Bezahlbare Energie statt teurer Ideologie – Die Energiewende liberal gestalten

Deutschland steht vor großen energiepolitischen Herausforderungen. Die derzeit die Hauptlast der deutschen Energieversorgung tragenden Rohstoffe Kohle, Öl und Gas sind in ihrem Vorkommen endlich, werden absehbar ein dauerhaft steigendes Preisniveau erreichen, bedeuten eine problematische Abhängigkeit Deutschlands von anderen Staaten und müssen unter dem Aspekt der klimatischen Folgen ihrer Nutzung künftig bewusster und effizienter verwendet werden. Hierdurch, und durch den unumkehrbaren Beschluss, die Nutzung der Kernspaltung zur Energiegewinnung einzustellen, ergibt sich die Notwendigkeit zur Veränderung der deutschen Energieproduktion. Dabei kommt den erneuerbaren Energien eine besondere Bedeutung bei. Die Jungen Liberalen bekennen sich daher zu den Zielen der Energiewende und wollen sie aktiv mitgestalten.

Für uns ist klar, dass ein Umstieg von fossiler auf regenerative Energieversorgung nicht ohne zusätzlichen finanziellen Aufwand machbar ist. Diese Mehrkosten müssen aber für die Bürgerinnen und Bürger so gering wie möglich gehalten werden. Dies kann nur gelingen, wenn der Ausbau regenerativer Energien effizient und auf einen zeitlich vertretbaren Rahmen gestreckt stattfindet. Das Erneuerbare-Energien-Gesetz mit seiner ausschließlich an quantitativem Mengenwachstum orientierten Förderstruktur wird beiden Anforderungen nicht gerecht.Zum einen entsteht durch das Prinzip der garantierten, technologieabhängigen Einspeisevergütungen ein starker Anreiz zum Zubau auch grundsätzlich oder situativ ineffizienter Kapazitäten. Zum anderen kommt es aufgrund des hohen Förderniveaus zu einer zu schnellen Kapazitätserweiterung und einer damit einhergehenden Kostenkumulation. Durch die Ausschaltung des Wettbewerbes der erneuerbaren Energien untereinander und der Abschottung gegenüber dem restlichen Energiemarkt ist mittlerweile ein inakzeptables Maß an Ineffizienz und Überförderung entstanden. Die stark steigende EEG-Umlage macht deutlich, dass die Energiewende bei gleichbleibendem politischem Ordnungsrahmen zum ernsten Problem gerade für Menschen mit niedrigem Einkommen wird. Die Jungen Liberalen werden dies nicht zulassen und fordern, Energie durch den Abbau staatlicher Fehlanreize und die Stärkung marktwirtschaftlicher Prinzipien bezahlbar zu halten. Zu diesem Zweck ist das EEG in seiner jetzigen Form abzuschaffen und durch ein Quotenmodell zu ersetzen.

Im Rahmen dieses Quotenmodells soll der Staat die Energieversorger verpflichten, einen bestimmten Anteil des in Deutschland verbrauchten Stroms aus regenerativen Quellen zu beziehen. Wichtig ist dabei, dass die Quote technologieneutral und in ihrer Progressivität, bis zu denen ein bestimmter Anteil der Stromerzeugung aus erneuerbaren Quellen bereitgestellt werden muss, planungssicher ausgestaltet wird. Da die Unternehmen in diesem System ein Interesse haben, die Quote mit möglichst geringen Kosten zu erfüllen, entsteht ein starker Anreiz, bei der Produktion erneuerbarer Energien effizient vorzugehen. Durch die Ausschöpfung effizienter Erzeugungspotentiale bei gleichzeitiger Reduzierung ineffizienter Quellen sinken die Kosten für die Energiewende schon mittelfristig deutlich. Ein Auslaufen einzelner marktunfähiger Technologieträger ist dabei einer fortlaufenden Subventionierung vorzuziehen.

Die Ablösung des EEG soll in einer angemessenen Übergangszeit von nicht mehr als 5 Jahren stattfinden, in der die Unternehmen die Chance haben, sich auf das neue Marktumfeld einzustellen. Die EEG-Fördersätze müssen in dieser Phase mit Blick auf die massiv steigende EEG-Umlage stärker als bisher abgesenkt werden; in diesem Zusammenhang begrüßen wir die letzten Beschlüsse der Bundesregierung zur Reform der Photovoltaik-Förderung. Damit es nicht zu einem mehrjährigen „Dezemberfieber“ kommt, müssen für die Übergangszeit außerdem verbindliche Zubaudeckel eingezogen werden. Der Einspeisevorrang für erneuerbare Energien ist in dieser Zeit aufrecht zu erhalten, im Quotenmodell aber überflüssig und für neue Anlagen entsprechend abzuschaffen. Anlagen, die unter dem EEG ans Netz gegangen sind, müssen ihn aus dem Aspekt der Planungssicherheit heraus bis zum Ende ihrer Förderung behalten. Neue Umlagen, wie zur Förderung von Offshore-Windparks, widersprechen dem Quotenmodell und brechen außerdem mit dem Haftungsprinzip. Sie sind abzulehnen.

Um eine kohärente Entwicklung hin zu einer Energieversorgung auf Basis erneuerbarer Energien zu erreichen, ist ein gesamteuropäischer Ansatz zwingend erforderlich. Hierzu soll eine Harmonisierung der nationalen Förderprogramme und –initiativen auf der Basis des Quotensystems erfolgen, um sicherzustellen, dass europaweit der jeweils vor Ort am günstigsten zu erzeugende Strom aus erneuerbaren Energiequellen erzeugt wird. Hierzu gehört selbstverständlich auch die Beteiligung derjenigen Mitgliedstaaten an dem System, die bisher keine Förderprogramme zum Umstieg auf erneuerbare Energien aufgelegt haben. Begleitend dazu sollte ein gesamteuropäischer Strommarkt etabliert werden, in dem europaweit Ökostrom gehandelt werden kann, und die nationalen Stromnetze in einen gesamteuropäischen Verband integriert werden.

Betrachtet man die Energiewende unter dem Aspekt der Reduktion des CO²-Ausstoßes, so hat ein deutscher Alleingang im globalen Vergleich keinen Nutzen. Wir setzen uns daher für eine Lösung auf europäischer Ebene ein, bei der eine zu erfüllende Quote auf EU-Ebene festgesetzt wird. Solange dies nicht möglich ist, kann die nationale Quote auch durch den Zukauf von Öko-Strom aus dem EU-Ausland erfüllt werden. Einen rein virtuellen Handel mit Öko-Strom-Zertifikaten aus Ländern, deren Strom physikalisch gar nicht nach Deutschland importiert werden kann, lehnen wir aber ab. Eine spätere Gesamtintegration des deutschen oder europäischen Quotenmodells in einen globalen CO²-Emmissionszertifikatehandel begrüßen wir.

Die Versorgungssicherheit ist in einer Industrienation wie Deutschland von herausragender Bedeutungund daher einer der Eckpfeiler der Energiewende. Wir wollen den Energieversorgern aber nicht vorschreiben, wie sie ihr Geschäft zu machen haben und verzichten deshalb auf staatliche Interventionen. Stattdessen fordern wir, dass jeder Energieversorger per Gesetz verpflichtet wird, die Zuverlässigkeit seines Netzes zu gewährleisten. Ob er dazu auf eigene oder externe Backup-Kapazitäten, temporäres vom-Netz-nehmen einzelner Anlagen oder andere Maßnahmen zurückgreift, obliegt seiner unternehmerischen Freiheit. Die Einhaltung dieser Verpflichtung soll durch den Staat unter Androhung geeigneter Sanktionen sichergestellt werden.

Der Netzausbau ist ein wichtiger Faktor für das Gelingen der Energiewende. Die deutschen Netze müssen in der Lage sein, einen wachsenden Anteil erneuerbarer Energien und gleichzeitig den Strom grundlastfähiger Kraftwerke aufzunehmen. Ein Kapazitätsausbau ist deswegen ohne vernünftige Alternative. Er bewegt sich im Spannungsfeld zwischen Aufnahmefähigkeit und Finanzierbarkeit und muss beiden Ansprüchen genügen. Ein Netz, das die maximal produzierbare Strommengeaufnehmen kann, ist aus dieser Abwägung heraus mittelfristig noch nicht realisierbar. Zur Beschleunigung des Netzausbaus begrüßen wir planungsrechtliche Vereinfachungen, raten aber von einer Abkehr von umweltpolitischen Standards ab.

Obwohl der steigende Energiepreis im Grundsatz bereits einen hinreichenden Anreiz zur Verbesserung der Energienutzungseffizienz darstellt, können staatliche Förderprogramme zur Senkung des Energiebedarfs im Einzelfall sinnvoll sein. In diesem Zusammenhang verurteilen wir die parteipolitisch begründete Blockade des Programms zur Gebäudesanierung durch SPD und Grüne im Bundesrat. Im Gegensatz zu Förderprogrammen sind Verbote und andere erzieherische Maßnahmen des Staates kein vertretbares Mittel zur Steigerung der Energieeffizienz. Strafsteuern, das Glühbirnenverbot oder der verpflichtende Einbau von Smart-Metern in Neubauten entmündigen die Bürgerinnen und Bürger und werden von uns nachdrücklich zurückgewiesen. Auch das Top-Runner-Prinzip schränkt die Handlungsfreiheit unverhältnismäßig ein und kann deshalb nur in begründeten Ausnahmefällen zur Anwendung kommen. Stattdessen setzen wir auf eine verstärkte Aufklärung der Öffentlichkeit durch die weiter zu forcierende Verwendung von Energielabeln. Wir fordern, dass binnen fünf Jahren jedes strombetriebene Gerät, von der elektrischen Zahnbürste bis zur tonnenschweren Stromheizung, über eine Energieverbrauchskennzeichnung verfügen muss.

Energieträgerwerden aus historischen Gründen stark unterschiedlich besteuert. Wir regen an, langfristig über eine Vereinheitlichung nachzudenken, bei der Energieträger nur nach ihrem CO²-Ausstoß besteuert werden. Denkbar ist hier, den Import bzw. das Inverkehrbringen fossiler Energieträger an den Kauf von CO²-Zertifikaten zu koppeln. Verschmutzungsrechte wären dann nicht mehr an den Verbraucher, sondern an den Energieträger gebunden. Regenerative Energiequellen würden dabei einen Steuervorteil genießen, durch den langfristig sogar auf jede weitere Förderung verzichtet werden kann.

Eine direkte Konkurrenz von lebensmittel- und Energieproduktion durch Biomasse ist angesichts der Versorgungssituation in weiten Teilen der Welt ist abzulehnen. Sollte sich die Versorgungssituation mit den Lebensmittel soweit entspannen, dass auch bei Nutzung von Ackerflächen zur Energieproduktion ein ausreichendes Lebensmittelangebot erzielt werden kann, ist dies selbstverständlich zu überdenken. Die Energieerzeugung aus Abfällen der Agrar- und Forstwirtschaft ist hingegen eine sinnvolle Maßnahme im Rahmen effizienter Ressourcennutzung. Gleichzeitig ist eine Forschungsförderung, die die Verwendungsmöglichkeiten von Biomasse zur Erzeugung von Plattformchemikalien, die in der chemischen Industrie bisher aus petrochemischen Quellen gewonnen wurde, zu begrüßen, um die Versorgungssicherheit auch bei steigenden Ölpreisen und einer absehbaren Angebotsverknappung sicherzustellen.

Die Forschung in den Bereichen Energieproduktion, Energiespeicherung und Energieverwendung ist von zentraler Bedeutung für die Zukunft bezahlbarer, sauberer und sicherer Energie. Der Staat ist aufgefordert, an Universitäten und in Unternehmen unterstützend tätig zu werden. Das Forschungsprojekt ITER ist hinsichtlich seiner möglichen positiven Folgen ohne Vergleich und muss nachdrücklich verfolgt werden; seine Finanzierung ist langfristig sicherzustellen.18