13.04.2025

Bildung neu Denken: Pilotprojekte zur ganzheitlichen Reform des Bildungssystems

Der Landesarbeitskreis Bildung der Jungen Liberalen NRW fordert die Einführung mehrerer Pilotprojekte als Bewertungsansatz für konkrete Reformen:

  • Vorschule
  • Grundschule bis zur 6. Klasse
  • Ausweitung der Kooperation zwischen Schulen und Unternehmen

Mit diesem Antrag bekennen wir uns klar zu den liberalen Prinzipien, die unser Handeln leiten. Indem wir in unseren Pilotprojekten die Vorschule als ersten Schritt hin zu einer fundierten Ausbildung stärken, die Grundschule bis zur 6. Klasse modernisieren und die Zusammenarbeit zwischen Schule und Wirtschaft intensivieren, schaffen wir eine Bewertungsgrundlage für die mögliche Umstrukturierung hin zu einem Bildungssystem, das den Anforderungen einer globalisierten und digitalisierten Welt gerecht wird. Wir machen nicht nur den ersten Schritt zu einer besseren Bildung der kommenden Generationen, sondern beginnen auch die wirtschaftliche Eigenverantwortung und die Innovationskraft unserer Gesellschaft zu stärken. Deshalb rufen wir alle Mitglieder der Jungen Liberalen NRW auf, diesen Antrag zu unterstützen – für ein Bildungssystem, das den liberalen Werten von Freiheit, Verantwortung und Chancengleichheit gerecht wird.

Chancengleichheit durch frühe Bildung: Einführung von Vorschul-Pilotprojekten

Wir alle kennen den Spruch: Jeder ist seines Glückes Schmied. Als Freunde der Eigenverantwortung können die meisten hier diesem Satz zustimmen. Doch was ist ein Schmied ohne Werkzeug?

Bildung ist das Werkzeug zu einem erfolgreichen, eigenständigen Leben in Freiheit. Doch welche Werkzeuge ein Kind vor dem Schulstart zur Verfügung gestellt bekommt, hängt maßgeblich von seinem Elternhaus ab. Wir sehen hier den Staat in der Verantwortung, allen Kindern frühzeitigen und qualitativen Zugang zu Bildung zu ermöglichen und fordern daher die Einführung einer Vorschule in Pilotprojekten.

Die Benachteiligung von Kindern aus bildungsfernen Familien oder Familien mit Migrationshintergrund beginnt vor der Einschulung und prägt den späteren Lebensweg. Daher fordern wir die Einführung einer Vorschulzeit, zunächst in Pilotprojekten, um diesen Ungleichheiten entgegenzuwirken.

Wir fordern, dass die Pilotprojekte zur Vorschule eingeführt werden, um diese als Bewertungsgrundlage für eine mögliche Ausweitung der Vorschule heranzuziehen. Kinder sollen ab etwa vier Jahren, so wie es jetzt auch bereits in einigen Kindergärten gehandhabt wird, spielerisch und ohne Leistungsdruck insbesondere Sprach- und Sozialkompetenzen erlernen. Es sollen Motorik und kognitive Fähigkeiten trainiert werden, und die Kinder sollen noch vor der Einschulung ein Gefühl für Zahlen und Buchstaben bekommen. So können eventuelle Förderbedarfe frühzeitig erkannt und behoben werden. Der Einsatz von Pädagogik- und Lehramtsstudenten als Betreuern sorgt für eine qualitative Umsetzung, die auf dem aktuellsten Stand der Wissenschaft ist, und schafft gleichzeitig mehr Praxisbezug für die Studierenden. Spezielle Schulungen sollen Studenten und Erzieher auf diese Aufgabe vorbereiten.

Die Pilotprojekte sollen, um auch bewertbar zu sein, in verschiedensten Bundesländern und Regionen stattfinden. Dabei soll auch ein besonderer Fokus auf den Einfluss von Vorschule in Brennpunktgegenden oder sozial schwächeren Stadtteilen gelegt werden. Eine langfristige Beobachtung und Bewertung der Gesamterfolge und auch individuellen Erfolge der Kinder im Vergleich zu Kontrollgruppen, die keine Vorschule besucht haben, soll stattfinden, um den Nutzen einer Vorschule und die positiven Auswirkungen, beispielsweise in Bezug auf soziale Mobilität, auf das spätere Leben belegen zu können. Dies zeigen bereits zahlreiche Langzeitstudien aus den USA oder die KESS-Studie aus Deutschland.

Daher fordern wir eindringlich, dass diese Pilotprojekte zügig umgesetzt werden, um den Weg für eine flächendeckende Einführung einer Vorschule in ganz Deutschland zu ebnen. Nur so können wir die Grundlagen für eine gerechtere Zukunft legen – für jedes Kind, unabhängig von seiner Herkunft.

Option zur Verlängerung der Grundschule bis zur 6. Klasse für mehr Chancengleichheit

Die Möglichkeit die Grundschule in Pilotprojekten auf 6 Jahre auszuweiten, soll geschaffen werden, um die Effekte des längeren gemeinsamen Lernen zu testen. Das Ziel ist es, den Bildungserfolg weniger von der sozialen Herkunft abhängig zu machen, die frühe Selektion im deutschen Schulsystem abzubauen und den Übergang in weiterführende Schulen zu verbessern.

Das aktuelle vierjährige Grundschulsystem führt dazu, dass Schüler frühzeitig in verschiedene Schulformen sortiert werden – oftmals stärker basierend auf dem sozialen Hintergrund als auf tatsächlicher Leistungsfähigkeit. Eine sechsjährige Grundschule ermöglicht ein längeres gemeinsames Lernen und fördert damit Chancengleichheit. Kinder aus bildungsfernen Haushalten profitieren besonders von einer späteren Differenzierung, da sie mehr Zeit erhalten, sich individuell zu entwickeln. Erfolgreiche Bildungssysteme wie in Finnland zeigen, dass ein solches Modell mit durchgehend guten PISA-Ergebnissen einhergeht.

Darüber hinaus erlaubt eine längere Grundschulzeit eine stärkere individuelle Förderung. Lehrkräfte können differenziert unterrichten und gezielt auf die Bedürfnisse der Schüler eingehen, wie es bereits erfolgreiche Konzepte wie die Grundschule Kleine Kielstraße in Dortmund (Deutscher Schulpreis) zeigen. Zudem verbessert sich der Übergang in weiterführende Schulen, da einheitlichere Lehrpläne und methodische Kontinuität für mehr Bildungsgerechtigkeit sorgen. Skandinavische Länder mit einer sechsjährigen Primarstufe bieten hier positive Vorbilder.

Maßnahmen zur Umsetzung:

  1. Anpassung der Lehrerausbildung
    o Einführung einer stärkeren fachdidaktischen Ausbildung für die Klassen 5 und 6
    o Ausbau von Fortbildungsprogrammen für Grundschullehrkräfte nach dem Vorbild Estlands
  2. Einheitliche Bildungsstandards
    o Einführung bundesweit einheitlicher Lernziele für eine verlängerte Grundschulzeit; bei der Erreicheung dieser sollen die Schulen frei sein
    o Orientierung an Best Practices aus erfolgreichen PISA-Ländern
  3. Vermeidung früher Selektion
    o Verschiebung des Zeitpunktes der verbindlichen Schulempfehlung vom Ende der 4. auf das Ende der 6. Klasse
    o Einführung individueller Diagnostik zur gezielten Förderung aller Schüler
  4. Pilotprojekte in mehreren Bundesländern
    o Wissenschaftliche Evaluierung von Modellschulen mit einer sechsjährigen Grundschulzeit
    o Langfristige Analyse der Auswirkungen auf Chancengleichheit und Schulleistungen

Internationale Vergleiche zeigen, dass eine sechsjährige Grundschule erheblich zur Reduzierung von Bildungsungleichheiten beitragen kann. Entscheidend ist jedoch, dass eine solche Reform nicht nur strukturell erfolgt, sondern durch qualitative Verbesserungen im Unterricht ergänzt wird. Die Jungen Liberalen setzen sich daher für eine Kombination aus verlängerter Grundschulzeit und gezielter Förderung ein, um allen Kindern bessere Bildungs- und Zukunftschancen zu ermöglichen.

Mehr Praxisnähe im Fach Wirtschaft/Politik

Das Fach Wirtschaft/Politik ist bereits im Lehrplan verankert, sollte jedoch stärker auf wirtschaftliche und alltagsrelevante Inhalte ausgerichtet werden. Ziel ist es, Schülerinnen und Schüler praxisnah auf ihr späteres Leben vorzubereiten und ihnen wirtschaftliches Grundwissen zu vermitteln, das sie unmittelbar anwenden können.

Ein zentraler Bestandteil dieser Optimierung ist die Erweiterung der Wirtschaftsbildung. Die Unterrichtsinhalte sollten über theoretische Grundlagen hinausgehen und praxisnahe Themen abdecken, die für das alltägliche und berufliche Leben essenziell sind. Dazu gehört das Vertragsrecht mit dem Aufbau und den Inhalten von Arbeits- und Mietverträgen, grundlegendes Wissen über Steuern und Finanzen sowie wirtschaftliche Zusammenhänge wie Marktwirtschaft, Globalisierung und Konjunkturzyklen. Auch Themen wie Geldanlage und Absicherung, unternehmerisches Denken, der Sozialstaat und seine Wechselwirkungen mit der Wirtschaft sowie Nachhaltigkeit in ökonomischen Prozessen sollten fester Bestandteil des Lehrplans sein. Darüber hinaus ist eine fundierte Medienkompetenz entscheidend, um Werbung, Marketingstrategien und Fake News kritisch hinterfragen zu können. Die Inhalte müssen altersgerecht über die Schuljahre hinweg vermittelt werden, sodass die Schüler schrittweise komplexere wirtschaftliche Zusammenhänge verstehen.

Neben der inhaltlichen Erweiterung sollte die Verbindung zwischen Schulen und der Wirtschaft gestärkt werden. Die Industrie- und Handelskammern (IHKs) sowie die Handwerkskammern (HWKs) wollen wir stärken und mehr in Schulen einbinden. Dies wird durch verschiedene Maßnahmen erfolgen, darunter der Ausbau von Projekten wie den „Ausbildungsbotschaftern“, bei denen Auszubildende ihre Berufe an Schulen vorstellen, sowie Kooperationen zwischen Schulen und Unternehmen. Diese Kooperationen könnten Unternehmenspräsentationen im Unterricht, fachspezifische Workshops, einmalige oder regelmäßige Praktika und gemeinsame Projekte zwischen Schulen und Betrieben umfassen. Darüber hinaus sollten auch Ideen für Unternehmensgründungen aktiv gefördert werden, um unternehmerisches Denken und Eigeninitiative frühzeitig zu entwickeln.

Das übergeordnete Ziel dieser Maßnahmen ist ein beidseitiger Vorteil: Unternehmen erhalten die Möglichkeit, sich zu präsentieren und frühzeitig Nachwuchskräfte zu gewinnen, während Schülerinnen und Schüler realistische Einblicke in verschiedene Berufe und wirtschaftliche Zusammenhänge erhalten. Durch diese Anpassungen kann das Fach Wirtschaft/Politik zu einer praxisorientierten Grundlage werden, die junge Menschen optimal auf das Berufs- und Wirtschaftsleben vorbereitet.

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