Chancen durch die beste Bildung der Welt-Bildungsagenda 2030

Bildung ist der Motor für Aufstiegschancen, bildet die Grundlage für eine freiheitliche, demokratische und aufgeklärte Gesellschaft und ist die Grundlage für jeden Wohlstand und Fortschritt unserer Gesellschaft. Das deutsche Schul- und Bildungssystem ist ein historisch gewachsener Flickenteppich, der so weit reicht, dass in allen sechzehn Bundesländern unterschiedliche Bedingungen und Voraussetzungen gelten. Als Junge Liberale fordern wir eine langfristig angelegte und umfassende Reform des deutschen Bildungssystems, um es zukunftsfit zu machen. Wir lehnen eine weitere Flickschusterei an einem völlig überlasteten System ab und fordern eine Bildungsagenda 2030. Das Resultat dieser Agenda 2030 soll ein Schulsystem sein, in dem Chancen- und Leistungsgerechtigkeit gleichbedeutend mit individueller Förderung und der besten Bildung der Welt stehen.

Die beste Bildung der Welt, für ganz Deutschland

Der Bildungsföderalismus hat in Deutschland zu einem starken Bildungsgefälle und Ungerechtigkeiten geführt. In den Bundesländern differieren die Schulsysteme sowie die Lehrerausbildung enorm. Gleichzeitig verhindert das Kooperationsverbot zwischen Bund und Ländern eine bessere und effektivere Finanzierung und Förderung von Bildung im ganzen Bundesgebiet. Die Deutsche Telekom Stiftung hat Empfehlungen für eine Reform des Bildungsföderalismus ausgearbeitet, welche das Ziel haben, das deutsche Bildungssystem zu harmonisieren, Finanzierungslücken zu schließen und die Chancengerechtigkeit zu steigern und Bildungsarmut aktiv entgegen zu wirken. Wir begrüßen diese Forderungen und schließen uns ihnen an. Konkret fordern wir:

  • Die Ersetzung des Kooperationsverbots zwischen Bund, Ländern und Kommunen durch ein Kooperationsgebot. Dabei muss allerdings sichergestellt sein, dass Bundesländer nicht bevorzugt oder benachteiligt werden.
  • Gleichzeitig fordern wir die Einführung einer Kooperationspflicht zwischen den einzelnen Bundesländern. Diese soll über eine neu eingeführte Bildungsministerkonferenz koordiniert werden. Vertreter von Lehrer-, Schüler- und Elternverbänden, sowie unabhängige Experten aus Wissenschaft und Wirtschaft sollen an dieser Konferenz mit beratender Stimme teilnehmen.
  • Die Kooperationspflicht zwischen Bundesländern soll vor allem für länderübergreifende Themen wie Abschlüsse, Lehrerausbildung, sowie Standards und Anforderungen gelten.
  • Die kommunalen Bildungslandschaften sollen stärker einbezogen und berücksichtigt werden. Dabei muss das Konnexitätsprinzip immer zwingend eingehalten werden.
  • Zur Sicherung von Qualität und Kontinuität darf die Finanzierung und Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern nicht sachgrundlos befristet sein. Maßnahmen sollen aber in regelmäßigen Abständen unangekündigt im Rahmen von Qualitäts- und Kostenmanagement evaluiert werden.

Für die Kleinen nur das Beste

Die Weichen für den Bildungserfolg werden schon früh gestellt. Nach der frühkindlichen Bildung im Rahmen der Kindertagesstätten sind die Grundschulen die erste verpflichtende Bildungsmaßnahme für Kinder. Hier werden Unterschiede in sozialer Entwicklung und Bildungsstand ausgeglichen und alle Kinder fit für die weiterführenden Schulen gemacht. Für die Stärkung der Grundschulen fordern wir:

  • Die Mindestschülerzahl für den Erhalt von Grundschulen soll in strukturschwachen Kreisen auf 80 gesenkt werden.
  • Die Klassengröße soll 20 Schüler nicht überschreiten. Pro 20 Schüler soll es eine Lehr- und eine pädagogische Fachkraftstelle geben.
  • Die Leitung von Grundschulen muss von sachfremden Aufgaben entlastet werden. Dafür muss auch an kleineren Schulen ein vollwertiges Sekretariat vorhanden sein. An größeren Schulen kommen zusätzlich Schulverwaltungsassistenten in Frage.
  • Die Bezahlung der Rektoren und Konrektoren muss an die mit der Ausübung dieser Positionen einhergehende Mehrbelastung angepasst werden. Beide Stellen sollen daher um eine Besoldungsstufe höhergruppiert werden.

Schluss mit der Strukturdebatte!

Eines der größten Probleme der deutschen Bildungslandschaft ist die permanente Debatte über die Schulstruktur. Statt den Blick auf die inhaltliche Fortentwicklung der Bildung zu richten, streitet man sich darüber, welchen Namen die Schulen tragen sollen. Hier fordern wir: Schluss mit der Schulstrukturdebatte. Eltern und Schüler wissen besser als jeder selbsternannte Experte, welche Schulformen sich am Bildungsmarkt durchsetzen werden. Deshalb wollen wir das dreigliedrige Schulsystem mit der Ergänzung durch Gesamt- und Sekundarschulen erhalten und den Betroffenen selbst die Wahl lassen, welche Schulform sie nachfragen wollen. Auch die Wahloption zwischen G8 an Gymnasien und G9 an Gesamtschulen begrüßen wir.

Wichtig ist aber, dass bestehende Strukturen nur erhalten werden können, wenn sie auf Zustimmung und Nachfrage treffen. Vor dem Hintergrund langfristig sinkender Schülerzahlen sollen Haupt- und Realschulen daher zu Sekundarschulen zusammengelegt werden, wenn sie die Mindestschülerzahl nicht mehr erbringen können. An den Sekundarschulen soll differenzierter Unterricht stattfinden, der zum Haupt- und Realschulabschluss führt. Trotz sinkender Schülerzahlen bleiben die Gymnasien die mit Abstand nachgefragtesten Schulen, sie können und sollen daher unangetastet bleiben. Am Ende der Primarstufe soll es eine Empfehlung geben, welche Schulform am geeignetsten erscheint. Der Übergang an ein Gymnasium trotz gegenteiliger Empfehlung soll nur nach einem Eingangstest möglich sein.

Schulfreiheitsgesetz für passgenaue Bildung

Viele Schulen sowie Lehrerverbände beklagen zu Recht die sehr geringe Autonomie der Schulen. Gelder können nicht effektiv und unbürokratisch vor Ort verwendet und eingeteilt werden, sondern werden aus der Entfernung gesteuert. Auch bei der Entfaltung eines individuellen Schulprofils, sowie der Einwerbung von finanziellen Zusatzmitteln gibt es nur wenig Spielraum für die Schulen und Schulleiter, dabei können genau diese vor Ort am besten entscheiden, was für ihre Schule und ihre Schüler gerade wichtig ist und gebraucht wird. Hin zu einer individualisierten Schulbildung mit passgenauen Konzepten fordern wir konkret:

  • Mehr Freiheit für Schulen bei der Unterrichtsplanung der Schwerpunktgestaltung, sowie bei der Gestaltung des pädagogischen Konzeptes.
  • Den Schulen muss Finanz- und Personalautonomie zugestanden werden. Die Grenzen dieser Autonomie liegen in der Vergleichbarkeit im Bildungswesen, insb. im Erreichen universeller Bildungsziele und in der Erfüllung einheitlicher Mindestanforderungen.
  • Die Öffnung der Möglichkeit zur Kooperation mit lokalen, nationalen und internationalen Unternehmen bei der Vermittlung und Gestaltung von Praktika, Seminaren und weiteren Angeboten.
  • Die Öffnung der Möglichkeit zum Schulsponsoring im Rahmen von „private public partnerships“. Eine mögliche Beeinflussung von Lehrern und Schülern durch Sponsoren, soll dabei durch geeignete Maßnahmen verhindert werden.
  • Die Einführung eines effektiven Controllings im Bildungssystem, das die Verwendung von Sachmitteln in regelmäßigen Abständen unangekündigt und stichprobenartig überprüft.

Rahmenbedingungen für den besten Lehrplan der Welt

Die Rahmenbedingungen für unser Bildungssystem stammen noch aus längst vergangenen Zeiten und wurden seitdem immer nur minimal angepasst. Für ein modernes Bildungssystem brauchen wir für weitgehend autonome Schulen aber einen allgemeingültigen Rahmenplan, um die Vergleichbarkeit zu gewährleisten. Dazu müssen vor allem verkrustete Strukturen aufgebrochen werden und neue, moderne Elemente Einzug in den Unterricht und die Unterrichtsplanung bekommen. Konkret fordern wir dafür:

  • Die Ersetzung des konfessionellen Religionsunterrichtes durch einen gemeinschaftlichen Unterricht „Philosophie, Ethik, Religion“, der sich mit allen Religionen in neutraler, vergleichender Weise befasst, sowie ethische und philosophische Aspekte behandelt und darüber informiert.
  • Die bessere Vernetzung einzelner Unterrichtsfächer, sodass verwandte Themen fächerübergreifend unterrichtet werden können.
  • Im Rahmen projektbezogenen Unterrichts sollen schulfremde Fachkräfte Blockseminare zu lebenspraktischen Themen erteilen.
  • Das Erlernen der Schreibschrift ist zeitraubend und nicht mehr Zeitgemäß. Statt eine Schreibschrift zu erlernen sollen Schüler verstärkt in Eingabemethoden mit modernen Medien unterrichtet werden.
  • Das Verbot der Lernmethode „Schreiben nach Gehör“.
  • An weiterführenden Schulen müssen verpflichtend grundlegende Kenntnisse der Informatik vermittelt werden. Dies könnte durch einen Schwerpunkt im Fach Mathematik oder ein eigenständiges Nebenfach geschehen.
  • Um Theorie und Praxis im Unterricht besser zu verknüpfen, fordern wir die verstärkte Einführung von Projektunterricht, bei dem durch einen Theorieblock zunächst eine Grundlage gelegt wird und anschließend in einem Praxisblock das gelernte umgesetzt werden soll.
  • Die Ausrichtung des Unterrichts soll sich vermehrt auf die Vermittlung von Kernkompetenzen richten und weniger das bloße Vermitteln von Buchwissen im Fokus haben.
  • Ideologisch geprägte Fächer, die bestimmte Lebensstile und Geisteshaltungen vermitteln sollen, sowie die Verwendung von Nudging an Schulen lehnen wir entschieden ab.
  • Der Landesverband der Jungen Liberalen NRW fordert die Einführung des Schulfachs Wirtschaft.

Universelle Leistungsstandards für alle Schüler

Mit dem Zentralabitur und den zentralen Abschlussprüfungen nach der 10. Klasse wurden bereits wichtige Grundsteine für einheitliche Leistungsstandards gelegt. Allerdings muss darüber hinaus die Leistung der Schüler möglichst objektiv und Leistungsorientiert ermittelt werden. Doch nicht nur Schüler sollten bewertet werden – für eine gute Qualitätssicherung ist eine Evaluation von Lehrern durch Schüler unerlässlich und Teil eines jeden Qualitätsmanagements. Dazu fordern wir konkret:

  • Den Erhalt der durch Lehrer vergebenen Noten.
  • Die verstärkte Anwendung von Lehrer-Schüler Gesprächen, um Schülern die Notengebung besser zu vermitteln.
  • Die Anonymisierung der wichtigsten schriftlichen Leistungsüberprüfungen an Schulen
  • Die Verwendung einer kompetenzorientierten Bezugsnorm bei der Benotung von Schülern. Dabei soll diese Bezugsnorm bundesweit einheitlich gelten so, dass alle Schüler nach den gleichen Richtlinien beurteilt und benotet werden.
  • Die Einführung von bundesweiten Zwischen- und Abschlussprüfungen in den Klassen 4, 6, 8, 10 und 12, welche normale Prüfungen in den jeweiligen Halbjahren ersetzen und vor allem für das Qualitätsmanagement verwendet werden sollen. Darüber hinaus soll die Abschlussprüfung nach der 10. Klasse bzw. 12. Klasse den bereits bestehenden Abschlussprüfungen entsprechen.
  • Die Einführung und Auswertung eines „Lehrer/Noten“ Quotienten zwischen normalen Klassenarbeiten/Klausuren und zentralen Prüfungen für das interne Qualitätsmanagement der jeweiligen Schulen.
  • Die Einführung eines Evaluationstages am Ende eines jeden Halbjahres, an dem die Schüler die Möglichkeit bekommen, ihre Lehrer anhand von wissenschaftlich erstellten Fragebögen zu evaluieren.

Betreuung, Ja! Verwahrung, Nein!

Die zunehmende Liberalisierung und Emanzipation der Rolle der Frau in der Gesellschaft hat dazu geführt, dass immer mehr Familien Ganztagsangebote wünschen und für ihre Lebensplanung benötigen. Dies begrüßen die Jungen Liberalen vor allem als Zeichen der Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau in einer modernen Gesellschaft. Die aktuellen Betreuungsangebote, vor allem an offenen Ganztagsschulen, gleichen jedoch eher einer gemeinsamen Verwahrung von Kindern als einer Betreuung. Aus Sicht der Jungen Liberalen müssen Kinder, die eine weiterführende Schule besuchen, nicht rund um die Uhr bewacht und beobachtet werden, mehr kann aber an den allermeisten Schulen der offene Ganztag nicht leisten. Zur Verbesserung der Situation an den Schulen fordern wir konkret:

  • Den Erhalt von Halbtagsangeboten bzw. -schulen, sofern diese in Anspruch genommen werden.
  • Vermehrte Angebote zur Bildung von AGs und Projektgruppen, sowie die Anbindung von Vereinen an Ganztagsschulen.
  • Dabei müssen Nachmittagsangebote keinesfalls einem Unterrichtszweck dienen, aber sie müssen über die reine Verwahrung der Schüler hinausgehen.
  • Keine ideologische und finanzielle Bevorzugung von Halbtags- oder Ganztagsangeboten.
  • Es muss eine flexible Nutzung von Ganztagsangeboten möglich sein, z.B. durch tageweise Buchung oder spontane Nichtteilnahme.

Inklusion, ja aber richtig!

Die schulische Inklusion ist eines der wichtigsten gesellschaftspolitischen Projekte für die Gleichberechtigung von Menschen mit Behinderungen. Sie gewährleistet die gesellschaftliche Anbindung und Teilhabe und ist ein wichtiges Werkzeug für den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Die aktuelle Umsetzung der Inklusion ist allerdings sowohl finanziell als auch strukturell ungenügend ausgestaltet. Für eine sinnvolle und gerechte Ausgestaltung der schulischen Inklusion fordern wir konkret:

  • Den sofortigen Stopp zusätzlicher Inklusionsmaßnahmen um eine weitere Verschlechterung der Situation von Förderschülern sowie Regelschülern zu verhindern. Bereits beschlossene Maßnahmen können aber umgesetzt werden, um Betroffene nicht zusätzlich zu verunsichern.
  • Die Aufstellung eines Rahmenplans für die Inklusion, welcher sowohl eine finanzielle als auch strukturelle Kalkulation enthält.
  • Bei der weiteren Umsetzung der Inklusion ist der Erhalt der Förderschulen mit verschiedenen Schwerpunkten für Kinder, die nicht inklusiv beschult werden wollen oder können, zwingend erforderlich. Allerdings kann über eine Zusammenlegung von Förderschulen, oder die gemeinsame räumliche Nutzung mit Regelschulen zur Einsparung von Kosten in Erwägung gezogen werden.
  • An jeder Inklusionsschule sollen mind. zwei Lehrkräfte eine medizinische Fortbildung absolvieren. Zu jedem Zeitpunkt des Schulbetriebs muss eine dieser Personen verfügbar sein.

Die besten Lehrer für die beste Bildung der Welt

Eine der wichtigsten Voraussetzungen für ausgezeichnete Bildung sind hervorragende Lehrer. Die Verkürzung des Referendariats sowie die Umstellung auf das Bachelor/Master System haben aber weder die gewünschten Erfolge bei der Anzahl der Lehrer in Mangelfächern, noch bei der Qualität der Lehrer geliefert. Für die Ausbildung von ausgezeichneten Lehrern fordern wir konkret:

  • Die Abschaffung des Masters of Education und die Einführung einer praxisnahen Lehrerausbildung im Anschluss an einen 2-Fach Bachelor, oder vergleichbaren Abschluss, z.B. einem Meister.
  • Die Einführung eines verpflichtenden Eignungspraktikums vor Aufnahme der Lehrerausbildung.
  • Die Lehrerausbildung soll drei Jahre umfassen und als duales Studium organisiert werden. Dabei sollen die Lehramtsanwärter 3 Jahre lang im Referendariat an den Schulen das Unterrichten erlernen und in begleitenden Seminaren didaktische und pädagogische Fähigkeiten erlangen. Das Studium soll nach 3 Jahren mit einem Staatsexamen und dem Erlangen der Lehrbefähigung abgeschlossen werden.
  • Die Verbeamtung von Lehrern ist zu prüfen, sollte eine Abschaffung des Beamtenstatus sinnvoll erscheinen, muss dieser auf dem gesamten Bundesgebiet erfolgen
  • Die Jungen Liberalen NRW sprechen sich gegen die Praxis der Landesregierung NRW aus, Lehrerinnen und Lehrer nur befristet bis zu den Sommerferien einzustellen und sie nach den Ferien wieder einzustellen, um für wenige Wochen Gehälter zu sparen. Diese befristeten Einstellungen werden vorgenommen, obwohl die Mehrheit der betroffenen Lehrkräfte im neuen Schuljahr wieder gebraucht und eingestellt werden. Durch die kurze Einstellung von unter einem Jahr resultieren für die betroffenen Personen erhebliche finanzielle Nachteile, da sie kein Arbeitslosengeld beantragen können.

Diese Praxis ist nicht nur für die betroffenen – häufig jungen und motivierten – Lehrerinnen und Lehrer nicht hinnehmbar, sie ist auch schädlich für das Schulklima und die Qualität des Unterrichts.

Die Jungen Liberalen sehen in den Sommerferien keine Ferien- oder arbeitsfreie Zeit für Lehrkräfte. Vielmehr soll hier der Unterricht für das kommende Schuljahr vorbereitet und geplant werden. Durch die Entlassung der Lehrerinnen und Lehrer über die Sommerferien muss diese Vorbereitung während des laufenden Schuljahrs gemacht werden. Durch diesen Umstand leidet die Qualität des Unterrichts erheblich!