der Bevölkerung sind zudem aktiv zum Gesetzesbruch gezwungen. Beispielswiese sind Berufsgeheimnisträger wie Ärzte, Anwälte, Steuerberater, Seelsorger oder auch Journalisten zur effektiven Geheimhaltung der Inhalte, die ihnen im Rahmen ihrer Tätigkeit anvertraut werden, nicht mehr in der Lage. Mangelnder Einfluss auf die Abwendung der eigenen Strafbarkeit (§ 203 StGB – Verletzung von Privatgeheimnissen) durch die Preisgabe geheimer Informationen und mangelnder Einfluss auf die Abwendung privater Haftung sind die Folge.

Das Verbot von Ende-zu-Ende-Verschlüsselung stellt außerdem eine unbegründete Einflussnahme auf unabhängige Unternehmen dar, die IT-Gefahren somit schutzlos

ausgeliefert sind. Industriespionage gegenüber Unternehmen oder auch Forschungseinrichtungen kann nicht mehr sicher verhindert werden, wodurch sehenden Auges die Entstehung enormen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Schadens hingenommen wird. Auch das Angebot und die Weiterentwicklung flexibler Arbeitsmodelle wie Heimarbeit werden deutlich erschwert, wenn Arbeitsergebnisse am Ende des Tages nicht sicher kommuniziert werden können.

Zudem ist die effektive technische Durchsetzung eines Verschlüsselungsverbots ohne eine ständige quasi-totalitäre Komplettüberwachung des Internets, um verschlüsselte Inhalte sofort zu filtern, zu sperren oder zu löschen, kaum möglich. Das häufig angeführte Argument, dass hierdurch Kriminalität und sogar Terror eingedämmt werden können, beweist sich immer wieder als grober Unfug. (Cyber-)Kriminelle werden dem Staat bei der Entwicklung ihren Methoden auch im digitalen Raum immer einen Schritt voraus sein.

Die Jungen Liberalen NRW lehnen deshalb jegliche Form von Verschlüsselungsverboten entschieden ab und sprechen sich beim Zugriff auf alle Kommunikationsinhalte für die Einhaltung rechtsstaatlicher Schranken aus. Auch die allgemeine Verpflichtung zum Vorhalten von Backdoors in Hard- und Software halten die Jungen Liberalen NRW für nicht geboten und nicht verhältnismäßig. Faktisch wird hierdurch ein präventiver, geheimer Zugriff auf Kommunikationsinhalte verhindert.

Für alle Kommunikationsinhalte gelten im Rahmen des Telekommunikationsgeheimnisses (Art. 10 GG) bestimme Schranken, die den Zugriff des Staates auf Inhalte legitimieren können. Auch Für verschlüsselte Kommunikation sollen diese Eingriffsberechtigungen gelten. Dies würde zusammen mit dem oben geforderten bedeuten, dass

  • geheime staatliche Zugriffe im Vorhinein, auch unter Mithilfe von Hard- oder Softwareherstellern, nicht möglich sind.
  • Zugriffe auf den Inhalt im Nachhinein, auch unter Mithilfe der betreffenden Person, nur im Rahmen der technischen Möglichkeiten gewährleistet sind.

Weiterhin gelten für alle Zugriffe selbstverständlich der Vorbehalt des Gesetzes und der Richtervorbehalt.