Fünf Aufgaben für den organisierten Liberalismus
Mit dem Ausscheiden der FDP aus dem Bundestag verliert der organisierte Liberalismus in Deutschland Einfluss, Sichtbarkeit und Strukturen. Dieser Zustand bedroht auch die Zukunft der Jungen Liberalen. Die Gründe für die Niederlage bei der Bundestagswahl 2025 sind vielfältig: von besonderer Bedeutung sind dabei der Verlust von Vertrauen und Kompetenzwahrnehmung nach drei Jahren Beteiligung an einer rot-grün-gelben Bundesregierung. Die Verantwortung liegt neben der FDP auch bei den Jungen Liberalen selbst, die nicht vermocht haben, unter Jung- und Erstwählern einen klar positiven Trend zu erzeugen, der das Gesamtergebnis über die 5%-Hürde gehoben hätte.
Eine solche Niederlage kann eine Chance sein, Bestehendes zu hinterfragen und sich den Herausforderungen eines veränderten politischen Umfeldes anzunehmen.
Fünf Aufgaben sollten dabei aus unserer Sicht prioritär angegangen werden:
- Klarheit schaffen. Ob Migration oder Meinungsfreiheit, Soziale Sicherheit oder Digitalisierung – zu keinem Thema, das Menschen jetzt und in Zukunft bewegt, kann eine (liberale) Partei es sich erlauben zu schweigen oder gar innere Widersprüche offenzulegen. Der organisierte Liberalismus muss deshalb zu allen Politikfeldern sprechfähig sein – ohne Denkverbote. Debatten und Kompromissfindung zu innerparteilichen Streitthemen müssen weit vor Wahlen erfolgen. Dabei ist häufiger als bisher und insbesondere für die Erarbeitung von Grundsatzprogrammen auf Regionalkonferenzen und andere Formen der Basisbeteiligung zurückzugreifen. Die getroffenen Entscheidungen und gefundenen Kompromisse sind dann geschlossen nach außen zu vertreten.
- Reformprozess mit Augenmaß. Das Ziel von Parteistrukturen liegt darin kompetentes und überzeugendes Führungspersonal zu rekrutieren/auszubilden und wirksame Lösungen für konkrete politische Probleme zu finden. Reformen von Parteistrukturen können einen positiven Beitrag leisten diese Ziele besser zu erreichen, sollten aber nicht als Selbstzweck betrieben werden. Im Kern muss es darum gehen, das politische Mitarbeiten für mehr Menschen attraktiv zu machen.
- Mehr Bewegung als Konzern. Der organisierte Liberalismus muss sich mehr als Bewegung verstehen, die neben dem eigenen Vorfeld verschiedene Akteure einlädt, sich für einzelne Anliegen und Projekte unter ihrem Dach zu engagieren – von der Kommunal- bis zur Bundes- und Europapolitik. Der Quereinstieg erfolgreicher Persönlichkeiten aus Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft in die Politik muss Markenzeichen dieser liberalen Bewegung sein.
- Netzwerke nutzen. Wo liberales Denken verbreitet wird, spielt das Parteibuch keine Rolle. Selbstbewusste Kooperationen mit Influencern und ihren Communities sowie der ganzen Bandbreite des deutschen Journalismus helfen, die Ideen und Forderungen des organisierten Liberalismus authentisch und breit zu kommunizieren. Dazu gehört, eine verständliche Sprache zu nutzen und mit den eigenen Botschaften eine Verbindung zum Alltag der Menschen herzustellen.
- Fokus auf Kampagne. Die Jungen Liberalen müssen in ihrer Breite kampagnenfähig sein. Die zur Verfügung stehenden personellen und finanziellen Ressourcen sollten deshalb zur weiteren Professionalisierung der bisher vor allem ehrenamtlich geleisteten Arbeit eingesetzt werden. Sichtbarkeit auf möglichst vielen Kommunikationskanälen zu schaffen ist dabei das oberste Ziel.