Zukunft sichern Ideen der Jungen Liberalen NRW zur Landtagswahl 1995

Junge, liberale Politik bedeutet Zukunftssicherung, Zukunftssicherung vor allem in den Bereichen Bildung, Umwelt, Wirtschaft und  Finanzen. Es darf nicht weiter auf Kosten der jungen Generation gelebt werden.
Die Volksparteien in NRW  betreiben Vergangenheitspolitik mit der Erhaltung alter Strukturen ohne Mut für Neues. Die Volksparteien sind überaltert, die handelnden Politiker betreiben Bestands- statt Zukunftssicherung.
Nordrhein-Westfalen braucht junge, liberale Politik. Gegen das Gestern, für das Morgen und Übermorgen.

Schulen für alle

Die Vision

Wir arbeiten für eine wettbewerbsorientierte, vielfältige Schullandschaft, die alle nach ihren Fähigkeiten und Bedürfnissen fördert und niemanden ausgrenzt – weder die Behinderten, noch die Hochbegabten oder die Ausländer.

Der Weg

Schulpolitik ist Kernaufgabe der Landespolitik. Sie muß auch wieder Kernanliegen werden. Lehrereinstellungen müssen  nach Schülerzahlen und nicht nach Haushaltserfordernissen erfolgen. Dabei  dürfen Sonderschulen nicht wie bisher besonders vernachlässigt werden.
Statt der vier Schulformen Haupt-, Real-, und Gesamtschule sowie Gymnasium wollen wir zwei Säulen, von denen die eine vorrangig auf die Berufsausbildung und die andere vorrangig auf die wissenschaftliche Ausbildung vorbereitet.
Durchlässigkeit ist dabei ein wichtiges  Prinzip. Zu dieser freiheitlichen
Schullandschaft gehören neben den zwei  großen Säulen Schulen in freier
Trägerschaft und ganz besonders auch Sonderschulen. Auf der anderen Seite
müssen aber ebenso Schulen für Hochbegabte existieren.
Die einzelnen Schulen brauchen erheblich mehr Verantwortung und Autonomie. Der Beamtenstatus für Lehrer gehört der Vergangenheit an, die Schulen sind selbst für das Lehrpersonal verantwortlich. Neben dieser Personalautonomie ist die Schule auch für ihre eigenen Finanzen verantwortlich. Dies fördert nicht nur den Wettbewerb
zwischen den Lehrern und den einzelnen Schulen, sondern auch deren Leistung.

Hochschulen im Wettbewerb

Die Vision

Wir arbeiten für eine Situation, in der die Studentinnen und Studenten souverän und ohne Rücksicht auf die Herkunft zwischen den Angeboten auf dem Hochschulmarkt wählen können und damit entscheiden, welche Angebote gemacht werden.

Der Weg

Heute stellt der Staat die Hochschulen zur Verfügung finanziert sie und bestimmt das Angebot. Das Ergebnis ist Überlast, Unifrust und wenig Effizienz.
Wir wollen, daß die Studenten bestimmen, was an den Hochschulen passiert. Nicht über bürokratische Strukturen, sondern über den Markt. Wir sind für
Bildungsgutscheine, die der Staat bezahlt und den Studenten gibt, damit diese damit die Hochschulen finanzieren. Dann werden sich Professoren und Hochschulen plötzlich um Studenten bemühen und sie nicht mehr als störend ansehen.
Voraussetzung dafür ist Wettbewerb zwischen den Hochschulen, hohe Flexibilität ohne staatliche Gängelung und große Transparenz gegenüber den Studenten, die ihre Gutscheine einsetzen. Die ZVS ist  abzuschaffen. Stattdessen entscheiden die Hochschulen in Mangelfächern, welche Studenten sie aufnehmen.

Umwelt, Soziales und Wirtschaft ohne Gegensatz

Die Vision

Wir arbeiten für eine Wirtschaftsordnung, in der die Marktkräfte die Belange des Umweltschutzes optimal berücksichtigen und in der die soziale Marktwirtschaft zur ökologischen Marktwirtschaft weiterentwickelt wird. Eine funktionierende Marktwirtschaft erwirtschaftet die Grundlagen für jede staatliche Sozialpolitik.

Der Weg

Marktmechanismen können in der Sozialpolitik bessere Leistungen hervorrufen. Statt z.B. einzeln Kindergärten Zuschüsse zu ihren Kosten zu gewähren, soll der Staat besser jeden Kindergartenplatz pauschal fördern. Damit wäre es auch für private Initiativen interessant, Kindergartenplätze anzubieten.
Umweltverbrauch braucht einen fairen Preis – auf allen Gebieten. Energiepreise, Verkehrspreise, Emissionspreise usw. müssen nach Umweltgesichtspunkten und nicht nach scheinbar sozialen Kriterien bemessen werden. Statt Preise über den Weg des Umweltdumpings zu subventionieren, soll der Staat notwendige Umverteilungen durch sein Steuersystem transparent vornehmen.
Der Umweltmarkt soll das derzeitige System von Auflagen, langen
Genehmigungsverfahren und Ausnahmeregelungen ablösen, das zu einer
Behinderung der wirtschaftlichen Entwicklung geworden ist. Ökologische
Marktwirtschaft schafft hingegen Arbeitsplätze, weil Ökologie der Markt der Zukunft ist.
Im Energiewirtschaftsland NRW gilt dies vor allem für die Energiepolitik. Wir müssen heraus aus dem Teufelskreis zwischen  Kohle und Kernenergie. Dazu müssen wir Energie einsparen und das Wirtschaftswachstum vom Energieverbrauch noch unabhängiger machen. Die Sonne soll die Hauptenergiequelle des nächsten Jahrhunderts werden. Dazu muß Solarenergie kostengerecht vergütet werden.
Im Transitland NRW gilt dies auch für die Verkehrspolitik. Alle Verkehrsträger brauchen die gleichen Chancen, alle müssen aber auch ihre eigenen Kosten  übernehmen. Wenn der Autoverkehr auf  Dauer seine vollen Umweltkosten übernimmt, werden Subventionen für den öffentlichen Nahverkehr im gleichen Maße überflüssig. Der ÖPNV muß aber dazu von seinen bürokratischen Strukturen befreit werden, um sich auf dem Verkehrsmarkt behaupten zu können.

Unser Traumstaat – schlank und schuldenfrei

Die Vision

Wir arbeiten für einen Staat, der ausschließlich diejenigen Bereiche regelt, die der Markt nur erheblich schlechter lösen würde, einen Staat, der keine Subventionen für absterbende Industrien bezahlt. Unser Traumstaat hat keine Schulden.

Der Weg

Wir wollen keine bürokratischen Verwaltungen, die nur Geld verschlingen und keine Flexibilität zulassen. Kleine, effiziente und dezentrale Verwaltungen mit wenig Beamten, Verwaltungen, die wie selbständige Unternehmen arbeiten, sind unser Ziel.
Alle Aufgaben, die der Staat nicht unbedingt erfüllen muß, sind konsequent zu privatisieren. Das Land ist direkt oder über die WestLB an verschiedensten
Unternehmen beteiligt, von der Lufthansa über die LTU bis hin zu
Energieversorgungsunternehmen. Nebenbei betreibt das Land über die WestLB reinste Industriepolitik – wie zuletzt bei der Fusion von Krupp und Hoesch.
Auf der anderen Seite hat sich ein Schuldenberg von über 100.000.000.000,00 DM angesammelt. Wenn das Land seine Beteiligungen vollständig verkauft, ist davon ein erheblicher Teil abzubauen.
Beides ist kein Selbstzweck. Staatsschulden engen den Handlungsspielraum
künftiger Generationen erheblich ein. Und staatliche Beteiligungen an
Wirtschaftsunternehmen verzerren den Wettbewerb, fördern die Parteibuchwirtschaft und vernichten damit Arbeitsplätze.
Zu den in dieser Form überflüssigen Staatstätigkeiten gehört auch der Westdeutsche Rundfunk. Wir wollen einen staatsfernen  Rundfunk, der sich an wirtschaftlichen Grundsätzen orientiert und seine finanzielle Existenz nicht länger dem jetzigen Gebührensystem verdankt. Wir arbeiten  für eine unabhängige, vielfältige Medienlandschaft.

Das Innere sichern

Die Vision

Wir arbeiten für eine Gesellschaft, die  allen Chancen und Motivation bietet, auf legalem Weg ihr Glück zu suchen, deren staatliche Organe  aber auch so gut ausgerüstet und motiviert sind, subjektives Sicherheitsgefühl und objektive Sicherheit in gleicher Weise zu gewährleisten.

Der Weg

Kern jeder Politik gegen Kriminalität ist die Prävention. Wenn insbesondere junge Leute durch die Bildungs- und Arbeitsmarktsituation nicht das Gefühl der Überflüssigkeit vermittelt bekommen, sind viele potentielle Straftaten schon vereitelt.

Die Realität ist das genaue Gegenteil. Frustriert und demotiviert sind in NRW vor allem diejenigen, die sich für die innere  Sicherheit einsetzen sollen – die jungen Polizistinnen und Polizisten. Diesen Menschen müssen Perspektiven geboten werden, sie müssen entsprechend den hohen Anforderungen ausgestattet und ausgebildet werden und sie brauchen in schwierigen Situationen die Rückendekkung der politisch Handelnden. Polizeipolitik ist ureigenste Landespolitik. Hier muß ein Schwerpunkt gesetzt werden.

Keine Diskriminierungen – die tolerante Gesellschaft

Die Vision

Wir arbeiten für eine Gesellschaft, die es  nicht weiter beachtet, welche Herkunft, welchen Glauben, welche sexuelle Orientierung und welches Geschlecht jede und jeder einzelne hat, sondern in der nur  die Person zählt und die Menschenwürde beachtet wird.

Der Weg

Toleranz zeigt sich im Handeln. Politikerinnen und Politiker haben hier
Vorbildfunktion. Objektiv vorhandene rechtliche Hürden müssen abgebaut werden.
Wir brauchen ein um die sexuelle Orientierung erweitertes Diskriminierungsverbot in der Verfassung. Und wir brauchen vom  Bildungs- und Mediensektor her mehr Aufklärung über die verschiedenen Kulturkreise, damit Ausländer nicht als Fremde, sondern als Mitbürger betrachtet werden.

Kultur für ein lebendiges Land

Die Vision

Wir arbeiten für ein Land, das sich seiner Kultur bewußt ist  und den Reichtum fremder Kulturen für seine Lebendigkeit nutzt. Kultur macht ein Land lebenswert und ist damit auch ein wichtiger Faktor für Lebensqualität und wirtschaftliche Entwicklung.

Der Weg

Kulturpolitik in NRW muß heraus aus den öffentlich verwalteten Fonds, deren Geld nach Gutdünken verteilt wird. Das Land  muß den Kommunen ermöglichen, eine eigene Kulturpolitik zu gestalten, die nicht am Zügel der Landesregierung stattfindet.
Kultur ist mehr als Opernpremieren. Alternative  Kulturformen müssen ihren
gleichberechtigten Platz  neben der herkömmlichen Kultur finden können. Das bedeutet auch öffentliche Förderung, aber nicht in erster Linie.
In erster Linie müssen Kulturschaffende frei von staatlichen Vorgaben sein.
Öffentliche Kulturbetriebe müssen sich selbst organisieren können, ihre Erträge selbst bewirtschaften können und ihre Produktion selbst gestalten können.
Privatwirtschaftliche Finanzierungs- und Gestaltungsmöglichkeiten wie Sponsoring, Marketing, privater Ticketverkauf u.ä. müssen verstärkt angewandt werden.

Trennung von Exekutive und Legislative

Die Jungen Liberalen Nordrhein-Westfalens fordern alle Landtagsabgeordneten der F.D.P., die nach der Landtagswahl am 14. Mai 1995 ein Regierungsamt
übernehmen, auf, ihr Mandat für die Dauer  der Ausübung des Regierungsamtes  niederzulegen. Zu diesem Zweck soll in NRW die Möglichkeit eines ruhenden Mandates eingeführt werden.

Ablehnung der hessischen Ozon – VO

Die Jungen Liberalen in NRW lehnen eine Ozon-Verordnung nach dem Muster Hessens in Nordrhein-Westfalen ab. Geschwindigkeitsbeschränkungen sind ein ungeeignetes Mittel zu Verhinderung des sog, „Sommer-Smog“, da sie nur Symptome bekämpfen. Statt dieser öko-zwangsstaatlichen Maßnahme setzen die Jungen Liberalen auf marktwirtschaftliche Methoden zur Behebung des Problems.
Geeignete Maßnahmen sind danach:
– eine schrittweise Erhöhung der Mineralölsteuer in vorher festgelegten Ausmaß, um dem Verbraucher und der Industrie verläßliche Rahmendaten zu geben.
– die Umlage der KFZ – Steuer  auf die Mineralölsteuer
– Für Autos, die weniger als 5 Liter pro 100 Kilometer verbrauchen, ist eine staatliche Prämie beim Kauf einzuführen. Diese sollte nach einiger Zeit nur noch „3-Liter-Autos“ gelten und später wieder abgeschafft werden.

Abschaffung der Einbeziehung des Kirchensteuersatzes zur Berechnung von Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe

Bei der Berechnung des Arbeitslosengeldes und der Arbeitslosenhilfe wird bei der Erfassung des Nettolohnes grundsätzlich der in den jeweiligen Bundeslandes geltende Kirchensteuersatz abgezogen – unabhängig davon, ob der Bedürftige der Kirche angehört oder nicht.
Die Jungen Liberalen fordern, die rechnerische Berücksichtigung der Kirchensteuer durch bundesgesetzliche Regelungen abzuschaffen! Es darf nicht weiterhin Gesetzesrealität bleiben, das Konfessionslosen auf Umwegen bei der Berechnung des Arbeitslosengeldes und der Arbeitslosenhilfe etwas aufgezwängt wird, was der freiheitlichen Wahl des Glaubens widerspricht.