Antriebstechnologien der Zukunft – was sind unsere Optionen für eine individuelle Mobilität?

Spätestens seit Fridays for Future, wo Demonstranten Sticker auf SUVs kleben oder SUV-Fahrer am Weiterfahren hindern und sie beschimpfen, ist die Debatte über Antriebstechnologien in aller Munde. Vor allem Verbrennungsmotoren werden von den Demonstranten als Wurzel alles Bösen gesehen. Doch ist dies überhaupt der Fall? Sind zum Beispiel Elektroautos, die von vielen als Allheilmittel angesehen werden, überhaupt die beste und günstigste Alternative? Werfen wir einen Blick auf die Fakten!

Um diese Faktenlage zu schaffen, hat sich die deutsche Automobilindustrie bereits vor Jahren zur Initiative „Mobilität von Morgen“ zusammengetan und investiert jedes Jahr mindestens 30 Milliarden in Forschung und Entwicklung, vor allem von alternativen Antriebstechnologien. Außerdem wird daran gearbeitet, die Verbrennungsmotoren effizienter und schadstoffärmer zu machen. So konnten seit 2004 CO2-Ausstoß und Kraftstoffverbrauch bei neuzugelassenen PKWs um mehr als ein Viertel gesenkt werden, bis 2020 sollen es 40% sein. Darüber hinaus sind synthetische, klimafreundliche Kraftstoffe wie etwa Wasserstoff Gegenstand der Forschungsinitative. All diese Fortschritte sollten in der aktuellen Debatte bedacht werden.

Trotz dieser theoretischen Errungenschaften im Bereich der alternativen Antriebe – schaut man sich die aktuellen Zulassungszahlen für Neuwagen in Deutschland an, so ist erkennbar, dass die klassischen Verbrennungsmotoren (Benzin und Diesel) quantitativ ganz klar die Nase vorne haben. Elektroautos machen nur einen winzigen Bruchteil aus – Brennstoffzellenautos sind in der Statistik gar nicht erst erfasst.

Die Mobilitätswende mit umweltfreundlicheren Antriebstechnologien, wie sie von vielen gefordert wird, zeichnet sich in den Statistiken noch nicht ab. Wieso?

Die bisherigen, auf dem Markt verfügbaren Elektroautos fallen meist durch hohe Preise, verpflichtende, monatliche Batteriemieten und niedrige Reichweiten bei langen Ladezeiten auf. Das Schnellladen verringert diese Ladezeit zwar signifikant, von etwa neun bis zehn Stunden auf grade einmal 30 min, führt aber gleichzeitig zu einer schnelleren Abnahme der Batterieleistung, wodurch die Fahrzeuge nicht unbedingt für die breite Masse und weite Strecken geeignet sind. Viel eher eignen sie sich derzeit laut Prof. Dr. Günther Schuh (Gründer von StreetScooter und e.Go) für den innerstädtischen Verkehr und kurze Strecken. Des Weiteren sind Elektroautos nicht so umweltfreundlich, wie immer angepriesen. Größere Modelle haben im gesamten Lebenszyklus eine ähnlich miserable CO2-Bilanz wie Verbrennungsmotoren (energieintensive Batterieherstellung und hoher Kohlestromanteil im Strommix). Auch wenn die Grünen weiterhin eine völlige Ablösung des herkömmlichen Verbrennungsmotors durch die Elektroautos anstreben, so ist die eine Utopie, die beim jetzigen Forschungsstand und der Infrastruktur nicht realisierbar ist.

Weiterhin muss die hohe Brandgefahr der batteriebetriebenen Fahrzeuge im Falle eines Unfalls in Betracht gezogen werden. Die in den Autos meist unter der Fahrzeugkabine verbauten Batterien können auf Grund der verwendeten, leicht brennbaren Substanzen ein großes Sicherheitsrisiko für die Autoinsassen darstellen.

Es gibt jedoch neben dem batteriebetriebenen Elektroauto Technologien, die der breiten Öffentlichkeit bis jetzt noch nicht bekannt sind. Hierzu zählt vor allem die Brennstoffzelle mit Wasserstoff. Bei der Brennstoffzelle wird die Energie direkt an Bord des Fahrzeuges erzeugt – es handelt sich also um einen Energiewandler, nicht um einen Energiespeicher wie die Batterie eines herkömmlichen Elektroautos einer ist. Der kontinuierlich zugeführte Wasserstoff reagiert mit dem Oxidationsmittel (Sauerstoff der Luft). Diesen Vorgang nennt man „kalte Verbrennung“. Wasserstoffautos sind somit relativ ähnlich zu den klassischen Verbrennungsmotoren, dabei jedoch praktisch schadstofffrei und stellen deswegen durchaus eine umweltfreundliche Alternative dar. Außerdem nimmt ihre Betankung nur wenige Minuten in Anspruch, wodurch sie sich theoretisch auch für längere Strecken eigenen. Das Problem liegt in der zurzeit nicht ausreichend vorhandenen, teuren Infrastruktur. Der Bau einer Tankstelle kostet momentan etwa eine Millionen Euro – nicht gerade günstig. De facto würde jedoch mit steigender Anzahl an Bauten dieser Preis signifikant sinken, sodass auf lange Sicht das Brennstoffzellenauto mit Wasserstoff inklusive Infrastruktur sogar günstiger sein könnte als das Elektroauto inklusive Infrastruktur.

Fraglich ist, ob diese Kalkulationen bei den zukünftigen Entwicklungen berücksichtigt werden.

Trotz dieser Vorteile gibt es momentan auch Probleme bei Brennstoffzellenautos, die durch Forschung bisher noch nicht behoben wurden. Unter anderem verflüchtigt sich der Wasserstoff in den Tanks beispielsweise in ca. neun Tagen. Eine regelmäßige Nutzung des Autos ist damit nötig, um eine optimale Verbrauchsbilanz zu gewährleisten. Für die Erzeugung eines ausreichenden Drucks, welcher den Wasserstoff im flüssigen Zustand hält, müssen die heutigen Tanks zudem ein hohes Gewicht aufweisen. Das gesteigerte Gesamtfahrzeuggewicht lässt die Reichweite einer Tankfüllung jedoch sinken.

Die häufig diskutierte Gefahr eines Wasserstofftanks ist durch die schnelle Verflüchtigung des Treibstoffes nicht wirklich gegeben. Zwar gibt es im Brandfall eine hohe Stichflamme – in unter 60 Sekunden ist jedoch der gesamte Wasserstoff verbrannt, sodass das Feuer wieder erlischt und das Fahrzeug weitgehend unversehrt zurück lässt. Benzin, Diesel oder Elektroautos brennen hingegen meist vollständig aus.

Wie kann man also die Technologien miteinander vergleichbar machen?

Autos werden häufig anhand ihrer Wirkungsgrade gemessen und bewertet. Schaut man sich die komplette Kette von der Wasserstofferzeugung bis zur Umwandlung in elektrische bzw. kinetische Energie an, hat das Brennstoffzellenautos tatsächlich noch einen Wirkungsgrad von 29 bis 32 Prozent. Was für den Laien nach einem geringen Wert klingt, zeigt sich im Vergleich mit anderen Technologien als durchaus vertretbar. Benziner haben einen Wirkungsgrad von ungefähr 22 %, Dieselautos liegen bei etwa 25 %. Selbst das Elektroauto, dessen Effizienz in der Debatte immer wieder hervorgehoben und unterstrichen wird, hat bei einer Well-to-wheel-Betrachtung (inkl. Stromerzeugung) nur einen minimal besseren Wirkungsgrad als das Wasserstoffauto. Eine pauschalisierte Aussage über die Umweltfreundlichkeit der verschiedenen Antriebe scheint auf der Grundlage dieser Zahlen demnach nicht möglich.

Wie sollte die Politik nun mit den verschiedenen Technologien verfahren?

Technologieoffen. Sowohl von Seiten der Universitäten, der Automobilbauer als auch von Seiten der Politik ist ein vorurteilsfreier, offener Umgang mit den verschiedenen Antriebstechnologien wünschenswert. Eine Quote zum Fördern bestimmter Technologien stellt eine meist nicht ausreichend begründete Bevorteilung dieser dar und ist deswegen nicht zielführend. Nicht die Technologie mit der meisten (politisch gewollten) Förderung sollte sich schließlich durchsetzen, sondern diejenige, die für den einzelnen Nutzer die meisten Vorteile beinhaltet.

Dieser individuelle Nutzen kann nicht von der Politik festgelegt werden, denn eine universal „richtige“ und „korrekte“ Option für das Kollektiv gibt es nicht. Schaut man sich die Zahlen an, gibt es keine Argumente, die pauschal und bei jedem Nutzungsverhalten klar für oder gegen eine einzelne Technologie sprechen. Der Handwerker/ die Handwerkerin von nebenan hat andere Bedürfnisse und Ansprüche an das Fahrzeug als die Geschäftsperson, die regelmäßig viele Kilometer auf den Autobahnen unterwegs ist. Es scheint klar, dass die Ideallösung sich von Nutzer zu Nutzer unterscheidet und von einer Vielzahl an individuellen Einzelfaktoren abhängt. Dieser Individualität muss die Strategie der Politik Rechnung tragen, indem anstelle der Suche nach einer einzigen Technologie als Allheilmittel eine lösungsorientierte, ideologiefreie Debatte über Vor und Nachteile der unterschiedlichen Antriebssysteme geführt wird. Den Verbrennungsmotor zu verbieten, ohne eine finanziell und ökonomisch tragbare Alternative anbieten zu können, kann in keinem Fall die Lösung der Klimaproblematik sein.

Victoria Hentzen ist 22 und studiert Wirtschaftsingenieur Maschinenbau im Master an der RWTH Aachen. Sie ist Leiterin des LAK „Technologie schützt Umwelt“ der Julis NRW.