Ursprünglich beschlossen durch den 102. Landeskongress (09.11.2024), zuletzt geändert durch den Erweiterten Landesvorstand (09.10.2025).
Vor 135 Jahren schuf Deutschland das erste moderne Rentensystem der Welt. Seit dieser Zeit erlebten das Land und das System der Alterssicherung grundsätzliche Umbrüche und Krisen. Es wurde wiederholt neu aufgesetzt, reformiert und an veränderte Umstände angepasst. Die aktuelle demographische Krise führt vor Augen, welche grundsätzlichen Probleme in unserem gegenwärtigen staatlichen Alterssicherungssystem liegen und wie stark es die öffentlichen Finanzen und damit die Handlungsfähigkeit des Staates beeinträchtigt. In der Gegenwart und nahen Zukunft sind Reformen notwendig, die den Grad der Kapitaldeckung in der gesetzlichen Rentenversicherung erhöhen, die Rentenformel an die strapazierte Belastbarkeit der Beitragszahler anpassen und die Bedeutung der betrieblichen und privaten Altersvorsorge stärken. Gerade in Fragen der Rentenpolitik ist es aber erforderlich, nicht nur über die Länge einer Wahlperiode, sondern über den Horizont eines Menschenlebens hinauszudenken, weil Weichenstellungen Jahrzehnte benötigen können, bis sie Wirkung zeigen. Wer 2100 ein nachhaltiges Rentensystem will, das dauerhaft stabil funktioniert, der muss heute anfangen es zu gestalten.
Wir Junge Liberale wollen ein Alterssicherungssystem, das weniger in die private Lebensplanung des Einzelnen eingreift, Sicherheit gewährt und in erster Linie private Entscheidungen und Verantwortung in den Mittelpunkt rückt. Neuseeland ist unser Vorbild für die Rente von morgen.
Basisabsicherung
Alle Menschen, die ab dem 01.01.2020 geboren wurden, werden von der Pflicht zur Beitragszahlung in die gesetzliche Rentenversicherung befreit. Die bislang vom Arbeitgeber gezahlten Rentenversicherungsbeiträge sind sodann dem Bruttogehalt zuzuschreiben. Sie erwerben folglich keine Ansprüche aus der gesetzlichen Rentenversicherung und unterliegen entsprechend auch keinem Renteneintrittsalter. Sie erhalten ab ihrem 70. Geburtstag, abhängig von ihren Einkünften, eine monatliche Zahlung in Höhe des zum Anspruchzeitpunkt realen, bzw. teuerungsbereinigtem Existenzminimums,
die aus Steuermitteln finanziert wird oder auch über das von uns angestrebte System der negativen Einkommensteuer organisiert wird. Dabei soll sichergesellt werden, dass nur Steuerzahler, die nach dem 1.1.2020 geboren sind, durch eine Anpassung der Lohnsteuer diese Finanzierung tragen. Ziel dieser Basisabsicherung ist lediglich die Sicherung des Existenzminimums, nicht die Erhaltung des individuellen Lebensstandards. Alle darüberhinausgehenden Alterseinkünfte können aus drei wesentlichen Quellen selbst organisiert und an die eigenen Bedürfnisse angepasst werden.
I. Bundesrente
Analog zum „Kiwi-Saver“-Programm in Neuseeland, sollen Arbeitnehmer und Selbstständige die Option haben, mit einem frei wählbaren Beitragssatz aus ihren Bruttoeinkünften Ansprüche aus einer staatlich organisierten Bundesrente zu erwerben, die kapitalgedeckt im Wege eines Investmentfonds organisiert ist. Ihre Auszahlung erfolgt ab dem Alter, ab dem auch die Basisabsicherung ausgezahlt wird. Die Einkünfte aus der Bundesrente sind ab dem 70. Geburtstag steuer- und abgabenfrei. Der individuelle Beitragssatz kann jährlich angepasst werden und auch der Arbeitgeber kann in einem vertraglich vereinbarten Maße Beiträge in die Bundesrente des Arbeitnehmers einzahlen, die als Betriebsausgabe absetzbar sind. Die Bundesrente ist vollständig von der Gesetzlichen Rentenversicherung getrennt, solange beide Systeme parallel arbeiten. Die Bundesländer können komplementär auch Systeme der Landesrente aufsetzen, die ebenfalls freiwillig sein müssen. Uns ist dabei hingegen wichtig, dass das Konzept der Landesrente als Wettbewerb zu verstehen ist, sodass auch der Arbeitnehmer selbst entscheiden kann, welche Landesrente er wählt, ohne in dem Bundesland wohnhaft zu sein.
II. Private Altersvorsorge
Analog zum System der Bundesrente können auch private Rentenversicherungen abgeschlossen oder in spezielle Altersvorsorgedepots aus dem Bruttoeinkommen eingezahlt werden. Bezüglich der Steuerpflichtigkeit der Auszahlung gelten dieselben Regeln wie bei der Bundesrente. Das Alter, ab dem die Auszahlungen vorgenommen werden dürfen, obliegt vollständig der Vertragsgestaltung, sodass auf Wunsch bzw. Bedarf auch frühere, spätere oder gleitende Renteneinstiege möglich sind.
III. Betriebliche Altersvorsorge
Zusätzlich zu einer Bundesrente oder privaten Altersvorsorge sollen auch weiterhin Systeme der betrieblichen Altersvorsorge existieren, die sowohl auf Ebene eines einzelnen Unternehmens als auch auf Ebene berufsständischer Verbände organisiert werden können. Auch hier können Beiträge aus Bruttoeinkommen geleistet und die Beiträge des Arbeitgebers als Betriebsausgabe abgesetzt werden. Auch die betriebliche Altersvorsorge kann das Eintrittsalter frei selbst vereinbaren. Dadurch sind für besonders belastete Berufsgruppen frühere Renteneinstiege möglich. Um die Mobilität der Arbeitnehmer zu gewährleisten, wird der Arbeitnehmer selbst als Versicherungsträger fungieren, wodurch eine Mitnahme der Altersvorsorge bei einem Arbeitgeberwechsel möglich ist.
Gesetzliche Rentenversicherung
Um einen Übergang aus dem laufenden System zu ermöglichen, sind weitreichende Reformen unumgänglich. Unser Ziel muss es sein, für alle ab dem 01.01.2020 geborenen Menschen eine vollständige Umstellung auf das neue Rentensystem gewährleisten zu können, sodass diese aus der Beitragspflicht zur GRV vollständig entlassen werden können. Um einen Missbrauch anderer staatlicher Sozialsysteme zu verhindern, halten wir weiterhin an einer grundsätzlichen Pflicht zur Altersvorsorge fest. Für die vorausgehenden Jahrgänge, die bereits Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt und Rentenansprüche erworben haben, ist eine sukzessive Überführung in dasneue System notwendig.
Wir sind uns bewusst, dass die Umstellung mit erheblichen finanziellen Aufwendungen einhergeht. Daher soll unser Konzept eines „Generationenkapitals“, auch als Aktienrente bekannt, wo staatliche Eigenmittel durch den KENFO unter alleiniger Renditeorientierung an den Kapitalmärkten angelegt werden sollen, weiterhin als zentrale Übergangslösung beibehalten werden. Um die finanziellen Mittel für diesen Übergang zu sichern, machen wir uns das Prinzip des Zinsdifferenzials zunutze. Der Bund wird mit Fremdkapital breit diversifiziert in Aktien investieren und aufgrund seiner vergleichsweise geringeren Zinsbelastung einen Überschuss erwirtschaften. Dieses Übergangskapital wird mit einem Tilgungsplan versehen und mit dem Ablauf der GRV vollständig zurückgeführt. Aus haushaltstechnischer Sicht handelt es sich daher lediglich um das Vorziehen von zukünftig notwendigen Steuerzuschüssen zur GRV, die zu einem späteren Zeitpunkt entfallen.
Zusätzlich bekräftigen wir die Notwendigkeit, die Regelungen der bestehenden umlagefinanzierten Rente an die Finanzierbarkeit anzupassen, ohne dass Beitrags- oder Zuschusserhöhungen notwendig werden. Insbesondere muss das Renteneintrittsalter unter den Bedingungen der abzulösenden Gesetzlichen Rentenversicherung noch dauerhaft proportional zur Lebenserwartung angepasst werden. Die GRV wird voraussichtlich in den frühen 2100er Jahren mit dem Ableben der letzten (Teil-)Anspruchsberechtigten abgewickelt sein.