NRWs Fortschrittmacher und APO im Bund Und die Landtagswahl 2017 als großes Ziel:

Im Frühjahr 2012 wurde ich nach drei Jahren als Mitglied im Landesvorstand zum Landesvorsitzenden der JuLis NRW gewählt. Dieses Amt hatte ich bis 2017 inne – für mich war diese Zeit bis heute eine der spannendsten, die ich politisch erleben durfte.

Nach der vorgezogenen Landtagswahl 2012, bei der wir mit dem Leitspruch „Lieber neue Wahlen als neue Schulden“ mit der FDP über 8% erreichen konnten, wurde ich als Nachfolger von Henning Höne zum Landesvorsitzenden gewählt. Henning war für die Julis in den Landtag eingezogen. Die FDP befand sich auf Bundesebene mehr schlecht als recht in einer schwarz-gelben Regierung in der Rolle des Juniorpartners, aber in NRW stand uns die Oppositionsrolle damals gut zu Gesicht.

Direkt zu Beginn meiner Zeit als Landesvorsitzender der JuLis NRW kam allerdings die große Katastrophe – der 22. September 2013. Die Freien Demokraten verfehlten das erste Mal seit Gründung der Bundesrepublik Deutschland den Einzug in den Deutschen Bundestag. Viele von uns – auch ich selbst – waren an diesem Abend zuerst einmal völlig am Boden. Wir hatten gerade als JuLis im Wahlkampf alles gegeben, unsere FDP unterstützt und versucht ein gutes Ergebnis zu erreichen. Jetzt gab es nur noch öffentliche Häme und Spott und eine Mutterpartei am Boden.

Einen guten Aspekt hatte der Auszug aus dem Bundestag aber dennoch: Der beispiellose Erneuerungsprozess der FDP, der folgen sollte, wäre ohne diese Niederlage niemals so umgesetzt worden.

Die JuLis und besonders die JuLis NRW als größter Landesverband hatten natürlich die Aufgabe des Fortschrittmachers innerhalb der FDP, aber im Erneuerungsprozess wuchs die Verantwortung noch weiter. Wir selbst haben uns immer als moderner und fortschrittlicher als die Mutterpartei empfunden, das mussten wir nun auch weiter beweisen. Unser eigener Erneuerungsprozess begann sowohl aus Bundes- als auch auf Landesebene. In Zeiten ohne Bundestagsfraktion fällt dem größten Landesverband bei FDP und JuLis eine besondere Rolle zu. Das Zentrum des politischen Liberalismus war von 2013 bis 2017 nicht Berlin, es war eher Düsseldorf. Die FDP musste ihren Stammplatz im Hauptstadtstudio der ARD räumen und war fortan auch in Person von Christian Lindner immer öfter in den Studios in Köln und Düsseldorf anzutreffen. Auch die Landtagsfraktion in NRW mit ihren damals 22 Abgeordneten war stärker im Fokus.

Von Glubschaugenaffen zur coolsten politischen Kampagne

Mit dem Rauswurf aus dem Bundestag war auf einmal jede Landtagswahl ein Kampf ums Überleben. Deswegen begannen wir JuLis damit, jede Landtagswahl in ganz Deutschland zu unterstützen. Diese Initiative ging insbesondere von uns NRWlern und den JuLis Niedersachsen aus. Wir setzen uns zum Ziel, die Landtagswahlkämpfe in Ostdeutschland tatkräftig zu unterstützen. Ich erinnere mich sehr genau, wie wir mit Kleinbussen nach Sachsen fuhren. Die JuLis vor Ort versuchten alles, aber so richtig kam kein Schwung in den Wahlkampf. In den letzten Tagen plakatierte die FDP kleine Affen mit riesigen Glubschaugen und dem kreativen Slogan: „Augen Auf beim Gang ins Wahllokal“ – oder so ähnlich. Ich dachte zunächst, es handele sich um einen Scherz, aber danach fuhren wir stundenlang durch Leipzig, um diese Plakate aufzuhängen. Selten habe ich mich so für meine Partei geschämt. Das Wahlergebnis war leider entsprechend.

Aufgrund der politischen Lage war es vor allem in den Jahren 2012 bis 2015 schwierig viele neue Mitglieder zu gewinnen und der jungliberalen Organisation Kontinuität zu verschaffen. Auch wenn wir wahrscheinlich nie wieder so viele neue Mitglieder gewinnen konnten, wie in den Tagen direkt nach der Wahlniederlage 2013. Das Ausscheiden aus dem Bundestag war wie ein Weckruf für viele neue Mitglieder, die uns unterstützen und nicht zulassen wollen, dass es keine Liberale Partei mehr in Deutschland gäbe. Nach und nach bauten wir die Partei wieder neu auf. Mit dem Leitbildprozess wurde die Neuausrichtung eingeläutet. Mutig, empathisch und optimistisch. So wollte die FDP in Zukunft Politik gestalten. Auf allen Ebenen fruchtete der Leitbildprozess der FDP, der oft auch von uns JuLis vorangebracht wurde. Die APO Zeit brachte besondere Überzeugungstäter zusammen und viel politischen Frust – die FDP war in dieser Zeit mehrmals in Umfragen „nicht messbar“ – mussten wir mit guten LaKo-Partys wieder wegmachen. Ich glaube, damit waren wir allerdings sehr erfolgreich.

Auch wenn es in den Jahren vor allem, um das Überleben der FDP ging, wollten wir neue Akzente für eine moderne und ganzheitlich liberale FDP setzen. Deswegen bin ich besonders stolz, dass wir in meiner Zeit als Landesvorsitzender zwei zentrale JuLi-Themen zu FDP-Programmatik machen konnten. Mit der Liberalisierung von Cannabis und dem Wahlrecht ab 16 konnten wir dabei wichtige Akzente als Jugendorganisation setzen. Auf NRW kam es bei der Liberalisierung von Cannabis besonders an. Wir alle wussten, wenn sich der größte Landesverband der FDP vor dem Bundesparteitag für unseren Antrag aussprechen würde, wären die Chancen auch sehr hoch, auf dem Bundesparteitag die ganze Partei zu überzeugen. Wir hatten unsere Debatte gut vorbereitet. Aber wir hatten auch einige Redner gewinnen können, die nicht im JuLi-Alter waren. Das gab unserem Anliegen besondere Unterstützung. Die Parteiführung war von unserem Vorstoß wenig begeistert, aber am Ende hatten wir eine eindeutige Mehrheit auf dem Parteitag. Ein tolles Gefühl. Der Jubel in den Delegiertenreihen der JuLis war unbeschreiblich.

2017 ging es dann um alles. Ich durfte die JuLis als Spitzenkandidat in den Landtagswahlkampf führen. Wir hatten mit Christian Lindner einen Spitzenkandidaten für die Landtags- und Bundestagswahl. Alle wussten: NRW würde der entscheidende Schritt auf dem Weg zum Wiedereinzug in den Deutschen Bundestag. Wir hatten eine großartige JuLi-Kampagne auf die Beine gestellt. Gleichzeitig hatten wir unsere Kooperation mit der LHG intensiviert und die Idee entwickelt Christian Lindner in Unis sprechen zu lassen. Zunächst mussten wir ein bisschen Überzeugungsarbeit leisten. In Köln war der größte Hörsaal so voll, dass weitere Studierende auf dem Gang saßen, um CL zu hören. Jetzt wussten wir, dass das eine großartige Idee war. Auf dieser Uni Tour entstand auch das großartige Foto von Christian Lindner vor einem vollen Hörsaal in Aachen, das später auf allen Plakaten landete. Auch mit einer sehr professionellen online-Kampagne und einem Social-Media-Squad setzen wir neue Maßstäbe. Außerdem organisierten wir mit der FDP eine coole Bustour. Unser Organisator Fabian musste allerdings mehrfach bei der FDP anrufen und neue Schäden am Bus beichten. Trotzdem ein toller Erfolg und trotz Schlafmangel ein wahnsinnig lustiger und spannender Wahlkampf.

Zum Abschluss unseres Wahlkampfes kamen hunderte JuLis aus ganz Deutschland nach NRW, um uns zu unterstützen. Unsere Reisen in all die anderen Bundesländer hatten sich ausgezahlt. Die Altstadt in Düsseldorf war so voller JuLis, dass an diesem Abend vor der Wahl wohl niemand ohne JuLi-Flyer geblieben ist. Am nächsten Tag folgten dann das sensationell gute Ergebnis und die Möglichkeit eine schwarz-gelbe Regierung in NRW zu bilden.

Im Rückblick kann ich sagen: Es war sicherlich nicht die leichteste Zeit Vorsitzender des FDP-Jugendverbandes zu sein. Es war aber eine besonders herausfordernde Zeit mit ihren ganz eigenen Aufgaben, die wir aber alle gemeinsam gut gemeistert haben.

Nun befindet sich die FDP wieder in Regierungsverantwortung in Nordrhein-Westfalen und wird dabei aktiv von den Jungen Liberalen angetrieben und begleitet. Die Aufgabe der JuLis ist auch in NRW seit 40 Jahren das Antreiben der Partei, das Einbringen von progressiven Vorschlägen, konstruktive Kritik, endlose Debatten auf Kongressen und viele neue kreative Ideen für Kampagnen und Kommunikation liberaler Ideen. Wir JuLis müssen immer ein Stück schneller, besser und moderner sein als unsere Mutterpartei! Ich bin mir sicher das ist auch in Zukunft so.

Ich freue mich, auf die nächsten 40 Jahre jungliberale Ideen aus und für Nordrhein-Westfalen.

Moritz Körner ist ehemaliger Landesvorsitzender der JuLis NRW und mittlerweile Mitglied des europäischen Parlaments. Ihr erreicht ihn unter