Schule der Zukunft – oder Zukunft der Schule? Wie die Digitalisierung unsere Schulen verändert

In nahezu allen Bereichen unseres Alltags hat die Digitalisierung Einzug gehalten und ist nicht mehr wegzudenken: sei es bei der Abwicklung von Bankgeschäften, bei Behördengängen, der Urlaubsplanung oder der täglichen Kommunikation untereinander. Die digitalen Mittel sind nicht mehr wegzudenken und haben unser Leben größtenteils vereinfacht.

Und auch in der schulischen Bildung ist die Digitalisierung in aller Munde. Es ist gut, dass wir die Chancen und Risiken der digitalen Bildung so intensiv diskutieren. Denn eins ist klar: digitale Bildung ist kein Wahl-, sondern ein Pflichtfach. Experten gehen davon aus, dass 1/3 der heutigen Erstklässler später in Berufen arbeiten wird, die durch die veränderte digitale Welt neu entstehen und es heute noch gar nicht gibt. Es ist Aufgabe der Schulen und der Politik, unsere Schülerinnen und Schüler in Nordrhein-Westfalen fit für die digitale Welt zu machen.

Dabei ist es ganz wichtig, dass wir diese Mammutaufgabe nicht unterschätzen. Zu lange wurde die Digitalisierung wie viele andere wichtige Aufgaben von der Vorgängerregierung nicht angegangen, vertagt und verschlafen. Unsere FDP-Schulministerin Yvonne Gebauer kommt seit dem Regierungswechsel 2017 in der NRW-Schulpolitik nun schnell, strukturiert und effektiv voran. Der Umstieg auf G9, die Neuaufstellung der Inklusion und die Einführung des Schulfachs Wirtschaft sind da einige Themen, die wir in der NRW-Koalition mit der CDU schon erfolgreich umgesetzt haben. Und auch bei der Digitalisierung unserer Schulen machen wir sichtbare Fortschritte. Wir sollten jedoch nicht verhehlen, dass trotzdem der Weg zur digitalen Schule noch ein weiter ist. Es ist nicht damit getan, dass wir buchstäblich iPads in jede Klasse werfen und dann ausrufen: „Ab morgen machen wir hier Digitalisierung!“ Wir werden in NRW sorgfältig, strukturiert und schrittweise die digitale Schule schaffen.

Aus Sicht der Freien Demokraten geht es bei der Einführung von Digitalisierung in der Schule um „enhancement“ statt „replacement“. Ganz konkret: Digitalisierung bedeutet nicht, einfach nur Schiefertafeln und Kreide gegen Whiteboard und Marker auszutauschen. Wir wollen erreichen, dass Lehrerinnen und Lehrer durch den Einsatz von digitalen Lern- und Unterrichtsmitteln ihren Unterricht so verbessern können, dass sie Methoden und Lerninhalte besser, effizienter und anschaulicher vermitteln können. Dabei spielen neben den üblichen fächerspezifischen Lernzielen natürlich auch fächerübergreifendes Wissen und Kompetenzen rund um die digitale Welt für uns eine zentrale Rolle. Damit unsere Schülerinnen und Schüler die Schule als kompetente Bürger verlassen, hat das Ministerium für Schule und Bildung daher den „Medienkompetenzrahmen NRW“ verpflichtend eingeführt. Er stellt die wichtigsten digitalen Kompetenzen in den Mittelpunkt, die unseren Schülerinnen und Schülern in der Sekundarstufe I (Klassen 5 bis 10) fächerübergreifend vermittelt werden sollen. Zudem ernennt jede Schule einen Medienkoordinator oder eine Medienkoordinatorin, der oder die die pädagogische Umsetzungsverantwortung an der Schule übernimmt und das schulinterne pädagogische Konzept entwickelt. Dabei erhalten die Schulen Unterstützung in Form von Entlastungsstunden für die Medienkoordinator*innen und durch die örtlichen Medienberater*innen. Außerdem passen wir natürlich die Lehreraus- und -fortbildung und die Lehrpläne Stück für Stück an. Denn auch das kommt in unserer Diskussion rund um Digitalisierung an unseren Schulen oft zu wenig zur Geltung: der wichtigste Faktor für ein Gelingen der digitalen Bildung ist und bleibt die Lehrerin oder der Lehrer.

Eine weitere große Herausforderung, für die in NRW die Schulträger zuständig sind, ist der Ausbau der digitalen Infrastruktur. Im Jahr 2016 hatten nur 13% der Schulen in NRW einen leistungsfähigen Breitbandanschluss. In unserer kurzen Regierungszeit haben wir es zusammen mit den kommunalen Spitzenverbänden und einem Landesförderprogramm geschafft, dass nun rund 86% der Schulen entweder einen Gigabitanschluss haben oder der Anschluss bis Ende 2022 erfolgt. Damit legen wir den Grundstein dafür, dass digitale Bildung nicht nur in der Theorie, sondern auch in der Unterrichtspraxis überhaupt erst stattfinden kann.

Ein wichtiger Meilenstein für die digitale Ausstattung unserer Schulen war die Grundgesetzänderung zum Digitalpakt im März 2019. Wir Freien Demokraten haben sehr dafür gekämpft und waren erfolgreich. Einzig bedauerlich an dem Prozess war die Verzögerung in der Entscheidung, weil unglücklicherweise exemplarisch am Thema Digitalpakt eine generelle Föderalismusdiskussion ausgebrochen ist. Grundsätzlich ist es natürlich wichtig, auch über den Föderalismus in Deutschland zu diskutieren. Als schulpolitische Sprecherin der Landtagsfraktion hat es mich allerdings mehr als verärgert, dass gerade der Digitalpakt dafür als Vehikel genutzt wurde, wo sich doch alle einig waren, dass unsere Schulen sehnsüchtig auf die Mittel zur Umsetzung warten und wir keine Zeit verlieren dürfen.

Nordrhein-Westfalen erhält aus dem Digitalpakt Schule insgesamt 1,054 Milliarden EUR, die wir von Landesseite vollständig an die Schulträger weitergeben. Seit dem 15. September 2019 können Schulträger bei den Bezirksregierungen Anträge stellen, um die ihnen zustehende Summe aus dem Topf zu erhalten. Diese wurde größtenteils aus der Anzahl der Schülerinnen und Schüler ermittelt. Wichtig ist uns Freien Demokraten, dass diese Mittel nicht nur die Schulen in kommunaler Trägerschaft erhalten, sondern auch die Schulen in privater Trägerschaft. Und wir sind auch stolz, dass NRW mit einem voll digitalen und schlanken Antragsverfahren selbst mit gutem Beispiel vorangeht. In anderen Ländern werden die Mittel aus dem Digitalpakt noch im Offline-Papierverfahren vergeben.

Natürlich freuen wir uns insgesamt sehr über die dringend notwendige Beteiligung des Bundes an weltbester Bildung. Dafür haben wir Freien Demokraten lange gestritten. Doch auch wenn wir jeden Euro sinnvoll einsetzen können und werden, reicht der Digitalpakt bei weitem nicht aus, um unsere Schulen zukunftsfest aufzustellen. Wir müssen jetzt darum kämpfen, dass es eine Fortführung der Bundesmittel gibt, also mindestens einen Digitalpakt II und wahrscheinlich sogar III. Der Digitalpakt in seiner jetzigen Form ist nämlich leider nur eine einmalige Investition des Bundes, mit der die Aufgabe jedoch lange nicht abschließend bewältigt ist. Unsere Schulen brauchen Planungssicherheit, um nicht nur einmalig investiv versorgt zu werden, sondern auch in den folgenden Jahren zuverlässig digital ausgestattet zu sein. Geräte, die wir zum Beispiel mit dem Digitalpakt anschaffen, müssen gewartet und ausgetauscht werden, Schulen brauchen einen Help Desk, der mit schneller Erreichbarkeit für die tägliche Einsatzfähigkeit des Materials sorgt, Lehrkräfte müssen sich laufend fortbilden und Unterrichtsmaterial – auch digitales – müssen wir laufend aktualisieren. Wer glaubt, mit einer einmaligen Investition dem digitalen Wandel an unseren Schulen genüge getan zu haben, der hat nicht verstanden, worum es bei Digitalisierung an Schulen geht.

Daher ist es wichtig, dass wir die Diskussion an dieser Stelle nicht für beendet erklären. Wir müssen gemeinsam weiter dafür kämpfen, dass wir unseren Schülerinnen und Schüler das Know-How vermitteln, das sie für ein selbstbestimmtes Leben als kompetenter Bürger brauchen – online und offline.

Über den Autor:

Franziska Müller-Rech arbeitet als Abgeordnete im Landtag und ist unsere Sprecherin für Schule. Seit 2009 ist sie Mitglied der Jungen Liberalen, mittlerweile ist sie Kreisvorsitzende der FDP Bonn. Ihr erreicht sie unter: