Privatisierung ÖPNV – Nein danke

Erstmal zwei grundsätzliche Sachen: Wir haben bereits einen privatisierten SPNV und eigenwirtschaftliche Verkehre sind möglich! Nur gibt es in ganz Deutschland kein Unternehmen, was eigenwirtschaftlich SPNV betreibt, weshalb die staatlichen Nahverkehrsgesellschaften die benötigten Verkehre stattdessen ausschreiben müssen und an das günstigste Unternehmen vergeben. Das passiert so in ganz Europa so und ist von der EU auch klar geregelt und zeigt eines: Wenn wir die Ausschreibungen abschaffen würden, hätten wir einfach keinen SPNV mehr, weil es sich für kein Unternehmen lohnt.

Das größte Problem an eigenwirtschaftlichen Verkehren ist, dass die Teilnahme am Schienenverkehr sehr komplex ist. Im Gegensatz zum Güterverkehr braucht man im Nahverkehr einsrelativ große Flotte. Diese kostet mehrere Millionen Euro und einen Leasing ist nicht möglich, da das Risiko, dass das Unternehmen Pleite geht und dann die Fahrzeuge nach kurzer Zeit ohne Verwendungszweck herumstehen, sehr hoch ist. Das liegt auch daran, dass die meisten Nahverkehrszüge nur in Deutschland genutzt werden können und sowohl die Anforderungen als auch die benötigte Flottengröße immer unterschiedlich sind, weshalb das finden einer Weiternutzung häufig sehr schwierig ist. Auch das finden von Mitarbeitern ist sehr schwierig bis unmöglich, gerade wenn es kaum Sicherheiten gibt. Dazu gibt es dann noch eine Menge Bürokratie: Man muss als EVU zugelassen sein, die gewünschten Trassen über ein Jahr im Voraus anmelden und noch einiges an Sperenzchen abarbeiten.

Wenn man aber möchte, dass Leute die Bahn statt dem Auto benutzen, muss diese nicht nur zuverlässig und günstig, sondern auch komfortable sein. Dazu gehört maßgeblich, dass ich problemlos für jede Strecke ein Ticket bekomme. Dabei ist es egal ob ich nur von Düsseldorf nach Duisburg möchte, von Oberstdorf nach Westerland oder von Buxtehude nach Bitterfeld. Auf langen Strecken ergibt sich dann schnell das Problem, dass man mehrere verschiedene Tickets kaufen muss um von A nach B zu kommen. Aber auch auf Kurzstrecken werden unnötig Steine in den Weg geworfen. Normalerweise nimmt man einfach den nächsten Zug, egal welches Unternehmen ihn fährt, Hauptsache man ist möglichst schnell am Ziel. Wenn aber jedes Unternehmen eigene Tickets und Tarife hat, muss ich warten bis der nächste Zug des passenden Unternehmens kommt und kann nicht den Zug ein paar Minuten früher nehmen. Verkehrsverbünde, wie es sie heute fast flächendeckend gibt, wären kaum bis garnicht mehr möglich und das Bahnfahren wäre somit komplexer und um einiges unattraktiver.

Das größte Problem vom Schienenverkehr in Deutschland ist die Auslastung sowie die begrenzte Kapazität des Netzes. Wenn bis zu 300km/h schnelle ICEs, Güterzüge mit 80km/h und S-Bahnen die alle paar Kilometer halten sich teilweise ein Richtungsgleis teilen müssen, führt das selbstverständlich zu Konflikten. Für viele Verspätungen ist die Überlastung des Netzes und nicht Verfehlungen eines einzelnes Unternehmens die Ursache. Diese Probleme lassen sich nur umgehen, wenn man die Fahrpläne zentral organisiert und versucht möglichst effizient die Strecken zu nutzen. Dafür müssen aber Kompromisse eingegangen werden, wozu Unternehmen im Wettbewerb natürlich nur begrenzt bereit sind. Dies kann man gut seit dem Einstig privater Unternehmen in den SPFV-Markt beobachten. HKX, mittlerweile als Flixtrain unterwegs, hat auf der überlasteten Rheintalstrecke um eine Trasse zu bekommen den Taktfahrplan des Nahverkehrs kaputt gemacht und dann diese Verbindung nach einigen Monaten wieder eingestellt und auch sonst landen Fälle mit Flixtrain häufig bei den entsprechenden Schlichtungsstellen. Die Lösung für das Problem gibt es zum Glück schon, der sogenannte Deutschlandtakt, dieser lässt sich aber nur umsetzen, wenn alle Unternehmen an einem Strang ziehen und nicht jeder sein eigenes Süppchen kocht und versucht bei jedem Fahrplan das beste für sich rauszuholen.

Um einen zuverlässigen und günstigen SPNV zu bekommen ist es wichtiger, den Wettbewerb fairer und offener zu gestalten, dazu gehört natürlich auch, bei der Deutschen Bahn Netz und Betrieb endgültig zu trennen und den Betriebsteil zu privatisieren, aber es gibt noch eine Menge Stellschrauben, wie zum Beispiel die Fahrzeugbereitstellung, über die man vieles optimieren kann, die Umstellung auf ausschließlich eigenwirtschaftlichen Betrieb ist keine Lösung und macht mehr kaputt als es nützt.

Julius Vieth (20) studiert Maschinenbau an der RWTH Aachen, ist hauptsächlich in der Hochschulpolitik unterwegs und leitet bei den dortigen JuLis den Arbeitskreis Mobilität. Ihr erreicht in unter