Ein rot-grüner Atomausstieg muß langfristig, sorgfältig und für alle Betroffenen kalkulierbar durchgeführt werden
Für uns Junge Liberale in Nordrhein-Westfalen war und ist die Atomenergie eine Übergangsenergie. Wir stehen zur derzeitigen Form der friedlichen Nutzung der Atomenergie in der Bundesrepublik Deutschland, weil unsere Kraftwerke zu den sichersten der Welt gehören, weil die Atomenergie aus Klimaschutzgründen ein wichtiger Bestandteil unserer Energieversorgung ist und weil eine wirtschaftliche Nutzung regenerativer Energien momentan nicht in ausreichendem Umfang möglich ist. Zum jetzigen Zeitpunkt ist eine ökonomische Energieversorgung in der Bundesrepublik nur durch einen Energieträger-Mix möglich, zu dem auch die Atomenergie mit einem Anteil von fast 30 Prozent gehört.
Dies wird sich unter der amtierenden Regierung aus SPD und Bündnis 90/ Die Grünen definitiv ändern. In der Koalitionsvereinbarung heißt es unter anderem: „Der Ausstieg aus der Nutzung der Kernenergie wird innerhalb dieser Legislaturperiode umfassend und unumkehrbar gesetzlich geregelt.“ Zu diesem Zweck lädt die Bundesregierung innerhalb des ersten Regierungsjahres Vertreter der Energieversorgungsunternehmen zu Gesprächen ein, um eine neue Energiepolitik zur Beendigung der Atomenergie und Entsorgungsfragen möglichst im Konsens zu vereinbaren. Diese Vorgehen ist grundsätzlich zu begrüßen.
Wir fordern die Bundesregierung auf, nicht ideologisch motiviert à la Trittin in die nächsten Verhandlungsrunden zu gehen, und so jegliche Einigung im Konsens zu verhindern. In den Augen der Jungen Liberalen sind folgende Punkte bei einem neuen Energiekonsens unbedingt zu beachten:
Rücksichtnahme auf und Einhaltung der laufenden gültigen Verträge der Energiewirtschaft mit in- und ausländischen Partnern, die Laufzeiten von teilweise mehreren Jahrzehnten aufweisen, um dem Bund, und somit dem Steuerzahler, milliardenschwere Ausgleichs- und Ersatzzahlungen zu ersparen.
Keinen überstürzten Ausstieg aus der Atomenergie innerhalb einer oder zwei Legislaturperioden. Dies würde große Unsicherheiten bei der Energiewirtschaft, bei den dort beschäftigten Menschen und bei den betroffenen Regionen – zu dem auch das Land Nordrhein-Westfalen gehört – hervorrufen. Ein Ausstieg aus der Nutzung der Kernenergie muß in jedem Fall sozialverträglich vorgenommen werden, damit nicht auf einen Schlag die, teilweise ausgebildeten, Beschäftigten eines ganzen Wirtschaftszweiges perspektivlos auf den Arbeitsmarkt geschwemmt werden. Allein im Brennelemente Zwischenlager Ahaus (BZA) sind derzeit ca. 70 Personen beschäftigt. Ein kurzfristiger radikaler Wegfall dieser Arbeitsplätze würde nicht nur für die betroffenen Arbeitnehmer sondern auch für die Region eine außerordentliche Belastung darstellen.
Vor einer verbindlichen und unumkehrbaren Gesetzesregelung zum Atomausstieg müssen ökonomisch zumutbare und ökologisch sinnvolle Alternativen zur Deckung des Strombedarfs in der Bundesrepublik Deutschland feststehen, ohne daß der Strompreis signifikant ansteigt. Es muß verhindert werden, daß der deutsche Atomstrom lediglich durch ausländischen substituiert wird, was neben weiteren Arbeitsplatzverlusten auch Absatzsteigerungen von ausländischem Atomstrom bedeuten würde. Derzeit gibt es in Frankreich bereits 56 Kernkraftwerke (Deutschland: 21- davon einige nicht am Netz). Eine hohe Nachfrage von deutscher Seite würde diese Zahl sicherlich noch erhöhen, dies kann nicht Sinn und Zweck eines Ausstieges aus der Atomwirtschaft sein.
Die Fortsetzung der Forschung und Entwicklung im Bereich der atomaren Technologien, auf denen Deutschland außerordentlich erfolgreich war und ist. Unsere hohen Sicherheits- und Qualitätsstandards wurden in den vergangenen Jahrzehnten in die ganze Welt exportiert. Ein radikaler Ausstieg binnen weniger Jahre würde einen enormen Vertrauensverlust der übrigen Nationen in die deutsche Atomtechnik bedeuten. Dies würde nicht nur weitere Arbeitsplätze in Deutschland kosten, sondern außerdem den Rückgriff ärmerer Nationen auf unsichere Techniken heißen. Auch in Zukunft muß eine intensive Forschungs- und Entwicklungsarbeit gewährleistet sein, nur dies ermöglicht entscheidende Innovationen auf dem Gebiet der Effizienz und vor allem der Sicherheit. Diese Chance darf nicht verspielt werden.