Contra: Legalisierung von Drogen

Mehr Freiheiten bedeuten nicht immer mehr Autonomie. Manchmal muss eine Gesellschaft sich einschränken, um langfristig Autonomie garantieren zu können. Die Debatte um die Legalisierung von Drogen ist dabei ein gutes Beispiel dafür. Was also spricht letztendlich gegen eine Legalisierung aller Drogen – obwohl diese kurzfristig die Handlungsfreiheit des Einzelnen sogar erhöht?

Zuerst stellt sich die Frage, wie die Legalisierung aller Drogen konkret umgesetzt werden soll. Die extreme Variante: Drogen dürfen überall verkauft, und natürlich, wie Alkohol und Zigaretten auch, beworben werden. Das wäre die vollkommen unregulierte Variante, die man, wie eigentlich alle Forderungen nach weniger Regulierungen, mit der freien Entscheidung der Nachfrageseite begründen kann: Die Angebotsseite macht dem Konsumenten nur ein Angebot – ob er kauft, ist seine Entscheidung. Klingt nach mehr Autonomie. Aber: Im Falle der Abhängigkeit ist Drogenkonsum keine bewusste Entscheidung mehr. Händler würden Geld damit verdienen, Menschen abhängig zu machen. Ein unregulierter Markt, der Menschen in die finanzielle und gesundheitliche Krise stürzen lässt, widerspricht vielen Prinzipien der sozialen Marktwirtschaft.

Die zweite Variante: Kontrollierter Verkauf in staatlichen Abgabestellen, inklusive Beratung. Viele behaupten, das könnte die Probleme, die mit dem Kauf bei Dealern einhergehen, reduzieren.  In diesem Fall aber würde der Staat daran verdienen, Drogen zu verkaufen. Selbst davon ausgehend, dass den Staat keine finanziellen Motive dazu antreiben – verboten wäre der freie Verkauf von Drogen in diesem Modell dennoch, und Suchtprobleme würden nach wie vor auftreten. Und auch, wenn Drogenkriminalität damit reduziert würde, weil sie weniger lukrativ wäre – wer sein Geld auf kriminelle Art und Weise verdienen möchte, findet andere Wege. Wenn es außerdem legal ist, sämtliche vom Staat zu bekommen – wer garantiert, dass der Konsum von Drogen langfristig nicht steigt?

Das würde höhere Kosten für das Gesundheitssystem bedeuten. Und diese Kosten tragen wir, unter anderem, gemeinsam mit unseren Versicherungsbeiträgen. Deshalb ist es niemals nur eine individuelle Entscheidung, Drogen zu konsumieren. Nicht nur der Konsument trägt die Konsequenzen, sondern alle, die das Gesundheitssystem mitfinanzieren. Auch an dieser Stelle greift das Argument der Autonomie also nicht. Wenn ich mich an einem solidarisch finanzierten System beteilige, muss es auch Regeln geben, auf denen dieses basiert – oder man muss darauf verzichten. Dass es aber keine Alternative sein kann, jeden Bürger für seine Krankenversicherung selbst verantwortlich zu machen, zeigt ein Blick in die USA. Es braucht Regeln, die die Gesundheit der Bürger sicherstellen, und dazu gehört auch die Einschränkung des Konsums von Drogen.

Einschränken, um zu bewahren

Letztendlich ist die gesamte Diskussion vergleichbar mit anderen, scheinbar widersprüchlichen Fragen: Ist es demokratischer, verfassungsfeindliche Parteien an demokratischen Wahlen teilnehmen zu lassen, als ihnen das zu verbieten? Nein, natürlich nicht. Diese Frage stellt sich letztendlich – in einer etwas weniger kritischen Dimension – auch in Bezug auf Autonomie und Drogen. Ähnlich, wie ich Demokratie erhalten muss, indem ich sie irgendwo, radikal betrachtet, einschränke, ist es auch die Aufgabe des Staates, Autonomie sicherzustellen – indem ich Bürgern den Zugang zu Drogen erschwere, sie vor Abhängigkeit schütze. Abhängigkeit ist das Gegenteil von Autonomie. Wenn es Aufgabe des Staates ist, Autonomie der Bürger zu garantieren, ist es auch Aufgabe des Staates, den Verkauf von Drogen zu regulieren.

Das alles soll den Status Quo nicht verteidigen. Dass Alkohol und Zigaretten erlaubt sind, während Drogen wie Cannabis nach wie vor verboten sind, ist vor allem unwissenschaftlich. Drogenpolitik sollte sich weniger nach Konventionen, sondern vor allem nach wissenschaftlichen Erkenntnissen richten. Selbstverständlich muss der Staat nicht die Legalisierung einzelner Drogen begründen, sondern das Verbot. Und das geht nur, wenn wissenschaftlich Fakten vorliegen. Autonomie ist dabei ein gutes Kriterium, nach dem man sich richten sollte: Wie hoch ist das Suchtpotenzial? Was sind die körperlichen Auswirkungen? Und wie kann das einen Menschen oder auch eine Gesellschaft in ihrer Autonomie einschränken? Aus diesen Fragestellungen heraus müssen dann Verbote endlich mit guten Argumenten begründet werden.

 

Falk Neubert (23) studiert General Management in Köln und Psychologie an der Fernuni Hagen. Ihr erreicht ihn unter