11 Jahre Jung & Liberal – Eine Liebe -nicht auf den ersten Blick-

Wahlkämpfe und politische Diskussionen kenne ich schon ein Leben lang. So waren doch meine Großeltern, bei denen ich als Kind sehr viel Zeit verbrachte, in der SPD. Ich verteilte bereits in der Grundschule als Anhänger von Gerhard Schröder fleißig Bleistifte der Moerser SPD an meine Mitschüler. Mein Vater, damals schon Mitglied der FDP, fand das nicht so toll, ließ mir jedoch meine Freiheit.

Als ich im August 2009 beim Wahlkampfstand der Moerser Liberalen vorbeischaute, bot mir mein Vater an, den Mitgliedsbeitrag bei den JuLis zu übernehmen. Vorangegangen war ein Streit mit meinem Religionslehrer über die in seinen Augen „kirchenfeindliche FDP“. Er wusste, dass meine Sitznachbarin und ich, beide mit der FDP familiär verbunden waren. Wir zwei regten uns ziemlich über diese Sippenhaft auf und wollten -gerade um den in unseren Augen bescheuerten Religionslehrer zu ärgern- Mitglied der JuLis werden.

Am Wahlkampfstand sollte ich das Moerser JuLi- Mitglied Beret Roots ansprechen. Beret war nicht begeistert. So hatte sie den Eindruck mein Vater wolle mich zu den JuLis drängen. Plötzlich regte dieser Widerstand mich an, erst recht Mitglied zu werden. Mit meiner damaligen besten Freundin hatten wir den Plan, den Ortsverband der JuLis Moers so richtig aufzumischen. Am 15.09.2009 wurde der Mitgliedsantrag bestätigt und ich erhielt stolz meinen Mitgliedsausweis, den ich allen linken Lehrern zeigte, um möglichst in den Pausen und im Unterricht viel Streit zu sähen.

Der Wahlkampf der FDP war sehr erfolgreich, mit dem besten Ergebnis in der Geschichte zogen wir in den Bundestag ein. Die Freude war groß, in der Schule waren wir als JuLis auf einmal cool, der Spirit den Westerwelle erzeugte hielt Einzug in unserem Gymnasium.

Die erste Veranstaltung 2009, die die JuLis Moers nach dem Wahlkampf durchführten war eine Weihnachtsfeier in der Geschäftsstelle der FDP Moers. Es gab veganen Kuchen und es wurde sich über die die Problematik von Kunststoff unterhalten. Das überzeugte mich nicht wirklich, sodass ich nach einer halben Stunde diese Runde wieder verließ.

Im Januar wurde ich das erste Mal zum LaKo der JuLis NRW eingeladen. Meine beste Freundin und ich fuhren natürlich nach Düsseldorf. Da wir nur Beret Roots kannten setzen wir beide uns neben sie, in die erste Reihe der Delegierten. Ein Delegierter gab uns den „Playboy“ zu lesen und wir beide gackerten vor uns hin und wurden immer wieder vom Präsidium ermahnt. Am Ende des Tages durften wir dann auch unserer ersten LaKo-Party beiwohnen. Diese Party fand in einer Düsseldorfer Kneipe mit JoVo als Ehrengast statt und wir beiden Neumitglieder versuchten ihn durch abstruse Thesen aus der Reserve zu locken. Außerdem durften wir das erste Mal Bier trinken, der Jugendschutz spielte damals eine untergeordnete Rolle und die heute allzeit präsenten Partybändchen gab es nicht. Der ehemalige Schatzmeister Kai Oliver Mosel, fragte uns zwar nach dem Alter und wir logen ein bisschen und sagten wir würden in ein paar Wochen 16 werden, dabei war der 15. Geburtstag noch über ein halbes Jahr hin. Der Abend war soweit gut, bis wir um 12 Uhr die JuLi-Hymne kennenlernen duften. Die gesamte Partygesellschaft fing an -gefühlt wie bei Sekten oder komischen Glaubensgemeinschaften üblich- sich zu umarmen und wie in Trance zu singen und zu feiern. Ich fühlte mich leider unwohl. Dieser doch so sehr auf Seriosität bedachte Verband ließ die Hüllen fallen und ich war mittendrin.

Im selben Jahr 2010 wurde ich mit einer Gegenstimme in den Ortsvorstand der JuLis Moers gewählt. Es folgte eine Zeit des Einkehrens; ergo die FDP war ab 2010 uncool und peinlich. Der Landtagswahlkampf war eine Katastrophe, man wurde auf Wahlkampfständen angeschrien und als Wahlversprechensbrecher beschimpft. Außerdem glänzte man nicht mehr damit Jungliberaler zu sein, sondern zog sich in die Verbandsarbeit zurück.

2013 kämpften wir um den Wiedereinzug in den deutschen Bundestag, das Ergebnis war erschütternd. Ich fasste aber den Mut mich jetzt erst recht zu engagieren. Also trat ich in die FDP ein und wollte wieder richtig Gas geben. Im Kreisvorstand ließ ich mich als angehender Bankkaufmann zum Schatzmeister wählen und übernahm die Kasse. Infolgedessen ging ich nach jahrelanger Abstinenz wieder zu Landes- und Bundeskongressen. Ich habe mich wie noch nie zuvor eingemischt.

Oftmals eckte ich an. So ist ein Landeskongress besonders in Erinnerung geblieben, bei dem ich den Landesvorstand in der Aussprache kritisierte und mich über eine Fahrt nach Norderney beschwerte, auf der enorm viel Schaumwein getrunken wurde. Das führte zu einer regen Diskussion und ich erfreute mich diese angestoßen zu haben.

Immer wieder widersetze ich mich bezirksinternen Beschlüssen und hielt mich nicht an Wahlabsprachen, wenn ich die Kandidaten nicht für geeignet hielt.

Viele LaKo-Delegierte haben zum Beispiel vor einigen Jahren nicht an die Absprache ihrer Bezirke gehalten und einen Kandidaten für den LaVo, der erst seit drei Monaten Mitglied -bzw. vorher sehr lange in der JU war- gewählt. Im ersten Wahlgang wurde dieser hoch angepriesene Kandidat nicht gewählt, auch im zweiten Wahlgang nicht. Es gab eine Kandidatenbefragung und die Stimmung war wie ich sie vorher nie bei einem Landeskongress erlebt habe. Erst im dritten Wahlgang schaffte er es knapp in den Landesvorstand. Die Delegierten sollten übrigens Recht behalten, der Hochgepriesene trat nach ein paar Wochen nicht nur aus dem Landesvorstand zurück, sondern direkt aus dem weltbesten Jugendverband wieder aus. Schade.

Nach dem Abschluss meiner Ausbildung bekam ich die beste Chance meines Lebens, nämlich ein Stipendium zum Studieren und Arbeiten in den USA. Nachdem ich für mich eigentlich immer ausgeschlossen hatte, ein höheres Amt bei den JuLis zu bekleiden, wurde ich kurz nach meiner Rückkehr aus den Staaten und drei Tage vor dem anstehenden LaKo gefragt, ob ich für den Landesvorstand kandidieren möchte. Zu diesem Zeitpunkt wusste ich noch nicht, dass ich die einzige Kampfkandidatur bekommen sollte und bejahte. Ich war glaube ich noch nie so nervös wie bei diesem LaKo. Das Schicksal in den Händen der Delegierten und die große Frage ob ich gewählt werde, war für mich eine schreckliche Situation.

End´ vom Lied war, dass ich in den LaVo gewählt wurde. Nach und nach habe ich immer das gemacht, was ich ursprünglich gar nicht wollte. So auch als ich den Wechsel vom stellvertretenden Vorsitzenden im Land zum Bund vollzogen habe.

Nach eineinhalb Jahren im BuVo mit vielen internen Wechseln im Vorstand kann ich alles in allem sagen, dass ich glücklich bin. Zwar bleibt bei der Verantwortung Privatleben teilweise auf der Strecke, aber, liebe JuLis, es lohnt sich. Engagiert euch, seid kritisch und immer fröhlich.